Straßen- und Wegerecht: Unterschied zwischen den Versionen

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Die entspr.en Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten sind verfassungsrechtlich auf Bund und Länder aufgeteilt und unterlagen im Laufe der Geschichte immer wieder Gewichtsverschiebungen: Die urspr.e königliche Wegeherrschaft über die großen Land- und Heerstraßen fiel ab dem 13.&nbsp;Jh. in die Hände der Landesherren. Bis weit in das 20.&nbsp;Jh. hinein waren daher allein die Länder Inhaber der Verfügungsgewalt über die verkehrswichtigen Straßen. Die noch in der Weimarer Republik ausgearbeiteten Reformpläne zur Zentralisierung der Straßenverwaltung wurden im Dritten Reich umgesetzt. Art.&nbsp;74 Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;22 GG gab dem Bund das Recht der konkurrierenden [[Gesetzgebung]] zwar umfassend für das Straßenverkehrsrecht, das Kraftfahrwesen sowie die Erhebung und Verteilung von Straßenbenutzungsgebühren, beschränkte den Bund im Hinblick auf den Bau und die Unterhaltung von Straßen jedoch von vornherein auf die „Landstraßen für den Fernverkehr“ – das sind im deutschen Straßennetz einerseits die Bundesautobahnen, andererseits die Bundesfernstraßen. Für die daneben in allen Bundesländern bestehenden öffentlichen Straßenkategorien – nämlich Landes- bzw. Staatsstraßen, Kreisstraßen, Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen – genießen hingegen nach Art.&nbsp;70 GG allein die Länder das Recht der Gesetzgebung. Aus diesem Grund werden Bau, Unterhaltung und Nutzung von Straßen in Deutschland einerseits bundesrechtlich durch das FStrG, andererseits landesrechtlich durch die 16 Straßen- und Wegegesetze der Länder reglementiert, die in ihren Grundstrukturen freilich weitreichende Parallelen aufweisen und in ihrer Gesamtheit das S. und W. bilden.
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Die entsprechenden Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten sind verfassungsrechtlich auf Bund und Länder aufgeteilt und unterlagen im Laufe der Geschichte immer wieder Gewichtsverschiebungen: Die ursprüngliche königliche Wegeherrschaft über die großen Land- und Heerstraßen fiel ab dem 13.&nbsp;Jh. in die Hände der Landesherren. Bis weit in das 20.&nbsp;Jh. hinein waren daher allein die Länder Inhaber der Verfügungsgewalt über die verkehrswichtigen Straßen. Die noch in der Weimarer Republik ausgearbeiteten Reformpläne zur Zentralisierung der Straßenverwaltung wurden im Dritten Reich umgesetzt. Art.&nbsp;74 Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;22 GG gab dem Bund das Recht der konkurrierenden [[Gesetzgebung]] zwar umfassend für das Straßenverkehrsrecht, das Kraftfahrwesen sowie die Erhebung und Verteilung von Straßenbenutzungsgebühren, beschränkte den Bund im Hinblick auf den Bau und die Unterhaltung von Straßen jedoch von vornherein auf die „Landstraßen für den Fernverkehr“ – das sind im deutschen Straßennetz einerseits die Bundesautobahnen, andererseits die Bundesfernstraßen. Für die daneben in allen Bundesländern bestehenden öffentlichen Straßenkategorien – nämlich Landes- bzw. Staatsstraßen, Kreisstraßen, Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen – genießen hingegen nach Art.&nbsp;70 GG allein die Länder das Recht der Gesetzgebung. Aus diesem Grund werden Bau, Unterhaltung und Nutzung von Straßen in Deutschland einerseits bundesrechtlich durch das FStrG, andererseits landesrechtlich durch die 16 Straßen- und Wegegesetze der Länder reglementiert, die in ihren Grundstrukturen freilich weitreichende Parallelen aufweisen und in ihrer Gesamtheit das S. und W. bilden.
 
