Arabische Liga

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1. Ziele und Struktur

Die A. L. wurde am 22.3.1945 gegründet. Ihr gehören gegenwärtig 22 Mitglieder an. Gemäß ihrer Satzung (Pakt der Liga der Arabischen Staaten) sollen die politischen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Beziehungen zwischen den Mitgliedern verbessert und die Zusammenarbeit koordiniert werden. Konflikte untereinander sollen vermieden bzw. geschlichtet werden. Gemeinsames Bestreben aller soll die Sicherung der Souveränität der Mitgliedsstaaten und die Vertretung gemeinsamer Interessen in der internationalen Politik sein. Hierbei wurde die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates bes. hervorgehoben. Zwei entscheidende Festlegungen minderten die Chancen auf gemeinsames Agieren aber von Beginn an: Jedes Mitglied besaß ein Vetorecht und war darüber hinaus nur zur Umsetzung derjenigen Beschlüsse verpflichtet, denen es auch zugestimmt hatte.

Das Gründungsdokument der A. L. sieht zwei Hauptorgane vor: den „Rat der Arabischen Liga“ und das Generalsekretariat. Ersterer tagt halbjährlich und gilt als höchstes Organ der Organisation. Seit 2000 tritt er als Treffen der Staats- und Regierungschefs zusammen. Das Generalsekretariat fungiert zwischen den Ratstreffen als Verwaltungsorgan und koordiniert die Verbindungen zu und zwischen den Sonderorganisationen und Komitees. Das Generalsekretariat und ein Generalsekretär werden für eine 5-jährige Amtszeit gewählt. Seit 1964 findet zusätzlich jährlich eine Gipfelkonferenz der Staatsoberhäupter statt. 2001 beschloss diese Gipfelkonferenz die Einrichtung eines Arabischen Parlaments. Die zunächst gegründeten „technischen Komitees“ für die Wahrnehmung bestimmter Spezialaufgaben gingen ab Ende der 1980er Jahre zunehmend in knapp 20 Sonderorganisationen der A. L. auf, von denen die „Arabische Wirtschaftsentwicklungsbank“, der „Arab Monetary Fund“ und der „Arabische Fonds für Wirtschaft und soziale Entwicklung“ die wichtigsten sind.

2. Entstehungsgeschichte

Das zu Beginn des 20. Jh. nur gering ausgebildete Nationalbewusstsein der arabischen Bewohner des Osmanischen Reiches erhielt erst durch die Frontstellung des Ersten Weltkriegs eine politische Dimension. Arabische Aufständische beteiligten sich ab 1916 auf Seiten Großbritanniens am Krieg gegen die Osmanen. Als Gegenleistung wurde ihnen Unterstützung bei der Gründung eines einheitlichen arabischen Staates nach dem Sieg über die Osmanen zugesagt. 1916 hatte sich Großbritannien aber schon mit Frankreich insgeheim über die Aufteilung der arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches geeinigt (Sykes-Picot-Abkommen). Nach dem Ersten Weltkrieg ließen beide sich auf dieser Grundlage vom Völkerbund „Mandate“ über die begehrten Provinzen erteilen. Der Widerstand gegen diesen „Verrat“ und die kaum bemäntelten Kolonialpraktiken wuchs stetig. Er führte einerseits zur Stärkung des arabischen Nationalbewusstseins und andererseits tendenziell zur Bevorzugung indirekter Herrschaftsmethoden seitens der Mandatsmächte.

Die indirekte Herrschaft brachte allerdings eine Schicht einheimischer Potentaten hervor, die am Fortbestand des Status Quo interessiert war und den arabischen Nationalgedanken nur noch als politisches Vehikel benutzte. Angesichts des deutschen Vormarsches in Nordafrika im Zweiten Weltkrieg schlug Großbritannien diesen Potentaten die Bildung eines Bündnisses vor. Die Adressaten waren der Bündnisidee zwar nicht gänzlich abgeneigt, verfochten aber Eigeninteressen. So schlug der Irak die Bildung eines Einheitsstaates unter eigener Führung vor. Für den König Saudi-Arabiens jedoch war ein Einheitsstaat unter irakischer Führung undenkbar. Auch die Regierung des Libanon wollte keinesfalls auf Eigenständigkeit verzichten, Syrien hingegen nicht die republikanische Staatsform zugunsten einer Monarchie aufgeben.

