Fraktion

  1. I. Rechtlich
  2. II. Politkwissenschaftlich

I. Rechtlich

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1. Allgemeine Grundlagen

Die F. ist eine institutionalisierte Gruppierung innerhalb eines Parlaments bzw. einer Gemeindevertretung (Gemeinde), zu der sich Abgeordnete regelmäßig einer bestimmten (partei-)politischen Grundausrichtung zur gemeinsamen Wahrnehmung ihrer Belange zusammengeschlossen haben. Gewöhnlich ist eine Mindeststärke vorausgesetzt. Die Figur der F. spiegelt eine Reihe verfassungsrechtlicher Grundsatzentscheidungen wider. Die F. ist die Konsequenz des Formierungsrechts des Abgeordneten, das in dessen freiem Mandat wurzelt. Sie ist die parlamentarische Entsprechung des modernen Parteienstaates, auch wenn es sinnverkürzend ist, die F. als Partei im Parlament zu bezeichnen. Die F. ist i. d. R. eine parlamentarische Untergliederung, in der sich ein Stück vorverlagerter Repräsentation vollzieht. Die vorbereitende Tätigkeit der F.en ist ein tragendes Element parlamentarischer Willensbildung. Die Konfrontation von Regierungs- und Oppositions-F. markiert die neue Formation des parlamentarischen Regierungssystems, in dem sich die Regierung mitsamt den sie tragenden F.en und die Oppositions-F.(en) gegenüberstehen. Die F. ist von daher eine notwendige Einrichtung des Verfassungslebens, die von der Verfassung vorausgesetzt wird. Einen apriorischen, rechtlich vorgegebenen Begriff der F. gibt es nicht. Ebensowenig genügen politikwissenschaftliche Umschreibungen. Die näheren Einzelheiten sind von den normativen Regelungen der jeweiligen konkreten (Verfassungs-)Rechtsordnung bestimmt. Dies gilt auch für den Status der F. des Deutschen Bundestages, von der hier schwerpunktmäßig ausgegangen wird.

2. Rechtsstellung

Rechtsstellung wie Kompetenzen der F. des Bundestages gründen sich primär auf das GG sowie auf die in der Autonomie des Bundestages wurzelnde GOBT. Ergänzend gilt seit 1977 für den Bundestag das zwischenzeitlich mehrfach geänderte AbgG, in das 1994 die §§ 45–54 als „Fraktionsgesetz“ eingefügt wurden. Nicht alles ist in staatlichen Normen geregelt. Organe und Verfahren der F. selbst werden im Einzelnen durch das jeweilige interne F.s-Recht festgelegt. Der Status der F.en der Landesparlamente wird vom Landesverfassungsrecht (Landesverfassungen) und der Geschäftsordnung der einschlägigen Volksvertretung bestimmt. Für die F.en der Gemeindevertretungen sind die Vorschriften der vom Landesgesetzgeber als formelles Gesetz erlassenen Gemeindeordnung maßgeblich. Die Gemeindevertretungen (Stadträte oder ähnliche) der kommunalen Gebietskörperschaften (Gemeinden und Gemeindeverbände) sind zwar genau genommen keine echten Parlamente, sondern trotz ihres Satzungsrechts schwerpunktmäßig Verwaltungsbehörden. Doch hat sich auch für die parteipolitisch geprägten Untergliederungen der Gemeindevertretungen der Begriff der F. durchgesetzt.

Die inhaltlichen Bestimmungen des GG selbst sind dürftig. Nur Art. 53a Abs. 1 erwähnt die F. eher beiläufig. Dennoch sind die F.en des Bundestages von der Verfassung mittelbar anerkannte Teile dieses Verfassungsorgans, deren Grundlagen in einer Verbindung von Elementen des freien Mandats des Abgeordneten (Art. 38 GG), der repräsentativen Demokratie (Art. 20 Abs. 2 GG) und der Parteienstaatlichkeit (Art. 21 GG) zu sehen sind. Die Einzelheiten der Stellung der F.en des Bundestages werden hauptsächlich von der GOBT geregelt, die als materielle Verfassungssatzung das formelle Verfassungsrecht ergänzt. Das AbgG des Bundes trägt dem Rechnung (§§ 45–54 AbgG). Das einfache Recht berücksichtigt die Funktion der F. auch sonst als selbstverständlich (z. B. § 4 PUAG).

