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U.e sind zwar an Rechtsnormen gebunden, bewerten Sachverhalte jedoch politisch; sie sind keine Gerichte, sondern parlamentarische Institution. Die Charakterisierung als „politische Kampfinstrumente“ ist daher nicht von vornherein verfehlt. Insb. bei der entspr.en Anwendung strafprozessualer Mittel sind diese Unterschiede zum Strafprozess zu berücksichtigen. Durch diese Funktionsunterschiede sind auch Paralleluntersuchungen durch Bundestag und Justiz zulässig: In einem Fall geht es um die rechtliche, im anderen um eine politische Bewertung des gleichen Sachverhalts. Im Verhältnis zur Exekutive ist der vom BVerfG entwickelte „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ zu wahren (BVerfGE 67,100 [139]; 77,1 [59]; 110,199 [214&nbsp;ff.]). Laufende Regierungstätigkeit kann nicht durch einen U. „begleitet“ werden, vorbeugende Kontrolle ist erst recht unzulässig. Es geht darum, der Regierung einen „grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich“ zu sichern (BVerfGE 67,100 [139]; 124,78 [120]). Das betrifft zunächst die interne Willensbildung der Regierung selbst, wie Kabinettsberatungen, Ressortabstimmungen, Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen sowie sonstige ressortübergreifende oder ressortinterne Abstimmungsprozesse (BVerfGE 124,78 [130]). U.e sind vergangenheitszentriert. Für Angelegenheiten der Gegenwart, erst recht der Zukunft, sind sie weder geeignet noch zulässig.
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U.e sind zwar an Rechtsnormen gebunden, bewerten Sachverhalte jedoch politisch; sie sind keine Gerichte, sondern parlamentarische Institution. Die Charakterisierung als „politische Kampfinstrumente“ ist daher nicht von vornherein verfehlt. Insb. bei der entsprechenden Anwendung strafprozessualer Mittel sind diese Unterschiede zum Strafprozess zu berücksichtigen. Durch diese Funktionsunterschiede sind auch Paralleluntersuchungen durch Bundestag und Justiz zulässig: In einem Fall geht es um die rechtliche, im anderen um eine politische Bewertung des gleichen Sachverhalts. Im Verhältnis zur Exekutive ist der vom BVerfG entwickelte „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ zu wahren (BVerfGE 67,100 [139]; 77,1 [59]; 110,199 [214&nbsp;ff.]). Laufende Regierungstätigkeit kann nicht durch einen U. „begleitet“ werden, vorbeugende Kontrolle ist erst recht unzulässig. Es geht darum, der Regierung einen „grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich“ zu sichern (BVerfGE 67,100 [139]; 124,78 [120]). Das betrifft zunächst die interne Willensbildung der Regierung selbst, wie Kabinettsberatungen, Ressortabstimmungen, Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen sowie sonstige ressortübergreifende oder ressortinterne Abstimmungsprozesse (BVerfGE 124,78 [130]). U.e sind vergangenheitszentriert. Für Angelegenheiten der Gegenwart, erst recht der Zukunft, sind sie weder geeignet noch zulässig.
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:13 Uhr

1. Untersuchungsausschuss als „scharfes Schwert“ parlamentarischer Kontrolle

Untersuchungsausschüsse (U.e) sind Instrumente parlamentarischer Kontrolle (Politische Kontrolle). Kontrolle ist ein zentraler Bestandteil parlamentarischer Repräsentation und damit der Legitimierung demokratisch getroffener Entscheidungen. Dem U. steht keine Sanktion im rechtlich-technischen Sinne zu, er kann und soll seine Ergebnisse vielmehr in die politische Auseinandersetzung einbringen; intendiert sind insoweit politische, nicht rechtliche Folgen. Informations-, Frage-, Zitier- und Interpellationsrechte, bes. Befugnisse des Petitionsausschusses, der Wehrbeauftragte und das Gremium zur Kontrolle der Nachrichtendienste können als gestuftes Instrumentarium verstanden werden.

U.e erweisen sich als die stärksten und schärfsten Kontrollmöglichkeiten eines Parlaments (Parlament, Parlamentarismus), da ihm nur durch sie zwangsbewehrte Beweiserhebungsrechte zugesprochen sind. D. i. deshalb bemerkenswert, weil ein U. nicht die Rechtmäßigkeit des untersuchten Handelns bewerten soll, sondern allein Tatsachen für eine politische Bewertung sammelt. So kann sich das Parlament unabhängig von anderen Staatsorganen Informationen verschaffen. Das Recht zur eigenen Beweiserhebung ist das Machtmittel schlechthin, das den U. von sämtlichen anderen parlamentarischen Kompetenzen und Möglichkeiten unterscheidet und ihn zum „schärfsten Schwert“ in der Hand des Bundestages macht.

