Freikirchen

1. Gemeinsame Merkmale

Unter F. wird eine variable Zahl von Gemeindebünden, Gemeinschaften, Bewegungen und einzelnen Ortsgemeinden erfasst, die – in unterschiedlichen Kombinationen – mehrheitlich staatskirchlich unabhängig, weithin kongregationalistisch verfasst, im weitesten Sinne aus der Reformation hervorgegangen, überwiegend missionarisch orientiert sind und sich dem Prinzip der persönlichen Glaubensentscheidung verdanken. Die meisten F. praktizieren daher die Gläubigentaufe, nicht aber ausschließlich. Oft werden F. durch charismatische Gründerpersönlichkeiten geprägt. Der Begriff kam zum ersten Mal in der Mitte des 19. Jh. in Schottland und in der französischen Schweiz auf, wo er zur Bezeichnung der sich von den Staatskirchen lösenden Gemeinschaften und Gemeinden diente. F. verweisen daher vorrangig auf das ihre Identität prägende Prinzip der Freiwilligkeit ihrer Mitglieder. F. lassen sich durch verschiedene Frömmigkeits-Typen bestimmen, die entweder täuferisch-bekenntnishaft, pietistisch-erwecklich, sozialdiakonisch, pentekostal oder charismatisch ausfallen können. Als religiöse Gemeinschaften (Religionsgemeinschaften) fordern F. Religionsfreiheit als politisches Grundrecht ein. Sie verstehen sich nicht als institutionalisierte Konfessionen, sondern als Denominationen, die ihre ekklesiale Identität vorrangig an eigenen Glaubensüberzeugungen und frei formulierten Lehrbekenntnissen festmachen. In den letzten Jahrzehnten haben F. einen bemerkenswerten Zugang zur ökumenischen Bewegung gefunden, manche von ihnen gehören auch zu den Pionieren der Ökumene.

2. Einzelne Freikirchen

2.1 Mennoniten

Mennoniten sind ihrer Herkunft nach Teil des nach Roland Bainton benannten radikalen oder „Linken Flügels der Reformation“. Das Täufertum verbreitete sich in den 1520er- und 1530er-Jahren in vielen Städten Süd- und Mitteldeutschlands, in Österreich (Tirol), in den Niederlanden und in Niederdeutschland. Nach dem Zusammenbruch gewalttätiger Formen des Täufertums führte der ehemalige katholische Priester Menno Simons eine neue Täufergruppe zusammen, aus deren Sammlung Gemeinden hervorgingen, die starken Verfolgungen in der Mitte des 16. Jh. ausgesetzt waren und sich an zahlreichen niederländischen und norddeutschen Orten niederließen. Von dort breiteten sich Gemeinden im 18. Jh. in Russland, später dann von dort kommend in Amerika aus. Im 20. Jh. kam es zur Auswanderung deutschstämmiger Mennoniten aus der Sowjetunion und ihrer Wiederansiedlung in Deutschland.

Im Anschluss an die Schleitheimer Artikel der Schweizer Täufer (1527) finden sich bei Mennoniten die besonderen Merkmale des Täufertums wie etwa die Glaubenstaufe, die Eidesverweigerung und die Gewaltlosigkeit. Ihre Missionstätigkeit wird ohne Zwang ausgeübt und schließt den sozialen Dienst und das Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit unter allen Völkern ein. Weltweit gibt es rund 1,3 Mio. Mennoniten, mehrheitlich in Amerika, in der BRD etwa 40 000, in Europa insgesamt etwa 62 000 Mitglieder. Von 1998 bis 2003 hat zwischen der römisch-katholischen Kirche (Katholische Kirche) und der Mennonitischen Weltkonferenz ein internationaler Dialog unter dem Thema „Gemeinsam berufen, Friedensstifter zu sein“ stattgefunden. Zwischen 2005 und 2008 war eine lutherisch-mennonitische Studienkommission eingerichtet worden, die sich mit der Verwerfung der Täufer durch das lutherische Bekenntnis bzw. durch die Reformatoren auseinandersetzte. Auf der Grundlage des Studiendokuments „Heilung der Erinnerungen – Versöhnung in Christus“ hat der Lutherische Weltbund 2010 bei seiner Vollversammlung in Stuttgart die Verwerfungen in einem öffentlichen Schuldbekenntnis, verknüpft mit einer „Bitte um Vergebung“, bedauert.

