Doppik

1. Grundlagen

Das betriebliche Rechnungswesen erfasst und dokumentiert die betrieblichen Strukturen und Prozesse wert- und mengenmäßig auf der Grundlage bestimmter Abbildungsregeln, um für unterschiedliche Adressaten Informationen über Geschäftsvorfälle sowie den eigenen Geschäftsbetrieb zur Verfügung zu stellen. In diesem Informationssystem nimmt die doppelte (Finanz-)Buchführung (= D.) eine zentrale Stellung ein. Inhaltlich dient die Buchführung der chronologischen, systematischen, lückenlosen und ordnungsmäßigen Aufzeichnung aller in Zahlenwerten festgehaltenen, wirtschaftlich bedeutsamen Vorgänge, die sich im Zeitablauf zwischen der Gründung und der Liquidation des Unternehmens ereignen. Als Zeitabschnittsrechnung ermittelt sie den Erfolg einer bestimmten Abrechnungsperiode (Periodengewinn) und erfasst – neben den unmittelbar mit Zahlungsvorgängen verbundenen Geschäftsvorfällen – alle anfallenden Aufwendungen (= Wertverzehr für Güter und Dienstleistungen) und Erträge (= Wertzuwachs für Güter und Dienstleistungen).

2. Rechtliche Grundlagen

Grundlegende Vorschriften zur Buchführung finden sich im Handels- und Steuerrecht. Nach den §§ 238-241 a HGB unterliegen grundsätzlich alle Kaufleute der Buchführungspflicht. Die steuerlichen Vorschriften bauen auf dem Handelsrecht auf (§ 140 AO), kennen aber auch eine eigenständige steuerrechtliche Buchführungspflicht (§ 141 AO). Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Handelsbüchern und daraus abgeleiteten Jahresabschlüssen ergibt sich aus § 257 HGB. Bei Verletzung der Buchführungspflicht drohen Geldbußen oder Zwangsgelder (§§ 331–335c HGB, §§ 377–346 AO) sowie u. U. strafrechtliche Konsequenzen bei Steuerstraftaten (§ 369–376 AO). In den allgemein formulierten gesetzlichen Regelungen zur Buchführung verweist der Gesetzgeber an verschiedenen Stellen auf die GoB, die einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellen. Die GoB dienen der Konkretisierung gesetzlicher Einzelvorschriften und ergänzen diese, sofern für bestimmte Sachverhalte keine anwendbare Einzelvorschrift existiert.

3. Inventur und Inventar

Voraussetzung für eine ordnungsmäßige und damit aussagekräftige Buchführung ist eine vollständige Erfassung der Vermögensgegenstände und Schulden am Anfang und am Ende des Geschäftsjahres. Entsprechend ist der Kaufmann nach § 240 HGB regelmäßig zu einer körperlichen Bestandsaufnahme (= Inventur) verpflichtet, die in einem Bestandsverzeichnis (= Inventar) zusammengefasst wird, in dem alle Vermögensgegenstände und Schulden ausgewiesen werden.

Das Inventar wird in Staffelform erstellt und erlaubt die Berechnung des Eigenkapitals (= Reinvermögen), das sich als Differenz zwischen Vermögen und Schulden (= Fremdkapital) ergibt. Es gilt: Eigenkapital = Vermögen – Schulden.

4. Bilanz

§ 242 Abs. 3 HGB fordert, dass der Jahresabschluss für alle Kaufleute mindestens aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zu bestehen hat. Folglich hat sich die doppelte Buchführung durchgesetzt. Die Bilanz ist eine kurz gefasste Zusammenstellung des Inventars, die in Kontoform, d. h. in zwei Betragsspalten von entgegen gesetzter Bedeutung, aufgestellt wird. Die Aktivseite (Vermögensseite) steht links und zeigt die Mittelverwendung des Unternehmens (Wohin sind die Mittel geflossen?). Auf der rechtsstehenden Passivseite (Kapitalseite) steht die Mittelbeschaffung (Woher stammen die Mittel?). Die Grundgleichung der Bilanz lautet demnach: Vermögen = Kapital (Eigen- und Fremdkapital). Geschäftsvorfälle verändern die Vermögens- und Kapitalbestände und demnach das Erscheinungsbild der Bilanz, wobei die Bilanzgleichung erhalten bleibt, da jede Änderung eines Postens gleichzeitig zu einer Änderung eines anderen Postens führt oder die Position Eigenkapital̂ beeinflusst. Es können demnach zwei Gruppen von Geschäftsvorfällen unterschieden werden: a) Vermögensumschichtungen führen zu einer Änderung der Zusammensetzung des Vermögens, wobei das Eigenkapital unverändert bleibt; b) Vermögensänderungen sind Geschäftsvorfälle, die Einfluss auf das Eigenkapital nehmen. Entsprechend der Auswirkung auf das Bilanzbild lassen sich vier Bilanzveränderungen unterscheiden: Aktivtausch (Vermögensumschichtung), Passivtausch (Kapitalumschichtung), Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung) und Bilanzverkürzung (Aktiv-Passiv-Minderung).

