Auswärtige Gewalt

Version vom 23. Oktober 2023, 00:57 Uhr von Alshaw (Diskussion | Beiträge) (Fehler Verweis "Grenze")
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

1. Begriff

Unter A.r G. versteht man die Gesamtheit der die auswärtigen Beziehungen eines Staates betreffenden Zuständigkeiten seiner Organe. Bei den Organen kann es sich um solche der Exekutive, der Legislative und der Judikative handeln, wobei in Geschichte und Gegenwart das Schwergewicht der auswärtigen Kompetenzen bei der Exekutive liegt. Der Begriff der A.n G. bezeichnet nicht im Sinne der Gewaltenteilungslehre (Gewaltenteilung) eine besondere Staatsgewalt, die neben der gesetzgebenden, vollziehenden und richterlichen Gewalt stehen würde. Auch wenn sich die auswärtigen Kompetenzen in der Regel auf ein Handeln mit völkerrechtlicher Bedeutung oder in den Formen des Völkerrechts beziehen, ist A.G. ein Begriff des Staats-, nicht des Völkerrechts. Das Völkerrecht setzt die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit der Staaten voraus, schreibt aber nicht vor, wie diese innerstaatlich durch Kompetenzregeln zu organisieren ist. Der Begriff lässt sich in der deutschen verfassungsrechtlichen Literatur gegen Ende des 19. Jh. nachweisen. Zuvor sprach man von „äußeren Staatshoheits-Rechten“ oder der „äußeren Landeshoheit“. Im englischsprachigen Raum, insb. in den USA, ist der Begriff foreign relations powers oder foreign affairs powers verbreitet.

Wenn so die Ausgestaltung einer bestimmten A.n G. von dem jeweiligen Staats- und Verfassungsrecht abhängt, sind davon heute in der Regel die folgenden Zuständigkeiten umfasst: der Abschluss völkerrechtlicher Verträge, die Abgabe völkerrechtlich bedeutsamer Erklärungen (z. B. die Anerkennung von Staaten, Grenzen oder anderer Rechtsverhältnisse; der Verzicht; der Protest), die Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen (Gesandtschafts- und Konsularrecht), der Beitritt zu internationalen Organisationen und die Vertretung in diesen Organisationen, die Prozessführung in Verfahren internationaler Gerichte, die Verhängung von Gegenmaßnahmen (Repressalien) als Reaktion auf die Verletzung einer völkerrechtlichen Pflicht durch einen fremden Staat sowie der Schutz der eigenen Staatsangehörigen (Staatsangehörigkeit) im Ausland. Früher wurde zur A.n G. auch die „Militärgewalt“ oder „Militärhoheit“ gerechnet, d. h. die Gesamtheit der Zuständigkeiten der Staatsorgane im militärischen Bereich (Militär), darunter auch das Recht der Kriegserklärung und des Friedensschlusses (Friedensverträge). Dagegen werden heute diese auf den Einsatz der Streitkräfte bezogenen Kompetenzen gewöhnlich getrennt von den (eigentlichen) auswärtigen Kompetenzen behandelt, auch weil sie in den meisten Verfassungen in eigenen Bestimmungen geregelt werden.