Aufgabe der U.e ist es, Sachverhalte zu untersuchen, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, und hierüber dem Plenum zu berichten. Es geht um Selbstinformation mittels Sachverhaltsaufklärung durch das Parlament zur „Vorbereitung seiner Entscheidungen“ (BVerfGE 49,70 [85]). Die genaue Funktion eines U.es hängt von der staatsorganisationsrechtlichen Architektur der jeweiligen Verfassungsordnung, konkret von der Ausgestaltung der gewaltenteiligen Situation ab: In einem präsidentiellen System, in dem sich Legislative und Exekutive idealtypisch gegenüberstehen, sind Stellung und Funktion anders als im parlamentarischen Regierungssystem, in dem die Regierung von der Parlamentsmehrheit in ihrer Einsetzung, ihrem Bestand und ihrem politischen Handeln abhängig ist; hier verwandelt sich das parlamentarische Untersuchungsrecht in ein parlamentarisches Minderheitenrecht, zumal der Bundestag auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder zur Einsetzung eines U.es verpflichtet ist. Die durch die Rechtsprechung des BVerfG und der LVerfG eingeforderten und durchgesetzten, inzwischen im PUAG von 2001 aufgenommenen und ausgebauten Minderheitsrechte auch im Ausschuss ermöglichen die Funktion von U.en auch im parlamentarischen Regierungssystem. Dies hat das BVerfG in einer Reihe von Judikaten durchgesetzt (BVerfGE 49,70 [80 f., 85 ff.]; 105,197 [130]; 113,113 [121]). Deren Grundlinien sind in das PUAG eingeflossen, wobei stets zwischen Mehrheitsprinzip und berechtigten Minderheitsrechten (Minderheiten) auszutarieren ist. Minderheitsrechte im Ausschuss bedeuten dabei nicht, die Verfahrensherrschaft von der Mehrheit auf die Minderheit (BVerfGE 105,197 [222 f.]) übergehen zu lassen.

2. Typen/Arten

Terminologisch gleichbedeutend wird auch von einer „Enquête“ oder vom „Enquête-Recht“ gesprochen. Bei einer „Mehrheitsenquête“ wird der Antrag auf Einsetzung des Ausschusses von der bzw. von einer Mehrheit der Mitglieder des Bundestages gestellt; dementsprechend ist die „Minderheitsenquête“ ein U., der nicht auf der Mehrheit beruht; unschädlich ist insoweit, dass zumeist der Bundestag – etwa wegen der Einrichtungspflicht – einstimmig oder doch mit überwältigender Mehrheit die Einsetzung beschließt; die Minderheitsenquête wird nicht allein dadurch zur Mehrheitsenquête, denn maßgeblich ist die Zahl der Antragsteller, nicht die der den Ausschuss Beschließenden. Auf eine andere Ebene gehören Charakterisierungen, die nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern auch das politische Umfeld einbeziehen wie z. B. Skandalenquêten, Missbrauchsenquêten, Beschluss-(vorbereitungs-)enquêten, Gesellschaftsenquêten, Justizenquêten usw. Diese politisch-thematischen, zudem nicht stets trennscharfen Begriffe spiegeln über die Vielfalt möglicher Untersuchungsgegenstände die Funktionsausweitung des Parlaments wider. Der tatsächliche Schwerpunkt von U.en unter dem GG liegt bei der Kontrolle administrativer Vorgänge; Gesetzgebungsenquêten sind selten, da das Parlament das Gesetzgebungsverfahren ohnehin weitgehend beherrscht und die Informationsbeschaffung hier anders erfolgt.

Durch ausdrückliche Anordnung in Art. 45a Abs. 2 und 3 GG besitzt der Verteidigungsausschuss die Rechte eines U.es und wird Art. 44 Abs. 1 GG folglich als lex generalis verdrängt.

