Eurokrise

  1. I. Wirtschaftlich
  2. II. Politisch

I. Wirtschaftlich

Abschnitt drucken

Mit dem Delors-Plan von 1989 wurde die Währungsunion der Eurozone in drei Schritten realisiert und seitdem kontinuierlich erweitert. Seit 2010 geriet der Euro durch das Offenbarwerden von immensen Staatsdefiziten und der Existenzbedrohung unsolider Banken in die Krise, so dass seitdem zunächst verhalten und zunehmend massiver die Möglichkeit des Ausscheidens beteiligter Staaten diskutiert wurde. Diese Krise ist Thema der Geldpolitik, der es um den Erhalt der wesentlichen Geldfunktionen (Tauschmittel, Maßeinheit, Wertaufbewahrungsmittel, Gradmesser für relative Preise) und damit um Preisstabilität innerhalb des Euroraumes geht. Sie fällt in den Kompetenzbereich der EZB. Die Krise ist aber auch Thema der Fiskalpolitik, weil dauerhaft unsolide Staatshaushalte das Vertrauen in die Währung nachhaltig schwächen.

1. Die geldpolitische Idee

Konvergenz, Preisstabilität und Autonomie sind die Grundideen der EWWU, die bei glaubwürdiger Umsetzung Vertrauen stiften sollen. Der 1992 ratifizierte Vertrag von Maastricht, der 2009 im Lissabon-Vertrag aufging, legte folgende Konvergenzkriterien für einen Beitritt zur Europäischen Währungsunion fest:

(1) Mindestens zwei Jahre muss das Land ohne Währungsabwertungen mit normalen Bandbreiten am Wechselkursverbund der Europäischen Währungsunion teilgenommen haben.

(2) Die Inflationsrate darf maximal 1,5 % über der Inflationsrate der drei Mitgliedsstaaten aus dem Verbund liegen, die den größten Erfolg in der Preisstabilität aufweisen.

(3) Der Zinssatz für langfristige öffentliche Anleihen darf maximal 2 % über dem entsprechenden Zinssatz in den drei Mitgliedsstaaten aus dem Verbund liegen, die den größten Erfolg an Preisstabilität aufweisen.

(4) Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte darf maximal 60 % des Bruttoinlandsproduktes betragen.

(5) Der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte darf maximal 3 % des Brutto-Inlands-Produktes betragen.

Bei Verstößen gegen die letzten beiden Kriterien hat der Ministerrat zu entscheiden, ob ein übermäßiges Haushaltsdefizit vorliegt und ob Sanktionen eingeleitet werden sollen. Art. 126 Abs. 1 AEUV fordert: „Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite.“ Art. 125 Abs. 1 AEUV schließt durch die „No-Bailout-Klausel“ eine Gemeinschaftshaftung der Mitgliedstaaten ausdrücklich aus, auch wenn Art. 122 Abb 1 AEUV die ausnahmsweise Gewährung finanzieller Hilfen bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten vorsieht. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt als Teil des Amsterdamer Vertrages von 1997 standardisierte zur Lösung dieses Zielkonfliktes ein Verfahren, das die solidarische Hilfeleistung an subsidiär zu erbringende wirksame Maßnahmen zum Ziel eines nahezu ausgeglichenen öffentlichen Haushalts bindet.

Die EZB hat vertragsgemäß die alleinige Verantwortung für die europäische Geldpolitik. Preisstabilität ist ihr oberstes und unbedingtes Ziel, das sogar durch die in Art. 3 kodifizierten Zielgedanken solidarischer Hilfe der EU nicht relativiert werden darf (Art. 127 Abs. 1 AEUV). Die Steuerung der Geldpolitik darf nicht von politischen Interessen der Staaten beeinflusst werden. Das garantiert der Grundsatz der Unabhängigkeit (Art. 130 AEUV).