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Als Widmung wird jene hoheitliche Verfügung bezeichnet, die eine Straße einer bes.n öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung unterstellt und damit zu einer öffentlichen Sache erklärt. So erhält nach §&nbsp;2 Abs.&nbsp;1 FStrG eine Straße die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung, die instrumentell als Verwaltungsakt anzusehen ist. Damit wird ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus, eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit an der Straße begründet.
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Als Widmung wird jene hoheitliche Verfügung bezeichnet, die eine Straße einer besonderen öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung unterstellt und damit zu einer öffentlichen Sache erklärt. So erhält nach §&nbsp;2 Abs.&nbsp;1 FStrG eine Straße die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung, die instrumentell als Verwaltungsakt anzusehen ist. Damit wird ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus, eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit an der Straße begründet.
 
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Kein Gemeingebrauch liegt dagegen vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Solche Sondernutzungen sind erlaubnispflichtig und können der Erhebung von Sondernutzungsgebühren unterworfen werden. Ein Gemeingebrauch liegt nicht mehr vor, wenn es an einem objektiven Verkehrsverhalten fehlt und nicht mehr die Fortbewegung im Vordergrund steht. So sind Werbeaktionen oder auch der Betrieb von sog.en Bier-Bikes auf öffentlichen Straßen nicht als Gemeingebrauch, sondern vielmehr als eine erlaubnispflichtige Sondernutzung anzusehen. Ein Indiz für ein derartiges Überschreiten des Gemeingebrauchs ist es meist, wenn auf dem Straßenraum Tische, Stände, Plakate oder sonstige Verkaufs- oder Werbegegenstände aufgestellt werden. Ausnahmen hat die Rechtsprechung indes für politische Werbung und Straßenkunst anerkannt. Auch diese zielen zwar allenfalls mittelbar auf Fortbewegung ab, sollen indes wegen ihrer grundrechtlichen Bedeutung erlaubnisfrei sein, sei es als „erlaubnisfreie Sondernutzung“, sei es als „kommunikativer Verkehr“ i.&nbsp;S.&nbsp;d. Gemeingebrauchs. Zudem steht den Eigentümern und Besitzern von Nachbargrundstücken einer öffentlichen Straße – den sog.en Straßenanliegern – ein in einigen Punkten intensiverer sog.er gesteigerter Gemeingebrauch zu.
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Kein Gemeingebrauch liegt dagegen vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Solche Sondernutzungen sind erlaubnispflichtig und können der Erhebung von Sondernutzungsgebühren unterworfen werden. Ein Gemeingebrauch liegt nicht mehr vor, wenn es an einem objektiven Verkehrsverhalten fehlt und nicht mehr die Fortbewegung im Vordergrund steht. So sind Werbeaktionen oder auch der Betrieb von sogenannten Bier-Bikes auf öffentlichen Straßen nicht als Gemeingebrauch, sondern vielmehr als eine erlaubnispflichtige Sondernutzung anzusehen. Ein Indiz für ein derartiges Überschreiten des Gemeingebrauchs ist es meist, wenn auf dem Straßenraum Tische, Stände, Plakate oder sonstige Verkaufs- oder Werbegegenstände aufgestellt werden. Ausnahmen hat die Rechtsprechung indes für politische Werbung und Straßenkunst anerkannt. Auch diese zielen zwar allenfalls mittelbar auf Fortbewegung ab, sollen indes wegen ihrer grundrechtlichen Bedeutung erlaubnisfrei sein, sei es als „erlaubnisfreie Sondernutzung“, sei es als „kommunikativer Verkehr“ i.&nbsp;S.&nbsp;d. Gemeingebrauchs. Zudem steht den Eigentümern und Besitzern von Nachbargrundstücken einer öffentlichen Straße – den sogenannten Straßenanliegern – ein in einigen Punkten intensiverer sogenannter gesteigerter Gemeingebrauch zu.
 
