Finanzpolitik

1. Begriff und Ziele

F. ist ein Teilbereich der allgemeinen Wirtschaftspolitik, in dem vorrangig durch staatliche Einnahmen- und Ausgabenpolitik, ergänzend aber auch durch reine Normsetzung gesellschaftliche und wirtschaftliche Ziele verfolgt werden. Geldpolitik und F. sind die beiden wichtigsten Instrumente staatlicher Konjunkturpolitik.

Von anderen Wirtschaftssubjekten unterscheidet sich der Staat vornehmlich dadurch, dass er hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und sich deshalb auf hoheitliche Gewalt stützen kann. Die wichtigste Zwangsmaßnahme ist die Erhebung von Steuern. Der Staat umfasst die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kommunen), supranationale Organisationen (z. B. EU), die Parafisci (z. B. Sozialversicherungsträger und Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Form wie die Deutsche Bundesbank) und öffentliche Unternehmen in privatrechtlicher Form (z. B. Flughäfen, Stadtwerke). Am Wirtschaftskreislauf nimmt der Staat in vielfältiger Weise teil: er erhebt Abgaben, leistet Subventions- und Transferzahlungen, erwirbt Wirtschaftsgüter und beschäftigt Bedienstete. Zudem leistet er Zahlungen ins Ausland, z. B. Mitgliedsbeiträge an internationale Organisationen. Die Bedeutung und Gewichtigkeit des Staatssektors in der Volkswirtschaft lässt sich an der Staatsquote (Staatsausgaben dividiert durch Bruttoinlandsprodukt) ablesen, die beschreibt in welchem Umfang der Staat seine Präferenzen für die Ressourcenverwendung durchsetzt. Sie liegt in der BRD in der Regel zwischen 45 % und 50 %.

Nach Richard Musgrave lassen sich drei Ziele der F. unterscheiden: das Allokationsziel, das Distributionsziel und das Stabilisierungsziel. Ergänzend muss das Ziel der Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen genannt werden.

Unter dem Allokationsziel wird der Aufgabenbereich verstanden, in dem der Staat die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger hinsichtlich der Güterverwendung und -zusammensetzung umsetzt. Seit jeher hat der Staat durch seine Einnahmen- und Ausgabenpolitik sowie ergänzend durch Normsetzung auf die Zusammensetzung der privaten und öffentlichen Güter in einer Volkswirtschaft eingewirkt. In der traditionellen Finanzwissenschaft wird dem Staat die Aufgabe zugeordnet, die Effizienz der Güterproduktion zu verbessern. Der Politik fehlen hierzu aber nicht nur Informationen über die Präferenzen der Haushalte, sie strebt häufig auch gar nicht ein Effizienzziel an. Vielmehr wirken in der Demokratie Politiker und Wähler im Rahmen der jeweiligen Verfassungsregeln kollektiver Entscheidungen auf die Allokation ein.

Die sich im Marktprozess ergebende Einkommens- und Vermögensverteilung wird vielfach als unzureichend und ungerecht empfunden. Ziel der Distributionspolitik ist es, die Einkommens- und Vermögensverteilung stärker mit Gerechtigkeitsvorstellungen (Gerechtigkeit) der politischen Entscheidungsträger in Einklang zu bringen. Dem können Steuern, Transferzahlungen und Ausgaben für Sachzwecke (z. B. Bildungseinrichtungen) dienen.

Im Zuge des sich seit den 30er Jahren des letzten Jh. entwickelnden Keynesianismus ist dem Staat auch die Aufgaben zugefallen, stabilisierend auf die Konjunktur einzuwirken und das Wachstum zu fördern. Nach dem von Abba Ptachya Lerner vertretenen Konzept der functional finance sollen Steuereinnahmen und Staatsausgaben in den Dienst einer staatlichen Beschäftigungspolitik gestellt werden. Das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes erscheint in diesem Zusammenhang als sekundär, vielmehr sollen Staatsschulden (Staatsverschuldung) und die Notenpresse die zur Konjunkturankurbelung notwendigen Budgetdefizite decken. Problematisch ist, dass sich die Bürger auf Haushaltsdefizite einstellen und höhere Ansprüche an den Staat stellen, wodurch eine Rückführung der Defizite in Zeiten guter Konjunktur erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Der Katalog von R. Musgrave muss um das Ziel „Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen“ ergänzt werden. Die demographische Entwicklung und die Generationengerechtigkeit fordern eine Begrenzung staatlicher Defizite. Dem dienen zunehmend Schuldenbremsen wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU oder Art. 109 Abs. 3 GG.

