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− | Mit Erfindung der Schrift entstand das Bedürfnis, Texte auch aufzubewahren. Bereits für die Antike sind große Sammlungen bekannt, etwa die Tontafel-B. des assyrischen Königs Assurbanipal (669–627 v. Chr.) in Ninive. Berühmt ist auch die B. von Alexandria, deren spektakulärer Untergang in einem Brand allerdings eine Legende darstellt. Die griechisch-römische Welt kannte eine Vielzahl von B., die spätestens mit den Umbrüchen am Übergang von Spätantike zum Frühmittelalter praktisch vollständig untergingen. Während des Mittelalters dominierten insbesondere Kloster-B., die für die Überlieferung antiker Texte eine entscheidende Rolle spielten. Im Hochmittelalter kamen mit Entstehung der Universitäten ([[Hochschulen]]) erste Universitäts-B. auf. Fürstliche Sammelleidenschaft, oft in Zusammenhang mit | + | Mit Erfindung der Schrift entstand das Bedürfnis, Texte auch aufzubewahren. Bereits für die Antike sind große Sammlungen bekannt, etwa die Tontafel-B. des assyrischen Königs Assurbanipal (669–627 v. Chr.) in Ninive. Berühmt ist auch die B. von Alexandria, deren spektakulärer Untergang in einem Brand allerdings eine Legende darstellt. Die griechisch-römische Welt kannte eine Vielzahl von B., die spätestens mit den Umbrüchen am Übergang von Spätantike zum Frühmittelalter praktisch vollständig untergingen. Während des Mittelalters dominierten insbesondere Kloster-B., die für die Überlieferung antiker Texte eine entscheidende Rolle spielten. Im Hochmittelalter kamen mit Entstehung der Universitäten ([[Hochschulen]]) erste Universitäts-B. auf. Fürstliche Sammelleidenschaft, oft in Zusammenhang mit sogenannten „Wunderkammern“, führte zur Ausformung neuer Bibliothekstypen in den frühneuzeitlichen Jh. Zumeist lagen in diesen Sammlungen die Keimzellen großer Universal-B., die z. T. bis heute bestehen. Im 18. Jh. entstand die wissenschaftliche Gebrauchs-B. moderner Prägung. Maßgebend für diese Entwicklung war die Universitäts-B. Göttingen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jh. eine der weltweit führenden B. war. In Folge der [[Säkularisation]] gingen weite Teile der kirchlichen Buchbestände an B. in staatlicher Trägerschaft über. Die Expansion der Wissenschaften und des Universitätswesens im 19. und 20. Jh. führte zu einer weiträumigen Herausbildung und Ausdifferenzierung von B. moderner Prägung. Ende des 19. Jh. entstanden überdies Volksbüchereien nach angloamerikanischem Vorbild, die einer zunehmenden Alphabetisierung und einem gesteigerten Lese- und Bildungsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung trugen. Folge dieser Entwicklung war eine in wesentlichen Teilen bis heute existierende funktionale Trennung von wissenschaftlichen B. und öffentlichen Büchereien. |
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− | In Deutschland existieren gegenwärtig mehr als 10 000 B. in unterschiedlicher Größe, Ausrichtung und Trägerschaft. Die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die Kulturhoheit der Länder hat die Ausformung einer National-B. wie in anderen Ländern (so etwa in den USA, England, Frankreich) verhindert. Die Aufgaben werden in Deutschland kooperativ durch mehrere Einrichtungen wahrgenommen. Die Deutsche National-B., 1912 als Deutsche Bücherei gegründet, sammelt alle seit 1913 in Deutschland erscheinenden Veröffentlichungen, ergänzt um so genannte Germanica (im Ausland erschienene Publikationen in deutscher Sprache, Übersetzungen deutschsprachiger Werke sowie Literatur über Deutschland) und erschließt sie in der Deutschen Nationalbibliographie. Aufgrund der verhältnismäßig späten Gründung zu Beginn des 20. Jh. verfügt die Deutsche Nationalbibliothek über einen nur geringen historischen Bestand. Daher treten ihr gleichrangig zwei große, historisch gewachsene B., die Staats-B. zu Berlin sowie die Bayerische Staats-B. in München zur Seite, welche umfassende, auch im internationalen Kontext herausragende Bestände und Sondersammlungen besitzen. Flankiert wird dieses kooperative Modell auf nationaler Ebene durch insgesamt sechs B., die sich in einer Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke zusammengeschlossen haben und in zeitlicher Schichtung Literatur aus Deutschland seit 1450 bis zur Gegenwart sammeln. Drei Zentrale Fach-B. für Medizin, Technik und Wirtschaftswissenschaften ergänzen das Angebot auf nationaler Ebene. Hinzu kommt