2.2 Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) – Baptisten

Die Ursprünge des calvinistisch geprägten Baptismus liegen im englischen Puritanismus des 17. Jh. Auf der Suche nach einer der Lehre und Praxis der urchristlichen Kirche entsprechenden Gestalt schufen Bapstisten einen freiwilligen und gegenseitigen Bund (covenant) von Gläubigen, die aufgrund einer Bekehrung eine Glaubensentscheidung getroffen hatten und sich anschließend taufen ließen. Baptisten suchten aufgrund von Unterdrückung und Verfolgung in England Zuflucht in Amerika und gründeten dort Kolonien. Der Baptismus entwickelte sich in Amerika zur größten protestantischen Denomination. Von dort aus verbreitete er sich nach Asien.

Der Baptismus in Deutschland wurde von Johann Gerhard Oncken und sechs Gleichgesinnten am 22.4.1834 in Hamburg ins Leben gerufen. Der Bund der Baptisten erhielt 1888 durch ein Dekret des Hamburger Senates seine Anerkennung wie 1897 auch in Preußen. Während der Zeit des Nationalsozialismus kam es 1941 zum Zusammenschluss der Baptisten mit dem durch die Gestapo verbotenen Bund freikirchlicher Christen (BfC), der auf das Wirken von John Nelson Darby und Carl Brockhaus zurückging. Der BEFG ist heute ein Bund von selbstständigen Ortsgemeinden, die sich regional und bundesweit zusammengeschlossen haben, um übergreifende Aufgaben wahrzunehmen. In Elstal (Wustermark) unterhält der BEFG ein „Bildungszentrum“ mit Theologischem Seminar (heute Fachhochschule).

Ähnlich wie die Mennoniten haben die Baptisten keine sie bindenden Bekenntnisschriften, geben aber „Rechenschaft vom Glauben“ ab. Der 1905 gegründete Baptistische Weltbund (Baptist World Alliance – BWA) ist eine Gemeinschaft von 214 Baptistenbünden und vereint weltweit derzeit über 41 Mio. getaufte Mitglieder. Die Europäisch-Baptistische Föderation (EBF) ist ein seit 1949 bestehender Zusammenschluss von derzeit 52 Mitgliedsbünden und Partnerorganisationen in 46 Ländern Europas, West- und Mittelasiens mit rund 770 000 getauften Mitglieder in etwa 10 600 Gemeinden. Der BEFG in Deutschland hat gegenwärtig rund 83 000 Mitglieder.

2.3 Freie evangelische Gemeinden (FeG)

Unter FeG versteht man einen Zusammenschluss von selbstständigen, durch die Erweckungsbewegung geprägte evangelische Gemeinden reformierter Richtung. Die Gründung der ersten FeG geht auf Leben und Wirken des Textilkaufmanns Hermann Heinrich Grafe zurück. Wesentlich beeinflusst von den reformiert geprägten freien evangelischen Gemeinden in Frankreich und der Schweiz und unter dem Eindruck der mit der Frühindustrialisierung einhergehenden sozialen Umbrüche gründete Grafe am 19.6.1850 in Wuppertal mit gleichgesinnten Brüdern den Evangelischen Brüderverein. Am 22.11.1854 konstituierte sich die Freie evangelische Gemeinde zu Elberfeld und Barmen. Die Verfassung der ersten FeG legte den Schwerpunkt auf die durch das allgemeine Priestertum geprägte, alle wichtigen Entscheidungen treffende Gemeinde. Mit dem 1874 in Wuppertal vollzogenen Zusammenschluss von insgesamt 22 Gemeinden und Abendmahlsgemeinschaften zur Vereinigung der Freien Evangelischen Gemeinden und Abendmahlsgemeinschaften entstand der Bund Freier evangelischer Gemeinden. Der Bund unterhält in Dietzhölztal-Ewersbach eine zentrale Bildungseinrichtung (heute staatlich anerkannte Theologische Hochschule). Gegenwärtig gehören zur Bundesgemeinschaft rund 470 Gemeinden mit etwa 40 000 Mitgliedern.