2. Grundlegende Probleme

Die Zentralisierung der Geldpolitik brachte zwangsläufig Risiken mit sich: „One size fits all“ – die EZB-Geldpolitik trifft alle Euro-Länder gleichermaßen, ob sie sich gerade in einer Rezession oder im Boom befinden. Die Geldpolitik kann nicht mehr den nationalen Divergenzen und kulturellen Eigenheiten Rechnung tragen. Eine expansive Geldpolitik (etwa Ankurbelung der Investitionen durch niedrige Zinsen) kann zwar dem von Rezession bedrohten Land helfen, während sie aber zeitgleich einem Land mit boomender Wirtschaft schadet. Die Zentralisierung hat zudem den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen, durch Auf- oder Abwertungen ihrer Währungen die Wechselkurse der Wirtschaftskraft anzupassen.

Gegen Grundideen wurde systematisch verstoßen. Die Konvergenzkriterien waren von Anfang an aufgeweicht. Griechenland erfüllte keine der Bedingungen und wurde 2001 aufgrund geschönter Berechnungen als vollgültiges Mitglied aufgenommen. Italiens öffentliche Verschuldung mit 120 % des BIP wurde mit Rücksicht auf eine sich vermeintlich abzeichnende Entschuldungspolitik akzeptiert. Kompetenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik sind inzwischen grundlegend verwischt (Rettungsschirme, bedingungslose Garantien, Ankauf von Staatsanleihen geringer Bonität durch die EZB), was Bundesbankpräsident Jens Weidmann ausdrücklich kritisierte: „Die Abwendung der Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedslandes oder die Stützung seines Finanzsystems ist aber gerade nicht Aufgabe der gemeinsamen Geldpolitik – sondern der Finanzpolitik“ (Weidmann 2011: 20). Es setzte sich entgegen Art. 125 AEUV die Idee der Haftungsgemeinschaft durch. Vertragsbrüchigkeit, immer wieder ausgeweitete Rettungspakte und verlängerte Ultimaten haben das Vertrauen in den Euro beschädigt.

Hinzu kommt die Target-Problematik: Bei den EZB-Konten der Zentralbanken von in die Krise geratenen Euro-Staaten stehen immense Verbindlichkeiten zu Buche. Misstrauen gegenüber der Bonität von Banken führte dort zu Liquiditätsengpässen und zur Gefährdung des inländischen Zahlungsverkehrs. Geschäftsbanken leihen Liquidität bei ihrer Zentralbank gegen Sicherheiten, deren Standard diese weitgehend selbst bestimmt. Die Refinanzierung geschieht über einen EZB-Transfer, der etwa mit einer entsprechenden Forderung der Deutschen Bundesbank gegenüber der EZB zu Buche schlägt: 2017 mit einer Gesamtsumme von über 800 Mrd. Euro. Buchungstechnisch fließt hier deutsches Geld in die Krisenländer ohne demokratisches Mandat und ohne deutsche Sicherheitenstandards. Planwirtschaftlicher Logik folgend wurden marode Banken am Leben gehalten.

3. Sozialethische Bewertungen

Bei den kodifizierten geldpolitischen Grundideen, die dem Euro zugrunde liegen, handelt es sich nach sozialethischer Systematik um Postulate, da der Währungsunion eine transparent entfaltete normative Wertebasis fehlt. Diese Begründungslücke wurde bislang nicht geschlossen, so dass sich Vertreter unterschiedlicher sozialethischer Schulen daran versucht haben, ihre ideologischen Positionen als eine solche Wertebasis zu profilieren.