ein ausgefeiltes System von Sondersammelgebieten (künftig Fachinformationsdiensten), mit deren Hilfe die jeweilige B. die internationale Forschungsliteratur des jeweiligen Fachgebiets vertieft erwirbt. Daneben streben Regional-B. an, Literatur zu bestimmten Regionen möglichst umfassend bereitzustellen, oft unterstützt durch Pflichtexemplargesetze. Hochschul-B. kümmern sich üblicherweise um die Bedürfnisse in Lehre und Forschung der jeweiligen Hochschule. Ferner finden sich in Deutschland zahlreiche Fach- und Spezial-B. Das wissenschaftliche Bibliothekswesen in Deutschland zeichnet sich durch eine erhebliche Dichte, gerade in der Fläche, aus. Hinzu tritt die zahlenmäßig größte Gruppe der B. in Deutschland, die | + | In Deutschland existieren gegenwärtig mehr als 10 000 B. in unterschiedlicher Größe, Ausrichtung und Trägerschaft. Die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die Kulturhoheit der Länder hat die Ausformung einer National-B. wie in anderen Ländern (so etwa in den USA, England, Frankreich) verhindert. Die Aufgaben werden in Deutschland kooperativ durch mehrere Einrichtungen wahrgenommen. Die Deutsche National-B., 1912 als Deutsche Bücherei gegründet, sammelt alle seit 1913 in Deutschland erscheinenden Veröffentlichungen, ergänzt um so genannte Germanica (im Ausland erschienene Publikationen in deutscher Sprache, Übersetzungen deutschsprachiger Werke sowie Literatur über Deutschland) und erschließt sie in der Deutschen Nationalbibliographie. Aufgrund der verhältnismäßig späten Gründung zu Beginn des 20. Jh. verfügt die Deutsche Nationalbibliothek über einen nur geringen historischen Bestand. Daher treten ihr gleichrangig zwei große, historisch gewachsene B., die Staats-B. zu Berlin sowie die Bayerische Staats-B. in München zur Seite, welche umfassende, auch im internationalen Kontext herausragende Bestände und Sondersammlungen besitzen. Flankiert wird dieses kooperative Modell auf nationaler Ebene durch insgesamt sechs B., die sich in einer Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke zusammengeschlossen haben und in zeitlicher Schichtung Literatur aus Deutschland seit 1450 bis zur Gegenwart sammeln. Drei Zentrale Fach-B. für Medizin, Technik und Wirtschaftswissenschaften ergänzen das Angebot auf nationaler Ebene. Hinzu kommt ein ausgefeiltes System von Sondersammelgebieten (künftig Fachinformationsdiensten), mit deren Hilfe die jeweilige B. die internationale Forschungsliteratur des jeweiligen Fachgebiets vertieft erwirbt. Daneben streben Regional-B. an, Literatur zu bestimmten Regionen möglichst umfassend bereitzustellen, oft unterstützt durch Pflichtexemplargesetze. Hochschul-B. kümmern sich üblicherweise um die Bedürfnisse in Lehre und Forschung der jeweiligen Hochschule. Ferner finden sich in Deutschland zahlreiche Fach- und Spezial-B. Das wissenschaftliche Bibliothekswesen in Deutschland zeichnet sich durch eine erhebliche Dichte, gerade in der Fläche, aus. Hinzu tritt die zahlenmäßig größte Gruppe der B. in Deutschland, die sogenannten öffentlichen Büchereien, welche dem im GG (Art. 5 Abs. 1) formulierten Anspruch Rechnung tragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu verschaffen, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. |
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:06 Uhr
1. Allgemeines
B. zählen zusammen mit Einrichtungen wie Archiven und Museen (Museum) zu den sogenannten Gedächtnisinstitutionen; sie tragen somit zur Sicherung des kulturellen Gedächtnisses bei. Schon die Etymologie des Begriffes B. verweist auf die enge Verbindung zum Medium Buch: Griechisch „biblios“ bzw. lateinisch „liber“ bilden die Wurzel des im deutschen Sprachraum verwendeten Wortes B. bzw. der englischen Entsprechung „library“. Tatsächlich sind aber seit jeher nicht nur Bücher, sondern sämtliche zur jeweiligen Zeit verfügbaren veröffentlichten Medien auf verschiedensten Trägern, darunter auch unpublizierte Materialien (Nachlässe, Sammlungen), in einer B. zu finden. Bis vor einigen Jahrzehnten waren die Bestände von B. dennoch vornehmlich von Printmedien dominiert. Moderne B. sind hingegen durch eine große Medienvielfalt geprägt. So werden etwa mit großen Zuwachsraten zunehmend digitale Medien lizensiert, verwaltet und vermittelt. Grundsätzlich sammeln B. veröffentlichte Informationen, unabhängig von ihrer Erscheinungsform, ordnen diese und machen sie für ihre Benutzer verfügbar.
