Vertrag

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  1. I. Rechtlich
  2. II. Wirtschaftlich

I. Rechtlich

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Der V. ist die zentrale Institution des Privatrechts:

a) Entwicklungsgeschichtlich hat der V. unter dem Eindruck der Aufklärung die Überwindung der Ständegesellschaft hin zur Bürgergesellschaft mit ermöglicht: An die Stelle von Abstammung, Stand und Familie tritt zwischen die nunmehr freien Individuen der V. als das neue gesellschaftliche Bindeglied; sein soziologischer Triumphzug gipfelt in der berühmten Formulierung von Sir Henry Sumner Maine: „the movement of the progressive societies has been […] a movement from Status to Contract“ (Maine 1861: 170).

b) Die Zukunftsdimension des V.s gilt als geniale Schöpfungsleistung: Der V. ermöglicht es, sich vom sofortigen Leistungsaustausch durch Bar- und Handgeschäfte und somit vom aktuellen (endlichen) Güterbestand zu lösen und Güterverteilungen stattdessen aufzuschieben. Die Parteien können qua V. Vermögensdispositionen für die Zukunft treffen.

c) Der V. bildet neben dem Delikt schon bei den Römern einen der beiden Kerntypen der Klagerechtsquellen. Heute hat der V. in Rechtsordnungen, die als Ausdruck der Selbstbestimmung des Menschen die Privatautonomie verbürgen, eine „königliche“ Stellung inne. Denn die V.s-Freiheit gilt als Essential der Privatautonomie (Autonomie).

1. Definition und Kategorien

Ein V. besteht aus einer rechtsgeschäftlichen Einigung seiner Parteien (Konsensprinzip). Diese Einigung ist die Summe mindestens zweier, inhaltlich in Bezug aufeinander abgegebener Willenserklärungen, Antrag und Annahme.

Schon das hohe Abstraktionsniveau dieser formalen Definition indiziert, dass der V. vielfältige Erscheinungsformen hat. Zu unterscheiden sind etwa verpflichtende und verfügende Verträge (V.e) (z. B. verpflichtender Kauf-V. und verfügende Übereignung der Kaufsache). Bei den verpflichtenden V.en lassen sich wiederum einseitig und beiderseitig verpflichtende V.e unterscheiden. Schließlich lassen sich V.e auch nach der Interessenlage der Parteien kategorisieren: Ein V. kann geprägt sein von einem Interessengegensatz, einer Interessengleichrichtung oder einer (Fremd-)Interessenwahrung, man denke etwa an den Interessengegensatz von Käufer und Verkäufer (§ 433 BGB), die Interessengleichrichtung von Gesellschaftern (z. B. § 705 BGB) und die Interessenwahrung für den Auftraggeber durch den Auftragnehmer (§ 662 BGB).

V.e haben in nahezu jedem Lebensbereich und Rechtsgebiet eine wichtige Ordnungsfunktion. V.s-Schlüsse gibt es auch im Familienrecht (z. B. die Eheschließung [ Ehe ]), im Erbrecht (z. B. den Erb-V.) und sogar außerhalb des Privatrechts, etwa in Gestalt des völkerrechtlichen Übereinkommens (Staats-V.).

Den Archetypus bildet jedoch der V. zwischen Privaten, der durch seinen Entstehungsgrund, seine Wirkungen und die ihn leitenden Gerechtigkeitsprinzipien näher bestimmt wird.

2. Entstehungsgrund: Vertragsfreiheit

Die Privatrechtsordnung findet als ihre Regelungssubjekte Menschen vor, deren Freiheit zu privatautonomer Ordnung ihrer Rechtsverhältnisse sie anerkennt (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG).

Dabei lassen sich fünf Typen der V.s-Freiheit unterscheiden:

Erstens besteht im Zivilrecht V.s-Abschlussfreiheit, d. h. es liegt in der Hand der Parteien, „ob“ überhaupt ein V. geschlossen wird: Eine Person ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen V.s-Antrag anzunehmen. Es besteht kein Kontrahierungszwang. Ausnahmen davon gibt es höchst selten, etwa bei Monopolisten der Daseinsvorsorge (§ 826 BGB).