2. Normative versus positive Finanzwissenschaft

In der Finanzwissenschaft stehen sich zwei unterschiedlich Sichtweisen gegenüber, die auf verschiedene Staatskonzeptionen und Verhaltensannahmen zurückgehen.

2.1 Normative Finanzwissenschaft

Aus Sicht der traditionellen Finanzwissenschaft ist es Aufgabe des Staates, in Fällen des angenommenen Marktversagens einzugreifen und das normative Kriterium der Effizienz durchzusetzen. Als Pareto-effizient (Pareto-Kriterium) wird ein Zustand bezeichnet, in dem keine Person bessergestellt werden kann, ohne dass eine andere Person schlechter gestellt wird. Vollständige Konkurrenz führt im Gleichgewicht, in dem die marginale Zahlungsbereitschaft der Haushalte für ein Gut übereinstimmen und den Grenzkosten der Produktion des Gutes entsprechen, zu einem Pareto-optimalen Zustand. Unter gewissen Bedingungen kann jede Pareto-effiziente Allokation auf dem Wege vollständiger Konkurrenz erreicht werden, wenn die Anfangsausstattung umverteilt wird. In gewissen Fällen des Marktversagens (z. B. Produktion öffentlicher Güter) führt der Marktprozess nicht zu einer Pareto-Effizienz. In diesen Fällen will die normative Finanzwissenschaft einem idealen Staat die Aufgabe zuweisen, Pareto-Ineffizienzen zu beseitigen.

Der politische Prozess, in dem sich staatliches Handeln abspielt, und die Möglichkeit eines Staatsversagens wird dabei von der normativen Finanzwissenschaft ausgeblendet. Für den Staat und seine Akteure gilt das ökonomische Verhaltensmodell nicht; vielmehr ist er ausschließlich auf das normative Ziel der Maximierung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt verpflichtet. Der Bruch in der Verhaltensannahme zwischen öffentlichem und privatem Handel ist zu recht kritisiert worden und hat zur Entwicklung der positiven Finanzwissenschaft geführt. Diese geht vom ökonomischen Verhaltensmodell (Annahme, dass Individuen eigennützig, nach ihren Präferenzen unter Berücksichtigung von Budgetbeschränkungen zwischen Alternativen wählen) aus und untersucht, warum staatliches Handeln so ist, wie es ist und wie Entscheidungen in Kollektiven gefällt werden (Public Choice).

2.2 Ökonomische Theorie der Politik

Das Ergebnis von Entscheidungen in Kollektiven hängt von der gewählten Abstimmungsregel ab. Wird in der direkten Demokratie über ein Budget abgestimmt, so führen die getroffenen Einnahmen- und Ausgabenentscheidungen zu Gewinnern und Verlierern. Die Kosten der Verlierer, die als externe Kosten bezeichnet werden, lassen sich auf Null reduzieren, wenn man Einstimmigkeit der Entscheidung verlangt. Mit der Einstimmigkeitsregel ist aber das Problem verbunden, dass hohe Entscheidungskosten entstehen, weil im Vorfeld intensive Verhandlungen notwendig sind und potentielle Verlierer Kompensationszahlungen verlangen werden. Optimal ist ein Quorum, welches die Gesamtkosten, d. h. die Summe der externen Kosten und der Entscheidungskosten minimiert. In der Praxis wird das Quorum regelmäßig als absolute Mehrheit definiert, damit kein Patt-Problem auftritt.

Mehrheitsentscheidungen können zu zyklischen Mehrheiten führen (Arrow Paradoxon), d. h. eine Abstimmung über die drei Alternativen A, B oder C führt zu unterschiedlichen Siegern, je nachdem in welcher Reihenfolge über Alternativen paarweise abgestimmt wird (A oder B, B oder C, A oder C). Das Problem der zyklischen Mehrheiten tritt nicht auf, wenn die Präferenzen aller an einer Mehrheitswahl beteiligten Personen nur einen Gipfel hat. Eingipfeligkeit bedeutet, dass für jedes Individuum die Alternativen auf einer eindimensionalen Skala so abgebildet werden können, dass die Präferenzen ausgehend von der besten Alternative (dem Gipfel) nach beiden Seiten monoton abfallen. Sind die Präferenzen eingipfelig, so setzt sich der Medianwähler durch, d. h. jene Person, die genau die Alternative präferiert, welche die Wählerschaft entlang der eindimensionalen Skala in zwei Hälften teilt. Bei einer Entscheidung über ein öffentliches, steuerfinanziertes Gut und einer rechtsschiefen Einkommensverteilung (mehr niedrige als hohe Einkommen) führt die Mehrheitsentscheidung zu einem Überangebot an öffentlichen Gütern, d. h. das Pareto-Optimum wird nicht verwirklicht.