Nach einer sozialistischen Auslegung (Friedhelm Hengsbach) liegt die Lösung der Krise in einem ordnungspolitischen Systemwechsel. Im Sinne der Bedarfsgerechtigkeit unter einem gegenüber der EZB politisch durchzusetzenden Vorrang des Solidaritätsprinzips (Solidarität) sind die geldpolitischen Grundideen der EWWU abzulösen, da es sich bei ihnen um fundamentale Konstruktionsfehler handle. Konsequenzen des in einem neuen Vertrag auszuhandelnden Systemwechsels sind Schuldenerlass, Haftungsgemeinschaft im Sinne eines europäischen Sozialbudgets sowie Beseitigung der Haushaltsrestriktionen und des geldpolitischen Vorrangs der Preisstabilität. Solidarität verbriefe ja juristisch einklagbare Rechtsansprüche auf Hilfe der schwächeren gegenüber den stärkeren Partnern. Die Aufweichung der Budgetrestriktionen soll zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer stärken. Eine EZB, die nunmehr als verlängerter Arm der Politik verstanden wird, sozialisiert die Risiken von privaten oder staatlichen Finanzgeschäften oder Fiskalentscheidungen. Politisch durchgesetzte Solidarität stärke so eine Kultur gegenseitigen Vertrauens und sozialer Verantwortung und entspreche der Pflicht der Nächstenliebe.

Eine eurokritische liberale Auslegung (Karl Albrecht Schachtschneider; Hans-Werner Sinn; Joachim Starbatty) plädiert für eine Auflösung der Währungsunion. Die Kompetenzüberschreitungen der EZB unter Aufgabe ihrer Autonomie und die Bankenrettungen sowie die schleichende Einführung der Schuldenunion gelten als Vertragsbruch. Sie verstoßen gegen das Eucken’sche Verursacher-/Haftungsprinzip: Wer den Nutzen einer Vereinbarung habe, müsse auch den Schaden tragen, so dass dann Investitionen u. a. ökonomische Entscheidungen sorgfältiger getätigt werden. Die EZB-Politik führe auch zu einer Aushöhlung der Markwirtschaft und wird als etatistische Bankrotterklärung der Euro-Geldpolitik verstanden. Zudem habe sich die EZB in ihrer Zinspolitik mit maßlosen Garantien abhängig gemacht von autoritären Gläubigern wie China, die in hohem Maße europäische Staatsanleihen in ihrem Portfolio halten.

Eine gemäßigte freiheitliche Auslegung (J. Weidmann; Peter Oberender; Alfred Schüller) fordert zur Rettung des Euro die Einhaltung der Vertragskriterien. Im Sinne einer Befähigungsgerechtigkeit, gemäß der Solidarität und Subsidiarität eng verzahnt sind (Nils Goldschmidt, Alexander Lenger), habe jeder Staat einen rechtlichen Anspruch darauf, dass er befähigt wird, Eigenverantwortung zu übernehmen. Wer die durch die Gemeinschaft zur Verfügung gestellten Befähigungsräume nicht zu notwendigen Reformen nutzt, habe die entsprechenden Konsequenzen bis hin zum Ausschluss zu tragen. Solidarität versetzt in die Lage, diesen Befreiungsschlag zur Solidität durchzuführen. Diese Hilfe zur Selbsthilfe schließt eine bedingungslose Schuldenunion aus. Die Autonomie der EZB ist danach ein Gebot der Freiheit. Müsse dagegen die politisch beeinflusste EZB stets die Ausfallbürgschaft für Fehler von Spekulation und Politik übernehmen, folge daraus eine Kultur fortlaufender Verantwortungslosigkeit. Tugendethisch werde ein schlechtes Beispiel der Vertragsbrüchigkeit gegeben. Fiskalische Sorglosigkeit entfessle Verschwendungssucht aus Wahltaktik, töte das Gespür für kreative Eigenverantwortung und einen Geist sozialer Verantwortung auch gegenüber nachfolgenden Generationen ab. Subsidiarität fördere dagegen eine Kultur der Eigenverantwortung aller dazu Fähigen und dadurch gegenseitiges Vertrauen zwischen Starken und Schwachen. Nationale Egoismen treten in den Hintergrund, erarbeitetes Selbstwertgefühl statt entmündigende Alimentierung und europäisches Wir-Gefühl werden danach gestärkt.