Zweitens erstreckt sich die Freiheit auch darauf, eine bestimmte Person als V.s-Partner zu wählen („mit wem?“), was etwa im Hinblick auf bestimmte Eigenschaften des Sachleistungsschuldners oder die Solvenz des Geldleistungsschuldners von praktischer Bedeutung sein kann. Diese Partnerwahlfreiheit erfährt durch die Diskriminierungsverbote des AGG (§§ 19 ff. AGG) allerdings bei bestimmten Unterscheidungsmerkmalen (z. B. Geschlecht) Einschränkungen (Diskriminierung).

Drittens besteht für die Parteien V.s-Inhaltsfreiheit, d. h. sie können ihren V. inhaltlich so ausgestalten, dass er ihren Vorstellungen von Tauschgerechtigkeit entspricht. Ihre Grenze findet diese Facette der V.s-Freiheit, wo Dritte oder die Allgemeinheit betroffen sind (§§ 134, 138 BGB). Privatautonomie ist Selbst-, nicht Fremdbestimmung. Eine Schranke erfährt die V.s-Freiheit deshalb bspw., wenn bei einem Werk-V. eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ darauf abzielt, die USt zu hinterziehen.

Viertens profitieren V.s-Abschlüsse grundsätzlich von der Formfreiheit. Die Parteien sind frei, ob und inwieweit sie den V.s-Schluss formalisieren wollen (§ 125 S. 2 BGB). Ein V. kann deshalb ohne Weiteres auch mündlich und sogar durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden. Nur bei besonderen Interessenlagen (z. B. der typischerweise riskanten Bürgschaftserklärung, § 766 BGB) ordnet das Gesetz einen Formzwang an, dessen Missachtung zur Unwirksamkeit des V.s führt (§ 125 S. 1 BGB).

Fünftens setzt sich mehr und mehr auch die V.s-Rechtswahlfreiheit durch. In Abgrenzung zur V.s-Inhaltsfreiheit, wonach die Parteien innerhalb des nationalen Rechtsrahmens den Inhalt eines V.s bestimmen können, eröffnet die Rechtswahlfreiheit (auch Parteiautonomie genannt) sogar die gleichsam vorgeschaltete Möglichkeit, die Rechtsordnung zu wählen, die den V. regieren soll (vgl. Art. 3 Rom I-VO, § 1051 ZPO). Diese Rechtswahlfreiheit betrifft nicht nur das anwendbare Sachrecht (V.s-Statut), sondern auch das Gericht, vor dem eine etwaige V.s-Streitigkeit gelöst werden soll – die Parteien können sogar private Schiedsgerichte (Schiedsgerichtsbarkeit) mit ihrem Rechtsstreit betrauen (vgl. § 1029 ZPO).

3. Wirkung: Vertragstreue

Die Folge und Kehrseite der V.s-Freiheit ist V.s-Verantwortlichkeit. Konkret bedeutet dies eine Bindung an den geschlossenen V. und seinen Inhalt (pacta sunt servanda). Die damit umschriebene V.s-Treue hat drei Elemente: Die V.s-Bindung, die Naturalerfüllung und die Leistungstreue.

Erstens erzeugt der V. eine formale Bindung der Parteien. Damit ist gemeint, dass sie nicht mehr einseitig von einem geschlossenen V. Abstand nehmen können, sie haben kein diskretionäres Reuerecht. Eine Loslösung von einem V. ist vielmehr nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn eine Leistungsstörung vorliegt (vgl. § 323 BGB) oder die Geschäftsgrundlage des V.s wegfällt, § 313 Abs. 3 BGB.

Zweitens sind die Parteien nicht nur an den V. als solchen, sondern auch an den konkreten Inhalt ihres Leistungsversprechens gebunden. Im deutschen Privatrecht kann jede Partei das ihr Versprochene in natura verlangen und durchsetzen (sogenannter Grundsatz der Naturalerfüllung oder specific performance), d. h. nicht lediglich einen an die Stelle der versprochenen Leistung tretenden Geldbetrag (sogenannte Pecuniarerfüllung).

Drittens schließlich sind alle Parteien aus dem V. zur Leistungstreue verpflichtet, § 242 BGB. Sie sind nicht nur in ihrer Funktion als Schuldner isoliert an ihr Leistungsversprechen gebunden (§ 241 Abs. 1 BGB), sondern müssen sich darüber hinaus – sowohl in ihrer Schuldner- als auch in ihrer Gläubigerrolle (§ 241 Abs. 2 BGB: „jeden Teil“) – in gewissem Maße dem V.s-Zweck entspr. verhalten, etwa indem sie – positiv – eine zu versendende Ware ordnungsgemäß verpacken und erforderliche Mitwirkungshandlungen vornehmen oder – negativ – es unterlassen, die Realisierung des V.s-Ziels zu konterkarieren.

