Katholische Aktion
1. Begriff
K. A. (actio catholica) war in der Zeit-, Kirchen- und Theologiegeschichte der ersten Hälfte des 20. Jh. ein populärer Begriff. Um die Jahrhundertwende aufgekommen, wurde er beständig und in unterschiedlichen Kontexten verwendet. Päpstliche und bischöfliche Verlautbarungen, theologische Abhandlungen, religiöse Erbauungsschriften, Vereinsblätter und öffentliche Veranstaltungen behandelten den Begriff häufig, vieldeutig und uneinheitlich. Auch außerhalb der Kirche wurde der Terminus aufgegriffen, oft als Sammelbegriff für eine gesellschaftliche Präsenz der Kirche. Faschistische bzw. nationalsozialistische Stellen benutzten ihn zur Bezeichnung von – aus ihrer Sicht – unzulässigen politischen Aktivitäten. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die kirchliche Rezeption wieder ein. Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils verlor der Begriff an Bedeutung. Gegenwärtig wird er nur mehr selten verwendet, u. a. als Namensbestandteil von Organisationen in Österreich und Italien.
Ursprünglich war die K. A. eine organisatorisch eingefasste Bewegung der italienischen Katholiken. Relevanz für die Gesamtkirche bekommt der Begriff durch Papst Pius XI. Er ging davon aus, dass angesichts der fortschreitenden Säkularisierung der missionarische Auftrag der Kirche (Mission) nicht allein durch die Kleriker erfüllt werden kann. Auch die Laien, die nicht die Diakonen-, Priester- oder Bischofsweihe empfangen haben, müssen bei der Erfüllung des missionarischen Apostolats der Kirche mitwirken. Ihre Aktivierung und Indienstnahme waren für Pius XI. ein universalkirchliches Programm. Er forderte die nationalen Episkopate auf, Bedeutung und Stellenwert apostolischer Tätigkeit der Laien grundsätzlich zu fördern und ihr Apostolat gezielt durch organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten und zu strukturieren. In der Folge wurden landesspezifisch unterschiedliche institutionelle Strukturen des Laienapostolats mit der Bezeichnung K. A. gegründet.
2. Rezeption in Deutschland
In Deutschland setzte die Rezeption erst 1928 ein. 1938 fand sie ein vorläufiges Ende. Obwohl die Freisinger und Fuldaer Bischofskonferenz in diesem Zeitraum mehrfach über die Gestaltungsmöglichkeiten der K.n A. in Deutschland berieten, lag die Entscheidung über tatsächlich rechtserhebliche administrative Maßnahmen bei den Diözesanbischöfen (Bischof). Auch sie gebrauchten den Terminus uneinheitlich: vom Synonym für Laienapostolat über Bezeichnung für individuelle Manifestationen gelebten Glaubens bis hin zur Benennung für gemeinschaftliche Tätigkeiten von und für Laien. Trotzdem gab es hinsichtlich der organisatorischen Gestaltung ein einheitliches Meinungsbild: Die K. A. sollte innerhalb der Diözesangrenzen stattfinden. Ein überdiözesanes nationales Spitzengremium wurde abgelehnt, obwohl sich das Zentralkomitee der deutschen Katholikentage oder der Volksverein für das katholische Deutschland angeboten hatten. Die K. A. sollte nicht neben, sondern mit dem mitgliederstarken Vereins- und Verbandswesen aufgebaut werden, in dem Laien und Kleriker seit Jahrzehnten zusammen an der Erfüllung apostolischer Aufgaben arbeiteten. Die K. A. sollte die vielfältigen Vereine mit ihren einflussreichen und z. T. finanzkräftigen Zentralen zusammenfassend koordinieren und in die diözesanen Gebietsstrukturen über repräsentativ zusammengesetzte Ausschüsse auf pfarrlicher, überpfarrlicher und diözesaner Ebene einbauen. Während in fast allen Diözesen kontinuierlich grundlegende theologisch-spirituelle Bildungsprogramme für Laien, anknüpfend an die Exerzitienbewegung, mit großer Breitenwirkung abgehalten wurden, gaben nur wenige