II. Politisch

Abschnitt drucken

1. Krisenphänomene und Begrifflichkeit

Der Begriff der E. umfasst eine Fülle von Problemen verschiedener Euro-Staaten (Europäische Wirtschafts- und Währungsunion) im Gefolge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 (Finanzmarktkrise), deren Gemeinsamkeit in einem exorbitanten Haushaltsdefizit bzw. einer Verschuldungskrise sowie einem einschneidenden Rückgang der Wirtschaftsleistung besteht. Sie wurde dadurch verschärft, dass den Krisenländern der Lösungsweg einer Währungsabwertung aufgrund ihrer Euro-Mitgliedschaft nicht offen stand. Dies sowie die Befürchtung, ein Ausscheiden einzelner Länder aus dem Euro-Raum könne eine Kettenreaktion auslösen und die Existenz des Euros gefährden, sind die zentralen Gründe, warum sich für diese Staatschulden– und Wirtschaftskrise der Begriff „E.“ etabliert hat.

Der Begriff ist jedoch insoweit irreführend, als es sich nicht um eine Stabilitätskrise des Euros handelt und dieser auch nicht Auslöser der Probleme in den Krisenstaaten war, was die sehr unterschiedlichen länderspezifischen Krisenursachen verdeutlichen. Denn diese bewegen sich auf einem sehr breiten Spektrum, das von einer temporären Krise eines zentralen Wirtschaftssektors, welche eine bis dahin moderate Staatsverschuldung aus dem Ruder laufen ließ (wie im Fall Irlands, das vor den umfassenden Bankenrettungspaketen nur eine Staatsverschulung von ca. 40 % des BIP hatte) bis hin zu tiefgreifenden wirtschaftlichen Strukturproblemen in Verbindung mit einem chronischen Haushaltsdefizit, einer dysfunktionalen Verwaltung und klientelistischen Strukturen (wie im Fall Griechenlands) reicht. Entsprechend unterschiedlich gestalteten sich auch die Anforderungen an die einzuleitenden innerstaatlichen Reformen zur Haushaltskonsolidierung. Unterschiedlich fielen demgemäß auch die Erfolge bei der Überwindung der Krise in den einzelnen Ländern aus.

2. Streitpunkte und Lösungsmechanismen

In einer ersten recht kurzen Phase der E. wurde zunächst grundsätzlich in Frage gestellt, ob die fiskalischen Probleme der Krisenländer einer europäischen Antwort bedürften oder von diesen allein zu lösen seien. Insb. Deutschland verwies dabei auf die sogenannte „No-Bailout-Klausel“. Die sich verschärfende Krise ließ dann die Überzeugung wachsen, dass es finanzieller Hilfsprogramme bedürfe, um eine neue Finanz- und Bankenkrise – als Reaktion auf mögliche Staatsbankrotte – abzuwenden. In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Rettungsmaßnahmen und -paketen. Ersten länderspezifischen Maßnahmen folgte die Einrichtung der EFSF, welche die Form einer nicht EU-rechtlich verankerten privatrechtlichen Kapitalgesellschaft hatte, deren Shareholder die Eurostaaten waren. Ergänzt wurde diese im Rahmen sekundärrechtlicher Regelungen durch den EFSM. Beide nahmen am Kapitalmarkt (Geld- und Kapitalmarkt) günstige Kredite auf und reichten sie an die Krisenländer weiter. Während die Kredite des EFSF durch Garantien der Anteilseigener abgesichert wurden, erfolgten die Garantien des EFSM durch den EU-Haushalt, womit auch Nicht-Euro-Staaten indirekt Haftungsrisiken übernehmen mussten. Bedingung der Gewährung der Hilfskredite war dabei die Verpflichtung der Empfängerländer auf umfassende Reformprogramme, deren Einhaltung von der sogenannten Troika, bestehend aus Vertretern der Europäischen Kommission, der EZB und des IWF, überwacht wurde. Als Ersatz für diese ad-hoc eingeführten Mechanismen wurde dann mit dem ESM ein dauerhafter Rettungsschirm eingerichtet. Dieser verfügt neben Kreditgarantien auch über ein eigenes Stammkapital; rechtliche Grundlage ist ein eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag. Ebenfalls zu den finanziellen Hilfsprogrammen gehören die umstrittenen Aufkaufprogramme der EZB für Staatsanleihen, die sich allerdings nicht nur auf Krisenstaaten beschränken.