2.4 Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine

Die vorreformatorische, 1457 unter Nachfahren der Böhmischen Brüder entstandene Brüder-Unität wird nachhaltig von der Gründergestalt Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf geprägt, der Flüchtlingen aus Mähren die Ansiedlung auf seinem Landgut Berthelsdorf in der Oberlausitz gewährte. Die dort angesiedelte Gemeinschaft entwickelte sich unter seiner Leitung zu einer selbstständigen Gemeinde mit mehreren hundert Einwohnern (Herrnhut). Prägende Kraft war der Glaube an Jesus Christus als Retter und Erlöser. Zum Kern der brüderlichen Frömmigkeit gehört das gemeinschaftliche Leben, das auch in einer reichen Liturgie zum Ausdruck kommt. Erst nach Zinzendorfs Tod gab sich die Brüder-Unität eine Verfassung, die die Generalsynode als oberstes Leitungsorgan vorsah. Schon kurz nach der Vereinigung zur ersten Brüder-Unität begannen weltweite Missionstätigkeiten, so in der Karibik und in Afrika.

Ein fester Bestandteil der Herrnhuter Frömmigkeit sind die erstmals 1728 von Zinzendorf seiner Gemeine zugerufenen Losungen (tägliche Bibelverse). Heute werden die seit 1731 gedruckten Herrnhuter Losungen in über 50 Sprachen übersetzt. Die weltweit 19 Provinzen der Brüder-Unität verteilen sich auf 30 Länder und vereinen etwa 1 040 500 Mitglieder. In Deutschland gehören in 16 Ortsgemeinden 5 800 Mitglieder zur Brüder-Unität.

2.5 Methodisten

Der Methodismus entstammt der in den Umbrüchen der englischen Gesellschaft entstandenen Erweckungsbewegung des 18. Jh. und geht auf das Wirken des anglikanischen Pfarrers und Universitätsdozenten John Wesley zurück, der mit seinem Bruder Charles Wesley ab 1725 eine Gruppe von Studenten in Oxford durch ein gemeinsames Studium der Bibel, durch regelmäßiges Gebet, den Austausch geistlicher Erfahrungen und die Armenfürsorge zu einer verbindlichen christlichen Lebensgemeinschaft führte. Beide begannen innerhalb der anglikanischen Kirche mit Predigttätigkeit und Gemeinschaftsbildung. Nachdem J. Wesley für Amerika Männer zu Presbytern ordiniert und einen anglikanischen Geistlichen zum Superintendenten eingesetzt hatte, kam es zur Loslösung von der Kirche von England. 1784 wurde in Baltimore die Bischöfliche Methodistenkirche (Methodist Episcopal Church) gegründet. In England blieb die methodistische Gemeinschaft weiter eine innerkirchliche Evangelisations- und Erneuerungsbewegung, ehe sie auch hier 1795 den Schritt zur Existenz als selbstständige Kirche machte.

Der Methodismus kam durch Rückwanderer aus Amerika auch nach Deutschland. Hier entstanden unterschiedliche Zweige, darunter die als missionarische Laienbewegung unter Deutschen in Pennsylvania entstandene Evangelische Gemeinschaft und die Bischöfliche Methodistische Kirche (BMK). 1968 vereinigt, ist die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) ein deutscher Zweig der United Methodist Church. Die EmK gehört zusammen mit 77 Kirchen und etwa 75 Mio. Mitgliedern zum Weltrat methodistischer Kirchen (World Methodist Council). Sie besteht aus derzeit etwa 479 Gemeinden und hat rund 54 000 Kirchenglieder und Kirchenangehörige, die noch nicht den Schritt zur verbindlichen Gliedschaft vollzogen haben. Die EmK praktiziert sowohl die Säuglings- als auch die Erwachsenentaufe.

Methodistische Kirchen sind nicht kongregationalistisch, sondern konnexional (von englisch connection) verfasst. So gibt es ein Miteinander der verschiedenen Einheiten von der Ortsgemeinde bis zur Generalkonferenz (Legislative) und zum Bischofsrat (geistliche Leitung). Die Struktur des internationalen Methodismus folgt dabei zwei grundlegend verschiedenen Typen, dem bischöflichen und dem präsidialen System. Über den Weltrat methodistischer Kirchen nimmt die EmK an allen ökumenischen Dialogen auf Weltebene teil, darunter an dem 1967 begonnenen und bis heute fortgeführten Dialog mit der römisch-katholischen Kirche. 2006 unterzeichnete der Methodistische Weltrat die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre mit der römisch-katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund. Seit 1987 ist die EmK mit den evangelischen Landeskirchen in Deutschland durch eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft verbunden.