Als Untergliederung des Parlaments ist die F. in die organisierte Staatlichkeit eingefügt, auch wenn sie selbst keine öffentliche Gewalt ausübt. Sie ist dem staatsorganschaftlichen Rechtskreis, nicht der staatsfreien Grundrechtssphäre verhaftet. Ihre Qualifizierung als (nichtrechtsfähiger) Verein des Privatrechts ist nicht mehr angemessen. Sie ist nach der nicht sehr klaren, die öffentlich-rechtlichen Besonderheiten verdeckenden Formulierung des § 46 Abs. 1 AbgG eine rechtsfähige Vereinigung, die klagen und verklagt werden kann. Die F. ist nicht selbst juristische Person, sondern genießt die Funktion eines (Kollegial-)Organs. Ob sie Organ des Parlaments selbst bzw. dessen Unterorgan ist, hängt vom Organbegriff ab. Die F.en des Deutschen Bundestages sind als Teile des Parlaments Organteile (Organe zweiten Grades) des inneren Verfassungsrechtskreises, die im Verfassungsorganstreit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG klagebefugt sind und im eigenen Namen Rechte des Parlaments sogar dann gegenüber der Bundesregierung geltend machen können, wenn das Parlament selbst die streitbefangene Maßnahme oder Unterlassung gebilligt hat. Sie klagen dann in sog.er Prozessstandschaft (BVerfGE 134, 397).

Von den F.en, die der staatlichen Willensbildung dienen, zu unterscheiden sind die sie tragenden politischen Parteien. Obwohl diese ebenfalls Einfluss auf die staatliche Willensbildung nehmen und durch Art. 21 GG in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben worden sind, gehören die Parteien, anders als Parlament und F., nicht zur institutionalisierten Staatlichkeit (BVerfGE 20, 100). Sie sind dem staatsfreien gesellschaftlich-politischen Bereich verhaftet, in dem sich die Willensbildung des Volkes vollzieht. Die Unterscheidung ist nicht nur von staatstheoretischem Interesse. Sie hat praktische Konsequenzen. Während die Arbeit der F.en staatlicherseits durchweg zur Gänze alimentiert werden muss, ist für die politischen Parteien nur eine Teilfinanzierung durch den Staat zulässig, weil anderenfalls ihre Unabhängigkeit in Gefahr geriete.

3. Aufgaben und Befugnisse

a) Über die Parlaments-F.en wirken die politischen Parteien auf die Besetzung der obersten Staatsämter und die Beschlüsse von Parlament und Regierung ein. Die F.en haben ein Recht auf gleiche Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung. Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung der F.en. Die F.en haben ferner den technischen Ablauf der Meinungsbildung und die Beschlussfassung in der Vertretungskörperschaft zu steuern. Namentlich die Regierungs- und Mehrheitsbildung, aber auch die Artikulierung der Auffassung der Opposition ist Sache der jeweiligen F.en. Dazu rechnet für den Bereich des Bundestages üblicherweise ein Vorschlagsrecht (Initiativrecht) für die Wahl des Bundeskanzlers; dies unter Beachtung der formellen Zuständigkeit und Prozeduren des Art. 63 GG. Die F.en bereiten die Gesetzgebung vor (Gesetzentwürfe) und koordinieren die Beschlussfassung des Parlaments. Die F.en besetzen die Ausschüsse (anteilmäßig) nach ihrem Stärkeverhältnis. Nach dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit muss jede Untergliederung des Bundestages ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und in ihrer Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums in seiner politischen Gewichtung widerspiegeln (BVerfGE 135, 317).