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Gemeingebrauch wie auch Sondernutzung sind Ausfluss der durch die Widmung begründeten auf dem Privateigentum am Straßenkörper lastenden Dienstbarkeit. Ein privater Sacheigentümer des Straßengrundstücks muss daher jede dem Gemeingebrauch entspr.e oder auch als Sondernutzung anzusehende Sachnutzung hinnehmen. Das Privateigentum am Straßenkörper bleibt jedoch regelmäßig für solche Nutzungen relevant, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen. Diese können durch die bürgerlich-rechtlichen Unterlassungsansprüche unterbunden oder entgeltlich zugelassen werden (vgl. etwa §&nbsp;23 StrWG NRW).
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Gemeingebrauch wie auch Sondernutzung sind Ausfluss der durch die Widmung begründeten auf dem Privateigentum am Straßenkörper lastenden Dienstbarkeit. Ein privater Sacheigentümer des Straßengrundstücks muss daher jede dem Gemeingebrauch entsprechende oder auch als Sondernutzung anzusehende Sachnutzung hinnehmen. Das Privateigentum am Straßenkörper bleibt jedoch regelmäßig für solche Nutzungen relevant, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen. Diese können durch die bürgerlich-rechtlichen Unterlassungsansprüche unterbunden oder entgeltlich zugelassen werden (vgl. etwa §&nbsp;23 StrWG NRW).
 
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Obwohl die entspr.en Bestimmungen des StVG und der StVO hierarchisch gegenüber dem S. vorgehen, sind straßenverkehrsrechtliche Anordnungen demnach kompetenzrechtlich nur zulässig, soweit sie mit dem widmungsgemäßen Status der öffentlichen Straße vereinbar sind. Durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen kann die Straße also nicht „umfunktioniert“ werden, so dass etwa die Errichtung einer Fußgängerzone einer Änderung der Widmung bedarf. Umgekehrt geht die StVO als Ordnungsrecht des Bundes den Landesstraßengesetzen vor und bestimmt verbindlich den gemeinverträglichen Inhalt des Verkehrsbegriffs. Soweit also nach der StVO ein Fahrzeug oder ein bestimmter Verkehr zugelassen ist, kann dies straßenrechtlich nicht als erlaubnispflichtige Sondernutzung angesehen werden.
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Obwohl die entsprechenden Bestimmungen des StVG und der StVO hierarchisch gegenüber dem S. vorgehen, sind straßenverkehrsrechtliche Anordnungen demnach kompetenzrechtlich nur zulässig, soweit sie mit dem widmungsgemäßen Status der öffentlichen Straße vereinbar sind. Durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen kann die Straße also nicht „umfunktioniert“ werden, so dass etwa die Errichtung einer Fußgängerzone einer Änderung der Widmung bedarf. Umgekehrt geht die StVO als Ordnungsrecht des Bundes den Landesstraßengesetzen vor und bestimmt verbindlich den gemeinverträglichen Inhalt des Verkehrsbegriffs. Soweit also nach der StVO ein Fahrzeug oder ein bestimmter Verkehr zugelassen ist, kann dies straßenrechtlich nicht als erlaubnispflichtige Sondernutzung angesehen werden.
 
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[[Category:Rechtswissenschaft]]

Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:12 Uhr

Als Straßen- (S.) und Wegerecht (W.) werden in einem weiteren Sinne sämtliche auf Straßen und Wege bezogenen Vorschriften, in einem engeren Sinne hingegen das öffentliche Sachenrecht für öffentliche Straßen, Wege und Plätze verstanden, die der Allgemeinheit zugänglich sind.