4. Leitprinzip: Vertragsgerechtigkeit

Das Kernelement, das den (autonomen) V. von anderen (heteronomen/gesetzlichen) Rechtsinstituten unterscheidet, ist die ihm immanente Gerechtigkeitsverbürgung („Richtigkeitsgewähr des Vertragsmechanismus“ [Schmidt-Rimpler 1941: 156 f.]). Wenn das Gesetz heteronom Ansprüche gewähren soll, so muss die Existenz dieser Ansprüche vor der objektiven Gesamtrechtsordnung legitimiert werden.

Ein solches Rechtfertigungsbedürfnis ist vertraglich begründeten Ansprüchen fremd: Ein V. gilt allein, weil und wie die Parteien ihn durch das in ihren Erklärungen Ausgedrückte wollen („stat pro ratione voluntas“ [Flume 1992: 6 f.]). Wenn die Parteien ein bestimmtes Austauschverhältnis oder bestimmte V.s-Bedingungen für gerecht halten, ist es grundsätzlich nicht Sache des Rechts, ihnen etwas anderes aufzudrängen: Das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und mithin die Tauschgerechtigkeit ist der Kontrolle des Gesetzes prinzipiell entzogen.

Auf dieser Linie liegt es entgegen dem ersten Anschein auch, dass das Gesetz bei gestörter Parität der V.s-Parteien bisweilen in das V.s-Verhältnis eingreift: Die Gerechtigkeitsverbürgung des V.s stößt an Grenzen, wo die Parteien beim Abschluss des V.s unterschiedliche Macht über den V.s-Inhalt haben. Wenn das Gesetz sich hier gegen den V. durchsetzt, dann nicht entgegen, sondern neben und zum Schutz der V.s-Gerechtigkeit.

Nur ganz ausnahmsweise setzt das Recht schließlich selbst dem frei und paritätisch geäußerten Parteiwillen Grenzen, etwa in Gestalt von Verbotsgesetzen (§ 134 BGB).

5. Erweiterte Definition

Aus dem Gesagten ergibt sich als Erweiterung der obigen Definition des V.s: Mittels ihrer korrespondierenden Willenserklärungen entscheiden sich die Parteien frei, a) ob, b) mit wem, c) mit welchem Inhalt, d) in welcher Form und e) nach welchem Recht sie einen V. schließen wollen. Der V. erzeugt ein Pflichtenbündel, a) von dem sich keine Partei grundlos lösen kann und b) innerhalb dessen beide Parteien zur Erbringung der versprochenen Leistung in natura sowie c) zur Leistungstreue verpflichtet sind. Der V. trägt die Gewähr für seine Gerechtigkeit in sich selbst und muss sich grundsätzlich nicht vor externen Rechtsprinzipien rechtfertigen: Er legitimiert sich nicht aus dem objektiv Gerechten, sondern aus dem subjektiv von den Parteien Gewollten.

II. Wirtschaftlich

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1. Grundlagen

Sozialwissenschaftlich betrachtet zählen Verträge (V.e) zu den sogenannten Institutionen. Diese regeln die Interaktion unterschiedlicher Personen(-Gruppen). Institutionen im Allgemeinen und V.e im Speziellen reduzieren die Erwartungsunsicherheit von Menschen in Bezug auf das Verhalten anderer Menschen, mit denen sie z. B. zusammenarbeiten oder -leben.

Ökonomische V.e basieren auf der Idee des freiwilligen Austauschs. Die freiwillige Zustimmung zu einem V.s-Inhalt erfolgt annahmegemäß nur, wenn keine der beteiligten V.s-Parteien sich im Verhältnis zum Status quo schlechter gestellt sieht. Wohlfahrtsökonomisch (Wohlfahrt) stellt der V.s-Abschluss die Realisierung von Kooperationsvorteilen in Aussicht, die zu einer Pareto-Verbesserung führen: Werden die vertraglichen Vereinbarungen eingehalten, sind die V.s-Partner gegenüber dem Status quo bessergestellt. Gegenstand von ökonomischen V.en sind Austauschbeziehungen, wie etwa Käufe von Gütern und Dienstleistungen oder Arbeitsverhältnisse.