b) Die Mitarbeit in den Parlamentsausschüssen steht prinzipiell nur den F.en offen. Mit dem F.s-Status ist eine Reihe weiterer parlamentarischer (Vor-)Rechte verbunden (Grundredezeit, Finanzausstattung). Aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG folgt ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an dem neben den einzelnen Abgeordneten auch die F.en als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der GOBT teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (so BVerfGE 137, 231). Das Fragerecht der F. gegenüber der Bundesregierung hat allerdings den Gewaltenteilungssatz zu beachten. Es hat namentlich den der Regierung zustehenden Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung zu respektieren, der informatorische Eingriffe in noch nicht abgeschlossene Vorgänge der Gubernative ausschließt. Das Fragerecht der F. und die Antwortpflicht der Bundesregierung sind weiter gemäß Art. 1 Abs. 3 GG durch Grundrechte Privater begrenzt.

c) Die F. besteht aus den Abgeordneten regelmäßig einer politischen Partei. Fraktionslose Abgeordnete sind die Ausnahme; Hospitantenstatus ist zulässig. F.s-Gemeinschaften mehrerer Parteien sind statthaft (klassisches Beispiel: CDU/CSU). Die Arbeit der F.en erreicht grundsätzlich alle Abgeordneten des Parlaments und gibt ihnen Gelegenheit, ihre repräsentative Funktion außerhalb des Plenums zu erfüllen. Da in den F.en ein wesentlicher Teil der parlamentarischen Arbeit geleistet wird, muss sich der Indemnitätsschutz des Art. 46 Abs. 1 GG auch auf die Tätigkeit des Abgeordneten in der F. erstrecken. Indemnität bedeutet, dass ein Abgeordneter zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst wie außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden darf. Die Indemnität ist zu unterscheiden von der hier nicht relevanten Immunität, mit der der Schutz vor staatlicher Strafverfolgung gemeint ist (Art. 46 Abs. 2 GG).

d) Die parlamentarische Tätigkeit der F. kann zu Reibungen mit der Stellung des ihr angehörenden Abgeordneten führen, der an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur seinem Gewissen unterworfen ist. Es kann zu einer Kollision zwischen dem durch Art. 38 GG mittelbar verfassungsrechtlich vorausgesetzten Funktionsauftrag der F. und der in Art. 38 GG ausdrücklich gewährleisteten Freiheit des Mandats kommen. Der Konflikt ist nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz beizulegen. Im Einzelnen gilt: Prinzipiell kommen die Garantien der Weisungs- und Gewissensfreiheit des Mandatsträgers auch gegenüber der F. zum Tragen (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG). Andererseits ist die F. eine Art Solidaritätsgemeinschaft, die politische Anliegen verfolgt und damit Repräsentations-, Kreations- und Legislativfunktionen zu realisieren trachtet. Der Abgeordnete unterliegt darum einer gewissen F.s-Disziplin. Er kann äußerstenfalls aus der F. ausgeschlossen werden; sei es, weil er fortwährend die parlamentarischen Aktivitäten der F. konterkariert, sei es, dass er gegen Strafgesetze verstößt. Der Status des Abgeordneten vermittelt kein unbeschränktes F.s-Zugehörigkeitsrecht. Andererseits stellt ein Dissens mit der F. in Einzelfragen, auch bei wichtigen Abstimmungen, noch keinen Verstoß gegen die F.s-Loyalität des Abgeordneten dar, die zu Sanktionen führen muss. Problematisch ist der F.s-Zwang. Er ist nicht per se unzulässig. Es kommt auf den Fall an. In fundamentalen Fragen darf die F.s-Spitze den Abgeordneten aufgeben, einheitlich abzustimmen, und Zuwiderhandelnde aus der F. ausschließen. Ein Ausschluss aus dem Bundestag darf nicht angeordnet werden, auch nicht vom Präsidenten des Bundestages. Ähnlich wäre ein Gesetz, das für den Fall eines F.s-Wechsels den Mandatsverlust des Abgeordneten anordnet, wegen Verstoßes gegen die Freiheit des Mandats (Art. 38 GG) verfassungswidrig. Verfassungswidrig ist auch das Rotationsprinzip, das Abgeordnete zum vorzeitigen Verzicht auf das Mandat zwingt. Das gilt auch für Blankoverzichtserklärungen, die die politische Partei einem Abgeordneten bei Annahme seines Mandats zur Disziplinierung abfordert.

