Europäische Parteien
1. Definition
E. P. sind als grenzüberschreitend kooperierende föderative Vereinigungen Dachorganisationen von nationalen Parteien mit vergleichbarer programmatischer Ausrichtung. Auf der Grundlage einer Satzung und eines von den zuständigen Organen verabschiedeten Programms organisieren sie eine Aktionseinheit ihrer Mitgliedsparteien auf europäischer Ebene. Sie bilden keine neue Hierarchie, sondern bestehen parallel zur nationalen Ebene. Ihnen gehören neben Parteien der Mitgliedsstaaten auch deren Fraktionen im Europäischen Parlament auch Einzelpersonen an. Ihr Aktionsfeld ist in erster Linie die EU. Vorrangiges Ziel ist die Teilnahme an den Europawahlen. Im Europäischen Parlament wirken sie durch Fraktionen an der politischen Willensbildung mit. Der Begriff „Partei“ reflektiert die supranationale Intention der Mitgliedsorganisationen. Die EU spricht von europäischen politischen Parteien (VO [EU, Euratom] Nr. 1141/2014) oder von politischen Parteien auf europäischer Ebene (Art. 10 Abs. 4 EUV). Der Lissabon-Vertrag anerkennt ihre Rolle bei der Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und für den Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union (Art. 10 Abs. 4 EUV); ebenso legt er das Verfahren zur Normierung der Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene sowie die Vorschriften über die Finanzierung fest (Art. 224 AEU). Rechtsstatus, Anerkennung und Finanzierung der e.n P sowie ihrer Stiftungen regeln die VO (EU, Euroatom) Nr. 1141/2014 und VO Nr. 673/2018.
2. Entwicklung
Schon früh begannen die wichtigsten Parteien der Staaten, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg am europäischen Einigungsprozess beteiligten, damit, mit gleichgesinnten Schwesterparteien in den Mitgliedstaaten zu kooperieren. Im Vorfeld der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments 1979 entstanden dann Parteienbünde. Sowohl Liberale wie Sozialdemokraten und Christliche Demokraten sahen die Notwendigkeit, sich auf die Herausforderung dieser Wahl durch die Bildung europäischer Organisationsstrukturen vorzubereiten. Die Initiative dazu ging v. a. von den delegierten Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus, die sich bereits 1952 in der parlamentarischen Versammlung der EGKS und 1958 nach Gründung der EWG und der EURATOM zu Fraktionen zusammengeschlossen hatten und nun im Blick auf den Wahlkampf die Notwendigkeit der Unterstützung durch Parteiorganisationen auf europäischer Ebene sahen. Das traf sich mit dem Bestreben der nationalen Parteien, sich mit Gleichgesinnten in den anderen Mitgliedstaaten abzustimmen und dabei vom Werbeeffekt der Zugehörigkeit zu einer übernationalen Organisation zu profitieren. Dieser Vorgang wiederholte und verdichtete sich im Fünfjahresturnus der darauffolgenden Europawahlen. Gemäß der Logik dieser Entwicklung wurde zu Beginn der 90er Jahre in den Maastricht-Vertrag Art. 138a EUV aufgenommen, der die „politischen Parteien auf europäischer Ebene“ erstmals im Primärrecht wahrnahm und ihnen eine bes. Rolle im europäischen Integrationsprozess zuwies.
Die e.n P. sind in erster Linie auf das Europäische Parlament ausgerichtet. Ihre Stellung im Kontext des Staatenverbundes der EU unterscheidet sich von der Stellung der nationalen (Mutter-)Parteien wesentlich dadurch, dass die Mitgliedstaaten nach wie vor Herren der Verträge sind, die ihrerseits von den nationalen Parteien in ihren Parlamenten legitimiert werden. Zwar wurde das Europäische Parlament mit dem Lissabon-Vertrag signifikant gestärkt. Trotzdem haben die Mitgliedstaaten nach wie vor in essentiellen Bereichen das letzte Wort. Im Zusammenhang mit der Finanz- und der Stabilitätskrise im Euroraum (Eurokrise), der Klimakrise, der Covid 19-Pandemie sowie dem Krieg Russlands gegen die Ukraine hat sich der intergouvernementale Charakter der EU sogar noch verstärkt, wobei letzterer die Geschlossenheit der Mitgliedstaaten existenziell herausfordert. Insofern ist der Bezugsrahmen der e.n P. begrenzt. Auch die Struktur der Willensbildung hat noch immer mehr den Charakter diplomatischer Gepflogenheiten als den eines innerparteilichen Verfahrens im Mitgliedstaat. Die e.n P. entfalten aber ihre Wirkung im Rahmen der institutionalisierten transnationalen Zusammenarbeit auf die Einstellung und das Verhalten der Führungsgruppen der nationalen Parteien, die die Notwendigkeit erkennen, auf der europäischen Ebene präsent zu sein, Einfluss zu nehmen, ihre Interessen zu wahren und die europäische Entwicklung mitzugestalten.
