Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO)

Version vom 16. Dezember 2022, 06:08 Uhr von Staatslexikon (Diskussion | Beiträge) (Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO))
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1. Ziele und Aufgaben

Die Welternährungsorganisation ist eine von insg. 17 Sonderorganisationen der UN. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung am 16.10.1945 in Québec wurden ihre zentralen Zielsetzungen in der Präambel ihrer Verfassung festgehalten. Die Mitglieder verpflichten sich,

a) auf bessere Ernährung und höheren Lebensstandard der Bevölkerung hinzuarbeiten,

b) Effizienzsteigerungen der Produktion und Distribution von Nahrungsmitteln und landwirtschaflichen Erzeugnissen zu sichern,

c) günstige Lebensbedingungen für die ländliche Bevölkerung zu schaffen,

d) die weltwirtschaftliche Entwicklung zu fördern und Hunger und Mangelernährung zu beenden.

In diesem Rahmen nimmt FAO fünf Kernaufgaben wahr:

a) Sammlung, Auswertung und Verbreitung von Informationen zu Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sowie Fischerei,

b) Förderung und Beratung nationaler und internationaler Aktivitäten im Bereich der oben genannten Ziele, v. a. in Form globaler, regionaler und nationaler Ernährungs- und Agrarstrategien,

c) Konzeption, Vorbereitung und Durchführung eigener Programme im Bereich von Entwicklungszusammenarbeit und technischer Hilfe, v. a. von Nahrungshilfemaßnahmen im Rahmen des gemeinsam von FAO und UN betriebenen WFP,

d) Vorbereitung, Formulierung und Entscheidungsfindung im Rahmen globaler Normsetzung im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Ernährung,

e) Formulierung und Diskussion von Entscheidungsgrundlagen für die Agrarentwicklung auf globaler, regionaler und nationaler Ebene.

2. Mitgliedschaft und Organisation

Im Jahr 2018 sind 194 Staaten, die EU als Mitgliedsorganisation, sowie zwei assoziierte Staaten Mitglieder der FAO. Die Zahl der Mitarbeiter ist seit Mitte der 90er Jahre um ca. 40 % reduziert worden; Ende 2015 arbeiteten rund 3 200 Personen für FAO, 57 % davon im Hauptquartier in Rom. Daneben verfügt die Organisation über ein „dezentralisiertes Netzwerk“ (FAO 2017: 98), das über 5 Regional-, 9 subregionale und 80 Länderbüros, sowie 38 akkreditierte Vertreter eine Präsenz in mehr als 130 Ländern sicherstellen soll.

Oberstes Entscheidungsgremium ist die alle zwei Jahre tagende Konferenz, in der Vertreter aller Mitgliedstaaten über das für jeweils zwei Jahre erstellte Arbeits- und Finanzprogramm entscheiden. Zudem bestimmen die Delegierten die Zusammensetzung des Rats, dessen 49 nach Regionalproporz gewählten Mitglieder Aufsichts- und Leitungsaufgaben zwischen den Sitzungen der Konferenz wahrnehmen. Ihnen stehen verschiedene Kommitees, Expertengruppen und Ausschüsse zur Seite.

Die Konferenz wählt den Generaldirektor für eine – einmal verlängerbare – Amtszeit von vier Jahren. Er ist Leiter des ausführenden Organs (Sekretariat) und hat durch seine Amtsführung bedeutenden Einfluss auf die gesamte Arbeit der Organisation. Neben dem Cabinet of the Director General umfasst FAO 6 Departments (Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Wirtschaftliche und Soziale Entwicklung; Fischerei and Gewässerbewirtschaftung; Forstwirtschaft; Verwaltung und Finanzen, sowie Technische Zusammenarbeit), die ihrerseits wiederum in Divisions unterteilt sind.

3. Finanzierung

FAO finanziert sich aus regulären Pflichtbeiträgen der Mitgliedsländer einerseits und freiwilligen Beiträgen andererseits. Die Pflichtbeiträge werden analog dem Verfahren der UN festgelegt. Freiwillige Beiträge sind urspr. „funds from governments and private sources earmarked for specific programs and activities identified by them“ (Shaw 2009: 69 f.). Mittlerweile tragen sie auch zur Finanzierung der allgemeinen Arbeit bei. Der 2002 von der BRD eingerichtete Bilaterale Treuhandfonds bei der FAO ist ein Beispiel für freiwillige Kontributionen von Geberländern, deren Einsatz zweckgebunden erfolgen muss.

