Informationelle Selbstbestimmung
1. Begriff und Systematik
1.1 Begriff
Das Konzept und der Begriff der i.n S. wurde im Zusammenhang mit der Erweiterung der technischen Möglichkeiten der Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Informationen entwickelt und stellt eine Ausdifferenzierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.
Bereits das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das durch die Rechtsprechung des BVerfG aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet wurde (grundlegend: BVerfGE 6, 389, 433), stellt eine verfassungsgerichtliche Rechtsfortbildung dar, mit dem einem höheren Schutzbedürfnis in Bezug auf bestimmte Formen der Beeinträchtigung der Privatsphäre (v. a.) durch staatliches Handeln aber auch durch private Übergriffe (v. a. der Medien) Rechnung getragen werden sollte, indem die Anforderungen an Eingriffe erhöht wurden. Das BVerfG hebt dabei die Bedeutung für die Effektivität eines dynamisch anzupassenden Grundrechtsschutzes hervor, der gerade dort relevant wird, wo die menschliche Persönlichkeit auf Grund gesellschaftlicher oder technischer Entwicklung tatsächlich oder mutmaßlich neuen Gefährdungen ausgesetzt wird. Geschütztes Rechtsgut ist der Geltungsanspruch des Menschen in der sozialen Welt, die ihn prägt und die er wiederum auch dadurch prägt, dass er durch sein Handeln von ihr anerkannt werden will. Gerade dort, wo es um den absolut verstandenen Schutz der Intimsphäre geht, wird sichtbar, dass speziell das allgemeine Persönlichkeitsrecht Distanz wahren soll zwischen der organisierten Gesellschaft und dem eigenwilligen Einzelnen.
An diesen Gedanken hat das BVerfG in seiner Entscheidung zum Volkszählungsurteil (Volkszählung) vom 15.12.1983 (BVerfGE 65, 1 ff.) angeknüpft und ihn folgendermaßen weiterentwickelt: Individuelle Selbstbestimmung setze aber unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitungstechnologien voraus, dass dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben sei, sich auch entspr. dieser Entscheidung tatsächlich zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen könne, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermöge, könne in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung (Autonomie) zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf i. S. wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher sei, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, dass etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und dass ihm dadurch Risiken entstehen können, werde möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens sei. Hieraus folge, dass freie Entfaltung der Persönlichkeit unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraussetze. Dieser Schutz sei daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleiste insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Grundrechts, das inzwischen in mehreren Landesverfassungen sowie in Art. 8 der EuGRC explizit normiert wurde, ist die Definition des personenbezogenen Datums bzw. der personenbezogenen Information wesentlich. Dazu stellt das BVerfG klar, dass bereits solche Informationen erfasst werden, die zusammen mit weiteren Informationen Rückschlüsse auf Eigenschaften oder das Verhalten einer Person zulassen. Insofern gibt es kein „belangloses“ Datum. Dies hat eine sehr niedrige Eingriffsschwelle zur Folge.
1.2 Systematik
Durch den weit gefassten Schutzbereich und die niedrige Eingriffsschwelle ist für die Ermöglichung der Informationsgewinnung durch den Staat die nähere Ausgestaltung der Beschränkungsmöglichkeiten des Grundrechts von zentraler Bedeutung. Dabei ist zunächst zu beachten, bereits für sich „belanglose“ Akte der Informationsgewinnung einen Eingriff darstellen und deshalb nur auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zulässig sind. Dies hatte zur Folge, dass die gesetzlichen Regelungen zur staatlichen Informationsgewinnung in zahlreichen Gesetzen erheblich ausgeweitet werden mussten und bis heute zu einer sehr unübersichtlichen Flut von speziellen Ermächtigungsgrundlagen geführt haben. Das gleiche gilt für jeden Akt der Weitergabe von bereits gewonnenen Informationen an andere öffentliche und private Stellen sowie die Verarbeitung der Informationen. Da die Informationen zudem nur zu dem im Voraus feststehenden Zweck verwendet werden dürfen (Grundsatz der Zweckbindung und Verbot der anlasslosen Informationserhebung) muss auch für jede zusätzliche Verwendung der Informationen eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Auf diese Weise hat sich eine sehr komplexe Informationsrechtsordnung entwickelt (die vom Recht des Bürgers auf Zugang zu staatlichen Informationen, die in den Informationsfreiheitsgesetzen (Informationsfreiheit) geregelt ist, unterschieden werden muss.
