Seerecht

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S. umfasst neben dem Teil des Völkerrechts, der die Rechtsbeziehungen der Subjekte des Völkerrechts im Hinblick auf Meere, Küsten und Häfen regelt (Seevölkerrecht), die bei dem Betrieb von Schiffen im Bereich des Seehandels und der Seewirtschaft entstehenden privatrechtlichen Rechtsverhältnisse (Seeprivatrecht) und die Regeln für die maritimen Rechtsverhältnisse, die staatlicher Verwaltung unterliegen (nationales öffentliches S.).

Das moderne Seevölkerrecht ist durch das am 16.11.1994 in Kraft getretene SRÜ geprägt. Es regelt im Ringen um das Meeresfreiheits- bzw. Sachherrschaftsprinzip die „Verfassung der Meere“. Weitere Rechtsquellen bilden die Judikate des mit dem SRÜ etablierten Internationalen Seegerichtshofs und die gewohnheitsrechtlich (Gewohnheitsrecht) anerkannten Regeln des Seevölkerrechts. Der kodifizierte Grundsatz der Meeresfreiheit findet sich in den Vorschriften über die Freiheit der Hohen See, während die Regeln über die AWZ und den Festlandssockel Herrschaftsbefugnisse zugunsten der Küstenstaaten statuieren. Den Meeresboden und den Meeresuntergrund der Tiefsee wiederum verfasst das SRÜ als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ (Art. 136).

Das SRÜ enthält umfassende Regeln über verschiedene Meereszonen. Die inneren Gewässer und das Küstenmeer unterliegen der Souveränität der Küstenstaaten. Die seewärts an das Küstenmeer angrenzende, nicht mehr als 200 Seemeilen breite AWZ unterliegt einer vom SRÜ geschaffenen, besonderen Rechtsordnung. Dem Küstenstaat stehen funktional begrenzte souveräne Rechte zum Zwecke der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden und nichtlebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, dem Meeresboden und seinem Untergrund zu, ebenso wie für andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der AWZ (Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind). In der AWZ genießen auch alle anderen Staaten bestimmte Rechte (Freiheiten der Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung unterseeischer Kabel und Rohrleitungen). Der Küstenstaat hat sie bei der Ausübung seiner Befugnisse gebührend zu berücksichtigen. Bes. Regelungen enthält das Festlandsockelregime des SRÜ, das souveräne Rechte des Küstenstaats über den Festlandsockel zum Zwecke seiner Erforschung und der Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen anerkennt.

Hinsichtlich der seewärts der AWZ gelegenen Hohen See regelt das SRÜ die Freiheiten der Schifffahrt und des Überflugs, der Verlegung von Kabeln und Rohrleitungen sowie der Fischerei und der wissenschaftlichen Forschung. Der Meeresboden und sein Untergrund jenseits der Grenzen des Bereichs nationaler Hoheitsbefugnisse (sogenanntes Gebiet) sind als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ (Art. 136 SRÜ) nationaler Souveränität entzogen und der Verwaltung durch die Internationale Meeresbodenbehörde unterstellt.

Die Aufrechterhaltung der marinen Biodiversität, die CO2-Sequestrierung, die Nutzung der maritimen genetischen Ressourcen und Fragen, die im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung und der Nachfrage nach nachhaltigen Energieressourcen entstehen, stehen im Vordergrund des Diskurses um die vom SRÜ gesetzten rechtlichen Rahmenbestimmungen. Zudem schafft das SRÜ den Rechtsrahmen für den Meeresumweltschutz, der v. a. Kompetenzregelungen und Verpflichtungen der Staaten zu deren Umsetzung und Ergänzung enthält.

Das Seeprivatrecht umfasst die privatrechtliche maritime Rechtsverhältnisse betreffenden Rechtsregeln des Seehandelsrechts, des Seeversicherungs- und des Seearbeitsrechts. Die Rechtsquellen finden sich in Vorschriften unterschiedlicher Herkunft des internationalen, europäischen und nationalen Rechts. Das Seehandelsrecht ist durch multilaterale Staatsverträge international vereinheitlicht worden. Hervorzuheben sind die sogenannten Haager Regeln 1924 sowie die Visby-Regeln 1968; sie verfolgen das Ziel, international einheitliche Haftungstatbestände, -beschränkungen und -ausschlüsse bei Seetransporten, über die ein Konnossement ausgestellt ist, zur Verfügung zu stellen.

Die Effektivität der Rechtsvereinheitlichung für den Seehandelsverkehr durch die geltenden Übereinkommen leidet darunter, dass nicht alle am Seeverkehr teilnehmenden Staaten die internationalen Regeln unterzeichnet bzw. ratifiziert haben. Die Handelspartner des Seehandelsgeschäfts verständigen sich deshalb – auch im Interesse der Geschäftspartner des Waren-, Finanzierungs- oder Versicherungsgeschäfts – auf eine nationale Rechtsordnung, sehr häufig das englische Recht. Das deutsche Recht ist im Jahr 2013 durch das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts im HGB (Handelsrecht) neu gestaltet worden.

Das Recht der Seeversicherung hat bis heute trotz mancher Bemühungen der UNCTAD und des Comité Maritime International keine internationale Rechtsvereinheitlichung erfahren und ist eine Domäne des nationalen Rechts bzw. der vertraglichen Versicherungsbedingungen.

Die Maritime Labour Convention 2006 der ILO hat die bedeutendsten Regeln des Seearbeitsrechts in einem einzigen Regelungswerk zusammengefasst. Für Schiffe unter deutscher Flagge wurde zur Umsetzung der Maritime Labour Convention das Seearbeitsgesetz geschaffen.

Das nationale öffentliche S. regelt in seinem Anwendungsbereich die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Staates und der öffentlichen Verwaltungsträger bei der Ordnung, der Nutzung und dem Schutz des Meeres. Es erfasst eine Vielzahl von Sachmaterien. In Deutschland sind diese v. a. im SeeAufgG geregelt und betreffen neben der Seeschifffahrt die Seefischerei sowie andere Arten der Meeresnutzung, etwa bei der Meeresforschung und -technik, sowie nicht zuletzt Aufgaben im Bereich des Meeresumweltschutzes.