Die USA und Japan sind die größten Geldgeber der FAO, die BRD und die EU gehören zu den zehn wichtigsten Beiträgern. Das Zweijahresbudget für den Zeitraum 2018–19 beträgt 2,6 Mrd. Dollar: 39 % sollen aus Pflichtbeiträgen, 61 % aus freiwilligen Zuwendungen bestritten werden. Dieses Verhältnis zeigt einen allgemeinen Trend der letzten Jahre auf: Nominal hat sich der ordentliche Haushalt zwischen 1991 und 2017 fast verdoppelt, real aber keineswegs; 1994–2011 schrumpfte er um 21 %, auch in den weiteren Jahren gab es Einbrüche. Real wuchsen dagegen die freiwilligen Beiträge deutlich an, weil Geber der Kritik an fehlendem Fokus und geringer Effizienz durch zweckgebundene Mittel zu begegnen suchen, deren Einsatz sie kontrollieren können.

Aufgrund geringer Zahlungsmoral der Mitgliedstaaten sind die Finanzprobleme extrem. Die Staaten halten FAO am „finanzielle[n] Gängelband“ (Liese 2009: 54), um so eigene Forderungen durchzusetzen.

4. Stärken und Erfolge

Eine 2006/07 durchgeführte externe Evaluierung der FAO hat ergeben, dass diese unverzichtbar ist und bleibt: „If FAO were to disappear tomorrow, it would need to be re-invented […]“ (IEE 2007: 1). Die bes.en Stärken liegen demnach in ihrer Expertise bzgl. der Situation der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft und Fischerei weltweit, in der Fähigkeit, Staaten und Regionen erfolgreich in diesen Bereichen zu beraten und in der Bereitstellung eines „neutralen Forums“ für die offene und gleichberechtigte Diskussion relevanter Fragen. Damit eng verbunden sind die Erfolge im Bereich globaler Normsetzung, die umfassend positiv bewertet werden.

Diese Aspekte spiegeln sich auch im Selbstbild. FAO zählt u. a. den Abschluss des Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die Einigung auf den Codex Alimentarius und den Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei, die Beseitigung der Rinderpest, den Kampf gegen Hunger in Lateinamerika und der Karibik sowie die Grüne Revolution in Asien zu den größten Erfolgen ihrer siebzigjährigen Geschichte.

5. Kritik und Reformbemühungen

Trotz dieser Leistungen ist FAO umfassender Kritik ausgesetzt. Sie steht unter Reformdruck. Der Evaluationsbericht hielt fest: „FAO is experiencing a crisis which has been steadily building for two decades and now seriously imperils the effectiveness of the Organization“ (IEE 2007: 1). Bes. kritisiert wurden fehlende Transparenz und geringe Effizienz in der Durchführung von Projekten und im Einsatz von Mitteln, sowie fehlende Konzentration im Aufgabenportfolio. Evaluationskommitee und Mitglieder betonen die Notwendigkeit einer Fokussierung auf die Rolle der FAO als Wissensorganisation und die Reduktion eigener Projekte der Entwicklungspolitik. Zudem wurde ein unverhältnismäßig großer administrativer Apparat bei gleichzeitig fehlender Führung durch Generaldirektor und Sekretariat moniert.

Kritik und Empfehlungen wurden aufgegriffen und in einem umfassenden Reformprogramm umgesetzt. „Since 2012, FAO has been revived by cutting bureaucracy and enhancing transparency, and reorganized to pursue more effectively its main goal of ending world hunger“ (FAO 2017: Director-General’s Foreword). Dies schlägt sich in der Formulierung fünf strategischer Ziele nieder: Hunger, Nahrungsunsicherheit und Unterernährung bekämpfen; Landwirtschaft produktiv und nachhaltig gestalten; ländliche Armut reduzieren; effiziente und inklusive landwirtschaftliche und Ernährungssysteme unterstützen; die Widerstandsfähigkeit von Lebensgrundlagen gegenüber Katastrophen stärken. Auf der organisatorischen Ebene wurde auf results-based management umgestellt, ein eigenes Office of Evaluation eingerichtet und die strategische Planung in Form rollender Pläne eingeführt.

Inwiefern diese Maßnahmen dazu beitragen können, die Stellung der FAO in einem zunehmend durch Konkurrenz von anderen Organisationen mit ähnlichen Profilen geprägten ernährungs- und entwicklungspolitischen Umfeld zu stärken, hängt zu einem großen Teil davon ab, ob es der Führungsebene gelingt, Vertrauen und Unterstützung der Staaten zurückzugewinnen.