In der repräsentativen Demokratie sind die Abgeordneten politische Unternehmer, die Stimmen für ihr Wahlprogramm maximieren. Unter restriktiven Annahmen setzt sich auch hier der Medianwähler durch Finden Wahlen nur periodisch statt, so kann es zu einer wahlzyklischen F. kommen. Koalitionsbildungen können in der repräsentativen Demokratie dazu führen, dass öffentliche Ausgaben in ineffiziente Höhe getrieben werden. Bürokratien, die ihren Nutzen durch eine Ausweitung des Budgets maximieren, vergrößern das Problem.

3. Allokationspolitik

Im Rahmen der Allokationspolitik nimmt der Staat Einfluss auf die Güterzusammensetzung einer Volkswirtschaft. Eine wesentliche Ausprägung der Allokationspolitik ist die Bereitstellung von öffentlichen Gütern.

3.1 Öffentliche Güter

Marktgängige oder private Güter zeichnen sich durch zwei Eigenschaften aus: die Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips, d. h. nicht zahlungswillige Individuen können vom Konsum des Gutes ausgeschlossen werden, und die Rivalität im Konsum. Rein öffentlichen Gütern fehlen diese Eigenschaften. Ein Beispiel für ein solches öffentliches Gut ist die öffentliche Sicherheit.

Von den rein öffentlichen Gütern können Mautgüter und Allmendegüter unterschieden werden. Bei Mautgütern ist ein Ausschluss möglich, eine Rivalität im Konsum ist aber in gewissen Grenzen nicht gegeben. So kann die Autobahn von vielen Fahrern genutzt oder ein Fußballspiel von vielen Zuschauern im Stadion gesehen werden, ohne dass der Nutzen des Einzelnen dadurch abnimmt. Allerdings gibt es in beiden Fällen Kapazitätsgrenzen. Bei Allmendegütern besteht eine Rivalität im Konsum, aber ein Ausschluss ist nicht möglich. Früher war dies häufig die gemeinsam für das Vieh genutzte Dorfwiese, heute kann die Hochseefischerei ein Beispiel sein. Das Problem der Allmende ist, dass es zu einer Übernutzung kommen kann.

Öffentliche Güter können vom Markt nicht oder in nicht ausreichendem Umfang bereitgestellt werden. Jeder Haushalt hat Anreize seine Präferenzen nicht zu offenbaren und sich als Trittbrettfahrer, der sich nicht an der Finanzierung des öffentlichen Gutes beteiligt, zu verhalten. Es kommt dann nicht zur Produktion des öffentlichen Gutes, selbst wenn sich die Haushalte hierdurch besserstellen würden. Das kann ein Argument für eine steuerfinanzierte, staatliche Produktion des öffentlichen Gutes sein. Will der Staat das Pareto-Optimum herstellen, benötigt er allerdings Informationen über die Präferenzen der Haushalte, d. h. über ihre marginale Zahlungsbereitschaft für das öffentliche Gut. Die Haushalte haben aber nicht unbedingt ein Interesse daran, dies wahrheitsgemäß zu offenbaren. Eine Lösung kann die Schaffung von Eigentumsrechten sein, die dann marktliche Lösungen erlauben. Des Weiteren kann das Problem der Allmende auch durch ein Zusammenwirken von Reputation, Vertrauen und Reziprozität gelöst werden wie z. B. an der Nutzung von Almen in den Alpen gezeigt werden kann.

In der politischen Wirklichkeit stellt der Staat auch Güter bereit, welche die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes nicht erfüllen, z. B. höhere Bildung. R. Musgrave hat hier den Begriff der meritorischen Güter eingeführt. Bei diesen wird unterstellt, dass sie aus übergeordneten Gründen, die nichts mit Konsumentensouveränität zu tun haben, verdienen in größerem Umfang angeboten zu werden, als dies der Markt gewährleistet. Es fehlt jedoch an einem eindeutigen Kriterium der verdienstwürdigen Güter. Der Begriff trägt damit zur Erklärung des Staatshandelns nichts bei.

Weitere Fälle des Marktversagens, die nach der normativen Finanzwissenschaft Eingriffe des Staates erfordern, sind externe Effekte, Informationsasymmetrien und natürliche Monopole.