Entscheidend für den Erfolg einer e.n P. ist auch die Kommunikation zwischen europäischer und nationaler Ebene. Zwar steht die Europapolitik und mit ihr das Europäische Parlament bei Europawahlen häufig noch im Schatten der nationalen Agenda, doch werden die Europapolitiker in wachsendem Maß als wichtige Akteure der nationalen Parteien auf europäischer Ebene wahrgenommen, jedoch kaum als Vertreter der jeweiligen e.n P. Auch die sogenannten Europawahlmanifeste der e.n P. spielen in der nationalen Berichterstattung nur eine untergeordnete Rolle.
3. Rechtliche Stellung in der EU
Nach einer Phase der Stagnation brachte der Vertrag von Maastricht neuen Schub in die Entwicklung der e.n P. Die Mitgliedstaaten einigten sich, in den EGV einen eigenen Art. 138a aufzunehmen: „Politische Parteien auf europäischer Ebene sind wichtig als Faktor der Integration in der Union. Sie tragen dazu bei, ein europäisches Bewusstsein herauszubilden und den politischen Willen der Bürger der Union zum Ausdruck zu bringen.“ Dieser Art. hatte aber nur deklatorischen Charakter, weil er weder Anerkennungskriterien noch Regeln für die Finanzierung enthielt. Nachdem der EuRH im Vorfeld der Regierungskonferenz 2000 die zwischenzeitlich etablierte Quersubventionierung der e.n P. durch die ihnen nahestehenden Fraktionen im Europäischen Parlament, die den Parteien Zuschüsse für die Finanzierung von Personal, Materialien und Dienstleistungen zur Verfügung stellten, kritisiert hatte, wurde der Art. 138a von den Mitgliedstaaten in dem umnummerierten Art. 191 des Vertrags von Nizza ergänzt: „Der Rat legt gemäß dem Verfahren des Art. 251 die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und insbesondere die Vorschriften über ihre Finanzierung fest“.
Nach längeren Bemühungen des Europäischen Parlaments kam im Jahr 2003 die „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung“ (VO [EG] Nr. 2004/2003) zustande. Sie erstreckte sich nicht nur auf die politischen Parteien, sondern auch auf deren politische Stiftungen auf europäischer Ebene und legte die Voraussetzungen für die Anerkennung als e. P. wie auch die Bedingungen für die Finanzierung aus dem EU-Haushalt fest. Mit der im Februar 2004 in Kraft getretenen VO erhielten die Parteien zum ersten Mal eine rechtliche Fördergrundlage und direkte Finanzmittel aus dem EU-Haushalt. Damit wurde die Finanzierung durch die Fraktionen beendet und zwischen Partei und Fraktion klar getrennt. Die Parlamentsverwaltung durfte e.n P. ihre Ressourcen nur noch gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellen. Dafür erhielten alle e.n P. zusammen im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode (2004–2009) 6,5 Mio. Euro aus dem EU-Haushalt. 15 % der Mittel wurden dabei als Grundfinanzierung zu gleichen Teilen auf alle e. P. aufgeteilt. Die übrigen 85 % richteten sich nach der Zahl ihrer Abgeordneten. Dabei durfte die Finanzierung aus dem EU-Haushalt 85 % der Kosten einer Partei oder politischen Stiftung auf europäischer Ebene nicht überschreiten. Die Durchführung dieser VO regelte ein Beschluss des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom März 2004.
Im Januar 2008 traten Änderungen der VO 2004/2003 (VO [EG] Nr. 1524/2007) in Kraft, die u. a. mehr Flexibilität hinsichtlich der Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln auf das Folgejahr und die Möglichkeit zur Rücklagenbildung enthielten. Die Mittel für die Finanzierung der europäischen politischen Parteien wurden für das Jahr 2008 mit 10,6 Mio. Euro festgelegt.
Auch für die politischen Stiftungen wurden die Finanzierungsregelungen ergänzt. Alle e.n P. hatten bis Ende 2007 im Rahmen eines von der Europäischen Kommission finanzierten Pilotprojekts Stiftungen auf europäischer Ebene gegründet. Ab 2008 übernahm das Europäische Parlament deren Finanzierung. Diese Stiftungen unterstützen durch ihre Arbeit die Ziele der e.n P. Die ihnen zugewiesenen Mittel dürfen nur zur Finanzierung ihrer Arbeit und keinesfalls zur Finanzierung von Wahlkämpfen verwendet werden.
Mit dem am 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon wurde der bis dahin geltende Text des Art. 191 des Vertrags von Nizza auf zwei Art., nämlich Art. 10 Abs. 4 des EUV und Art. 224 des AEUV, aufgeteilt. Der Lissabon-Vertrag folgt insoweit dem „Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa“ (Art. I-54 Abs. 4 und Art. III-233) des Europäischen Konvents.
