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Version vom 4. Januar 2021, 11:21 Uhr
Absicht; dasjenige, das zu einer Körperbewegung hinzutreten muss, um sie als Handlung (Handeln, Handlung) zu qualifizieren. Eine I. ist damit zugl. Bedingung für die Handlungszurechnung. Aufgrund fehlender Absichtlichkeit sind einfache Körperbewegungen wie ein Lidschlag oder ein Stolpern keine Handlungen.
In der philosophischen Handlungstheorie ist eine Unterscheidung zwischen drei Absichtsformen geläufig, die auf Gertrude Elizabeth Margaret Anscombe zurückgeht. Erstens ist Absichtlichkeit ein wesentliches Merkmal von Handlungen; unabsichtliches Tun ist kein Handeln im engeren Sinn. Davon sind die handlungsbegleitende und die zukunftsgerichtete Absicht zu unterscheiden. Erstere ist die Absicht, mit der eine Handlung vollzogen wird. Sie steht häufig in einer Zweck-Mittel-Beziehung zu weiteren Folgehandlungen und kann sprachlich unter Verwendung der Konjunktion „um zu“ ausgedrückt werden, z. B. „Ich hebe meine Hand, um zu winken“. Hier drückt „um zu winken“ die Absicht aus, mit der man die Hand hebt. Die zukunftsbezogene Absicht hingegen ist auf ein zukünftiges Tun gerichtet, muss aber nicht in eine Handlung übergehen. Man kann im Winter die Absicht fassen, im Sommer in Urlaub zu fahren, ohne diese Absicht jemals auszuführen. Umgekehrt muss auch nicht jeder Handlung eine solche zukunftsgerichtete I. vorausgehen. So kann man absichtlich die Hand heben, ohne vorher dazu eine zukunftsgerichtete Absicht gefasst zu haben.
Die Frage, ob sich diese drei Absichtsformen auf irgendeine Weise vereinheitlichen lassen, gehört zu den zentralen Problemen der philosophischen Handlungstheorie des 20. Jh. Von nachhaltigem Einfluss sind die Arbeiten des amerikanischen Philosophen Donald Davidson gewesen, dem zufolge sich die Absichtlichkeit des Handelns auf das Vorliegen eines handlungsverursachenden Grundes zurückführen lässt, der zugl. die handlungsbegleitende Absicht festlegt, mit der die Handlung vollzogen wird. Ursache der Handlung ist laut D. Davidson der „primäre Grund“, der sich aus einem Wunsch und der Überzeugung zusammensetzt, den Wunsch durch die Handlung verwirklichen zu können. Die handlungsbegleitende Absicht besteht dann darin, den Wunsch durch die Handlung zu verwirklichen. Dieser kausalen Handlungstheorie lässt sich eine teleologische Handlungstheorie im Anschluss an G. E. M. Anscombe gegenüberstellen, die in neuerer Zeit u. a. von Michael Thompson verteidigt wurde. Ihr zufolge ist die I. nicht die Ursache der Handlung, sondern das Beabsichtigen ist ein Aspekt des absichtlichen Tuns, das seinerseits durch seine Ausrichtung auf ein Ziel gekennzeichnet ist. Selbst zukunftsgerichtete Absichten bestehen demnach darin, bereits handelnd auf dieses Ziel bezogen zu sein. Als ein weiterer einflussreicher Theorietyp hat sich Michael Bratmans Planning Theory etabliert, der zufolge I.en Ausdruck von zukunftsbezogenen Handlungsplänen sind, durch die wir unsere längerfristigen Interessen und Wünsche in unserem Handeln umsetzen.
Literatur
M. Thompson: Life and Action, 2008 • D. Davidson: Actions, Reasons and Causes, in: D. Davidson (Hg.): Essays on Actions and Events, 2001, 3–19 • D. Davidson: Intending, in: ebd., 83–102 • M. Bratman: Intention, Plans, and Practical Reason, 1987 • G. E. M. Anscombe: Intention, 1957.
Empfohlene Zitierweise
M. Kurth, M. Willaschek: Intention, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Intention (abgerufen: 22.11.2024)