Minister

1. Allgemeines

Der M. (in den Stadtstaaten: Senator) ist Inhaber eines leitenden Staatsamtes. Er ist Mitglied des obersten Staatsorgans „Regierung“ (Bundesregierung oder Landesregierung, in den Stadtstaaten: Senat) und in aller Regel zugleich Leiter einer obersten Bundes- oder Landesbehörde, der ein Geschäftsbereich zugeordnet ist (Ministerium). In Deutschland trifft für die Bundesebene das GG wesentliche Regelungen über Berufung, kompetenzielle Stellung und Entlassung der M., die durch Vorschriften des einfachen Bundesrechts (v. a. das BMinG) und der einschlägigen Geschäftsordnungen (v. a. der GOBReg und der GGO) ergänzt werden. Vergleichbares gilt für die landes(-verfassungs-)rechtlichen Bestimmungen über die M. der Länder.

2. Anzahl und Ressortzuschnitt

Unter der Geltung des GG sind die Anzahl der M. sowie der Zuschnitt ihrer Ressorts auf Bundesebene verfassungsrechtlich nicht explizit geregelt. Vorausgesetzt wird grundgesetzlich indes, dass überhaupt Ministerien eingerichtet und M. berufen werden. Zudem benennt das GG einige M., die ohne eine Verfassungsänderung nicht abgeschafft werden können; das gilt für den Bundes-M. der Verteidigung (vgl. Art. 65a GG), den Bundes-M. der Justiz (vgl. Art. 96 Abs. 2 S. 4 GG) und den Bundes-M. der Finanzen (vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 2, 112 S. 1, 114 Abs. 1 GG). Im Übrigen steht die Bestimmung der Anzahl der Ministerien des Ressortzuschnitts in der Organisationsgewalt des Bundeskanzlers. Diese umfasst auch die Berufung von M.n ohne Geschäftsbereich bzw. von M.n für bes. Aufgaben, die kein eigenes Ressort leiten.

3. Ernennung und statusrechtliche Stellung

Die Ernennung der M. obliegt auf Bundesebene gemäß Art. 64 Abs. 1 GG dem Bundespräsidenten, der bei Vorliegen der rechtlichen Ernennungsvoraussetzungen an den Vorschlag des Bundeskanzlers gebunden ist (materielles Kabinettsbildungsrecht bzw. Personalgewalt des Kanzlers). Die Landes-M. werden prinzipiell von den M.-Präsidenten ernannt, die dazu in einigen Ländern die Zustimmung des Landesparlaments benötigen; in Bremen erfolgt eine direkte Wahl der Senatoren durch die Bürgerschaft.

Maßgeblich für die statusrechtliche Stellung der Bundesminister ist das BMinG, für die der Landesminister das jeweilige MinG des betreffenden Landes. Gemäß § 1 BMinG stehen die Bundes-M. als Mitglieder der Bundesregierung in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis besonderer Art. Dieses Amtsverhältnis ist zwar nicht beamtenrechtlicher Natur, weist aber Ähnlichkeiten mit dem Beamtenverhältnis auf, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass z. T. beamtenrechtliche Regelungen entsprechende Anwendung finden.

4. Inkompatibilitäten

Aus Art. 66 GG sowie aus § 5 Abs. 1 BMinG folgt, dass Bundes-M. kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören dürfen (Inkompatibilität). Unvereinbar ist das M.-Amt zudem mit anderen verfassungsorganschaftlichen Ämtern, namentlich mit jenen des Bundespräsidenten (Art. 55 Abs. 1 GG) und eines Richters des BVerfG (Art. 94 Abs. 1 S. 3 GG). Gleiches gilt für eine gleichzeitige Mitgliedschaft in einer Landesregierung (§ 4 BMinG) oder im Europäischen Parlament (Art. 7 Abs. 1 des Aktes zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments vom 20. September 1976; s. a. § 7 EuAbgG i. V. m. § 22 Abs. 2 Nr. 13 EuWG). Demgegenüber bestehen aufgrund der verfassungsgeberischen Entscheidung für das parlamentarische Regierungssystem keine Bedenken dagegen, wenn Bundes-M. zugl. Abgeordnete des Bundestages sind. Vergleichbares gilt grundsätzlich auch für die Kompatibilität von M.-Amt und Abgeordnetenmandat auf Landesebene; allerdings dürfen Senatoren in Bremen und Hamburg kein Abgeordnetenmandat ausüben.