3.2 Externe Effekte und Umweltschutzpolitik

Ein externer Effekt liegt vor, wenn Auswirkungen ökonomischer Aktivitäten sich außerhalb marktvermittelter Interdependenzbeziehungen vollziehen und deshalb nicht kompensiert werden. Gehen die gesellschaftlichen Kosten einer Umweltverschmutzung nicht in die Kostenkalkulation des Verursachers ein, weil dieser hierfür keinen Preis zahlen muss, so liegt ein negativer externer Effekt vor. Das Problem externer Effekte lässt sich marktwirtschaftlich lösen, wenn handelbare Eigentumsrechte verliehen werden. Nach Ronald Coase gelangen handelbare Eigentumsrechte – unabhängig von der anfänglichen Zuteilung – über Tausch immer in den Besitz dessen, der aus ihm den höchsten Nettoertrag erzielen kann, wenn keine Transaktionskosten bestehen. Umweltverschmutzer und Geschädigter können im Verhandlungswege eine Lösung finden, wenn Eigentumsrechte an dem Umweltgut begründet werden. Verhandlungslösungen scheitern, wenn viele Personen beteiligt sind oder Schäden unerwartet auftreten. Haftungsregeln können unerwartete Schäden internalisieren. Bei vielen Beteiligten kann der Staat Umweltsteuern erheben, Umweltzertifikate ausgeben, Subventionen für Umweltschutzmaßnahmen zahlen. Arthur Cecil Pigou schlägt vor, eine Steuer in Höhe der Differenz zwischen privaten und sozialen Kosten zu erheben. Problematisch ist allerdings die monetäre Bewertung von Umweltschäden. Deshalb werden vielfach Steuern erhoben, bei denen die Lenkungsaufgabe im Vordergrund steht. Beispiele sind die Kraftfahrzeugsteuer, die Mineralölsteuer oder die Stromsteuer.

Eine Alternative zu preislichen Maßnahmen sind Auflagen in Form von Emmissionsgrenzwerte oder Inputauflagen. Diese werden nach dem Stand der Technik festgelegt und geben deshalb keine Anreize, neue umweltverträglichere Verfahren und Produkte zu entwickeln. Zudem haben Unternehmen Anreize, die technischen Möglichkeiten der Umweltschonung restriktiv offenzulegen.

3.3 Asymmetrische Informationen am Beispiel der Gesundheitspolitik

Zwischen ökonomischen Akteuren liegen häufig asymmetrische Informationen vor. In einer Prinzipal-Agenten Situation handelt der Agent für den Prinzipal, der aber entweder Eigenschaften des Agenten nicht kennt oder seine Handlungen nicht beobachten kann, also einen Informationsnachteil hat. Informationsasymmetrien sind ein Argument für eine staatliche Intervention in den Krankenversicherungsmarkt. Adverse Selektion kann auftreten, wenn der Versicherungsnehmer sein Risiko kennt, die Versicherung aber nicht. Es droht dann, dass am Markt nur die schlechten Risiken übrigbleiben (Akerlof’s Market for Lemons). Moral hazard (Moralisches Risiko (moral hazard)) beschreibt ein Verhalten, dass der Versicherte sich aufgrund der Versicherung weniger Mühe gibt, den Eintritt des Schadensfalls zu vermeiden. So kann er bspw. gefährliche Sportarten ausüben oder die Gesundheitsvorsorge vernachlässigen und dadurch seine Krankenversicherung schädigen. Den an die Informationsasymmetrie gekoppelten Ineffizienzen kann die F. dadurch begegnen, dass alle Personen gezwungen werden, einen Versicherungsschutz zu erwerben. Damit Versicherungsunternehmen nicht versuchen, nur die guten Risiken zu versichern, könnte der Staat ihnen einen Kontrahierungszwang auferlegen. Um auch Personen mit niedrigem Einkommen den Erwerb einer Versicherung zu ermöglichen, werden vielfach Krankenversicherungen zu Festpreisen oder mit lohneinkommensabhängigen Prämien eingeführt. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind moral hazard-Probleme aber bes. groß, weil Selbstbeteiligungselemente weniger eingesetzt werden als in der privaten Krankenversicherung.