Kritik am Begriff der A.n G. (den das Grundgesetz selbst nicht verwendet) ist nicht nur wegen der naheliegenden, aber unrichtigen Assoziation mit der Gewaltenteilungslehre (Gewaltenteilung) berechtigt. Auch seine Implikationen einer Einheitlichkeit des staatlichen Handelns nach außen und einer Unterscheidbarkeit und entsprechend differenzierten rechtlichen Behandlung der Staatstätigkeit einerseits im Innen-, andererseits im Außenbereich sind eher irreführend. Anders als noch in der Weimarer Republik werden unter der Geltung des Grundgesetzes Regierungsakte, die wesentlich politische, insb. außenpolitische Materien betreffen, nicht mehr als „gerichtsfreie Hoheitsakte“ angesehen, die keiner Kontrolle durch die Judikative unterliegen (abweichend aber z. B. die Rechtslage in Frankreich und den USA). Zudem weist der Begriff auf eine frühere Epoche deutscher Staatlichkeit zurück, den Konstitutionalismus des 19. Jh., in dem die auswärtigen Hoheitsrechte einen wesentlichen Teil der monarchischen Gewalt bildeten. Ernst-Wolfgang Böckenförde beschrieb die königliche Prärogative im Bereich der Exekutive als „Dreiheit“ von innerer Exekutivgewalt (Verwaltung), auswärtiger Gewalt und militärischer Befehlsgewalt. So wie das Heer der konstitutionellen Monarchie „Königsheer, nicht Parlamentsheer“ war, war auch die Diplomatie ein monarchisches Reservat. Auch wenn der Begriff daher in historischer Sicht eine antidemokratische und antiparlamentarische Konnotation besitzt und sich aus ihm im einzelnen für die Verteilung auswärtiger Kompetenzen auf die einzelnen Staatsorgane nichts entnehmen lässt, hat er sich im juristischen Sprachgebrauch bisher erhalten.

2. Regierung und Parlament im auswärtigen Bereich

Bis zum Ende des 18. Jh. lag die A.G. in den europäischen Staaten in den Händen der (in der Regel monarchischen) Exekutive. Die Beteiligung der Legislative an der A.n G. („Parlamentarisierung der A.n G.“) setzte mit der US-amerikanischen Verfassung von 1787 ein, die den Abschluss von Verträgen durch den Präsidenten an die Zustimmung des Senats bindet. Die französische Verfassung von 1791 behielt sogar Kriegserklärung, Friedensschluss und die Ratifikation der Friedens- (Friedensverträge) Bündnis- und Handelsverträge der Nationalversammlung vor. Doch behauptete sich im 19. Jh. in Europa noch die Herrschaft des Monarchen über die auswärtigen Beziehungen, auf welche die Volks- oder Ständevertretungen allenfalls indirekt mit ihrem Budgetrecht Einfluss nehmen konnten. Fortschrittlich und in der frühkonstitutionellen Epoche nur ausnahmsweise vorkommend waren monarchische Verpflichtungen, die Volksvertretung über den Abschluss von Staatsverträgen nachträglich zu informieren oder sogar für bestimmte Verträge (z. B. über die Veräußerung von Staatsgebiet oder -eigentum) ihre Einwilligung herbeizuführen (so die Verfassung Württembergs von 1819). Solche Einwilligungsrechte dienten dazu, die legislativen und fiskalischen Kompetenzen der Volksvertretungen gegen ihre Umgehung oder Aushöhlung durch völkerrechtliche Vereinbarungen des Monarchen zu schützen. Sie wurden in der folgenden Verfassungsepoche auf einen größeren Kreis von Verträgen ausgedehnt. So forderte die belgische Verfassung von 1831 die Zustimmung der Kammern für Handelsverträge und solche Verträge, die dem Staat Lasten oder dem einzelnen Bürger Verpflichtungen auferlegen (Art. 68, ähnlich § 102 der Paulskirchenverfassung von 1849).