Angesichts der anhaltenden Kritik an der geltenden VO u. a. wegen fehlender Kriterien im Hinblick auf die demokratischen Strukturen der e.n P., zu niedrige Grenzen für Spenden, den hohen administrativen Aufwand bei der Dokumentation und insb. den fehlenden europäischen Rechtsstatus reagierte die Europäische Kommission im September 2012 mit dem Entwurf einer VO über Statut und Finanzierung. Die VO (1141/2014) vom 22.10.2014, die im Jahr 2017 in Kraft trat, schuf einen eigenen Rechtsstatus der e.n P. und verschaffte ihnen in allen Mitgliedstaaten rechtliche Anerkennung: die zentrale Innovation des neuen Statuts. Steuerlich werden die e.n P. allerdings weiterhin nach den nationalstaatlichen Regelungen behandelt. Die formellen Bündnisse von politisch nahestehenden nationalen Parteien und Parteifamilien in der EU werden nun offiziell als „europäische politische Parteien“ bezeichnet. Die Anerkennung erfolgt über eine neu eingerichtete „Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen“ (BEUPS), die von einem einmalig für die Amtszeit von fünf Jahren bestellten Direktor geleitet wird. Die Behörde führt ein Register der Parteien und Stiftungen. Ein Antrag auf Eintragung ist an diese Behörde zu stellen, die beim Europäischen Parlament angesiedelt ist.
Die Kriterien zur Anerkennung als e. P. wurden mit einzelnen Ergänzungen aus der VO des Jahres 2003 übernommen; sie wurden jedoch getrennt von den Finanzierungsregelungen. Die Eintragung als e. P. ist Voraussetzung für eine Finanzierung aus dem EU-Budget. Die Anforderungen an die Parteisatzungen wurden erhöht und um Mindestanforderungen an ihre demokratische Verfassung ergänzt.
Ein politisches Bündnis nationaler Parteien kann die Eintragung als e. P. (Kap. II Art. 3 Abs. 1) beantragen, wenn es seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, wenn es (oder seine Mitglieder) in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten durch Mitglieder des Europäischen Parlaments, von nationalen oder regionalen Parlamenten oder regionalen Versammlungen vertreten ist oder wenn es oder seine Mitgliedsparteien in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament mindestens 3 % der abgegebenen Stimmen in jedem dieser Mitgliedstaaten erhalten haben. Insb. müssen Programm und Tätigkeiten im Einklang mit den Werten stehen, auf die sich die Union gemäß Art. 2 EUV gründet. Begründet ist ein Antrag auch, wenn ein Bündnis oder seine Mitglieder an der Wahl zum Europäischen Parlament teilgenommen oder öffentlich die Absicht bekundet haben, an der nächsten Wahl teilnehmen zu wollen. Zwecke finanziellen Gewinns dürfen nicht verfolgt werden.
Vergleichbare Bedingungen (Kap. II Art. 3 Abs. 2) gelten für die Anerkennung als europäische politische Stiftung, wobei eine e. P. nur eine förmlich angeschlossene Stiftung haben kann und beide die Trennung zwischen ihren laufenden Geschäften, Leitungsstrukturen und Rechnungslegungen gewährleisten müssen.
Mit diesen Bestimmungen entfiel die Pflicht, die Finanzierung mittels eines Arbeitsprogramms zu begründen. Die Übertragbarkeit von nicht ausgegebenen Mitteln aus dem Vorjahr wurde erweitert, die Höchstgrenze von Spenden von 12 000 auf 18 000 Euro erhöht. Neben technischen Verstößen, so u. a. im Hinblick auf die Höhe oder den Charakter der Spenden, können auch politische Verstöße geahndet werden, so bspw. im Fall eines Verstoßes gegen die Grundwerte der EU. In letzterem Fall tritt ein aus sechs Mitgliedern bestehender „Ausschuss unabhängiger Persönlichkeiten“ zusammen, über dessen Stellungnahme von der Behörde entschieden wird. Mit den am 03. Mai 2018 vom Europäischen Parlament und vom Rat beschlossenen Regeln wurden die Anerkennungs- und Finanzierungskriterien der europäischen politischen Parteien erneut verschärft (VO 673/2018). Damit sollte Missbrauch bei der Parteienfinanzierung verhindert und zugleich europakritischen Parteien bzw. Parteiorganisationen ohne ernsthafte Zielsetzung und Aktivität auf europäischer Ebene der Zugang zur EU-Parteienfinanzierung erschwert werden. Anlass hatten europäische Parteiorganisationen geliefert, die ihre Anerkennung nur erhalten hatten, weil Einzelpersonen die Gründung bzw. den Bestand formell bestätigten und unterstützten. Dies wurde mit der Neuregelung ausgeschlossen; so dass nur noch Parteien, jedoch keine Einzelpersonen, eine europäische politische Partei tragen können. Ebenfalls unterbunden wurde die Möglichkeit einer nationalen Partei Mitglied in mehreren europäischen Parteien zu sein. Die Finanzierung der europäischen politischen Parteien wurde enger mit bei den Wahlen erzielten Stimmanteilen verknüpft. Während der Prozentsatz der auf alle Parteien gleichmäßig aufzuteilenden Zuwendungen auf 10 % reduziert wurde, wurden die vom Wahlergebnis abhängigen Mittel von 85 auf 90 % erhöht. Geändert wurden auch die Bestimmungen bei der Einziehung des Vermögens von in Konkurs gegangenen Parteien und Stiftungen, um einen besseren Zugriff auf entsprechende Mittel zu ermöglichen. Den nationalen Parteien wurde auferlegt, künftig „das politische Programm und das Logo der jeweiligen europäischen politischen Partei auf deutlich sichtbare und benutzerfreundliche Weise“ zu veröffentlichen. Widrigenfalls wird ihnen der Zugang zu Finanzmitteln aus dem Gesamthaushalt der EU verwehrt. Ende November 2021 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der VO über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen vorgelegt, der vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 in Kraft treten soll. Ziel der im Rahmen des Pakets „Demokratie und Integrität der Europawahlen“ vorgelegten Überarbeitung ist es u.a., die Transparenz und die Rahmenbedingungen für die Finanzierung europäischer politischer Parteien zu verbessern, insb. im Hinblick auf die Gefahr von Einmischungen und Manipulationen aus dem Ausland, und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand zu begrenzen. Hierdurch sollen auch die Tätigkeit und die Sichtbarkeit der europäischen politischen Parteien in den Mitgliedstaaten erleichtert und erhöht werden. Außerdem soll die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf den Kandidatenlisten für die Wahl zum Europäischen Parlament gefördert werden.