2.6 Heilsarmee

Die Heilsarmee (Salvation Army) ist eine auf evangelistische Verkündigung und diakonisches Handeln ausgerichtete evangelische F., die 1878 im Zuge von Missionstätigkeiten in den Armenvierteln in London entstanden war. Charismatische Gründerpersönlichkeit war der Methodistenprediger William Booth. Die Heilsarmee organisiert sich weltweit nach militärischer Struktur. Der Internationale Leiter (General) hat seinen Sitz im internationalen Hauptquartier in London und wird von den Leitern der nationalen Hauptquartiere gewählt (High Council). Die örtlichen Gemeinden werden „Korps“ oder „Vorposten“ (Nebengemeinden) genannt. Die Arbeit wird von ordinierten Geistlichen (Korps-Offiziere) geleitet, jedoch von den Laien (Lokaloffiziere) unterstützt. Die uniformierten Mitglieder werden Salutisten genannt. Die Heilsarmee lehnt die Sakramente Taufe und Abendmahl als notwendige Heilsmittel ab. Salutisten sind entschiedene Gegner des Alkohol- und Drogenkonsums. Anfang 2012 vereinte die Heilsarmee weltweit um die 1,7 Mio. Mitglieder in 126 Ländern. In Deutschland existieren 47 Gemeinden mit etwa 1 300 Mitgliedern und insgesamt 40 Sozialeinrichtungen. Etwa 127 000 Angestellte – darunter rund 17 000 Offiziere – arbeiten weltweit in Gemeinden, Schulen, Sozialeinrichtungen und Krankenhäusern.

2.7 Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker)

Die Religiöse Gesellschaft der Freunde hat ihren Ursprung in der Mitte des 17. Jh. in England und entstand unter der Leitung von George Fox. Der Ausdruck Quakers/Quäker (Zitterer) verweist auf religiöse geistliche Erfahrungen, die sich im Zittern der Gläubigen bemerkbar machen. Die Mitgliederzahl beträgt weltweit etwa 300 000. Man findet Quäker auf allen Kontinenten, die Mehrheit von ihnen allerdings in Nord- und Südamerika, in Ost-Afrika und Europa. Die auch die österreichischen Quäker einschließende deutsche Jahresversammlung mit etwa 265 Mitgliedern hat ihr Zentrum in Bad Pyrmont. Die Quäker gehören zu den historischen Friedenskirchen. Das Quäkertum versteht sich als „Religion ohne Dogma“ und organisiert sich als Gemeinschaft von Freunden.

2.8 Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden

Der Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden (MV) ist eine kongregationalistisch verfasste zahlenmäßig kleine evangelische F., die der Heiligungsbewegung des Methodismus in den USA entstammt und den Erwartungen einer neuen Erweckungsbewegung ab 1905 Raum geben konnte. Der Gemeinschaftsverband entwickelte sich seit den 1970er Jahren immer mehr zu Gemeinden eines freikirchlichen Typus. Im Februar 1998 mündete dieser Prozess in der Verabschiedung eines neuen Selbstverständnisses und einer neuen Namensgebung. Der MV versteht sich als Teil der weltweiten pentekostal geprägten Gemeinde Jesu. Er bietet selbstständigen Ortsgemeinden eine geistliche Lebens- und Dienstgemeinschaft und umfasst gegenwärtig etwa 4 400 Mitglieder in 46 Gemeinden und Gemeindegründungsprojekten.

2.9 Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden

Der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), der in Deutschland gegenwärtig 44 000 Mitglieder umfasst, ist Teil der weltweiten Pfingstbewegung, die ihre Wurzeln in der amerikanischen Heiligungsbewegung des ausgehenden 19. Jh. hat. Das herausragende theologische Merkmal ist die Betonung der Geisttaufe, die als wesentliche soteriologische Erfahrung gilt, auf die Bekehrung folgt und von der Zungenrede (Glossolalie) begleitet wird. Der BFP unterhält mit dem Theologischen Seminar Beröa in Erzhausen eine Theologische Ausbildungsstätte. Zurzeit sind im BFP rund 800 ordinierte Pastorinnen und Pastoren tätig. Rund 265 der heute insgesamt 757 Gemeinden sind international zusammengesetzt, vorwiegend mit afrikanischem Hintergrund. Hierzu gibt es im BFP einen eigenen Bereich, die Arbeitsgemeinschaft internationaler Gemeinden (AIG).