Die Konkurrenz von Exekutive und Legislative auf dem Gebiet der auswärtigen Beziehungen überdauerte in Deutschland und anderen europäischen Staaten die Epoche der Monarchie, obwohl die Regierung sich nun auf eine parlamentarische Mehrheit stützte und das republikanische Staatsoberhaupt auf eine überwiegend repräsentative und zeremonielle Rolle beschränkt wurde (mit der Ausnahme Frankreichs nach der Verfassung von 1958). Zwar sehen heute fast alle Verfassungen vor, dass das Parlament einem von der Regierung ausgehandelten Vertrag (Völkerrechtliche Verträge), der einen Gegenstand der Gesetzgebung betrifft, zustimmen muss, bevor dieser ratifiziert werden kann. Auch auf das übrige auswärtige Regierungshandeln nehmen die Parlamente (Parlament) durch ihre Debatten, Anfragen, Anhörungen von Regierungsmitgliedern und Sachverständigen sowie Entschließungen Einfluss. Sie entsenden auch Vertreter in die parlamentarischen Versammlungen internationaler Organisationen, z. B. des Europarates oder der NATO. Dennoch bleiben die Möglichkeiten der Parlamente (und erst recht ihrer Oppositionsfraktionen), mit dem ressourcen- und informationsmäßig weit überlegenen Regierungsapparat zu konkurrieren, beschränkt. Jede Übertragung von Hoheitsrechten auf eine inter- oder supranationale Organisation (internationale Organisationen) führt zu einer Schwächung des Parlaments und einer Stärkung der Exekutive, die den Staat in den Organen der Organisation vertritt („Entparlamentarisierung“).

3. Auswärtige Gewalt im Bundesstaat und in der EU

a) Anders als in Staaten, die als Einheitsstaaten verfasst sind (das klassische Beispiel ist Frankreich), stellt sich im Bundesstaat zusätzlich zur Frage der Organkompetenz die der Verteilung der staatlichen Kompetenzen zwischen den Ebenen des Bundes und der Einzel- oder Gliedstaaten (Föderalismus). Bezüglich der zur A.n G. gerechneten Kompetenzen ist auf einer Skala zwischen einer weitgehenden Zuweisung solcher Kompetenzen auch an die Einzelstaaten und einer Konzentration der Kompetenzen beim Bund jede Lösung möglich. Diese ist – auch aus völkerrechtlicher Sicht – der jeweiligen Bundesverfassung überlassen. Der historisch erste moderne Bundesstaat, die Vereinigten Staaten von Amerika, hat seinen Gliedstaaten den Zugang zum Raum des Völkerrechts verwehrt. Art. I Abschnitt 10 der Bundesverfassung von 1787 untersagt den Gliedstaaten den Abschluss von Verträgen („any Treaty, Alliance, or Confederation“) mit fremden Staaten. Dagegen ist der deutsche Bundesstaat seit seiner Gründung 1867/1871 von der Vorstellung geprägt, dass die Staatlichkeit (Staat) der Einzelstaaten (Länder) auch ihre Völkerrechtsfähigkeit umfasst. Alle deutschen Verfassungen seit der Reichsgründung haben den Ländern begrenzte eigene auswärtige Beziehungen, insb. den Abschluss völkerrechtlicher Verträge, ermöglicht (vgl. Art. 32 GG; s. u. Abschn. 4). Die Wurzeln dieser föderalen Differenzierung der Außenbeziehungen reichen bis in die Zeit des Alten Reiches hinunter, in dem es den Reichsständen im Westfälischen Frieden von 1648 gelang, eine Bestätigung ihres eigenen völkerrechtlichen Bündnis- und Vertragsrechts durch den Kaiser und die europäischen Mächte durchzusetzen. In der Gegenwart können in diesem Sinne neben Deutschland die Schweiz, Belgien und Österreich als „offene Bundesstaaten“ bezeichnet werden. In der Verfassungspraxis spielen die eigenen auswärtigen Kompetenzen der Gliedstaaten heute aber nur eine geringe Rolle. Die Möglichkeiten förmlichen auswärtigen Handelns haben sich in demselben Maße verringert, wie die Gliedstaaten legislative und administrative Zuständigkeiten an den Bund und an die EU verloren haben. Von den eigenen auswärtigen Beziehungen der Gliedstaaten zu unterscheiden ist ihre Beteiligung an jenen des Bundes. Diese erfolgt meist durch ein eigenes Verfassungsorgan auf Bundesebene, in dem die Gliedstaaten vertreten sind (in Deutschland den Bundesrat).