4. Die Nominierung von Spitzenkandidaten
Eine neue Dimension eröffnete die Entscheidung einiger e.r P. nach einem vergeblichen Versuch 2009 für die Europawahl 2014 erstmals Spitzenkandidaten für das Amt des künftigen Kommissionspräsidenten der Wählerschaft zu präsentieren. Personalisierung und Politisierung der europapolitischen Diskussion sollten nicht zuletzt dazu beitragen, die Wahlbeteiligung zu steigern, allerdings ohne Erfolg. Die Personalisierungsstrategie funktionierte primär in den Herkunftsländern der Spitzenkandidaten. Das Hauptziel dieser Neuerung bestand in der Verbindung zwischen der Europawahl und der Einsetzung der Kommissionsspitze. Der Vertrag von Lissabon gibt dem Europäischen Parlament das Recht, den Kommissionspräsidenten zu wählen und weist dem Europäischen Rat die Befugnis zu, dem Parlament „nach entsprechenden Konsultationen“ einen Vorschlag zu unterbreiten, wobei er nach Art. 17 Abs. 7 EUV „das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament berücksichtigt“. Wie dieser komplexe Entscheidungsprozess im Einzelnen ablaufen soll, lässt der Vertrag offen. Angetrieben von Mitgliedern des Europäischen Parlaments nutzten einige e. P. diese Offenheit, Spitzenkandidaten zu nominieren: für die Europawahl 2014 die EVP Jean-Claude Juncker, die SPE Martin Schulz, die Liberalen Guy Verhofstadt, die Grünen Ska Keller und José Bové sowie die Linke Alexis Tsipras. Nachdem die EVP mit ausreichend deutlichem Abstand vor der S&D abgeschnitten hatte, forderten die Repräsentanten der beiden großen Fraktionen die im Europäischen Rat vertretenen Regierungen auf, dem Europäischen Parlament J.-C. Juncker vorzuschlagen und signalisierten dafür die Unterstützung durch eine ausreichende Mehrheit, noch bevor das neugewählte Parlament zusammengetreten war. Dem überrumpelten Europäischen Rat blieb, um eine institutionelle Krise zu vermeiden, nichts anderes übrig, als förmlich zu folgen. Der Kandidat wurde schließlich nach einer Vorstellungsrunde bei den einzelnen Fraktionen am 15.6.2014 mit 422 gegen 250 Stimmen zum Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt: ein Erfolg der Strategie der führenden e.n P. und zugleich eine Stärkung des Europäischen Parlaments. Der auf diese Weise ins Amt gelangte Kommissionspräsident kündigte daraufhin eine „politische Kommission“ an.Der Erfolg bei der erstmaligen Durchsetzung des sogenannten Spitzenkandidaten als Kommissionspräsidenten im Jahr 2014 veranlasste im Rahmen einer konzertierten Selbstermächtigung sowohl Fraktionen als auch europäische politische Parteien für die Wahl 2019 erneut den Anspruch zu erheben, Spitzenkandidaten für den Posten des Präsidenten der Europäischen Kommission aufzustellen. Dabei warnte das Europäische Parlament davor, dass es bereit sei, „jeden Kandidaten abzulehnen, der im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament nicht als Spitzenkandidat benannt wurde“. Damit sollte das „Spitzenkandidatenprinzip“ verstetigt und weiter formalisiert werden. Zur Begründung hieß es, das Wahlverfahren demokratischer zu gestalten, mehr Wähler zu mobilisieren und eine Plattform für eine europäische Öffentlichkeit zu schaffen. Die Akteure verbanden damit auch die Hoffnung, nicht nur dem Europäischen Parlament mehr Gewicht zu verschaffen, sondern auch die Bedeutung der e.n P. zu fördern. Demgegenüber machte der Europäische Rat auf seinem informellen Treffen am 23.2.2018 durch seinen Präsidenten Donald Tusk deutlich, dass es keinen „Automatismus“ zwischen der Nominierung eines Kandidaten und der Wahl zum Kommissionspräsidenten gebe. In seinem Beschluss über die Reform des 1976 erlassenen Wahlakts strich der Europäische Rat am 19. Juni 2018 sogar mit Wirkung für die Europawahlen 2024 u.a. ersatzlos die Regel, dass die Parteien Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten nominieren sollten. Den Anfang des Nominierungsmarathons für 2019 machte die EVP mit dem Fraktionsvorsitzenden der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), der sich auf dem Parteikongress am 8.11.2018 in Helsinki gegen den ehemaligen finnischen Regierungschef Alexander Stubb durchsetzte (492 von 619 Stimmen). Ihm folgten die Sozialdemokraten (S&D) auf ihrem Parteikongress in Lissabon am 8.12.2018 mit dem 1. Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans (PvdA), der nach dem Verzicht des Kommissionsvizepräsidenten Maroš Šefčovič per Akklamation gekürt wurde. Während auch die meisten kleineren Parteien (Allianz der Konservativen und Reformer in Europa: Jan Zahradil; Grüne Partei: Ska Keller und Bas Eickhout; Europäische Linke: Nico Cué, Violeta Tomič; Europäische Freie Allianz: Oriol Junqueras) Spitzenkandidaten nominierten, wichen die Liberalen explizit von diesem Prinzip ab. Um das nach der Wahl anvisierte Bündnis im Europäischen Parlament mit „La Republique en Marche!“ des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich bereits dezidiert gegen das Spitzenkandidatenprinzip ausgesprochen hatte, nicht zu gefährden, präsentierten sie schließlich auf einem Parteitreffen am 21.3.2019 in Brüssel ein siebenköpfiges Team unter Anführung der dänischen Kommissarin Margareth Verstager (Radikale Venstre). Dass sich das Spitzenkandidatenprinzip nach der Europawahl 2019 nicht durchzusetzen vermochte und stattdessen mit Ursula von der Leyen (CDU) eine Frau zur Präsidentin der Europäischen Kommission bestellt wurde, die nicht von den Europäischen Parteien aufgestellt worden und im Europawahlkampf überhaupt nicht in Erscheinung getreten war, hat eine Reihe von Gründen. Entgegen dem Jahr 2014, als EVP und S&D noch über die absolute Mehrheit der Mandate im Europäischen Parlament verfügten und sich an das vereinbarte Verfahren der Unterstützung des „Siegers“ hielten, hat sich das Europäische Parlament nicht auf die Unterstützung eines der Spitzenkandidaten einigen können. Der Versuch von M. Weber als Spitzenkandidat der relativ stärksten Fraktion eine ausreichende Mehrheit zur Unterstützung seiner Kandidatur zustande zu bringen, um damit dem Europäischen Rat möglichst geschlossen entgegentreten und ihn zum Einlenken zwingen zu können, scheiterte ebenso wie die Bemühungen für den „zweitplatzierten“ Kandidaten F. Timmermans von der S&D. Die Persönlichkeitsmerkmale der Spitzenkandidaten boten einen willkommenen Aufhänger in einem strukturellen Machtkampf zwischen Europäischem Parlament und Europäischem Rat, in und zwischen den Parteifamilien und zwischen einzelnen Mitgliedstaaten. Der französische Staatspräsident E. Macron, der sich schon früh gegen das Spitzenkandidatenprinzip ausgesprochen hatte, zog darüber hinaus die Qualifikation des Spitzenkandidaten Ma. Weber öffentlich in Zweifel und trug damit maßgeblich zu dessen Verhinderung bei. Hier mögen auch Statusfragen und Regierungserfahrung, Rochadeüberlegungen für die Besetzung europäischer Spitzenämter sowie parteipolitische Aspekte eine Rolle gespielt haben. Dass sich Fraktionen, Institutionen und Mitgliedstaaten nach wochenlangem Ringen letztlich nicht auf einen der zuvor nominierten Spitzenkandidaten verständigen konnten, zeigt einerseits die zunehmende Politisierung der europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse und beschädigte andererseits nicht nur die Direktwahlen zum Europäischen Parlament, sondern auch die europäischen politischen Parteien, deren Nominierungsverfahren zur Farce verkommen waren. Für das Europäische Parlament bedeutet der vergebliche Versuch, das Spitzenkandidatenprinzip durchzusetzen, einen Rückschlag auf dem Weg zur weiteren Parlamentarisierung des europäischen Regierungssystems. Die europäischen politischen Parteien gewinnen zwar an Gewicht, indem sie zunehmend als Ort der Legitimation von Positionierungen der Fraktionen im Europäischen Parlament dienen. Gleichzeitig sind sie aber weiterhin nicht stark genug, um als eigenständige Akteure Aushandlungsprozesse auf europäischer Ebene entscheidend mitbeeinflussen zu können. Schließlich einigten sich die Mitglieder des Europäischen Rates bei