1. Die Rechtsgrundlagen und ihre Entwicklung

Die entsprechenden Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten sind verfassungsrechtlich auf Bund und Länder aufgeteilt und unterlagen im Laufe der Geschichte immer wieder Gewichtsverschiebungen: Die ursprüngliche königliche Wegeherrschaft über die großen Land- und Heerstraßen fiel ab dem 13. Jh. in die Hände der Landesherren. Bis weit in das 20. Jh. hinein waren daher allein die Länder Inhaber der Verfügungsgewalt über die verkehrswichtigen Straßen. Die noch in der Weimarer Republik ausgearbeiteten Reformpläne zur Zentralisierung der Straßenverwaltung wurden im Dritten Reich umgesetzt. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG gab dem Bund das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung zwar umfassend für das Straßenverkehrsrecht, das Kraftfahrwesen sowie die Erhebung und Verteilung von Straßenbenutzungsgebühren, beschränkte den Bund im Hinblick auf den Bau und die Unterhaltung von Straßen jedoch von vornherein auf die „Landstraßen für den Fernverkehr“ – das sind im deutschen Straßennetz einerseits die Bundesautobahnen, andererseits die Bundesfernstraßen. Für die daneben in allen Bundesländern bestehenden öffentlichen Straßenkategorien – nämlich Landes- bzw. Staatsstraßen, Kreisstraßen, Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen – genießen hingegen nach Art. 70 GG allein die Länder das Recht der Gesetzgebung. Aus diesem Grund werden Bau, Unterhaltung und Nutzung von Straßen in Deutschland einerseits bundesrechtlich durch das FStrG, andererseits landesrechtlich durch die 16 Straßen- und Wegegesetze der Länder reglementiert, die in ihren Grundstrukturen freilich weitreichende Parallelen aufweisen und in ihrer Gesamtheit das S. und W. bilden.

Verwaltungstechnisch unterlagen die Reichsautobahnen ab 1933 der Verwaltungshoheit des Reichs, die übrigen überörtlichen Straßen hingegen einer Auftragsverwaltung, die sich nach 1949 für alle Bundesstraßen durchsetzte und über nahezu sieben Jahrzehnte praktiziert wurde. Mit der 2017 vollzogenen Umgestaltung des maßgeblichen Art. 90 GG knüpft das geltende Recht nunmehr wieder ein Stück weit an das 1933 errichtete frühere Unternehmen „Reichsautobahnen“ an. Nach dem heutigen Art. 90 Abs. 2 GG werden die Bundesautobahnen durch den Bund selbst verwaltet, der sich hierbei einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen kann, die jedoch strengen Privatisierungsschranken unterliegt. Die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs verwalten nach Art. 90 Abs. 3 GG grundsätzlich die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften im Auftrag des Bundes. Staatsstraßen, Kreisstraßen und Gemeindestraßen schließlich unterliegen von vornherein der eigenverantwortlichen landeseigenen Verwaltung.

2. Widmung, Gemeingebrauch, Sondernutzung

Als Widmung wird jene hoheitliche Verfügung bezeichnet, die eine Straße einer besonderen öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung unterstellt und damit zu einer öffentlichen Sache erklärt. So erhält nach § 2 Abs. 1 FStrG eine Straße die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung, die instrumentell als Verwaltungsakt anzusehen ist. Damit wird ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus, eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit an der Straße begründet.