3.4 Natürliche Monopole

Natürliche Monopole treten v. a. in netzabhängigen Industrien, etwa im Schienenverkehr, in der Strom-, Gas- und Wasserversorgung oder der festnetzgebundenen Telekommunikation auf. Kennzeichen natürlicher Monopole sind fallende Durchschnittskosten, die dazu führen, dass sich die Grenzkosten unterhalb der Durchschnittskosten bewegen und nur ein Unternehmen am Markt überlebt. Der Monopolist wird aber nicht im Pareto-Optimum, in dem sich Grenzkosten und marginale Zahlungsbereitschaft entsprechen, produzieren, weil er dann einen Verlust erleidet. Er wird nicht einmal die Menge produzieren, an der sich Durchschnittskosten und marginale Zahlungsbereitschaft entsprechen, weil dann keine Gewinne entstehen. Der Staat kann in dieser Situation die Produktion selber übernehmen. Es hat sich aber gezeigt, dass Unternehmen in öffentlicher Hand ein massives Kostenproblem haben, weshalb Verkehrs-, Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen in vielen Ländern privatisiert wurden. Die privatisierten Unternehmen unterliegen regelmäßig Preisregulierungen, wobei die Regulierungsbehörde allerdings vor dem Problem steht, dass sie die Kostenstruktur des Unternehmens nicht genau kennt.

4. Distributionspolitik

Im Pareto-Optimum kann der Zustand eines Individuums nicht verbessert werden, ohne dass sich der Zustand eines anderen verschlechtert. Häufig wird die sich aus dem Marktprozess ergebende Einkommens- und Vermögensverteilung aber als ungerecht empfunden.

4.1 Effizienz und Gerechtigkeit

Ist der ungerechte Zustand Pareto-effizient, wird durch den Übergang zum gerechten Zustand mindestens ein Haushalt schlechter gestellt. Argumentiert man aus der Gerechtigkeitsperspektive, dass die Umverteilung den Gesamtnutzen erhöht, so werden implizit Nutzenvergleiche vorgenommen, die sich in sozialen Wohlfahrtsfunktionen darstellen lassen. Nach den Utilaristen (Utilitarismus) des 18. und 19. Jh. (Jeremy Bentham, John Stuart Mill) ergibt sich der gesamtwirtschaftliche Nutzen aus der Summe der Nutzen aller Mitglieder. Andere Autoren führen ein Gedankenexperiment durch: Welche Wohlfahrtsfunktion werden Individuen wählen, wenn sie sich vor einem Schleier der Ungewissheit entscheiden müssten, d. h. wenn sie nicht wissen, welche Position sie selber in der Gesellschaft einnehmen werden? John Rawls argumentiert, dass sich die Person vor dem Schleier der Ungewissheit an der Position des am schlecht gestelltesten Individuums orientieren würde. Sie würde also ein Umverteilungsniveau wählen, in dem das am schlechtesten gestellte Individuum im Vergleich zu allen anderen Zuständen am besten gestellt ist.

Für welches Umverteilungsniveau auch immer sich der Staat entscheidet, müssen Verhaltensänderungen berücksichtigt werden, die zu Effizienzverlusten führen. Diejenigen, zu deren Lasten Einkommen und Vermögen umverteilt wird, verlieren Arbeits- und Investitionsanreize. Es besteht somit ein Spannungsverhältnis zwischen Effizienz- und Umverteilungszielen.

4.2 Inzidenz und Verhaltensänderungen

Ziel der Distributionspolitik ist eine gleichmäßigere Einkommens- und Vermögensverteilung als sie sich durch den Marktprozess ergibt. Jede Form staatlicher Eingriffe führt zu Anpassungen und Verhaltensänderungen, welche die Wirkungen der Maßnahmen der F. modifizieren können. So muss die gewünschte oder formale Inzidenz einer Steuererhebung nicht mit der materiellen oder effektiven Inzidenz übereinstimmen. Gleiches gilt für Ausgaben, die oft speziellen Gruppen zu Gute kommen sollen (z. B. Wohngeld). Nicht alle Ausgaben kommen aber nur den Bedürftigen zu Gute, z. B. Kulturausgaben oder Ausgaben für höhere Bildung. Die Ermittlung aller Verteilungswirkungen des Budgets (sogenannte Budgetinzidenz) ist nahezu unmöglich, weil sich die Wirkung vieler finanzpolitischer Maßnahmen nicht definitiv einer Bevölkerungsgruppe zuordnen lässt und sich aus dem Kreislauf der Volkswirtschaft weitere Verteilungswirkungen ergeben.