Stimmenthaltung Deutschlands wegen Widerstands der SPD auf die vom französischen Präsidenten E. Macron in Abstimmung mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Spiel gebrachte deutsche Verteidigungsministerin U. von der Leyen (CDU), die sie damit als erste Frau und zweite Deutsche dem Europäischen Parlament zur Wahl zur Kommissionspräsidentin vorschlugen. Trotz „offizieller“ Unterstützung der drei größten Fraktionen erfolgte ihre Wahl mit lediglich neun Stimmen über der erforderlichen absoluten Mehrheit, womit die Parlamentarier offensichtlich ihre Enttäuschung über das Scheitern des Spitzenkandidaten-Modells zum Ausdruck brachten. Während die meisten Europaabgeordneten der Fraktion der Grünen, der Linken (KVEL/NGL) und der Sozialdemokraten (S&D) offen – nach entsprechender Ankündigung – gegen U. von der Leyen stimmten, konnte die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) keine gemeinsame Linie finden. Einzig die aus der alten liberalen ALDE und der französischen En-Marche-Bewegung gebildete RENEW-Fraktion stellte sich offenbar weitgehend geschlossen hinter die Kandidatin. Am Ende scheinen die 24 Stimmen der polnischen PiS-Partei aus der rechtskonservativen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer den Ausschlag gegeben zu haben, wie der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in seinem Gratulationsschreiben an U. von der Leyen betonte. In ihrer Vorstellung vor dem Europäischen Parlament hatte sich U. von der Leyen ausdrücklich zu einer Reform des Spitzenkandidaten-Prinzips sowie zu der damit verbundenen und seit längerem diskutierten Idee transnationaler europäischer Listen bekannt. Dabei griff sie auch eine von Präsident E. Macron vorgeschlagene Idee auf und schlug eine „Konferenz zur Zukunft Europas“ vor, die dann von 2020 bis 2022 tagte. Trotz der Erschwernisse v.a. durch die Covid 19-Pandemie gelang es der Konferenz, im Mai 2022 ihren Bericht über das Endergebnis vorzulegen. Dabei schaffte es in Vorschlag Nr. 38.4 das „Spitzenkandidatenprinzip“ zwar in den Beschlusstext, aber nur gleichrangig mit der Idee einer Direktwahl des Kommissionspräsidenten, während der dezidierte Standpunkt des Europäischen Parlaments zugunsten des Spitzenkandidatenprinzips in eine Fußnote verbannt wurde. Und zum Vorschlag 38.3 zu „transnationalen Wahllisten“ erklärten in einer Fußnote „Vertreter der Europäischen Kommission“, dass „diesbezüglich nichts überstürzt werden sollte“. Die europäischen politischen Parteien haben bei den Europawahlen 2019 nicht an Bedeutung gewonnen. Die Mobilisierung der Wähler war nach wie vor Sache der nationalen Parteien. Paneuropäische Bewegungen wie „Volt Europe“ blieben angesichts des anhaltenden Charakters von Europawahlen als second order elections auch 2019 bedeutungslos. Die europäischen Parteiorganisationen sind nach wie vor keine hierarchisch übergeordneten Dachorganisationen der nationalen Parteien auf europäischer Ebene und verfügen gegenüber den nationalen Parteien über keine Steuerungskompetenzen. Im Wesentlichen tragen sie weiterhin zur Kommunikation, Koordination und Vernetzung zwischen den einzelnen, in den europäischen Parteiorganisationen vertretenen, nationalen bzw. regionalen Mitgliedsparteien bei.
5. Die anerkannten europäischen Parteien
Die Jahre nach 2017 waren als Folge der Neuregelungen der Anerkennung und Finanzierung der europäischen politischen Parteien von einem Konzentrations- und Konsolidierungsprozess des Parteiensystems auf europäischer Ebene geprägt. Gleichwohl bleiben stetige Veränderungen in der Mitgliedschaft Merkmale und Kennzeichen ihrer internen Heterogenität sowie ihres Charakters als dynamische Netzwerkorganisationen. Von der „Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen“ (BEUPS) werden seit der Wahl 2019 zehn europäische politische Parteien anerkannt, die damit in den Genuss von Mitteln der Parteienfinanzierung sowie der Finanzierung der Parteistiftungen durch die EU (Haushalt des Europäischen Parlaments) kommen.