II. Politkwissenschaftlich

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Im politischen Sprachgebrauch ist die F. die Partei im Parlament. F.en organisieren die parlamentarische Repräsentation unterschiedlicher Ideologien und Interessen. Sie stellen die arbeitsteiligen Strukturen bereit, die für die Wirksamkeit der Abgeordnetentätigkeit (Abgeordneter) unverzichtbar sind, und erfüllen Selektions-, Aggregations- sowie Koordinationsfunktionen im Parlament. Im Deutschen Bundestag sind sie – so das BVerfG – die maßgeblichen Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses geworden. Somit sind sie die Hauptträger der Parlamentsfunktionen.

1. Rechtliche Grundlagen

F.en werden im GG nur beiläufig erwähnt (Art. 53 a GG, Gemeinsamer Ausschuss). Für den Deutschen Bundestag finden sich ihre wichtigsten Rechtsgrundlagen in der GOBT. Die F.s-Mindestgröße beträgt 5 % der Abgeordneten (in Anlehnung an die Sperrklausel im Wahlrecht). Grundsätzlich können sich nur Parlamentarier einer Partei zu einer F. zusammenschließen. Als Sonderregel für CDU und CSU ist seit 1969 die Bildung einer F. auch für Abgeordnete solcher Parteien zulässig, die in keinem Bundesland im Wettbewerb zueinander stehen. Außerdem kann der Bundestag durch einen Einzelfallbeschluss die Genehmigung erteilen. Diese muss auch erfolgen, wenn Abgeordnete, die zusammen nicht die F.s-Mindeststärke erreichen, eine Gruppe bilden, fraktionsähnliche Rechte und eine angemessene Finanzierung erhalten wollen. Weitere Regelungen, insb. zur Stellung der F. als rechtsfähige Vereinigungen und zur Finanzierung durch den Bundeshaushalt, finden sich seit 1995 im 11. Abschnitt des AbgG. Auch in den Bundesländern sind die rechtlichen Grundlagen den jeweiligen Verfassungen (Landesverfassungen) und Geschäftsordnungen der Landesparlamente zu entnehmen (mit kleineren landesspezifischen Besonderheiten).

2. Funktionen

F.en wurden schon, wenngleich nicht selten mit Bedauern, in der Paulskirchenversammlung sowie in den Reichstagen des Kaiserreiches und der Weimarer Republik als die wichtigsten Akteure im Parlament angesehen. Von diesem Grundbefund ausgehend, haben politik- und rechtswissenschaftliche Autoren die Funktionen der F. im Bundestag grundsätzlich übereinstimmend, nur in der Differenzierung und Akzentuierung unterschiedlich, herausgearbeitet. Danach vermögen erst F.en die Handlungs- und Steuerungsfähigkeit des als Ganzes schwerfälligen Parlaments herzustellen, das zudem wegen seiner heterogenen Zusammensetzung und der prinzipiellen Gleichheit seiner Mitglieder immer in der Gefahr steht, durch Komplexität überlastet zu werden und durch zu große Vielfalt sich selbst zu blockieren. Auch für den einzelnen Abgeordneten ist die F. unentbehrlich, denn erst durch die arbeitsteiligen Strukturen, die sie bereitstellt, werden die Parlamentarier in die Lage versetzt, verantwortlich zu entscheiden. Die in modernen demokratischen Staaten anfallende thematische Breite und Komplexität der Regelungsgegenstände bedingen Arbeitsteilung, um im Willensbildungs- und Entscheidungsprozess eine effektive Problemlösung wie angemessene Repräsentation zu sichern.