b) Für das Recht der EU muss die Abgrenzung ihrer A.n G. von derjenigen der Mitgliedstaaten von der Verteilung auswärtiger Kompetenzen auf die Organe der EU unterschieden werden. Hinsichtlich der ersteren gilt heute prinzipiell eine Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen der EU: Soweit die EU auf Grund der Verträge (EUV und AEUV) interne Regelungsbefugnisse besitzt, kann sie diese auch in der Außendimension geltend machen, insb. durch Abschluss völkerrechtlicher Verträge mit Drittstaaten und internationalen Organisationen. Art. 3 Abs. 2 und Art. 216 AEUV führen die verschiedenen anerkannten Varianten einer Kompetenzbegründung für den Abschluss von Verträgen auf. Wenn Gegenstände eines Vertrags sowohl in die Zuständigkeit der EU als auch der der Mitgliedstaaten fallen, ergibt sich für seinen Abschluss eine „geteilte Zuständigkeit“. Die am Vertragsschlussverfahren beteiligten EU-Organe bestimmt Art. 218 AEUV. Danach erteilt der (aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzte) Rat eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt die Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Verträge. Die Europäische Kommission und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik können Empfehlungen aussprechen. Bestimmte Verträge können vom Rat erst nach Zustimmung des Europäischen Parlaments geschlossen werden. Zu diesen Verträgen zählen Assoziierungsabkommen (Art. 217 AEUV), Übereinkünfte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Union sowie Verträge in Bereichen, in denen (interne) Rechtsakte der Union nur mit Beteiligung des Europäischen Parlaments angenommen werden können.

Zur A.n G. der EU gehört auch die ursprünglich „intergouvernemental“ angelegte, d. h. nicht den EG-rechtlichen Entscheidungsverfahren unterworfene Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Sie dient der Vereinheitlichung der Außenpolitik der EU-Mitgliedstaaten und deren Koordinierung mit der Politik der EU. Ihre Besonderheit ist die zentrale Rolle der mitgliedstaatlichen Regierungen. Der Europäische Rat (der sich im Wesentlichen aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten zusammensetzt) besitzt die volle Kontrolle über das auswärtige Handeln im Rahmen der GASP; er entscheidet grundsätzlich einstimmig. Der EuGH besitzt keine Zuständigkeit, die Kommission wird an der Entscheidungsfindung nur beteiligt, und das Europäische Parlament hat nur das Recht, unterrichtet und gehört zu werden (Art. 24 EUV).

4. Die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes

a) Art. 32 GG dient im Rahmen des zweiten Abschnitts des GG („Der Bund und die Länder“) für die „Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ der Zuordnung der Verbandskompetenzen zur zentralstaatlichen Ebene einer- und zur gliedstaatlichen Ebene andererseits. Die Bestimmung folgt unmittelbar auf die allgemeine Kompetenzverteilungsregel des Art. 30 GG, welche „die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben“ den Ländern zuweist, „soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt“. Als eine „andere Regelung“ in diesem Sinne weist Art. 32 Abs. 1 GG dem Bund die „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ zu, d. h. die Kompetenz, mit auswärtigen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten diplomatische und konsularische Beziehungen zu unterhalten. Unbestrittenermaßen ist der Bund auch für die Führung der deutschen Außenpolitik zuständig. Soweit dies der Erfüllung ihrer staatlichen Aufgaben (z. B. in den Bereichen der Kultur und Bildung) dient, sind auch die Länder zu auswärtigem Handeln berechtigt. Art. 32 Abs. 3 GG bestätigt die Regel des Art. 30 GG. Im Bereich ihrer ausschließlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz können danach nur die Länder, nicht der Bund, völkerrechtliche Verträge schließen. Die Verträge der Länder bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung. Die Praxis wird von dem sogenannten „Lindauer Abkommen“ zwischen der Bundesregierung und den Staatskanzleien der Länder von 1957 bestimmt, wonach der Bund auch im Bereich der Länderzuständigkeit Verträge schließt, nachdem er das Einverständnis der Länder erwirkt hat. Deutlich verstärkt haben die Länder ihr informelles Handeln im und gegenüber dem Ausland, insb. im Bereich der Außenhandels- und Investitionsförderung. Grenzüberschreitende Beziehungen spielen auch in den Bereichen der Kultur, der Raumplanung und des Umweltschutzes eine Rolle. Der „Europa-Artikel“ 23 GG sichert den Ländern ein Recht auf Mitwirkung an den Angelegenheiten der EU, das sie durch den Bundesrat wahrnehmen. Bei Rechtsetzungsakten der EU, die im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betreffen, soll die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrates maßgeblich berücksichtigen.

