Vernetzung
1. Begriff
V. ist ein umfassender Begriff. Er bezeichnet auf der technischen Ebene sowohl für Hardware wie für Software die Interaktion zwischen Komponenten, die einem bestimmten Zweck dienen. Auf der Ebene der Hardware wird V. durch eine Reihe von technischen Einrichtungen zur Datenübertragung bewerkstelligt. Hierbei werden drahtlose ebenso wie drahtgebundene V.en verwendet. V. erfolgt technisch i. d. R. über sog.e Protokolle, die den Datenaustausch zwischen den vernetzten Geräten regeln.
Auf der Ebene der Software versteht man unter V. in der Regel das inhaltliche Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Applikationen und Funktionen. Ein klassisches Beispiel ist eine V. zwischen der Applikation der Verwaltung eines Terminkalenders und einer Applikation zur Navigation. So könnten die im Terminkalender gespeicherten Adressdaten zum entspr.en Zeitpunkt automatisch in das Navigationssystem geladen werden. Softwaretechnisch erfordert das die mögliche Herstellung einer Verbindung zwischen den beiden Applikationen, insb., wenn diese auf unterschiedlichen Rechnern laufen, bspw. eine Applikation auf dem Smartphone und die andere im Automobil. Zum anderen muss natürlich auf der Applikationsebene selbst sichergestellt werden, dass die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt in definierten Formaten ausgetauscht werden und beide Komponenten auf diesen Austausch vorbereitet sind. Die V. auf der Ebene der Software wird i. d. R. durch geeignete Netzwerkkonzepte hergestellt. Man spricht bspw. auch von Middleware oder von Internet-Protokollen, auf die sich dann die unterschiedlichen Software-Applikationen im Hinblick auf ihre V. abstützen können.
Weiterhin steht im Mittelpunkt aber ein allg.erer Begriff der V., der sich auf die Nutzer und Applikationen bezieht. Ein heute wichtiges Beispiel dafür sind die sog.en sozialen Netzwerke, die es den Nutzern von digitalen Geräten erlauben, sich mit Hilfe des Internets und entspr.er Geräte wie z. B. dem Smartphone untereinander zu vernetzen. Dies heißt im Detail, dass auf diesen Geräten Applikationen laufen, wiederum realisiert durch Software, die unterschiedliche Formen der V. unterstützen. So schafft bspw. der Austausch von Bildern und Nachrichten die Möglichkeit, an bestimmten Tätigkeiten im Rahmen eines Netzwerkes teilzunehmen und in einer wohl organisierten Weise zu kommunizieren.
2. Historie
Der technische Hintergrund der V. ist die Möglichkeit heutiger digitaler Geräte, über vorhandene Netzwerkstrukturen untereinander Informationen auszutauschen. Die technische Basis ist die Möglichkeit zwischen Rechnern, die u. U. geographisch weit entfernt von einander stehen, Informationen auszutauschen. Dies erfordert natürlich eine wie auch immer geartete Form der technischen Verbindung der Rechner durch Leitungen oder Funkeinrichtungen.
Die V. der Rechner geht zurück bis in die 1960er Jahre. Zunächst war der Datenaustausch zwischen Rechnern stark manuell organisiert. Über bestimmte Speichermedien wie Magnetbänder wurden die Daten aus einem Rechner aufgezeichnet und dann manuell zum anderen Rechner transportiert und in diesen eingelesen: Ein sehr umständliches und auch zeitaufwendiges Verfahren. Schnell kam deshalb die Idee auf, die Rechner direkt zu vernetzen. Bes. interessant war dies bspw. für Applikationen im Bereich der Finanzdienstleistungen der Banken und Sparkassen, bei denen die V. die Abwicklung der Geschäftsvorgänge durch elektronische Nachrichten über die vernetzten Rechner ermöglichte. Zugl. wurde das Telefonsystem, das bis dahin mehr oder weniger elektromechanisch bspw. über Relais realisiert war, Schritt für Schritt auf elektronische Übermittlungssysteme umgestellt. Dabei zeigte sich schnell, dass der Einsatz sog.er Vermittlungsrechner günstig war, auf denen dann umfangreiche Software-Anteile liefen, die diese Vermittlungsaufgaben übernahmen.
Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre erstrebte das US-Verteidigungsministerium ein Rechnernetz, das die unterschiedlichen Militärstandorte in den USA auf eine Art und Weise verband, die auch einen im Kalten Krieg befürchteten Nuklearschlag überstehen würde. Die amerikanische Verteidigungsforschungsbehörde DARPA begann mit entspr.en Forschungen. Es entstanden die Konzepte, die heute unter dem Stichwort „Internet“ bekannt sind. Zunächst war die Hauptaufgabe die Schaffung eines Netzwerks, durch das sich Rechner über ein Protokoll verständigen. Zugl. sollte die Verbindung zwischen Rechnern über das sog.e Routing, das den Weg einer Übertragung über eine Kette von Rechnern dynamisch festlegt, sichergestellt werden. Das Ergebnis war ein System, in dem sich Rechner unter bestimmten Adressen, sog.en Internetadressen, verbinden und so Informationen austauschen konnten. Dies war die Basis für einen umfassenden Datenaustausch, insb. für ein E-Mail-System, bei dem über entspr.e Software auf den Rechner Nachrichten gezielt zwischen sog.en Mailboxen ausgetauscht werden konnten, die über E-Mail-Adressen angesteuert wurden. Es entstand eine Fülle von spezifischen Applikationen, die sich allesamt auf diese Art der Verbindung von Rechnern stützten.
Seinen Durchbruch erlebte das Internet Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre als Ergebnis physikalischer Experimente Tim Berners-Lees beim CERN, der ein Konzept entwickelte, um die gemessenen Daten auf seinem Rechner auf eine Art und Weise bereitzustellen, dass andere Rechner diese Daten unkompliziert abgreifen konnten. Es entstand das &pfv;„World Wide Web“ mit der Grundidee, dass Rechner („Web Server“) Daten in einer Form bereitstellen, so dass andere Rechner über spezifische Software, sog.e „Browser“, in der Lage sind, auf diese Informationen zuzugreifen. Dies erlaubt einen auf Basis des bereits vorhandenen Internets abgestützten Datenaustausch, der bequemer und applikationsorientierter ist. Das „World Wide Web“ bildete die Grundlage für erste Ansätze in Richtung sozialer Netzwerke, die dann später durch Unternehmen wie Facebook und WhatsApp die Möglichkeiten einer umfassenden V. geschaffen haben.
3. Gesellschaftliche Bedeutung
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Einrichtungen, welche V. unterstützen. Konzepte wie Twitter erlauben es einzelnen Personen, Nachrichten zu versenden, und Gruppen von Personen, diese Nachrichten zu abonnieren. Eine wichtige Rolle spielen dabei heutige Endgeräte, Laptops, Tablets und insb. Smartphones, also kleine Geräte für die Tasche, die Menschen mobil mit sich führen können, die aber alle Funktionen haben, um auf das Internet und soziale Netze (Social Media) zuzugreifen. Dies bietet die Möglichkeit, dass Nachrichten auch drahtlos über mobile Funknetze in Sekundenschnelle übertragen werden, dass die Empfänger durch entspr.e Hinweise auf neue Nachrichten aufmerksam gemacht werden und diese Geräte sowohl den unmittelbaren Austausch über Telefon wie auch den mittelbaren Austausch über elektronische Nachrichten nutzen können. Inzwischen ist eine auf Basis des Internets und des World Wide Webs umfassende V. auf den unterschiedlichsten Ebenen zwischen Privatpersonen und Firmen entstanden, die die gesamte Welt umspannt.
Literatur
B. Wessels: Understanding the Internet. A Socio-Cultural Perspective, 2010 • A. Schelske: Soziologie vernetzter Medien. Grundlagen computervermittelter Vergesellschaftung, 2006 • S. H. Strogatz: Exploring Complex Networks, in: Nature 410/6825 (2001), 268–276 • S. Wassermann/K. Faust: Social Network Analysis. Methods and Applications, 1994.
Empfohlene Zitierweise
M. Broy: Vernetzung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Vernetzung (abgerufen: 24.11.2024)