Bilanz: Unterschied zwischen den Versionen

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Denkbar sind sowohl eine statische als auch eine dynamische Betrachtungsweise der B. Soll die B. das aktuelle Vermögen des Kaufmanns widerspiegeln und Auskunft darüber geben, ob die Gläubiger des Kaufmanns im Insolvenzfall ([[Insolvenz]]) vollständig befriedigt werden können, ist die statische Darstellung eines Zustands angestrebt. Dies führt etwa zu einer Einzelbewertung zu (ggf. modifizierten) Zerschlagungswerten und zur Ausblendung immaterieller Vermögensgegenstände. Die dynamische Betrachtungsweise will demgegenüber ein mögliches Potenzial für die Erwirtschaftung künftiger Erfolge aufzeigen und stellt daher den Erfolg und nicht das Vermögen in den Mittelpunkt. Berücksichtigt werden daher auch immaterielle Vermögensgegenstände und die Bewertung erfolgt mit Blick auf die Gesamtheit der Vermögensgegenstände zu Fortführungswerten. Die Wertansätze spiegeln den künftigen Nutzen wider. Welcher Betrachtungsweise zu folgen ist, lässt sich nicht allg. sagen, sondern hängt vom jeweiligen Regelungskontext ab.
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Denkbar sind sowohl eine statische als auch eine dynamische Betrachtungsweise der B. Soll die B. das aktuelle Vermögen des Kaufmanns widerspiegeln und Auskunft darüber geben, ob die Gläubiger des Kaufmanns im Insolvenzfall ([[Insolvenz]]) vollständig befriedigt werden können, ist die statische Darstellung eines Zustands angestrebt. Dies führt etwa zu einer Einzelbewertung zu (ggf. modifizierten) Zerschlagungswerten und zur Ausblendung immaterieller Vermögensgegenstände. Die dynamische Betrachtungsweise will demgegenüber ein mögliches Potenzial für die Erwirtschaftung künftiger Erfolge aufzeigen und stellt daher den Erfolg und nicht das Vermögen in den Mittelpunkt. Berücksichtigt werden daher auch immaterielle Vermögensgegenstände und die Bewertung erfolgt mit Blick auf die Gesamtheit der Vermögensgegenstände zu Fortführungswerten. Die Wertansätze spiegeln den künftigen Nutzen wider. Welcher Betrachtungsweise zu folgen ist, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vom jeweiligen Regelungskontext ab.
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:06 Uhr

1. Allgemeines; Begriff

Der Begriff B. bedeutet von seiner Wortherkunft her Waage (von lateinisch bis und lanx = zweischalig, italienisch bilancia). Die B. ist die regelmäßig in Form eines „T-Kontos“ erfolgende Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden des Kaufmanns (§ 242 HGB). Auf der linken Seite der B. (Aktivseite) wird mit den Vermögensgegenständen das Aktivvermögen des Kaufmanns abgebildet. Dem werden auf der rechten Seite (Passivseite) die Schulden des Kaufmanns gegenübergestellt. Ebenfalls auf der rechten Seite der B. findet sich das Eigenkapital als Differenz von Vermögen und Schulden. Daher entspricht – insofern ist das Bild der zweischaligen Balkenwaage treffend – die Summe der Aktivseite stets der Summe der Passivseite und umgekehrt; sie wird als B.-Summe bezeichnet. Die Passivseite der B. (Eigenkapital und Schulden) beschreibt die Herkunft der Mittel in dem bilanzierenden Unternehmen (Eigen- oder Fremdkapital; Kapital), die Aktivseite die Verwendung dieser Mittel. Die B. ist stichtagsbezogen und bildet gemeinsam mit der Gewinn- und Verlustrechnung, die Aufwendungen und Erträge gegenüberstellt, den Jahresabschluss. Gewinn und Verlust einer Periode lassen sich dem Vergleich der B.en zu Anfang und Ende der Periode als Veränderung des Eigenkapitals entnehmen, wobei Einlagen und Entnahmen insofern ausgeblendet werden müssen. Beispiel (Gliederung nach § 266 HGB):

Aktiva Bilanz zum 31.12.2015 Passiva
Anlagevermögen (z.B. Grundstücke, Maschinen) 100.000 € Eigenkapital 50.000 €
Umlaufvermögen (z.B. Vorräte, Forderungen, Kasse) 75.000 € Rückstellungen 30.000 €
Verbindlichkeiten (z.B. Anleihen, Kredite) 95.000 €
75.000 € 175.000 €

2. Rechtsgrundlagen

Die anwendbaren Rechtsgrundlagen hängen vom jeweiligen Regelungskontext ab. Ausgangspunkt im deutschen Recht ist regelmäßig die Handels-B. (§§ 242 ff. HGB), die für die Zwecke anderer Rechtsgebiete ggf. modifiziert wird (vgl. für das Steuerrecht etwa §§ 5 ff. EStG). Detaillierte Vorgaben für das deutsche Handels-B.-Recht finden sich in der Richtlinie 2013/34/EU, welche für eine erhebliche Harmonisierung des B.-Rechts in Europa sorgt. Im internationalen Kontext sind u. a. auch die IFRS/IAS von Bedeutung. Diese stellen zwar ein privates Regelungswerk dar, welches vom IASB herausgegeben wird. Dennoch kommt ihnen über die europäische IAS-Verordnung 1606/2002 rechtliche Verbindlichkeit für den Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Kapitalgesellschaften zu (§§ 264d, 315a HGB).