Private Wirtschaftssubjekte können auf Steuern durch räumliche (Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer, Wohnsitzverlagerung) oder zeitliche (Verschiebung von Gewinnen in die Zukunft durch Steuerbilanzpolitik) Ausweichhandlungen reagieren oder den Steuertatbestand nicht mehr verwirklichen (z. B. Einstellung des Sektkonsums aufgrund einer Sektsteuer). Denkbar ist es auch, die Steuer auf einen anderen Marktteilnehmer zu überwälzen; bei Verbrauchsteuern ist die Überwälzung auf den Endverbraucher gesetzliches Ziel. Die Möglichkeit der Überwälzung hängt von der Elastizität von Angebot und Nachfrage ab. Gelegentlich reagieren Steuerzahler auch mit Steuerhinterziehung z. B. in Form von Schwarzarbeit. Staatliche Ausgaben können Anreize setzen, Teil des Empfängerkreises zu werden, z. B. dadurch, dass die Mühen, ein Markteinkommen zu erzielen reduziert werden, wenn staatliche Transferleistungen erlangt werden können. Trotz dieser Anpassungsmaßnahmen führt die Umverteilungspolitik in der BRD im Ergebnis zu einer deutlich gleicheren Einkommensverteilung als vor Umverteilungsmaßnahmen. Wesentliche Instrumente der Umverteilungspolitik sind progressive Einkommensteuer, Erbschaftsteuer, Leistungen der Grundsicherung, Sozialhilfe, Zahlungen der Sozialversicherungen, Kindergeld und Wohngeld.

5. Stabilisierungspolitik

5.1 Konjunktursteuerung

Ausgehend von der Grundannahme, dass die privaten Haushalte und Unternehmen von sich aus zu größeren wirtschaftlichen Schwankungen neigen, sehen John Maynard Keynes und seine Anhänger die Stabilisierung der Wirtschaft als Aufgabe der F. Die vom Privatsektor ausgehenden Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und die daraus resultierenden Konjunkturzyklen sollen vom Staat als dem langerfristig denkenden Sektor durch Gegensteuern verhindert werden. Dem Staat kommt so die Aufgabe zu, Nachfrageschwankungen zu kompensieren. Er soll deshalb keinen jährlichen Budgetausgleich, sondern vielmehr einen Ausgleich des Staatshaushaltes über die Konjunkturzyklen anstreben.

Die zusätzliche staatliche Nachfrage im Konjunkturabschwung soll mit relativ geringen Mitteln möglich sein, weil ein Multiplikator-Effekt angenommen wird, der dazu führt, dass sich die Staatsausgabenerhöhung multiplikativ verstärkt. F. und Geldpolitik sind in einem Policy-Mix aufeinander abzustimmen, denn auch geldpolitische Maßnahmen können zur Stabilisierung der Konjunktur eingesetzt werden. Formal hat dies John Richard Hicks im IS-LM-Modell dargestellt, welches die Wirkungen finanz- und geldpolitischer Maßnahmen auf das gesamtwirtschaftliche Realeinkommen bzw. das reale Zinsniveau beschreibt.

Die keynsianische Konjunkturpolitik ist in der BRD in Art. 109 Abs. 2 GG aufgenommen worden, der Bund und Länder verpflichtet, bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Die nachfolgenden Absätze fordern eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft, mehrjährige Finanzplanung und eine antizyklische F. Diese Vorgaben werden im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8.6.1967, kurz Stabilitätsgesetz, konkretisiert. Das Stabilitätsgesetz nennt vier Ziele staatlicher Konjunkturpolitik: ein stabiles Preisniveau, einen hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum.

5.2 Probleme der staatlichen Konjunktursteuerung

Konjunkturpolitik ist zunächst mit Umsetzungsproblemen behaftet. Eine keynsianische Konjunkturpolitik fordert eine Erhöhung staatlicher Ausgaben im Konjunkturabschwung, aber gleichzeitig eine Reduktion der staatlichen Nachfrage und eine Bildung von Rücklagen in Zeiten der Hochkonjunktur. Die Erfahrung zeigt, dass es für politische Entscheidungsträger sehr schwierig ist, sich für die Bildung von Rücklagen auszusprechen, wenn andere sich für weitere Ausgaben einsetzen. Im politischen Wettbewerb ist es unwahrscheinlich, dass sich die durchsetzen, die in guten Zeiten die Bildung von Rücklagen propagieren. Nutzenmaximierende politische Entscheidungsträger werden sich eher an kurzfristigen Wahlterminen orientieren als an einer längerfristigen Stabilisierung des Staatshaushaltes.

Eine diskretionäre F. muss zudem mit dem Problem zeitlicher Verzögerung kämpfen. Die erste Verzögerung ergibt sich daraus, dass die Statistik die Konjunkturentwicklung nur nachlaufend beschreibt. Besteht Einigkeit über den wirtschaftlichen Trend, so braucht es Zeit bis eine Entscheidung über den Einsatz konkreter finanzpolitischer Maßnahmen herbei geführt ist. Die Durchführung der Maßnahmen durch die Verwaltung verlangt weitere Zeit. Schließlich entsteht eine Wirkungsverzögerung bis sich die Maßnahme auf den Gütermärkten auswirkt. Im ungünstigen Fall kann dies zu einer Verstärkung von Konjunkturschwankungen führen. Z. T. wird aber argumentiert, dass das Steuersystem und Sozialtransfers zu einem automatischen Ausgleich beitragen.