Auch das Verhältnis von staatlichen und privaten Akteuren wird durch V.e geregelt. Bei diesen sogenannten Gesellschafts-V.en ist die Verfassung eines Staates von besonderer Bedeutung (Verfassungsökonomik). Internationale V.e regeln die Beziehungen zwischen Staaten.

Die rechtliche Grundlage für nationale V.e liefern das Privatrecht und das öffentliche Recht. Internationale V.e sind im Völkerrecht geregelt.

V.e komme zustande, wenn alle V.s-Partner den vertraglich fixierten Vereinbarungen zustimmen (übereinstimmende Willenserklärungen). Die V.s-Inhalte regeln die Rechte und Pflichten der jeweils Beteiligten. Mit Blick auf die V.s-Form sind explizite V.e, die i. d. R. schriftlich formuliert sind, und implizite V.e zu unterscheiden. V.e lassen sich auch nach ihrer Laufzeit (kurz-/langfristig, befristet/unbefristet) unterscheiden.

2. Ökonomische Verträge

Grundsätzlich lassen sich sogenannte vollständige (bzw. perfekte) V.e von unvollständigen (bzw. relationalen) V.en unterscheiden. Der Begriff des perfekten V.s bezieht sich auf eine theoretische Konstruktion, bei der zum Zeitpunkt des V.s-Abschlusses alle Beteiligten über vollständige Informationen verfügen. Die vollständigen Informationen beziehen sich dabei nicht nur auf den V.s-Gegenstand, sondern auf alle während der V.s-Laufzeit möglichen Eventualitäten, die das Verhältnis der V.s-Parteien betreffen können. Perfekte V.e beinhalten daher eindeutige vertragliche Regelungen, welche die Rechte und Pflichten der Beteiligten den jeweiligen Umständen anpassen. Solche V.e bieten somit keinen Spielraum für Nachverhandlungen sowie abweichende Interpretationen des V.s-Inhaltes.

In der Realität ist die Voraussetzung vollständiger Informationen über die Zukunft oft nicht gegeben. Aber selbst wenn vollständige Informationen vorlägen, wäre der Abschluss eines perfekten V.s ökonomisch nicht sinnvoll. Die Begründung dafür liefert die sogenannte Transaktionskostenökonomik (Institutionenökonomik). Sie analysiert die Kosten, die im Rahmen einer Transaktion entstehen, also auch die Kosten der V.s-Aushandlung sowie des V.s-Abschlusses. Sollten, unter der Annahme vollständiger Informationen, für alle Eventualitäten entsprechende vertragliche Vorkehrungen getroffen werden, so wären diese mit sehr hohen Transaktionskosten verbunden: In diesem Fall würden nicht nur die V.e immer umfangreicher, sondern auch der juristische Rat, der zur Formulierung notwendig wäre. Für (sehr) unwahrscheinliche Eventualitäten übersteigt daher der Aufwand für ihre Einbeziehung in das V.s-Werk den Nutzen, den die V.s-Parteien aus einer Erhöhung der Erwartungssicherheit ziehen. Ökonomisch macht daher die Einbeziehung aller Eventualitäten insb. in einen langfristigen V. keinen Sinn; die Transaktionskosten wären prohibitiv hoch.

Daher werden in der Realität i. d. R. relationale, d. h. unvollständige V.e geschlossen. Diese beinhalten lediglich die aus Sicht der V.s-Parteien regelungsbedürftigen Tatbestände. Folglich entsteht ein Interpretations- und Nachverhandlungsspielraum, den die V.s-Partner zu ihrem individuellen Vorteil (aus-)nutzen können. Um solche Nachverhandlungen zu vermeiden, sollten andere Absicherungsmechanismen der einfachen V.s-Beziehung vorgezogen werden.

3. Gesellschaftsverträge

V.e werden nicht nur zwischen privaten Akteuren geschlossen; sie bilden auch die Grundlage für das Zusammenleben von Menschen in einer Gesellschaft. Die Verfassung stellt als Gesellschafts-V. das höchste Regelwerk eines Staates dar (Verfassungsökonomik).