5. Kompetenzielle Stellung

Charakteristisch für den M. ist seine Doppelstellung als Mitglied des Kabinetts und als Leiter des ihm übertragenen Ministeriums: In der Regierung ist er stimmberechtigtes Mitglied, als Leiter des ihm übertragenen Ministeriums verfügt er über die Zuständigkeit für die Ausarbeitung der Ressortpolitik und -organisation. Auf Bundesebene leitet jeder M. seinen Geschäftsbereich innerhalb der Richtlinien des Bundeskanzlers selbstständig und unter eigener Verantwortung (Art. 65 S. 2 GG). Im Rahmen dieser Ressortkompetenz verfügt er über die Letztentscheidungsbefugnis in allen Sachfragen seines Geschäftsbereiches, zu der weitere Befugnisse wie das Gegenzeichnungsrecht (Art. 58 Satz 1 GG) oder das Recht zur Verordnungsgebung im Falle einer gesetzlichen Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 GG) hinzutreten. Zudem steht ihm ein Letztentscheidungsrecht in Organisations-, Personal- und Haushaltsfragen zu.

Umgrenzt wird die Ressortkompetenz von der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers (Art. 65 S. 1 GG, §§ 1, 4 GOBReg). Daher ist der M. bei seiner Amtsführung an die vom Bundeskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik gebunden; allerdings kann der Bundeskanzler die Ressortpolitik nicht an sich ziehen oder Selbsteintritts- bzw. Durchgriffsrechte in Anspruch nehmen. Gebunden werden kann ein M. auch durch Kabinettsbeschlüsse (§ 28 Abs. 2 GOBReg, sogenannter Regierungszwang). Außerhalb ihrer spezifischen Kompetenzen dürfen weder der Bundeskanzler noch das Bundeskabinett in das einem M. übertragene Ressort „hineinregieren“. In diesem Sinne ist die Ressortkompetenz kanzler- und kabinettsfest.

6. Ministerverantwortlichkeit

Mit der Ressortkompetenz korrespondiert die M.-Verantwortlichkeit. Sie besteht nicht nur gegenüber dem Bundeskanzler, der aufgrund seiner Personalgewalt jederzeit die Entlassung eines M.s herbeiführen kann, sondern auch gegenüber dem Parlament. Dieses kann einen M. zwar nicht unmittelbar zur Demission zwingen, verfügt ihm gegenüber indes über andere Rechenschafts- und Kontrollinstrumente, zu denen das Zitier- und Interpellationsrecht ebenso gehört wie das parlamentarische Untersuchungsrecht. Zudem kann das Parlament einen M. durch Missbilligungs- oder Tadelsbeschluss kritisieren oder dessen Demission fordern. Auf Länderebene finden sich z. T. weitergehende Ausgestaltungen der M.-Verantwortlichkeit. So kann das Parlament in einigen Bundesländern die Demission eines M.s durchsetzen; auch enthalten diverse Landesverfassungen die M.-Anklage wegen Verfassungsbruchs vor dem (Landes-)Verfassungsgericht, auf die das GG verzichtet hat.

7. Entlassung und Karenzzeiten

Auf Bundesebene endet das Amt eines M.s mit der Entlassung durch den Bundespräsidenten, der ein bindender Entlassungsvorschlag des Bundeskanzlers vorausgeht (Art. 64 Abs. 1 GG); dem Entlassungsvorschlag kann ein Demissionsangebot bzw. ein Rücktritt, der rechtlich ein Entlassungsverlangen darstellt, zugrundeliegen. Zudem endet das Amt ipso iure mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages (Art. 69 Abs. 2, 1. Halbs. GG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 BMinG), ferner mit jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers (Art. 69 Abs. 2, 2. Halbs. GG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BMinG, sogenannte Akzessorietät des M.-Amtes) sowie schließlich mit Tod oder Verlust der Amtsfähigkeit des M.s. Um Vakanzen zu vermeiden, bestimmt Art. 69 Abs. 3 GG u. a., dass ein M. auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten verpflichtet ist, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.

Auch nach dessen Ende wirkt das Amt des M.s nach. Nach den Karenzzeitregelungen der §§ 6a–6d BMinG sind Erwerbstätigkeiten und sonstige Beschäftigungen außerhalb des öffentlichen Dienstes für einen Zeitraum von 18 Monaten nach dem Ausscheiden anzeigepflichtig. Für diesen Zeitraum können sie unter bestimmten Voraussetzungen durch die Bundesregierung untersagt werden.