Der wichtigste prinzipielle Einwand gegen eine konjunktursteuernde F. ist jedoch, dass es zu einem Verdrängen privater Nachfrage durch kreditfinanzierte Staatsnachfrage kommen kann (crowding-out). Geht man von einer Budgetrestriktion aus, so führen Mehrausgaben der öffentlichen Hand, die zur Stabilisierung der Güternachfrage getätigt werden und mit Hilfe von Krediten finanziert werden, über die erhöhte Kreditnachfrage auf dem Kapitalmarkt (Geld- und Kapitalmarkt) zu Zinssteigerungen. Hierdurch werden private Nachfrager, die zinselastisch reagieren, verdrängt und ihre Nachfrage nach Investitionsgütern wird entspr. reduziert. Führt der Zinsanstieg zudem dazu, dass die privaten Haushalte ihre Ersparnis für zusätzliches Kapitalangebot verwenden, reduziert sich auch die Konsumnachfrage. Die Stabilisierungswirkung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage wird nicht erreicht, es kommt nur zu einem allokativen Effekt, weil private durch öffentliche Nachfrage ersetzt wird.

In einer globalisierten Wirtschaft, die durch multinationale Unternehmen, abnehmende Transportkosten und einer immer stärkeren Vernetzung von Informationen gekennzeichnet ist, sind die Wirkungen einer nationalen F. schwierig zu bestimmen. Finanzpolitische Maßnahmen können die Nettoexporte verdrängen und damit die inländischen Vermögensanteile am ausländischen Kapitalmarkt reduzieren.

Nach dem Ricardo-Barro-Äquivalenztheorem lassen sich die realen Effekte eines kreditfinanzierten staatlichen Programms nicht von denen eines steuerfinanzierten Programms unterscheiden. Zentrale Annahme der Argumentation ist, dass aufeinanderfolgende Generationen durch freiwillige, altruistisch motivierte Transfers miteinander verbunden sind. Wenn es solche intergenerationell verknüpften Nutzenfunktionen gibt, dann wird der Planungshorizont unendlich und Steuerzahler diskontieren auch Steuern, die erst nach ihrem Lebensende anfallen. Geht man von endlichen Planungshorizonten aus, so werden kreditfinanzierte Staatsausgaben reale Wirkungen haben.

6. Finanzierung der Staatstätigkeit

6.1 Wachstum der Staatstätigkeit

Empirisch lässt sich seit dem 19. Jh. ein starkes Wachstum der Staatsausgaben in den westlichen Industriestaaten feststellen. Unter Bezug auf Adolph Wagner wird vielfach vom Wagnerschen Gesetz gesprochen. Ein Teil des Wachstums der Staatsausgaben lässt sich im Rahmen des Medianwählermodells erklären. Danach sich die Nachfrage nach staatlichen Leistungen, Kostensteigerungen und das Bevölkerungswachstum wesentliche Determinanten des Wachstums der Staatsausgaben.

In der repräsentativen Demokratie spielen zudem politische Unternehmer eine wesentliche Rolle. Sie organisieren Stimmentausch, helfen die Interessen von Lobbygruppen (Lobby) durchzusetzen und verführen die Bürger zu Fiskalillusionen. Es kommt so zu immer mehr Nachfrage nach staatlichen Leistungen. Im Gegenzug für ihre Tätigkeit für Interessengruppen erhalten die Abgeordneten ein politisches Einkommen in Form von Wahlkampfunterstützung oder Zusage von Positionen nach dem Ausscheiden aus der Politik. Grenzen des Wachstums der Staatsausgaben ergeben sich aus den Steuereinnahmen und der Kreditwürdigkeit des Staates.