Die V.s-Theorie beschäftigt sich mit der Frage, wie Gesellschaften aus einer sogenannten Urvertragssituation heraus entstehen können. Der Urvertrag wird zwischen privaten Akteuren geschlossen. Sie vereinbaren darin freiwillig die Rahmenregeln ihres Zusammenlebens. Dazu gehört z. B. die Etablierung von Eigentumsrechten und deren Schutz. Ohne diese kollektiven Vereinbarungen müsste jedes Individuum selbst Vorkehrungen treffen, um sein Eigentum zu schützen. Diese individuellen Schutzaktivitäten sind im Vergleich zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen wenig produktiv. Daher ist es im Interesse aller Beteiligten, Eigentumsrechte zu vereinbaren und den Schutz dieser Rechte im Kollektiv auf Spezialisten (Polizei und Justiz) zu übertragen. Aus dieser Idee heraus entsteht ein sogenannter Rechtschutzstaat. Umfasst der Urvertrag auch Vereinbarungen über die gemeinsame Bereitstellung von Kollektivgütern, z. B. Regeln des Privatrechts oder soziale Sicherungsmechanismen, konstituiert dies den sogenannten Leistungsstaat.

Die im Urvertrag vereinbarten Spielregeln werden üblicherweise in einer Verfassung festgeschrieben, die das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern regelt. Die Verfassung reduziert die Erwartungsunsicherheit der Bürger in Bezug auf das Verhalten staatlicher Instanzen. Die ökonomische Verfassungstheorie weist darauf hin, dass im Rahmen einer Verfassung insb. Grundrechte definiert werden, die z. B. Minderheiten vor einer Ausbeutung durch demokratisch legitimierte Mehrheiten schützen sollen.

Anders als bei ökonomischen V.en, die freiwillig und auf Basis des Privatrechts zustande kommen, kann der vertragstheoretisch legitimierte Staat in Ausübung seiner in der Verfassung geregelten Kompetenzen auch das öffentliche Recht gegenüber seinen Bürgern anwenden. Dieses ermöglicht ihm auch die Anwendung von Zwangsmaßnahmen, etwa bei der Einführung bzw. Erhebung von Steuern.

4. Internationale Verträge

Kooperationen zwischen Staaten werden durch internationale V.e geregelt. Zu diesen zählen etwa Handels-V.e und Klimaschutzabkommen, aber auch Gründungs-V.e für internationale Organisationen wie die EU oder die UNO. Grundlage für internationale V.e ist das Völkerrecht, insb. das WVKIO.

Je nach Anzahl der beteiligten V.s-Partner können internationale V.e bilateral sowie multilateral sein. Internationale V.e können die Idee des Rechtschutzstaates auf die internationale Ebene transferieren, wenn sie etwa im Rahmen der WTO den Schutz geistigen Eigentums (Immaterialgüterrecht) adressieren. Sie können auch leistungsstaatliche Elemente beinhalten, etwa die gemeinsame Bereitstellung einer einheitlichen Geldpolitik innerhalb der EU durch die EZB. Internationale V.e können so auch Kompetenzen von der Ebene der Nationalstaaten auf internationale Organisationen (wie die EU) übertragen.

5. Vertragsverletzungen und Sanktionen

Ob V.e ihre produktive Wirkung in vollem Umfang entfalten – und damit Kooperationsvorteile für alle beteiligten Parteien generieren – ist davon abhängig, ob die vereinbarten V.s-Inhalte vollumfänglich erfüllt werden. Werden diese Vereinbarungen verletzt, benötigen die davon negativ betroffenen V.s-Partner Möglichkeiten, die V.s-Verletzungen zu sanktionieren. Bei nationalen V.en geschieht dies i. d. R. unter Anwendung des Privat- bzw. öffentlichen Rechts. Die Durchsetzung des Rechts und der damit verbundenen Sanktionsmöglichkeiten (Sanktion) erfolgt national durch die Justiz als Teil des Rechtsschutzstaates. Der Staat ergreift dabei Zwangsmaßnahmen gegenüber seinen Bürgern, um die Einhaltung von vertraglichen Verpflichtungen durchzusetzen.

Deutlich schwieriger ist die Durchsetzung vertraglich vereinbarter Rechte und Pflichten in internationalen V.en. Hier fehlen oft Sanktionsmöglichkeiten, da es keine übergeordnete Durchsetzungsinstanz (wie eine Weltjustiz/Weltpolizei) gibt, die im Zweifel die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen auch unter Anwendung von Zwang gegenüber Staaten durchsetzen könnte. Die Einhaltung internationaler V.e hängt damit vom guten Willen der beteiligten Staaten ab bzw. von den Vorteilen, die sie sich von den V.en versprechen.