3. Bilanz-Auffassungen

Denkbar sind sowohl eine statische als auch eine dynamische Betrachtungsweise der B. Soll die B. das aktuelle Vermögen des Kaufmanns widerspiegeln und Auskunft darüber geben, ob die Gläubiger des Kaufmanns im Insolvenzfall (Insolvenz) vollständig befriedigt werden können, ist die statische Darstellung eines Zustands angestrebt. Dies führt etwa zu einer Einzelbewertung zu (ggf. modifizierten) Zerschlagungswerten und zur Ausblendung immaterieller Vermögensgegenstände. Die dynamische Betrachtungsweise will demgegenüber ein mögliches Potenzial für die Erwirtschaftung künftiger Erfolge aufzeigen und stellt daher den Erfolg und nicht das Vermögen in den Mittelpunkt. Berücksichtigt werden daher auch immaterielle Vermögensgegenstände und die Bewertung erfolgt mit Blick auf die Gesamtheit der Vermögensgegenstände zu Fortführungswerten. Die Wertansätze spiegeln den künftigen Nutzen wider. Welcher Betrachtungsweise zu folgen ist, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vom jeweiligen Regelungskontext ab.

Das deutsche Handels-B.-Recht vereinigt Elemente beider Betrachtungsweisen. Es setzt einerseits statisch bei einzelnen Vermögensgegenständen an und folgt grundsätzlich dem Prinzip der Einzelbewertung. Andererseits erfolgt eine Periodenabgrenzung, bewertet wird unter der Annahme der Unternehmensfortführung und für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht teilweise ein Aktivierungswahlrecht. Entscheidend sind letztlich die B.-Zwecke, so wie sie im jeweiligen Regelungskontext ausgeformt sind.

4. Bilanz-Funktionen

Die Handels-B. hat nach deutschem Handelsrecht verschiedene Funktionen. Anders als § 242 Abs. 1 HGB, der die Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden fordert, vermuten lässt, dient sie nicht primär der Ermittlung eines Schuldendeckungspotentials. Dies ergibt sich schon daraus, dass für die Bewertung von der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) auszugehen ist. Sie dient primär der Gewinnermittlung, auch wenn sie diese erst durch einen Periodenvergleich ermöglicht. Bezweckt ist damit einerseits die Selbstinformation des Kaufmanns. Andererseits kommt der B. mit Blick auf das Gesellschaftsrecht auch eine Ausschüttungsbemessungsfunktion zu. Die bilanzielle Ermittlung des Gewinns dient als Grundlage für Ausschüttungen an die Gesellschafter. Bei Kapitalgesellschaften, deren Eigenkapital nicht durch Ausschüttungen an die Gesellschafter unter die Stammkapital- bzw. Grundkapitalziffer sinken darf, flankiert sie zusätzlich das Gebot der Kapitalerhaltung. Die Selbstinformationsfunktion bedingt reflexartig den Schutz der Gläubiger, die Ausschüttungsbemessungs- und Kapitalerhaltungsfunktion dient ihm auch unmittelbar. Die Steuer-B. wird demgegenüber aus der Handels-B. entwickelt und hat den Zweck, die Beteiligung des Staates am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sicherzustellen. Die für den Konzernabschluss maßgeblichen IFRS haben in erster Linie Informationsfunktion, sie dienen der umfassenden Information der Anleger am Kapitalmarkt.

Daneben werden B.en zu einer Vielzahl von weiteren Zwecken aufgestellt. Genannt seien im Gesellschaftsrecht nur Gründungs- und Vorbelastungs-B.en sowie Kapitalerhöhungs-, Einbringungs-, Umwandlungs-, Verschmelzungs- und Spaltungs-B.en bei Strukturvorgängen und die Liquidations-B. Ebenfalls zu nennen sind der Überschuldungsstatus bzw. die Überschuldungs-B. im Insolvenzrecht. Dabei können unterschiedliche Regeln gelten. Ein Überschuldungsstatus zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass hier entgegen dem das Handels-B.-Recht beherrschenden Vorsichtsprinzip stille Reserven aufgedeckt werden, um eine etwaige Gläubigergefährdung realistisch beurteilen zu können und nicht vorschnell zu einer Insolvenzantragspflicht (§ 19 InsO) zu gelangen.

5. Bilanz-Arten

Unterschieden werden verschiedene B.-Arten. Während Erfolgs-B.en im Sinne der dynamischen B.-Auffassung den Erfolg eines Kaufmanns bezogen auf eine Periode angeben, stellen Vermögens-B.en im Sinne der statischen Auffassung das stichtagsbezogene Vermögen dar. Die Handels-B. ist zwar im Ausgangspunkt eine Vermögens-B., sie sieht jedoch eine Rechnungsabgrenzung vor und erlaubt die Gewinnermittlung durch Periodenvergleich. Liquiditäts-B.en zeigen die aktuelle Liquidität des Kaufmanns an, indem sie Vermögenswerte nach dem Grad ihrer Liquidierbarkeit und Schulden nach dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit verzeichnen. Bewegungs-B.en machen Herkunft und Verwendung betrieblicher Mittel in einer Periode sichtbar, indem sie die Kapital- und Vermögensänderung einer Periode aufzeigen. Zu den Sonder-B.en werden alle B.en gezählt, die nicht der jährlichen Gewinnermittlung, sondern einem speziellen Zweck dienen (etwa Liquidations- oder Überschuldungs-B.en). Die Konzern-B. behandelt einen Konzern aus mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen bilanziell als Einheit, indem im Wege der Konsolidierung konzerninterne Transaktionen eliminiert werden (§§ 290 ff., 300 ff. HGB); die Einzel-B. ist demgegenüber die B. des einzelnen Konzernunternehmens und bildet allein dessen wirtschaftliche Verhältnisse ab.