Während EFSF, EFSM und ESM Instrumente zur finanziellen Hilfe für Krisenstaaten und Durchsetzung von Strukturreformen mittels strikter Konditionalitätspolitik sind, setzt ein zweiter Instrumentenkasten im Bereich der vorbeugenden wirtschaftspolitischen und fiskalischen Koordinierung an. Dies sind das 2010 beschlossene Europäische Semester zur Verbesserung der wirtschafts- und fiskalpolitischen Koordinierung sowie der 2011 verabschiedete sogenannte Six-Pack, bestehend aus sechs Gesetzgebungsakten zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes; dieser wurde 2013 nochmals um zwei Gesetzgebungsakte, den sogenannten Two-Pack ergänzt. Hinzu kam noch der 2012 von 25 EU-Mitgliedstaaten (und damit auch von Nicht-Euro-Staaten) ins Leben gerufene, sogenannte Fiskalpakt, der die Form eines eigenständigen völkerrechtlichen Vertrages hat, allerdings das Ziel einer Inkorporation in das Europarecht benennt.

Darüber hinaus wurde die Etablierung genereller Transfermechanismen diskutiert. Neben der schnell verworfenen Idee eines „europäischen Länderfinanzausgleichs“ ist das Konzept der Eurobonds zu nennen, das niedrigere Zinsen in den Krisenstaaten auf Kosten höherer Zinsen in anderen Staaten bewirkt und somit einen indirekten Transfermechanismus in Kraft gesetzt hätte. Insb. von Deutschland (aber auch anderen Nicht-Krisenländern) wurde dies aber strikt abgelehnt. Damit setzte sich insgesamt eine Krisenbewältigungsstrategie durch, die auf haushaltspolitische Konsolidierungsmaßnahmen, Strukturanpassungsprogramme in den Krisenländern und eine Verschärfung der haushaltspolitischen Koordinierung und Überwachung setzte. Sie wird unter dem Begriff der Austeritätspolitik subsumiert.

3. Integrationspolitische Implikationen

Integrationspolitisch hat die E. mehrere, über die akuten wirtschafts- und fiskalpolitischen Schwierigkeiten hinausgehende Grundsatzprobleme der EU deutlich werden lassen. So hat die Debatte über Eurobonds und langfristige Transferzahlungen bzw. die Kritik an der Austeritätspolitik die Fragen der Akzeptanz nationaler Souveränitätsverluste und des notwendigen Maßes europäischer Solidarität sowie die diesbezüglich sehr unterschiedlichen Sichtweisen in der EU in den Fokus treten lassen. In diesem Zusammenhang ist auch die in vielen Ländern zu beobachtende sinkende Zustimmung zum Integrationsprojekt insgesamt zu sehen.

Die in Folge der E. erfolgten Integrationsschritte der Euro-Gruppe (bzw. im Falle des Fiskalpaktes auch weiterer EU-Staaten) berühren schließlich die Frage der Einheitlichkeit des Integrationsrahmens bzw. der differenzierten Integration. In Bezug auf die innereuropäischen Gleichgewichte schließlich hat die E. zu einer neuen Führungsrolle Deutschlands geführt, was insb. auch die bisher den europäischen Integrationsprozess bestimmende deutsch-französische Parität in Frage stellt. Aber auch in Deutschland musste die Erfahrung gemacht werden, dass ein Integrationsverständnis, das auf der strikten Einhaltung gemeinsam vereinbarter Regeln basiert, nur begrenzt mehrheitsfähig ist und sich teilweise einer „flexiblen“ Rechtsauslegung unterordnen muss. Neben diesen negativen Effekten hat die E. aufgrund ihrer dominierenden Rolle in nahezu allen nationalen innenpolitischen Diskursen aber auch den Prozess der Europäisierung der nationalen Öffentlichkeiten vorangetrieben, was langfristig positive Effekte für eine entstehende und sich u. U. vertiefende europäische Öffentlichkeit und damit auch die Demokratiefähigkeit der EU haben könnte.