Folglich können die Bündelung von Politik und die Organisation der Arbeitsteilung als Grundfunktionen der F.en bestimmt werden, die sie für den einzelnen Abgeordneten und das Parlament als Ganzes erfüllen. Die Konkretisierung dieser Grundfunktionen anhand der parlamentarischen Praxis ergibt, dass das Tätigkeitsprofil der F. alle Bereiche abdeckt, die ein Parlament leisten muss, um demokratische Legitimation durch Repräsentation herzustellen. Wahl und Rekrutierung (nicht nur) der Regierung, Gesetzgebung und Kontrolle (Politische Kontrolle), auch die Artikulation von Interessen und die Herstellung von Öffentlichkeit werden durch die Organisations- und Bündelungsleistungen der F.en erfüllt, wobei sie sich die beiden letzteren Funktionen mit den einzelnen Abgeordneten teilen, die als Vermittler von Politik und als Bindeglied zu den Wählern ihrerseits die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die F.en die Repräsentationsfunktion wahrnehmen können.

Der empirisch-induktive Befund, dass Parlamentsfunktionen also prinzipiell und in erster Linie in den Händen der F.en liegen, bedeutet nicht, dass F.s- und Parlamentsfunktionen identisch sind. Insb. aus der Verklammerung von F.en und ihren Parteien erwachsen ihnen Aufgaben außerhalb des Parlaments und über dessen Funktionen hinaus. Die aus dem Verfassungsrecht deduktiv abzuleitende Zuweisung von Funktionen an das Verfassungsorgan Parlament ist damit auch nicht obsolet. Dies steht aber einer realitätsgerechten Verortung von F.en als zentrale Aktionseinheiten des Parlaments nicht im Wege.

3. Organisation

Hierarchisierung und Arbeitsteilung sind die Prinzipien, die die Entwicklung der F.en im Bundestag von Anfang an leiteten. Die Einsicht, dass neben der praktisch-organisatorischen Geschäftsführung die Lenkung, Integration, Koordination und Präsentation der in der F. vertretenen Interessen und Positionen nötig ist, führte rasch zur Herausbildung von Vorständen (bzw. Geschäftsführenden Vorständen in den großen F.en). Im Kern gehören ihnen heute neben einem Vorsitzenden einige Stellvertreter sowie Parlamentarische Geschäftsführer an (in zwischen den F.en und über die Zeit variierender Zahl). Ihnen obliegt es, die generelle politische Richtung vorzugeben, bzw. – im Falle der Mehrheits-F.en – Regierungs- und F.s-Wille in Einklang zu bringen; sie koordinieren die sachpolitischen Aktivitäten der F., sind die Filter zwischen F.s-Experten und Gesamt-F. Außerdem haben die F.s-Führungen auch sicherzustellen, dass die Leitlinien der Partei hinreichend Berücksichtigung in der parlamentarischen Alltagsarbeit finden.

Die über die Jahrzehnte gewachsene politische Professionalisierung fand ihren Niederschlag auch in einer stetigen Verbesserung der personellen und finanziellen Ausstattung der F.en, die weit überwiegend den (engeren) Vorständen zugutekam. Versuche, die entstandene Hierarchie durch Organisationsreformen abzubauen, ließen regelmäßig Effizienzverluste entstehen, so dass die einfachen Abgeordneten ihnen selbst ein Ende bereiteten.

Als Gegengewicht zur Hierarchisierung in den F.en des Bundestags darf die Herausbildung einer sachpolitischen Arbeits- und Vorbereitungsebene gelten. Die spezifischen Erfahrungen der Gründungsphase des bundesdeutschen Parlamentarismus zeigten dreierlei: Der einzelne Abgeordnete ist ohne die fraktionsinternen arbeitsteiligen Strukturen gar nicht verantwortungsvoll entscheidungsfähig; zweitens verläuft die Arbeit, insb. in den Ausschüssen, umso effektiver, je besser der Sachverstand in den F.en organisiert und gebündelt, je präziser die politischen Positionen schon vorgeklärt sind; damit werden, drittens, die Entscheidungen verlässlich kalkulierbar hinsichtlich der parlamentarischen Zustimmung.