So kam Ägypten als zentralem und bevölkerungsreichsten arabischen Staat die Vermittlerrolle zu. Geschickt lavierten die Ägypter zwischen den Extrempositionen eines Einheitsstaates auf der einen und loser, unverbindlicher Kooperation auf der anderen Seite und machten sich so für das Gelingen des Projekts unverzichtbar. Der am 11.5.1945 verabschiedete „Pakt der Liga der Arabischen Staaten“ zementierte den Kompromiss. Die A. L. sollte eher einen losen Staatenbund als eine Union darstellen. V. a. wurden die Unabhängigkeit der Mitgliedsstaaten und das Nichteinmischungsgebot betont. Lediglich in der Präambel und teilweise in Art. 9 der Satzung wurde noch vage auf das Fernziel der Erreichung eines Einheitsstaates verwiesen: eher eine populistische Geste.

In ihrem Bestreben, die Partikularinteressen der Beteiligten am Liga-Projekt zu kaschieren sowie eine gemeinsame und überdies populäre „Mission“ zu postulieren, verfielen die Gründer auf die Unterstützung palästinensischer Interessen und die Verhinderung der Errichtung eines jüdischen Staates. Die A. L. sprach sich deshalb vehement gegen den UNO-Teilungsplan von 1947 aus. Am 15.5.1948 überfielen fünf Liga-Mitglieder, Ägypten, der Irak, der Libanon, Transjordanien und Syrien, den am Vortag gegründeten Staat Israels. Trotz erdrückender numerischer Überlegenheit verloren die arabischen Angreifer den sich daran anschließenden ersten Nahostkrieg (Nahostkonflikt), v. a. auf Grund politischer Uneinigkeit und militärischer Inkompetenz.

3. Gegenwärtige Rolle

In den 22 Mitgliedsstaaten der A. L. mit einem Territorium von mehr als 14 Mio. Quadratkilometern leben insgesamt 360 Mio. Menschen. Trotzdem spielt die A. L. in der internationalen Politik bei weitem nicht die Rolle, die diese Zahlen verheißen. Das hängt in erster Linie mit den Eigeninteressen der außerordentlich divergenten Mitgliedsstaaten zusammen, die gemeinsames Handeln erschweren.

Die Führungsrolle Ägyptens in der arabischen Welt bis etwa 1970 kaschierte diese Schwäche für zwei Jahrzehnte lediglich. Die A. L. entwickelte sich unter Präsident Gamal Abdel Nasser zu einem wichtigen Instrument für die Realisierung von dessen außenpolitischer Vision der Herstellung der arabischen Einheit mit Ägypten im Zentrum. Die klare Fokussierung und die ägyptische Dominanz in ihren Strukturen verhalf der A. L. zu merklichem Gewicht in der internationalen Politik. Erst die verheerende arabische Niederlage im Sechstagekrieg von 1967 und der Tod Nassers 1970 minderten die Attraktivität des Panarabismus und schwächten die A. L. Ein Tiefpunkt wurde 1979 erreicht, als die Mitgliedschaft Ägyptens nach dessen Friedensschluss mit Israel für zehn Jahre ausgesetzt wurde. Während die A. L. im irakisch-iranischen Krieg 1980–1988 zu relativer Einigkeit in der Unterstützung Saddam Husseins fand, entzweite sie sich in der Reaktion auf die Kuweitkrise 1990/91 grundlegend. Einige Mitglieder beteiligten sich an der Befreiung Kuweits, viele blieben neutral, Libyen und die PLO opponierten heftig. 2002 kann als Ausnahme von der Regel gelten, als die A. L. gemeinsam eine Friedensinitiative gegenüber Israel verabschiedete, die die Anerkennung Israels bei gleichzeitiger Rückgabe der besetzten Gebiete an die Palästinenser vorsah. Israel reagierte jedoch ausweichend.

Obwohl die A. L. 2003 eine Beteiligung am Krieg gegen den Irak ablehnte, stellten einige Mitgliedsstaaten trotzdem erhebliche logistische Unterstützung für die USA und ihre Verbündeten bereit. Angesichts der gravierenden Folgen der arabischen Revolten von 2011 und der Bedrohung durch den „Islamischen Staat“ zeigt sich die A. L. zerstrittener denn je. Viele Regime bzw. Herrscher sehen sich in ihrer Existenz bedroht und handeln eigensüchtig. Die A. L. verdammt sich so selbst zu einem Schattendasein in der internationalen Politik.