Die christlich-demokratisch/konservativ ausgerichtete EVP wurde im Juli 1976 als Zusammenschluss von elf Parteien aus sieben Mitgliedstaaten und der christdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments in Luxemburg gegründet. Der Kontakt zu den Schwesterparteien außerhalb der EU lief bis 1998 über die EUCD. Nach der Fusion mit der EUCD zählte die EVP im Jahr 2022 50 Mitgliedsparteien aus 27 Mitgliedstaaten, sieben Assoziierte Parteien und 21 Beobachter. Nach der Europawahl 2019 umfasste die EVP im Europäischen Parlament als stärkste Fraktion 182 Mitglieder. Mit dem Beschluss vom 18. März 2021 des ungarischen Ministerpräsidenten und Fidesz-Vorsitzenden Victor Orbán, seine Partei aus der EVP zurückzuziehen, endete der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen der EVP und Fidesz. Die fortgesetzte Verletzung des Rechtsstaatsprinzips und das Konzept einer illiberalen Demokratie hatten bereits im März 2019 zur Suspendierung der Mitgliedschaft in der EVP geführt. Der 28EVP-Fraktion gehören nun insgesamt 176 Mitglieder an, darunter aus Deutschland von der CDU 23 und der CSU 6 und 1 Vertreter der Familienpartei sowie aus Österreich 7 von der ÖVP und einige weitere, die nicht der EVP angehören. Seit 31.5.2022 führt der Fraktionsvorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, M. Weber, auch die EVP-Parteiorganisation. Der 27-köpfigen von-der-Leyen-Kommission gehören 9 EVP-Mitglieder an. Der EVP-Gipfel, an dem im Vorfeld der Europäischen Ratstagungen die nationalen Parteiführer sowie die EVP-Spitzenvertreter der europäischen Institutionen teilnehmen, hat sich zu einem wichtigen informellen politischen Gremium entwickelt.
Abkürzung | Name | Ausrichtung | Stärke im EP | Fraktion | Förderung Ansatz 2022 € |
---|---|---|---|---|---|
EVP | Europäische Volkspartei | christlich-demokratisch, konservativ | 169 | EVP | 12.288.571 |
SPE | Sozialdemokratische Partei Europas | sozialdemokratisch | 135 | S&D | 8.566.650 |
ALDE | Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa | liberal | 65 | Renew | 5.273.953 |
IDP | Identität und Demokratie Partei | euroskeptisch, rechtspopulistisch, nationalistisch | 52 | ID | 4.242.392 |
EGP | Europäische Grüne Partei | grün | 55 | Grüne/EFA | 4.477.434 |
EKR | Europäische Konservative und Reformer | europaskeptisch, konservativ | 54 | EKR | 4.068.450 |
EL | Partei der Europäischen Linken | links, sozialistisch | 27 | Die Linke (GUE/NGL) | 1.850.400 |
EDP | Europäische Demokratische Partei | zentristisch | 13 | Renew, S&D | 1.209.013 |
EFA | Europäische Freie Allianz | Regionalparteien | 9 | Grüne/EFA, EKR, GUE/NGL | 1.140.921 |
ECPM | Europäische Christliche Politische Bewegung | christlich, evangelikal | 5 | EVP, EKR | 803.854 |
Tab. 1: Übersicht über die europäischen politischen Parteien und den Haushaltsvoranschlag des Europäischen Parlaments für das Jahr 2022 in Euro.
Die sozialdemokratisch/sozialistisch ausgerichtete SPE ist durch Umbenennung im November 1992 im Hague aus dem im April 1974 in Luxemburg gegründeten Bund der Sozialdemokratischen (und Sozialistischen) Parteien Europas entstanden. Im Jahr 2022 umfasste die SPE 33 Mitgliedsparteien aus allen Mitgliedstaaten, sowie weitere Assoziierte Parteien und Beobachter. Nach der Europawahl 2019 stellt die Progressive Allianz der Sozialdemokraten mit 145 Mitgliedern die zweitstärkste Fraktion des Europäischen Parlaments. Aus Deutschland gehören der Fraktion 16 Mitglieder der SPD und 5 der SPÖ aus Österreich an sowie weitere, die nicht Mitglieder der SPE sind. Der Europäischen Kommission gehören 9 SPE-Mitglieder an. Beginnend 1996 treffen sich die sozialdemokratischen Mitglieder für fast alle Räte der EU i. d. R. vor einer Ratssitzung. Die EVP folgte mit dieser Praxis ab 2005. Vorsitzender der SPE ist seit 2022 der ehemalige schwedische Ministerpräsident Stefan Lövfen.
Die im März 1976 in Stuttgart gegründete liberal ausgerichtete Föderation der liberalen und demokratischen Parteien in der Europäischen Gemeinschaft benannte sich 1993 in Europäische Liberale und Demokratische Reform-Partei (ELDR) und 2012 in Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) um. Zusammen mit den Abgeordneten von E. Macrons Wahlbündnis Renaissance bildet sie nun die 103 Mitglieder starke Fraktion Renew Europe. Aus Deutschland gehören der Fraktion die 5 Mitglieder der FDP sowie 2 der Freien Wähler an, aus Österreich 1 von Neos. Interimistische Vorsitzende der Partei sind Ilhan Kyuchyuk (BUL) und Timmy Dooley (IRL).
Die Europäische Grüne Partei (EGP) umfasst 39 grüne Parteien aus 34 europäischen Staaten. Sie wurde am 21.2.2004 in Rom gegründet und und ist der Europäischen Föderation Grüner Parteien gefolgt. Sie bildet im Europäischen Parlament (zusammen mit der Europäischen Freien Allianz die Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz, die 71 Abgeordnete umfasst, wobei die EGP 55 stellt. Aus Deutschland gehören der Fraktion die 21 Mitglieder der Partei Bündnis 90/Die Grünen an, aus Österreich 3 von Die Grünen. Ihre Vorsitzenden sind Évelyne Huytebroeck (BEL) und Thomas Waitz (AUT).