Umstritten ist, ob bereits die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen und Gebäuden ohne Aufzeichnung einen Grundrechtseingriff darstellt. Dagegen wird angeführt, dass sich eine solche Maßnahme nicht von der Wahrnehmung durch einen Polizeibeamten unterscheidet, der die betreffenden Orte etwa bei einem Streifengang „beobachtet“, ohne dass darin ein Grundrechtseingriff gesehen wird. Die Rechtsprechung sieht aber auch in der Videoüberwachung ohne Speicherung einen Grundrechtseingriff mit der Folge, dass eine gesetzliche Regelung und eine Information der Betroffenen (durch entsprechende Hinweisschilder) erforderlich sind.
Da Informationserhebungen inzwischen in noch größerem Umfang durch private Unternehmen erfolgt, die damit insb. wirtschaftliche Ziele wie die bessere Information über die Präferenzen von Kunden verfolgen, besteht auch in diesem Bereich ein staatlicher Schutzauftrag, der zu einer weitgehenden Erstreckung der für staatliches Handeln geltenden Regelungen auf den privaten Bereich geführt haben. Bes. hohe Anforderungen werden dabei in Bezug auf sensible Daten gestellt, die sich auf persönliche Merkmale im Bereich der Gesundheit usw. beziehen.
Neben den gesetzlichen Regelungen zur Informationsgewinnung wurde durch die Etablierung des Datenschutzrechts auch dafür gesorgt, dass möglichen Verletzungen des Rechts auf i. S. wirksam begegnet werden kann. Dies geschieht durch die Gewährung von Auskunfts- und Löschungsansprüchen, Informationspflichten in Fällen einer verdeckten Informationserhebung sowie den institutionellen Schutz durch die Einrichtung unabhängiger Datenschutzbeauftragten (s. Art. 8 EuGRC).
Der gesamte Rechtsbereich des Datenschutzes wird durch Verordnungs- und Richtlinienrecht der EU maßgeblich determiniert (DS-GVO).
2. Schutzmechanismen
Das Recht auf i. S. entfaltet eine große praktische Wirksamkeit durch die Etablierung der niedrigen Eingriffsschwelle und die Herausbildung eines differenzierten Schrankenregimes, das sich auf inhaltliche und verfahrensbezogene Aspekte bezieht und als strikter besonderer Gesetzesvorbehalt zu qualifizieren ist. Exemplarisch kommt dies im Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 EuGRC zum Ausdruck: „Diese [personenbezogenen] Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.“ Hier werden die wesentlichen Grundsätze des europäisierten Datenschutzrechts deutlich: Erstens der Grundsatz der Zweckbindung und als Kehrseite das Verbot der Datenerhebung „ins Blaue“, zweitens der Vorrang der offenen Datenerhebung beim Betroffenen, drittens der Auskunfts- und viertens der Berichtigungs- und Löschungsanspruch.
In Bezug auf die Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigung zur (offenen oder verdeckten) Datenerhebung hat das BVerfG folgende Orientierung in Bezug auf das Gewicht der rechtfertigenden Gründe entwickelt: Einschränkungen dieses Rechts auf i. S. sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken. Bei den verfassungsrechtlichen Anforderungen an derartige Einschränkungen ist zu unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in individualisierter, nicht anonymer Form erhoben und verarbeitet werden, und solchen, die für statistische Zwecke bestimmt sind. Bei der Datenerhebung für statistische Zwecke kann eine enge und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden. Der Informationserhebung und -verarbeitung müssen aber innerhalb des Informationssystems zum Ausgleich entsprechende Schranken gegenüberstehen.
Daraus ergeben sich konkrete Anforderungen für den Gesetzgeber, der die Gründe der Informationsgewinnung benennen und gewichten sowie daran anknüpfend die Reichweite der Verarbeitung und Weitergabe begrenzen muss.
3. Wichtige Anwendungsbereiche
Das Recht der i.n S. hat Relevanz für ein breites Spektrum von Rechtsgebieten, allen voran des Rechts der Gefahrenabwehr mit seinen zahlreichen Einzelbereichen. Dabei kommt den in den Polizeigesetzen normierten verschiedenen Formen verdeckter Informationsgewinnung, insb. durch den Einsatz technischer Hilfsmittel und in Wohnungen eine bes. Bedeutung in praktischer und rechtlicher Hinsicht zu.