Mit dem Wachstum der Staatsausgaben ist in vielen Ländern auch eine Zunahme der Staatsverschuldung zu beobachten. In nicht wenigen Ländern ergibt sich eine Nachhaltigkeitslücke, wenn neben den expliziten Staatsschulden auch die impliziten in Form von Renten- und Pensionszusagen oder anderen Transferzusagen berücksichtigt werden. Nachhaltig ist die Staatsfinanzierung, wenn das Finanzkapital plus alle zukünftigen Steuereinnahmen abzüglich Rentenzahlungen u. a.n Transfers ausreichen, um die Staatsausgaben zu finanzieren. Im Vertrag von Maastricht hat die EU als Nachhaltigkeitskriterium eine Kreditaufnahmequote von 3 % und eine Schuldenstandsquote von 60 % des BIP festgelegt. Einen Einblick in die Nachhaltigkeit der öffentlichen Kreditaufnahme ergibt auch die Entwicklung des Haushaltsspielraums. Ist die Wachstumsrate des BIP kleiner als der vom Staat zu zahlende Zinssatz, so verringert die permanente Nettokreditaufnahme zukünftige Haushaltsspielräume.

6.2 Besteuerungsprinzipien und -kosten

Schon von Adam Smith werden Prinzipien der Besteuerung erörtert. Er formuliert die Grundsätze der Gleichmäßigkeit, Bestimmtheit, Bequemlichkeit und Billigkeit für Fiskus und Steuerzahler. J. S. Mill war der erste, der das Prinzip der Leistungsfähigkeit (ability to pay) formulierte. Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird durch eine horizontale und vertikale Gerechtigkeit der Besteuerung realisiert. Die horizontale Besteuerung entspr. dem rechtsstaatlichen Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Die vertikale Gerechtigkeit soll verwirklicht sein, wenn von allen das gleiche Opfer abverlangt wird, die Steuer also bei allen Steuerzahlern den gleichen Wohlfahrtsverlust abverlangt. Die Forderung nach einem gleichen Wohlfahrtsverlust kann unterschiedlich interpretiert werden:

Das Prinzip des gleichen absoluten Opfers will jedem Individuum unabhängig von der Einkommenshöhe den gleichen absoluten Nutzenentgang auferlegen. Unterstellt man dabei einen abnehmenden Nutzenzuwachs bei steigendem Einkommen, führt dies zu einer progressiven Steuer. Geht man hingegen von einem linearen Zusammenhang zwischen Einkommen und Nutzen aus, so folgt daraus eine Kopfsteuer.

Nach dem Prinzip des gleichen relativen Opfers soll bei allen Steuerzahlern in Abhängigkeit vom Nutzenniveau der gleiche relative Nutzenentgang erreicht werden. Dies führt zu einer ausgesprochen progressiven Besteuerung, wenn man abnehmende Nutzenzuwächse bei steigendem Einkommen unterstellt. Bei einem angenommenen linearen Zusammenhang folgt hingegen eine proportionale Steuer (flat tax).

Die Opfertheorie kommt also zu keinen eindeutigen Ergebnissen. Sie unterstellt eine theoretisch zweifelhafte kardinale Nutzenfunktion des Einkommens. Zudem ist die Verwirklichung der Gerechtigkeit nur auf der Einnahmenseite problematisch, wenn Individuen auf der Ausgabenseite bevorzugt werden. Das Leistungsfähigkeitsprinzip führt also nur im Idealstaat zu Gerechtigkeit.

Das von Knut Wicksell vorgeschlagene Äquivalenzprinzip unterstellt demgegenüber einen unvollkommenen Staat und will eine institutionelle Kongruenz herstellen, damit sich Nutznießer-, Entscheidungsträger und Steuerzahler decken. Nach dem Äquivalenzprinzip werden Steuern und Ausgaben simultan bestimmt. Eine Umverteilung durch das Steuersystem ist erschwert, denn Leistung und Gegenleistung sollen sich entsprechen.

Die Steuerpolitik muss auch beachten, dass eine Besteuerung Zusatzlasten beim Steuerpflichtigen auslöst, die über die eigentlichen Steuerzahllasten hinausgehen. Durch eine Güter- oder Einkommensteuer geht ein Teil der Konsumenten- bzw. Arbeitsangebotsrente verloren, ohne dass sie beim Staat oder sonst wo ankommt. Die Zusatzlast hängt von den Nachfrage- bzw. Angebotselastizitäten, der Bemessungsgrundlage und dem Steuersatz ab. Nach der Theorie optimaler Besteuerung sollte die Bemessungsgrundlage breit definiert sein und Steuersätze sollten in ihrer Höhe invers zu den Preiselastizitäten der Nachfrage bzw. des Angebotes des betreffenden Gutes oder Produktionsfaktors gewählt werden.

Um das Umverteilungsziel des Staates zu verwirklichen, wird vorgeschlagen, Güter des täglichen Bedarfs geringer zu besteuern. Diese Regel steht aber in einem Konflikt mit der Forderung nach einer inversen Beziehung zwischen Elastizitäten und Steuersätzen.