Der Verkehr auf den gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen steht jedermann offen. Diese jedermann gewährte öffentlich-rechtliche Berechtigung, die öffentliche Straße ohne bes. Zulassung zu benutzen, wird in den Straßengesetzen als Gemeingebrauch bezeichnet und durch die Widmungsverfügung konkretisiert. So ist nach § 14 Abs. 1 S. 1 des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW) der Gebrauch der öffentlichen Straßen jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften gestattet. Dabei ist es auch möglich, die Widmung der Straße von vornherein auf bestimmte Benutzungsarten oder -zwecke zu beschränken, wie dies etwa bei einem Radweg oder einer Fußgängerstraße der Fall ist. Auch Änderungen der Widmung und damit des zugelassenen Gemeingebrauchs durch (Teil-)Entwidmung, Aufstufung oder Abstufung der Straße sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Kein Gemeingebrauch liegt dagegen vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Solche Sondernutzungen sind erlaubnispflichtig und können der Erhebung von Sondernutzungsgebühren unterworfen werden. Ein Gemeingebrauch liegt nicht mehr vor, wenn es an einem objektiven Verkehrsverhalten fehlt und nicht mehr die Fortbewegung im Vordergrund steht. So sind Werbeaktionen oder auch der Betrieb von sogenannten Bier-Bikes auf öffentlichen Straßen nicht als Gemeingebrauch, sondern vielmehr als eine erlaubnispflichtige Sondernutzung anzusehen. Ein Indiz für ein derartiges Überschreiten des Gemeingebrauchs ist es meist, wenn auf dem Straßenraum Tische, Stände, Plakate oder sonstige Verkaufs- oder Werbegegenstände aufgestellt werden. Ausnahmen hat die Rechtsprechung indes für politische Werbung und Straßenkunst anerkannt. Auch diese zielen zwar allenfalls mittelbar auf Fortbewegung ab, sollen indes wegen ihrer grundrechtlichen Bedeutung erlaubnisfrei sein, sei es als „erlaubnisfreie Sondernutzung“, sei es als „kommunikativer Verkehr“ i. S. d. Gemeingebrauchs. Zudem steht den Eigentümern und Besitzern von Nachbargrundstücken einer öffentlichen Straße – den sogenannten Straßenanliegern – ein in einigen Punkten intensiverer sogenannter gesteigerter Gemeingebrauch zu.

Gemeingebrauch wie auch Sondernutzung sind Ausfluss der durch die Widmung begründeten auf dem Privateigentum am Straßenkörper lastenden Dienstbarkeit. Ein privater Sacheigentümer des Straßengrundstücks muss daher jede dem Gemeingebrauch entsprechende oder auch als Sondernutzung anzusehende Sachnutzung hinnehmen. Das Privateigentum am Straßenkörper bleibt jedoch regelmäßig für solche Nutzungen relevant, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen. Diese können durch die bürgerlich-rechtlichen Unterlassungsansprüche unterbunden oder entgeltlich zugelassen werden (vgl. etwa § 23 StrWG NRW).

3. Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht

Der regelungstechnische Ausgangspunkt für das Zusammenspiel der Rechtsgrundlagen des Bundes und der Länder sind die beiden weichenstellenden Figuren des Vorbehalts des S.s und des Vorrangs des Straßenverkehrsrechts (grundlegend dazu BVerwGE 34,321 [323]): Es ist nach der grundgesetzlichen Kompetenzordnung eine dem S. vorbehaltene Aufgabe, dem Verkehrsteilnehmer durch Widmung einer Straße für den öffentlichen Verkehr einen unmittelbaren grundrechtlichen Freiraum zu eröffnen, der dann jedoch unter dem Vorbehalt ordnungsrechtlicher Anordnungen steht. Die straßenrechtliche Widmung bildet also einen Rahmen für die als Bundesrecht normenhierarchisch gegenüber dem Landes-S. vorrangigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen.

Obwohl die entsprechenden Bestimmungen des StVG und der StVO hierarchisch gegenüber dem S. vorgehen, sind straßenverkehrsrechtliche Anordnungen demnach kompetenzrechtlich nur zulässig, soweit sie mit dem widmungsgemäßen Status der öffentlichen Straße vereinbar sind. Durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen kann die Straße also nicht „umfunktioniert“ werden, so dass etwa die Errichtung einer Fußgängerzone einer Änderung der Widmung bedarf. Umgekehrt geht die StVO als Ordnungsrecht des Bundes den Landesstraßengesetzen vor und bestimmt verbindlich den gemeinverträglichen Inhalt des Verkehrsbegriffs. Soweit also nach der StVO ein Fahrzeug oder ein bestimmter Verkehr zugelassen ist, kann dies straßenrechtlich nicht als erlaubnispflichtige Sondernutzung angesehen werden.