Telefonabhörmaßnahmen sind grundsätzlich nur bei schwerwiegenden Gefahrenlagen (Straftaten von erheblicher Bedeutung) zulässig und bedürfen einer richterlichen Anordnung und einer fortlaufenden richterlichen Kontrolle. Die Abhörmaßnahmen stehen in enger Beziehung zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung, bei der es darum geht, dass die Telefondienstleister die Verbindungsdaten und die Gesprächsinhalte eine bestimmte Zeit lang speichern, um auch rückwirkende Auswertungen von Telekommunikationsvorgängen zu ermöglichen. Da in diesem Fall die Speicherung zunächst anlassfrei geschieht, ist die rechtliche Bewertung umstritten. Der EuGH hat entschieden, dass eine Vorratsdatenspeicherung unter engen Voraussetzungen nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten zulässig ist (Urteil vom 21.12.2016, Rs. C-203/15 und C-698/15). Diese Beschränkung hat in der Praxis jedoch zur Folge, dass die Umsetzung sehr schwierig und wenig sinnvoll ist.
Etabliert und erfolgreich praktiziert sind dagegen die sogenannte Rasterfahndung und die sogenannte Schleierfahndung. Bei der Rasterfahndung geht es um einen umfassenden Datenabgleich anhand von bestimmten Merkmalen, wie z. B. einem Kfz-Kennzeichen. Es wird geprüft, welche Informationen dazu im gesamten Datenbestand vorliegen, um damit Bewegungs- und Kontaktprofile zu erstellen. Mit dem Begriff der Schleierfahndung werden verdachts- und ereignisunabhängige polizeiliche Kontrollmaßnahmen bezeichnet. Diese sind im Regelfall auf die Feststellung der Identität einer kontrollierten Person gerichtet. Daneben kommen auch eine Befragung und/oder die Inaugenscheinnahme bzw. Durchsuchung mitgeführter Sachen in Betracht.
Bes. umstritten sind Abhörmaßnahmen in Wohnungen, die auch als „großer Lauschangriff“ bezeichnet werden. Um sie zu ermöglichen, wurde 1998 eine Änderung des Art. 13 GG vorgenommen (neue Absätze 3–6), die Gegenstand eines Verfahrens vor dem BVerfG war, weil die Möglichkeit eines Eingriffs in den unantastbaren Kernbereich des Grundrechts bestand. Das Gericht hat die Verfassungsänderung mit besonderen Vorgaben für die Umsetzung und Anwendung gebilligt (BVerfGE 109, 279).
Gegenstand zahlreicher Kontroversen ist weiterhin der Umgang mit der (offenen) Videoüberwachung. Zu unterscheiden sind dabei die Videoüberwachung ohne und mit Speicherung sowie die Videoüberwachung bei Versammlungen, für die strengere Anforderungen nach den Versammlungsgesetzen gelten. Zulässig ist die Videoüberwachung insb. bei sogenannten Infrastrukturen (Verkehrs- und Versorgungsanlagen und -einrichtungen), sowie an weiteren Orten, wenn entsprechende Lageerkenntnisse vorliegen.
Bei privaten Überwachungsmaßnahmen ist nach Zweck und Umständen zu unterscheiden. Privatgrundstücke dürfen durch Videoüberwachung gesichert werden, wobei die Kameras nicht andere private Bereiche erfassen dürfen. Allgemein zugängliche Geschäftsbereiche (Kaufhäuser usw.) dürfen bei Installation entsprechender Hinweisschilder nach § 6b BDSG ebenfalls offen videoüberwacht werden. Bereiche, in denen sich nur Arbeitnehmer aufhalten, dürfen nach den Maßgaben des § 32 BDSG im Rahmen des Art. 88 DS-GVO überwacht werden, wobei unter bestimmten Voraussetzungen auch verdeckte Überwachungen zulässig sind, wenn es Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen durch die Arbeitnehmer gibt (z. B. Aufnahmen im Kassenbereich von Geschäften, wenn Kassengelder unterschlagen wurden).