2.10 Die Siebenten-Tags-Adventisten (STA)

Adventisten entstammen dem endzeitlich-apokalyptisch geprägten Zweig der amerikanischen Erweckungsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jh. Nach Ausbleiben des von dem Farmer William Miller auf den 22.10.1844 vorausberechneten Termins der Wiederkunft Christi zerfiel die Bewegung in verschiedene Gruppierungen. Eine der kleinen adventistischen Gruppen führte den siebten Tag (Samstag) als Sabbat ein, deutete den berechneten Zeitpunkt neu und wurde später zur Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten (STA). Die auf die Visionärin Ellen Gould Harmon White zurückgehende Lehre von der Heiligung des Sabbats fungierte als Unterscheidungsmerkmal. In Deutschland gab es im letzten Drittel des 19. Jh. erste vereinzelte Gruppen, die den Sabbat hielten. 1899 entstanden in Friedensau bei Magdeburg eine Missionsschule, ein Sanatorium, in dem auch die Friedensauer Schwesternschaft ausgebildet wurde. Zudem wurden ein Seniorenheim und die Nährmittelfabrik DVG (Deutscher Verein für Gesundheitspflege) errichtet. Derzeit gehören rund 17 Mio. im Erwachsenenalter getaufte Mitglieder in über 200 Ländern zu den STA; in Deutschland gibt es etwa 35 000 Mitglieder. Erst allmählich gelang es der STA, eine Gastmitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland zu erhalten.

2.11 Apostolische Bewegung, Apostolische Gemeinschaft und Apostelamt Jesu Christi

Die Apostolische Bewegung bildet eine in anglikanischen, reformierten und lutherischen, vom Pietismus geprägten Erweckungsbewegungen beheimatete, aber auch aus den katholisch-apostolischen Gemeinden des 19. Jh. hervorgegangene Familie von apostolischen Gruppen, die das erneuerte Apostelamt als konstitutiv für die Kirche Jesu Christi betrachten. Die Überzeugung vom Anbruch der Endzeit und dem baldigen Wiederkommen Jesu Christi ist von kleineren apostolischen Gruppen aufgegeben worden, für die Mehrzahl der apostolischen Christen hat sie nach wie vor einen hohen Stellenwert. Die größte, heute etwa elf Mio. Mitglieder umfassende apostolische Gemeinde ist die Neuapostolische Kirche (NAK). Sie ist in Deutschland mit 360 000 Mitgliedern größer als alle anderen F. zusammen. Gegenwärtig wird in Gesprächen mit der ACK der Zugang zu ökumenischen Institutionen erörtert. Neben diesen beiden größeren apostolischen Gemeindeverbünden existieren das Apostelamt Jesu Christi und die Vereinigung der Apostolischen Gemeinschaft (VAG).

2.12 Weitere Freikirchen

Zu den F. zählen außerdem die aus der Heiligungsbewegung des Methodismus hervorgegangene Kirche des Nazareners, der in der amerikanischen Heiligungsbewegung beheimatete Freikirchliche Bund der Gemeinde Gottes, die der charismatisch-evangelikalen Bewegung zuzurechnende Anskar-Kirche in Hamburg sowie der deutsche Ableger der aus Amerika stammenden International Church of the Foursquare Gospel, die zu den Pfingstkirchen gezählt werden.

3. Freikirchen und Ökumene

Die intensive Zusammenarbeit zwischen den F. war 1926 Ziel der Gründung der Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Deutschland (VEF). Sie umfasst heute zwölf Mitgliedskirchen und zwei Gastmitglieder. Sie ist als Zusammenschluss von selbstständigen Kirchen die älteste interdenominationelle und ökumenische Vereinigung in Deutschland. Da sich F. nicht als konfessionelle Gemeinschaften verstehen, sind sie durch eine starke Bereitschaft zur Ökumene geprägt. Freilich gab es über lange Zeiten hinweg sowohl zu den evangelischen Landeskirchen wie auch zur römisch-katholischen Kirche keine vertrauensvollen Beziehungen. Oft wurden F. als Sekten oder Sondergemeinschaften charakterisiert. Durch persönlich geprägte Beziehungen zwischen evangelischen, katholischen und freikirchlichen Gläubigen ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, v. a. in den Arbeitsgemeinschaften christlicher Kirchen auf Orts- und Landesebene die ökumenischen Kontakte zu stärken und zu pflegen. Heute führen F. und römisch-katholische Kirche auf weltweiter Ebene einen intensiven Dialog. Seit über zehn Jahren gibt es auch auf deutscher Ebene einen Dialog zwischen Vertretern der VEF und der römisch-katholischen Kirche. Die allermeisten F. sind Mitglieder oder Gastmitglieder der ACK in Deutschland.