Die seit 1969 möglichen und in der parlamentarischen Praxis nicht unbeliebten Enquête-Kommissionen sind demgegenüber – trotz gemeinsamer Ursprünge – etwas anderes als U.e, auch wenn sie die Untersuchungs- und Informationsmöglichkeiten des Bundestags erweitern. Nach § 56 GOBT kann der Bundestag zur Vorbereitung von Entscheidungen „über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe“ eine solche Kommission einsetzen, auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist er dazu verpflichtet. Entgegen einem Vorschlag der seinerzeitigen Enquête-Kommission Verfassungsreform ist eine verfassungsrechtliche Verankerung weder angestrebt noch sinnvoll. Der Einsetzungsantrag muss den Auftrag der Kommission bezeichnen. Auch die Enquête-Kommission ist „nichtständig“, und hinsichtlich ihres Gegenstandes bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zu einem U. Freilich sind die Fragestellungen von U.en in der parlamentarischen Praxis regelmäßig enger gefasst und ergeben sich politisch eher ad hoc, statt als Ergebnis vorausschauender Planung, streben eher nach Sachverhaltsaufklärung denn nach Sachverständigenwissen. Die Enquête-Kommission ist ebenfalls als (mögliches, in der parlamentarischen Praxis weniger bedeutsames) Minderheitsrecht ausgestaltet; ihr fehlen jedoch die Befugnisse eines U.es.

3. Zusammensetzung, Rechtsbindung und Untersuchungsgrenzen

Wie jeder Ausschuss ist auch der U. „verkleinertes Abbild des Plenums“, spiegelt also die dortigen Mehrheitsverhältnisse wider („Spiegelbildtheorie“) (BVerfGE 140,115). Der Bundestag (als Ganzer) erweist sich so als „Träger“ des Untersuchungsrechts, der U. nimmt in seiner Hilfs-, Teil- oder Unterorganstellung Rechte des Parlaments als solchem wahr (BVerfGE 77,1 [40 f.]; 113,113 [120]; 124,78 [114]). Die Untersuchung wird damit exklusiv durch den Ausschuss durchgeführt, dem Plenum bleibt, politische Schlüsse daraus zu ziehen. Der U. ist damit stets Teil des obersten Staatsorgans Bundestag. Sein Wirkungskreis ist an denjenigen des Bundestages selbst gekoppelt. Als Unter-, Teil- oder Hilfsorgane des Parlaments unterliegen auch U.e dem parlamentsrechtlichen Grundsatz der Diskontinuität (BVerfGE 49,70 [86]).

Im Gefüge der grundgesetzlichen Funktionentrennung stoßen der Untersuchungsauftrag und damit die Befugnisse des U.es dort an Grenzen, wo Funktionen anderen Staatsorganen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen sind. Trotz der Einräumung strafprozessualer Befugnisse hat ein U. keine rechtsprechende Funktion. Es handelt sich nicht um eine gerichtsähnliche Veranstaltung, da es schon an der Figur des unabhängigen Richters fehlt. Es geht auch nicht wie bei Rechtsprechung im materiellen Sinn um Rechtsanwendung am Maßstab des Rechts, sondern um die Aufklärung von Sachverhalten unter politischen Vorzeichen.

U.e sind zwar an Rechtsnormen gebunden, bewerten Sachverhalte jedoch politisch; sie sind keine Gerichte, sondern parlamentarische Institution. Die Charakterisierung als „politische Kampfinstrumente“ ist daher nicht von vornherein verfehlt. Insb. bei der entsprechenden Anwendung strafprozessualer Mittel sind diese Unterschiede zum Strafprozess zu berücksichtigen. Durch diese Funktionsunterschiede sind auch Paralleluntersuchungen durch Bundestag und Justiz zulässig: In einem Fall geht es um die rechtliche, im anderen um eine politische Bewertung des gleichen Sachverhalts. Im Verhältnis zur Exekutive ist der vom BVerfG entwickelte „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ zu wahren (BVerfGE 67,100 [139]; 77,1 [59]; 110,199 [214 ff.]). Laufende Regierungstätigkeit kann nicht durch einen U. „begleitet“ werden, vorbeugende Kontrolle ist erst recht unzulässig. Es geht darum, der Regierung einen „grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich“ zu sichern (BVerfGE 67,100 [139]; 124,78 [120]). Das betrifft zunächst die interne Willensbildung der Regierung selbst, wie Kabinettsberatungen, Ressortabstimmungen, Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen sowie sonstige ressortübergreifende oder ressortinterne Abstimmungsprozesse (BVerfGE 124,78 [130]). U.e sind vergangenheitszentriert. Für Angelegenheiten der Gegenwart, erst recht der Zukunft, sind sie weder geeignet noch zulässig.

U.e sind rechtlich geordnet und begrenzt und handeln hoheitlich, üben öffentliche Gewalt i. S. v. Art. 1 Abs. 3, 19 Abs. 4, 93 Abs. 1 Nr. 4a GG aus, sind folglich grundrechtgebunden (BVerfGE 67,100 [142]; 76,363 [383, 387]; 77,1 [40]). Das spielt v. a. bei der Untersuchung privater Sachverhalte eine Rolle.