2. Geschichte
Mit Erfindung der Schrift entstand das Bedürfnis, Texte auch aufzubewahren. Bereits für die Antike sind große Sammlungen bekannt, etwa die Tontafel-B. des assyrischen Königs Assurbanipal (669–627 v. Chr.) in Ninive. Berühmt ist auch die B. von Alexandria, deren spektakulärer Untergang in einem Brand allerdings eine Legende darstellt. Die griechisch-römische Welt kannte eine Vielzahl von B., die spätestens mit den Umbrüchen am Übergang von Spätantike zum Frühmittelalter praktisch vollständig untergingen. Während des Mittelalters dominierten insbesondere Kloster-B., die für die Überlieferung antiker Texte eine entscheidende Rolle spielten. Im Hochmittelalter kamen mit Entstehung der Universitäten (Hochschulen) erste Universitäts-B. auf. Fürstliche Sammelleidenschaft, oft in Zusammenhang mit sogenannten „Wunderkammern“, führte zur Ausformung neuer Bibliothekstypen in den frühneuzeitlichen Jh. Zumeist lagen in diesen Sammlungen die Keimzellen großer Universal-B., die z. T. bis heute bestehen. Im 18. Jh. entstand die wissenschaftliche Gebrauchs-B. moderner Prägung. Maßgebend für diese Entwicklung war die Universitäts-B. Göttingen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jh. eine der weltweit führenden B. war. In Folge der Säkularisation gingen weite Teile der kirchlichen Buchbestände an B. in staatlicher Trägerschaft über. Die Expansion der Wissenschaften und des Universitätswesens im 19. und 20. Jh. führte zu einer weiträumigen Herausbildung und Ausdifferenzierung von B. moderner Prägung. Ende des 19. Jh. entstanden überdies Volksbüchereien nach angloamerikanischem Vorbild, die einer zunehmenden Alphabetisierung und einem gesteigerten Lese- und Bildungsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung trugen. Folge dieser Entwicklung war eine in wesentlichen Teilen bis heute existierende funktionale Trennung von wissenschaftlichen B. und öffentlichen Büchereien.