Der Grundgedanke des Rechts auf i. S., dass jede Person selbst darüber entscheiden soll, welche Daten preisgegeben werden, betrifft auch den Schutz des Rechts am eigenen Bild in Fällen der Presse- und Fernsehberichterstattung. Hierzu hat sich eine komplexe Kasuistik entwickelt, die in groben Zügen in § 23 KunstUrhG abgebildet ist. Zulässig ist danach ohne Einwilligung des Betroffenen die Verbreitung von Bildaufnahmen in den folgenden Fällen: Erstens bei Bildnissen aus dem Bereiche der Zeitgeschichte; zweitens bei Bildern, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen; drittens bei Bildern von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben; viertens bei Bildnissen, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
Von erheblicher und weiter wachsender Bedeutung ist die Erhebung und Verarbeitung von Verbraucherdaten im Zusammenhang mit der Verwendung von Kredit- und Bonuskarten bei Einkäufen sowie bei der Nutzung des Internets. Diese ist im Rahmen des § 28 BDSG zulässig. Durch die dabei gewonnenen Daten können umfassende Kundenprofile erstellt und für Marketingzwecke genutzt werden. Möglich ist unter engen Voraussetzungen auch eine Übermittlung von Daten an Auskunfteien (§ 28a BDSG) sowie zur Durchführung eines Scoring (§ 28b BDSG), das u. a. durch Kredit- und Versicherungsunternehmen zur Risikoabschätzung genutzt wird.
Die Erhebung von Bevölkerungs- und Wirtschaftsinformationen zu statistischen Zwecken, die den Ablass für die Entwicklung des Grundrechts der i.n S. durch das BVerfG gab, ist weiterhin anerkannt und wenig problematisch, wenn die Daten anonymisiert verwendet werden. Neben dem Mikrozensus und umfassenderen Volksbefragungen kommt es zur Datenerhebung v. a. im Bereich der Wirtschaft (Informationspflichten der Unternehmen), wobei dabei ohnehin nur begrenzt personenbezogene Daten betroffen sind.
4. Kritik und Ausblick
Die Entwicklung eines starken Rechts auf i. S. als Reaktion auf die dramatische Erweiterung der Möglichkeiten der v. a. verdeckten Informationsgewinnung und -verarbeitung erweist sich auch im Rückblick als richtig und konsequent. Problematisch sind die dadurch ausgelöste Regelungsflut sowie der hohe bürokratische Aufwand, der v. a. im staatlichen Bereich und hier bei der Gefahrenabwehr eine Folge der Etablierung des Datenschutzrechts als Konsequenz des gestärkten Schutzes der Privatsphäre war. Hier stellt sich die Frage, ob ein anderes Verständnis der Datensparsamkeit, wie es fremde Rechtsordnungen kennen und praktizieren, nicht auch für den Bürger von Vorteil ist. Es geht dabei darum, dass personenbezogene Daten durch den Staat nur einmal erhoben werden dürfen und bei zukünftigem Informationsbedarf bei einer bes. geschützten staatlichen Datenbank und nicht beim Bürger abgefragt werden können und müssen. Entscheidend ist für ein solches Alternativmodell, wie groß das Vertrauen der Öffentlichkeit in die „Sicherheit“ einer solchen Datenbank ist. Mit Blick auf die Historie des Datenschutzrechts, das durch ein starkes Grundmisstrauen geprägt ist, dürften die Erfolgsaussichten für einen solchen Systemwechsel aber als gering einzuschätzen sein. Die Visionen von George Orwell wirken im kollektiven Gedächtnis stärker als die Furcht vor zu viel Bürokratie.
Literatur
H. Auernhammer: Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Komm., 52017 • S. Bretthauer: Intelligente Videoüberwachung, 2017 • M. Friedewald/J. Lamla/A. Roßnagel: Informationelle Selbstbestimmung im digitalen Wandel, 2017 • T. Starnecker: Videoüberwachung zur Risikovorsorge, 2017 • A. Roßnagel: Europäische Datenschutz-Grundverordnung, 2016 • S. Simitis: Bundesdatenschutzgesetz, Komm., 82014 • H. P. Bull: Informationelle Selbstbestimmung – Vision oder Illusion?, 22011.
Empfohlene Zitierweise
W. Kluth: Informationelle Selbstbestimmung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Informationelle_Selbstbestimmung (abgerufen: 23.11.2024)