So finden sich heute in den großen F.en des Bundestages gut 20 Arbeitsgruppen, die in ihrer sachpolitischen „Zuständigkeit“ überwiegend spiegelbildlich zu den Ausschüssen (und damit zu den Ministerien) angelegt sind; die kleinen F.en fassen mehrere Politikfelder in Arbeitskreisen zusammen. In diesen Gremien leisten die einzelnen Abgeordneten, die i. d. R. Mitglieder im entspr.en Bundestagsausschuss sind, die gesetzgeberische Detailarbeit, konkretisieren und korrigieren die Führungsvorgaben. Oft sind sie für das jeweilige Gebiet schon durch vorangegangene Berufstätigkeit ausgewiesen oder haben sich – nicht selten über mehrere Wahlperioden hinweg – auf bestimmte Materien spezialisiert. Die Arbeitsgruppen und -kreise sind insofern sowohl die Instanz, in der kontinuierlich und professionell Parlament und F.s-Wille verzahnt, als auch der Ort, an dem Abgeordnete sozialisiert und eingearbeitet werden. Hier können sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, ihre Nützlichkeit für die F. unter Beweis stellen, sich für Führungsaufgaben empfehlen, gewisse Eigenständigkeit und sachpolitischen Einfluss gewinnen und Wählerinteressen zur Durchsetzung verhelfen.

Solchermaßen organisierte Arbeitsteilung und Hierarchie kann nur funktionieren und von den Abgeordneten akzeptiert werden, wenn es zwischen ihnen Vertrauen in die Übereinstimmung ihrer grundlegenden (partei-)politischen Überzeugungen gibt. Erst auf dieser Basis kann die Bereitschaft entstehen, dem Kollegen aus der eigenen F. die Entscheidung auf seinem Fachgebiet mindestens im Detail weitgehend zu überlassen und im Gegenzug für sich dasselbe zu erwarten. Diese Folgewürdigkeit muss sich ebenfalls in den F.s-Strukturen immer wieder beweisen, indem die Abgeordneten auf ihren Gebieten überzeugende Lösungen für die F. präsentieren. Denn die F.s-Vollversammlungen können Entscheidungen der Arbeitsebene kritisieren, korrigieren oder wieder an sich ziehen – mit der Folge von Ansehens-, Einfluss- oder Positionsverlusten.

Dieses „Geschäft auf Gegenseitigkeit“ wird durch die F. institutionalisiert und ständig aktualisiert. Auf diese Weise stellen F.en dreierlei sicher:

a) erhebliche sachpolitische Autonomie der Abgeordneten im politischen Alltagsgeschäft;

b) politische Führungsfähigkeit im Grundsätzlichen wie nach je aktuellen Erfordernissen und damit

c) Handlungsfähigkeit im Falle der Mehrheit und Alternativfähigkeit im Falle der Opposition.

Für letzteres ist Geschlossenheit die Grundregel, denn nur so wird eine Regierung im Amt gehalten, kann die Mehrheit ihre Chancen auf Wiederwahl wahren; und nur so kann sich die Opposition – zumal unter den Bedingungen der deutschen politischen Kultur – erfolgreich als Regierungsmehrheit im Wartestand (bzw. als ein Teil von ihr) präsentieren.

Im Lichte der skizzierten Aufgaben und Strukturen ist diese Geschlossenheit nicht – wie durch den Begriff F.s-Zwang oft insinuiert – das Ergebnis von Druck seitens der Führungen. Vielmehr handelt es sich um das Interesse an der Erreichung konkreter politischer Ziele, um die Einsicht, dass diese nur zusammen möglich ist, um gegenseitige Loyalität und den Respekt gemeinsam ausgeprägter Gruppennormen. Kollektive Handlungsfähigkeit ist nicht ohne Kosten, Konflikte und Kompromisse zu erlangen. Innerfraktionelle Einigkeit steht also jeweils am Ende eines Prozesses, der vielfältige – keinesfalls immer einfache – Abwägungen vom einzelnen Abgeordneten verlangt. Ihr Ergebnis ist nicht Zwang, sondern selbst auferlegte Disziplin, die eben auch nur unter den Voraussetzungen gewährt wird, die das „Geschäft auf Gegenseitigkeit“ bereitstellt.

In summa kann die F. damit als Kernstück demokratischer Repräsentation im Parlamentarismus gelten.