3. Bibliothekstypen in Deutschland
In Deutschland existieren gegenwärtig mehr als 10 000 B. in unterschiedlicher Größe, Ausrichtung und Trägerschaft. Die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die Kulturhoheit der Länder hat die Ausformung einer National-B. wie in anderen Ländern (so etwa in den USA, England, Frankreich) verhindert. Die Aufgaben werden in Deutschland kooperativ durch mehrere Einrichtungen wahrgenommen. Die Deutsche National-B., 1912 als Deutsche Bücherei gegründet, sammelt alle seit 1913 in Deutschland erscheinenden Veröffentlichungen, ergänzt um so genannte Germanica (im Ausland erschienene Publikationen in deutscher Sprache, Übersetzungen deutschsprachiger Werke sowie Literatur über Deutschland) und erschließt sie in der Deutschen Nationalbibliographie. Aufgrund der verhältnismäßig späten Gründung zu Beginn des 20. Jh. verfügt die Deutsche Nationalbibliothek über einen nur geringen historischen Bestand. Daher treten ihr gleichrangig zwei große, historisch gewachsene B., die Staats-B. zu Berlin sowie die Bayerische Staats-B. in München zur Seite, welche umfassende, auch im internationalen Kontext herausragende Bestände und Sondersammlungen besitzen. Flankiert wird dieses kooperative Modell auf nationaler Ebene durch insgesamt sechs B., die sich in einer Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke zusammengeschlossen haben und in zeitlicher Schichtung Literatur aus Deutschland seit 1450 bis zur Gegenwart sammeln. Drei Zentrale Fach-B. für Medizin, Technik und Wirtschaftswissenschaften ergänzen das Angebot auf nationaler Ebene. Hinzu kommt ein ausgefeiltes System von Sondersammelgebieten (künftig Fachinformationsdiensten), mit deren Hilfe die jeweilige B. die internationale Forschungsliteratur des jeweiligen Fachgebiets vertieft erwirbt. Daneben streben Regional-B. an, Literatur zu bestimmten Regionen möglichst umfassend bereitzustellen, oft unterstützt durch Pflichtexemplargesetze. Hochschul-B. kümmern sich üblicherweise um die Bedürfnisse in Lehre und Forschung der jeweiligen Hochschule. Ferner finden sich in Deutschland zahlreiche Fach- und Spezial-B. Das wissenschaftliche Bibliothekswesen in Deutschland zeichnet sich durch eine erhebliche Dichte, gerade in der Fläche, aus. Hinzu tritt die zahlenmäßig größte Gruppe der B. in Deutschland, die sogenannten öffentlichen Büchereien, welche dem im GG (Art. 5 Abs. 1) formulierten Anspruch Rechnung tragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu verschaffen, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“.
4. Entwicklungen der Gegenwart
Die Umbrüche v. a. in der digitalen Informationsversorgung haben dazu geführt, dass die Rolle von B. in der Wissensgesellschaft überdacht und teils neu definiert wurde bzw. wird. Als Informationsdienstleister müssen sich B. auf neuen Handlungsfeldern etablieren. Weltweit wird von den B. versucht, Synergien durch Kooperation zu erzeugen, um trotz Kostenexplosion und Ausweitung der Dienstleistungsangebote ihren Aufgaben nachkommen zu können. Umfangreiche Digitalisierungsunternehmungen (Digitalisierung) gerade von älteren Beständen haben die Zugänglichkeit von Wissen erleichtert. Eine große Herausforderung stellen Bestandserhaltung und digitale Langzeitarchivierung dar, ferner die Vermittlung von „Informationskompetenz“. Die B. der Gegenwart wandelt sich hier zunehmend zur „Teaching library“. Als Ausdruck des Willens zur Kooperation untereinander wie mit Archiven oder Museen können auch netzbasierte Portale gesehen werden, welche die digitalen Inhalte der beteiligten Institutionen leicht zugänglich machen; für Deutschland ist hier die Deutsche Digitale B., auf europäischer Ebene die Plattform Europeana zu nennen. Ebenfalls ein globaler Trend ist die Wahrnehmung von B. als „dritter Ort“ (Oldenburg 1999) zwischen der eigenen Wohnung und dem Arbeitsplatz. Gerne werden B. als „Lernorte“ aufgesucht, während die Bereitstellung und Nutzung von relevanter Literatur zunehmend netzbasiert erfolgt. Ca. 216 Mio. physische Besuche alleine in Deutschland 2013, mit weiter steigender Tendenz, belegen die ungebrochene Wertschätzung von B. auch im digitalen Zeitalter. Dass die Lesesäle von B. noch niemals so gut besucht waren wie in der Gegenwart, kann ebenfalls als globales Phänomen beobachtet werden. Gleichzeitig werden viele B. neu gebaut, auch hier ist ein historischer Höchststand zu Beginn des dritten Jahrtausends zu konstatieren.
Literatur
R. Griebel u. a.: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement, 2 Bde., 2015 • J. W. P. Campbell: Die Bibliothek: Kulturgeschichte und Architektur, 2013 • K. Umlauf/S. Gradmann: Handbuch Bibliothek, 2012 • U. Jochum: Geschichte der abendländischen Bibliotheken, 2010 • R. Oldenburg: The great good place, 1999 • B. Fabian: Buch, Bibliothek und geisteswissenschaftliche Forschung, 1983.
Empfohlene Zitierweise
B. Lübbers: Bibliotheken, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Bibliotheken (abgerufen: 21.11.2024)