b) Auf der Ebene des Bundes weist das Grundgesetz auswärtige Kompetenzen dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat zu. Ferner sieht es eine gerichtliche Kontrolle des Handelns dieser Verfassungsorgane durch das BVerfG vor. Insofern kann man die grundgesetzlich verfasste A.G. als eine „kombinierte“ oder „gemischte“ Gewalt bezeichnen (vgl. Grewe 1988: 937). Als Staatsoberhaupt vertritt der Bundespräsident den Bund völkerrechtlich (Art. 59 Abs. 1 GG). Er schließt im Namen des Bundes die völkerrechtlichen Verträge, bedarf für die Ausfertigung der Ratifikationsurkunde aber der Gegenzeichnung durch ein Mitglied der Bundesregierung (Art. 58 GG); er beglaubigt die deutschen und empfängt die fremden Gesandten. Die auswärtigen Kompetenzen des Bundespräsidenten sind geschichtlich bedingt. Für die außenpolitischen Entscheidungen und internationalen Verhandlungen ist die Bundesregierung zuständig. Das Bundesverfassungsgericht hat die auswärtigen Angelegenheiten zum „Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung“ gerechnet und von einer „grundsätzliche(n) Zuordnung der Akte des auswärtigen Verkehrs zum Kompetenzbereich der Exekutive“ gesprochen (Urteil vom 18. 12. 1984 – Atomwaffenstationierung, BVerfGE 68, 1 [87]). Nur in zwei Bereichen hat das Gericht die Rolle des Parlaments gestärkt: dem Einsatz der Bundeswehr im Ausland sowie der europäischen Integration (Europäischer Integrationsprozess). Nach Art. 59 Abs. 2 GG bedürfen völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder Mitwirkung des Bundestages und Bundesrates in der Form eines Bundesgesetzes. Die Verträge und ihre Wirkungen im innerstaatlichen Recht werden insofern demokratisch kontrolliert und legitimiert. Einen von der Bundesregierung ausgehandelten Vertrag können Bundestag und Bundesrat inhaltlich nicht mehr ändern, sondern diesen nur annehmen oder ablehnen. Gemäß Art. 24 Abs. 1 GG kann der Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen. Insofern ist Bundestag und Bundesrat eine „Integrationsgewalt“ als Teil der A.n G. zugeordnet worden (Grewe 1988: 951), die insb. die Integration der Bundesrepublik in die Europäischen Gemeinschaften bewirkt hat. Art. 23 Abs. 2 und 3 GG sichern dem Bundestag eine laufende Mitwirkung in Angelegenheiten der EU zu, insb. das Recht der Stellungnahme zu Rechtsetzungsvorhaben der EU. Die Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen können vom BVerfG ebenso wie auslandsgerichtete Akte der öffentlichen Gewalt auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Grundsätzlich sind die Grundrechte des Grundgesetzes auch auf Sachverhalte mit Auslandsbezug anwendbar. Doch hat das Gericht mit Blick auf die Besonderheiten der auswärtigen Beziehungen der Bundesregierung weite Einschätzungs-, Prognose- und Ermessensspielräume zugebilligt. Bisher ist noch kein Vertragsgesetz für verfassungswidrig erklärt worden.