Grundsteuer

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1. Einordnung und derzeitige Grundsteuer

Eine G. zielt auf die Nutzung von Grundstücken (Grund und Boden und darauf stehende Gebäude). Daneben gibt es in Deutschland die Erfassung des Eigentumswechsels durch die Grunderwerbsteuer, die Besteuerung des Wertzuwachses im Rahmen der Einkommensbesteuerung und die Erfassung durch die Erbschaftsteuer. Historisch ist die G. eine der ältesten Steuern, und sie war bis ins 19. Jh. eine der größten Steuern. Das lag an der früheren Bedeutung der Landwirtschaft und an der leichten Erfassbarkeit des sichtbaren Objekts. Sie knüpft nicht am tatsächlichen Ertrag an, wie etwa eine Mietsteuer, sondern am fiktiven oder Sollertrag im Sinne eines durchschnittlich erzielbaren Istertrages. D. i. kein Notbehelf, etwa weil man den Istertrag oft nicht kennt, sondern ein Anreiz, mit den vorhandenen Bodenressourcen mehr zu erwirtschaften (Anspornsteuer).

Die derzeitige G. in Deutschland befindet sich in einem Reformprozess (s. u.). Sie besteht aus zwei Teilen. Die G. A liegt auf dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen. Die G. B erfasst das sonstige Grundvermögen. Dazu zählen bebaute und unbebaute Grundstücke, das Erbbaurecht und das Wohnungseigentum. Betriebsgrundstücke unterfallen je nach Nutzung einer der beiden Teilsteuern. Es gibt umfangreiche Befreiungen für öffentliche und gemeinnützige Institutionen. Bemessungsgrundlage sind derzeit noch die Einheitswerte. Auf sie werden bundeseinheitliche Steuermesszahlen angewendet. Die sich daraus ergebenden Steuermessbeträge werden mit den Hebesätzen der jeweiligen Gemeinde multipliziert und ergeben die Steuerschuld. 1961 und 1962 wurde eine G. C erhoben, auch Baulandsteuer genannt, weil sie auf Grundstücke erhoben wurde, die bebaut werden durften und für die man Druck auf die Eigentümer ausüben wollte, sie tatsächlich zu bebauen. Eine solche Steuer wird auch heute gelegentlich diskutiert.

Das Aufkommen betrug 2015 für die G. A 393 Mio. Euro und für die G. B 12 818 Mio. Euro. Die G. machte damit 6 % der kommunalen Einnahmen und 2 % der Gesamtsteuereinnahmen aus.

2. Die Grundsteuer als geborene Gemeindesteuer

Eine grundsätzliche Erörterung ist erforderlich, um die laufende Reform und das wahrscheinliche Ergebnis beurteilen zu können. Die G. steht unter den Kriterien für eine gute Gemeindesteuer weit vorn. Sie entstammt, anders als etwa der sogenannte USt-Anteil der Gemeinden, dem Gemeindegebiet. Sie kann als eine Art pauschales Äquivalent für die auf das Grundstück bezogenen Gemeindeleistungen angesehen werden. Sie erfasst private Haushalte und Unternehmen und dient damit dem Interessenausgleich, d. h. der Kämmerer ist an beiden gleich interessiert. Sie ist fühlbar, weil im Gegensatz etwa zur USt die G. direkt angelastet wird. Durch das kommunale Hebesatzrecht ist sie zugleich beweglich und weist so einen deutlichen Bezug zur kommunalen Finanzautonomie auf.

Dies alles ist wichtig für die Erfüllung des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz. Es besagt, dass eine Gemeinde den Bürgern die Kosten für die erwünschten Ausgaben direkt anlasten kann und soll, damit ein Abwägen zwischen dem Vorteil zusätzlicher Ausgaben und dem Nachteil zusätzlicher Einnahmen erfolgt.

Die G. schwankt fast nicht mit der Konjunktur und sichert dadurch stabile Einnahmen. Diese wachsen zugleich tendenziell mit dem regionalen Wachstum, weil sich dadurch die Bemessungsgrundlage erhöht. Sie ist also fiskalisch ergiebig, sollte aber nicht zu stark angespannt werden, weil sonst wegen der Fühlbarkeit auch die Widerstände wachsen, wie das amerikanische Beispiel der Referenden gegen hohe Steuersätze zeigte. Auch schwankt die Steuerkraft zwischen Kommunen nicht sehr stark, anders als etwa bei der GewSt. Die Kosten für die Erhebung und Entrichtung der Steuer sind vergleichsweise hoch, lassen sich aber durch die geplante Reform deutlich senken. Getragen wird die Steuer, soweit sie auf dem – immobilen – Bodenwert liegt, langfristig weitgehend durch die Eigentümer, was unter Verteilungszielen vorteilhaft ist.

3. Die anstehende Reform der Grundsteuer

Die Reform drängt, weil die obersten Gerichte sonst die G. als in dieser Form nicht haltbar deklarieren könnten. Der BFH hat 2010 die bisher angewendeten Wertansätze für nach dem 1.1.2017 mit der Verfassung nicht vereinbar erklärt. Ein Wegfall durch Nichthandeln ist aber nie ernsthaft diskutiert worden. Hauptkritikpunkt sind die veralteten Einheitswerte. Sie stammen aus dem Jahr 1964, für die neuen Bundesländer 1936. Inzwischen haben sich die Wertverhältnisse für Grundstücke sehr stark auseinander entwickelt. Grundstücke in modernen Ballungsgebieten haben sich enorm im Wert erhöht, während Grundstücke in Regionen mit Abwanderungsdruck im Wert stark zurückgeblieben sind. Das widerspricht den Forderungen nach Gleichheit der Besteuerung.

Die vorliegenden Reformvorschläge sind unterschiedlicher Art, wobei niemand das Festhalten am alten System mit einer sehr aufwändigen neuen Bewertung in Form einer neuen Hauptfeststellung fordert. Am einen Ende stehen Vorschläge, den tatsächlichen Verkehrswert der Grundstücke zugrunde zu legen, so wie dies in der Erbschaftsteuer geschieht und in den USA üblich ist. D. i. aufwändig. Das andere Ende bildet der Vorschlag, Boden und Gebäude ohne Wertkomponente zugrunde zu legen, also eine reine Flächensteuer zu schaffen. D. i. technisch einfach, aber ungerecht, weil das große Grundstück neben der Mülldeponie höher besteuert wird als das kleine Grundstück in bester Lage. Dazwischen liegen Kompromissmodelle, wie die im Gesetzgebungsverfahren befindliche Fassung. Sie alle arbeiten mit Bodenrichtwerten. Durch diese wird eine zeitnahe und kostengünstige Bewertung der vorhandenen Bodenfläche möglich, denn diese Werte werden für die Erbschaftsteuer ohnehin erfasst. Die Gebäudewerte sollen pauschal ermittelt werden, wobei die aktuellen Baupreise, das Alter und die Gebäudeart herangezogen werden sollen. Dem entsprechenden Gesetz hat der Bundesrat zwar am 24.9.2016 zugestimmt und dem Bundestag hat er es am 21.12.2016 zugeleitet, aber dort wurde es bis zum Ende der Legislaturperiode nicht behandelt.