Die Identität und Demokratie Partei (IDP) hieß bis Juli 2019 Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit. Sie wird u.a. gebildet vom französischen Rassemblement National (16), der Lega (24) und der FPÖ (3). In der gleichnamigen Fraktion des EP sind auch die Abgeordneten der AfD vertreten. Insgesamt umfasst die Fraktion 65 Mitglieder. Parteivorsitzender ist Gerolf Annemans (BEL). Die noch vor der Europawahl 2019 angestrebte Gründung einer großen Fraktion aller rechten und nationalistischen Kräfte des Europäischen Parlaments mit mehr als 150 Abgeordneten scheiterte.
Die Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR) hieß bis Juli 2019 Allianz der Konservativen und Reformer in Europa. Sie ist nach der Europawahl 2009 neu entstanden und setzt sich aus verschiedenen konservativen und euroskeptischen Parteien zusammen. Zu ihr gehören die Fratelli d’Italia, Prawo i Sprawiedliwość (PiS), VOX, die Schwedendemokraten und ODS. Der Fraktion im EP gehören insgesamt 64 Abgeordnete an. Parteivorsitzende ist seit September 2020 Giorgia Meloni, die Vorsitzende der Fratelli d’Italia.
Die Partei der Europäischen Linken (EL) wurde am 8.5.2004 in Rom als Zusammenschluss von 15 europäischen Mitgliedsparteien aus dem linken Spektrum gegründet. Aus Deutschland gehört der Fraktion die Partei Die Linke mit 5 Abgeordneten an, aus Österreich ist die KPÖ Mitglied. Im Europäischen Parlament umfasst die Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament – GUE/NGL insgesamt 39 Abgeordnete. Vorsitzender der Partei ist der Deutsche Heinz Bierbaum.
Die Europäische Demokratische Partei (EDP) wurde im April 2004 in Brüssel gegründet. Sie ist zentristisch/liberal orientiert. Ihr gehören im Europäischen Parlament 13 Mitglieder an, die zwei Freien Wähler aus Deutschland sind aber Mitglieder der Renew-Fraktion. Den Vorsitz der Partei hat der französische Politiker François Bayrou (MoDem) inne.
Die Europäische Freie Allianz (EFA) ist eine europäische politische Partei, die nationale, regionale und autonome Parteien der EU umfasst. Sie bildet seit 1999 mit den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft im Europäischen Parlament. Mitglieder sind derzeit 47 europäische Regionalparteien. Dem Europäischen Parlament gehören 9 Abgeordnete an, die sich auf die Fraktionen der Grünen, Linken und EKR verteilen. Parteivorsitzende ist die baskische Politikerin Lorena López de Lacalle.
Die Europäische Christliche Politische Bewegung (ECPM) ist christlich/evangelikal ausgerichtet. Sie wurde im September 2005 gegründet und ist derzeit mit 5 Abgeordneten im Europäischen Parlament in der EVP und in der EKR-Fraktion vertreten. Ihr gehören meist kleine Parteien aus 15 Ländern an. Vorsitzender ist Valeriu Ghileţchi aus Rumänien.
Darüber hinaus gehören dem E. P. noch deutsche und österreichische Mitglieder aus folgenden nicht registrierten europäischen Parteibündnissen an: Allianz für Frieden und Freiheit (NPD), Animal Politics EU (Tierschutzpartei), European Alliance for Freedom an Democracy (Team Kärnten), Initiative kommunistischer und Arbeiterparteien Europas (PdA), Europäische Piratenpartei (Piraten), Europa Volt (Volt).
Literatur
M. Weigl, Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2021, 159-162 • J. Mittag, Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2020, 171-174 • M. Weigl, Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2019, 165-170 • J. Mittag, Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2018, 141-144 • R. Hrbek: Europawahl 2014. Kontinuität und neue Facetten, in: Integration 37/3 (2014), 205–227 • J. Leinen/F. Pescher: Von Parteienbündnissen zu „echten Parteien“ auf europäischer Ebene? Hintergrund, Gegenstand und Folgen der neuen Regeln für Europäische Parteien, in: Integration 37/3 (2014), 228–246 • A. von Gehlen: Europäische Parteiendemokratie? Institutionelle Voraussetzungen und Funktionsbedingungen der europäischen Parteien zur Minderung des Legitimationsdefizits der EU, 2005 • C.-C. Buhr: Europäische Parteien. Die rechtliche Regelung ihrer Stellung und Finanzierung, 2003 • T. Jansen: Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld (Hg.): Europa-Hdb., 2002, 395–409 • T. Jansen: Zur Entwicklung eines europäischen Parteiensystems, in: Integration 18/3 (1995), 157–165.
Empfohlene Zitierweise
R. Bocklet: Europäische Parteien, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Europ%C3%A4ische_Parteien (abgerufen: 21.11.2024)