Diözesanbischöfe Anordnungen zur Gründung von Gremien der K.n A., z. T. nur für eine oder mehrere Ebenen, aber beschränkt auf größere Bezirke. Dennoch konnten sich Gremien der K.n A. etablieren, insb. in den (Bischofs-)Städten. Vielfach wurden bereits bestehende Arbeitsgemeinschaften der Vereine (sogenannte Vereinskartelle, -ausschüsse, ZKs oder Aktionsausschüsse) als Gremien der K.n A. autorisiert, die u. a. mittels Großveranstaltungen (z. B. Prozessionen, Papstkrönungsfeiern, regionale Katholikentage) kulturelle, religiöse und politische Interessen der Katholiken in der Öffentlichkeit vertraten (Katholizismus), mit der Maßgabe, sich jeglicher Parteipolitik zu enthalten.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten fürchteten die Diözesanbischöfe um den Fortbestand der katholischen Vereine. Die Räte bzw. Ausschüsse sollten naturständisch aufgebaut werden. Außerdem sollten sie nicht öffentlich, sondern innerkirchlich und pastoral arbeiten, primär in den Pfarrgemeinden. Umbau und Ausbau dieser 1933 und 1935 von der Fuldaer Bischofskonferenz initiierten innerkirchlich und pastoral konzipierten K.n A. endeten 1938 mit der Schließung der beratend tätigen Hauptarbeitsstelle für die Katholische Aktion in den deutschen Diözesen durch die Nationalsozialisten.
Nach 1948 wurde an die abgebrochenen Entwicklungen angeknüpft. Aus einzelnen Diözesen heraus wurden wieder Katholikenräte bzw. -ausschüsse der K.n A. auf Pfarr-, Dekanats- und Diözesanebene gegründet, die jeweils unterschiedlichen Modellen folgten, aber insgesamt in den folgenden Jahren zu einer flächendeckenden Praxis führten, die 1952 mit dem neugegründeten ZdK eine nationale horizontale Zusammenfassung und eine vertikal aufgebaute Vertretung bekamen.
3. Nachkonziliare Entwicklung
Pius XI. hatte die K. A. als Teilnahme der Laien am hierarchischen Apostolat der Kirche definiert. Diese Definition warf zentrale theologische Fragen auf: Nehmen die Laien teil am allgemeinen, als hierarchisch bezeichneten Apostolat der Kirche, oder nehmen sie teil an dem besonderen Apostolat der Hierarchie, zu dem die Kleriker qua Weihe bestellt sind? Haben die Laien nur im Rahmen der K.n A. eine Mitverantwortung für das Apostolat? Das Zweite Vatikanische Konzil klärte die Fragen, indem es zum einen von einem universalen und einheitlichen Apostolat der Kirche ausgeht, an dem Kleriker wie Laien in jeweils unterschiedlicher Weise teilnehmen (LG 33), und zum anderen feststellt, dass die Laien darüber hinaus in verschiedener Weise zum unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden können (LG 33). Dementsprechend ist K. A. eine Form der unmittelbaren Kooperation der Laien mit der Hierarchie. Das Dekret über das Laienapostolat formuliert allgemeine Kriterien für diese Form (AA 20), doch die in den Konzilstexten geforderten Räte werden nicht mehr als K. A. bezeichnet. Bei der nachkonziliaren Einführung der Gremien für die laikale Mitverantwortung ging in einigen Ländern der Zusammenhang mit der K.n A. verloren. So wurden in Deutschland verschiedene Gremien geschaffen: die Apostolats- bzw. Katholikenräte (Stadt-, Dekanats- und Diözesanrat) nach dem Dekret über das Laienapostolat (AA 26), die Diözesanpastoralräte nach dem Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe (CD 27) sowie der Pfarrgemeinderat als Synthese beider.
Literatur
K. Große Kracht: Die Stunde der Laien, 2016 • A. Steinmaus-Pollak: Katholische Aktion, in: TRE, Bd. 18, 1989, 43–45 • Dies.: Das als Katholische Aktion organisierte Laienapostolat, 1988.
Empfohlene Zitierweise
A. Steinmaus-Pollak: Katholische Aktion, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Katholische_Aktion (abgerufen: 21.11.2024)