5. Bestandskonten

In der Praxis kann die Bilanz nicht laufend fortgeschrieben werden. Zwecks Erfassung aller Änderungen der Bilanz wird in der D. die Eröffnungsbilanz eines jeden Geschäftsjahres in Konten aufgelöst. Genau wie die Bilanz ist das Konto eine zweiseitige Rechnung. In den Konten werden die Anfangsbestände auf dieselbe Seite geschrieben wie in der Bilanz. Die linke Seite eines Kontos wird als Sollseite, die rechte als Habenseite bezeichnet. Eine Eintragung (Buchung) auf der linken Seite heißt daher Sollbuchung. Buchungen auf der rechten Seite werden Habenbuchung genannt. Der Anfangsbestand und die Zugänge werden jeweils auf einer Seite gebucht, die Abgänge und der Endbestand auf der anderen Seite. In Abhängigkeit davon, ob ein Konto für einen Aktiv- oder Passivposten eingerichtet wird, sind aktive und passive Bestandskonten zu unterscheiden. Die Ermittlung des Endbestands heißt Saldieren. Der Endbestand (EB) wird berechnet, indem die kleinere Kontoseite von der größeren subtrahiert und die Differenz (Saldo) auf die kleinere Seite geschrieben wird. Für EB gilt: EB = Anfangsbestand (AB) + Zugänge (Z) – Abgänge (A). Durch diese Rechnung wird das Konto abgeschlossen. Im abgeschlossenen Konto gilt dann immer: Soll = Haben, d. h. AB + Z = A + EB. Da jeder Geschäftsvorfall mindestens zwei Bilanzpositionen berührt, bleibt die in der Eröffnungsbilanz zum Ausdruck kommende Bilanzgleichung stets erhalten. Die Buchungen sind formell richtig, wenn die Summe aller Sollbuchungen der Summe der Habenbuchungen entspricht. Es gilt demnach: Keine Buchung ohne Gegenbuchung in gleicher Höhe.

6. Erfolgskonten/Gewinn- und Verlustrechnung

Viele Buchungen führen nicht zu eindeutigen Veränderungen von Beständen und damit zur Umschichtung von Bilanzposten, sondern zu einer Veränderung des Eigenkapitals (z. B. Lohn- oder Zinszahlungen). Neben Entnahmen und Einlagen können Aufwendungen und Erträge, die als Erfolgskomponenten bezeichnet werden, das Eigenkapital verändern. Aufwendungen vermindern das Reinvermögen und Erträge erhöhen das Eigenkapital von Unternehmen. Zwecks Sicherung der Übersichtlichkeit werden Erfolgskomponenten nicht direkt ins Eigenkapital gebucht, sondern auf Erfolgskonten gesammelt. Diese stellen Unter- bzw. Vorkonten des Eigenkapitalkontos dar. Entsprechend gelten für diese Konten die gleichen Buchungsregeln wie für passive Bestandskonten: Aufwendungen werden im Soll, Erträge im Haben verbucht. Im Gegensatz zu Bestandskonten werden aber keine Anfangsbestände in das nächste Jahr übertragen. Schließlich wird zur Steigerung der Transparenz ein weiteres Konto eingefügt, auf dem die Salden der Erfolgskonten gesammelt werden. Dieses Konto wird als Gewinn- und Verlustrechnung bezeichnet und stellt ein Unterkonto des Eigenkapitalkontos dar. Der Saldo wird als Jahresüberschuss (Erträge > Aufwendungen) bzw. als Jahresfehlbetrag (Aufwendungen > Erträge) über das Eigenkapitalkonto abgeschlossen.

7. Von der Buchführung zum Jahresabschluss

Der Jahresabschluss ergibt sich aus den Salden der Konten der Buchführung, wobei die Salden auf der Grundlage des Inventars korrigiert werden. Zudem werden die Salden nach den Gliederungsschemata für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung zusammengeführt. Dadurch ergibt sich nach den Vorgaben des jeweiligen rechtlichen Rahmens ein Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens. Bei der Abbildung der wirtschaftlichen Lage ist der Bilanzersteller allerdings nicht zwingend an die Zahlen der Buchführung und des Inventars gebunden, sondern kann Ansatz- und Bewertungswahlrechte zielgerichtet ausüben (Bilanzpolitik).

8. Bedeutung in Politik und Verwaltung

Das Konzept der doppelten Buchführung gewinnt in der politischen Diskussion um eine Reform des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Hintergrund sind die Mängel des kameralen Systems (=Kameralistik), das mit seiner reinen Zahlungsstromorientierung die Gefahr in sich birgt, gar nicht existierende Handlungsspielräume zu suggerieren und mitunter zu übertriebenem staatlichem Aktionismus führt. Entsprechend liegt es nahe, einen Wandel von einem zahlungsbasierten hin zu einem ressourcenverbrauchsorientierten Haushalts- und Rechnungswesen auf der Basis der doppelten Buchführung und des daraus abgeleiteten Jahresabschlusses anzustreben. Mit einer Ausrichtung am Prinzip der Periodengerechtigkeit werden in einem solchen System Erträge und Aufwendungen dem Jahr zugerechnet, dem das Ressourcenaufkommen bzw. der korrespondierende Ressourcenverbrauch unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung zuzurechnen sind. Darüber hinaus lassen sich umfassende Informationen über die finanzielle Lage öffentlicher Einrichtungen bereitstellen, die z. B. eine klare Bewertung von Risiken für die Haushaltsführung aus öffentlichen Schulden, Pensionszusagen oder auch Bürgschaften erlauben und damit die Rechenschaftspflicht öffentlicher Entscheidungsträger verbessern und eine generationengerechte Finanzpolitik ermöglichen.

In mehreren Staaten der EU sind ressourcenverbrauchsorientierte Rechnungssysteme auf jeweils ganz unterschiedlichen staatlichen Ebenen bereits eingeführt worden. In einer Gesamtschau zeigen die Systeme allerdings eine große Heterogenität in der inhaltlichen Ausgestaltung, so dass es an finanzieller Transparenz sowie länderübergreifender Vergleichbarkeit mangelt. Ein Lösungsansatz könnte der Rückgriff auf die IPSAS sein, die auf den IFRS basieren und zu harmonisierten, doppischen EPSAS fortentwickelt werden könnten.