Rente
Alltagssprachlich wird der Begriff R. in Deutschland heute vorwiegend für Leistungen, insb. Alters-R.n, der gesetzlichen R.n-Versicherung verwendet. Ähnliches gilt in der Schweiz für Leistungen der staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung. In Österreich ist für vergleichbare Leistungen der Begriff „Pension“ gebräuchlich, die dort v. a. von der staatlichen Pensionsversicherungsanstalt gewährt werden.
Als R. werden in Deutschland darüber hinaus weitere Leistungen verschiedener Zweige des sozialen Sicherungssystems bezeichnet (v. a. Erwerbsminderungs-R.n sowie Hinterbliebenen-R.n, d. h. Witwen-, Witwer- oder Waisen-R.n, der gesetzlichen R.n-Versicherung; Berufskrankheits- und Verletzten-R.n, auch Unfall-R.n genannt, sowie Hinterbliebenen-R.n der gesetzlichen Unfallversicherung). Bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung spricht man analog zu den Alters-R.n der gesetzlichen R.n-Versicherung auch von Betriebs-R.n, bei Leistungen der privaten, staatlich geförderten Altersvorsorge von Riester- oder Rürup-R., je nach Art der zugrunde liegenden Förderung. Bestimmte Formen der privaten Altersvorsorge werden auch ohne staatliche Förderung allg. (Privat-)R. genannt.
In der Fachsprache der Wirtschaftswissenschaften und einiger angrenzender Disziplinen sowie im älteren Sprachgebrauch hat der Begriff R. noch einige andere, mit den bisher genannten Verwendungen teils verbundene und einander teils überlappende Bedeutungen. Er bezeichnet dann (zumeist regelmäßig fließende, d. h. monatliche oder jährliche) Einkommen,
a) die auf Lebenszeit des Empfängers gewährt werden und mit dessen Tod erlöschen (auch Leib-R.; z. B. basierend auf der Verrentung eines Kapitalbetrages oder des Kaufpreises für eine Immobilie, ohne Möglichkeit zur Vererbung etwaigen Restkapitals), sodass sie sich zur Versicherung des Langlebigkeitsrisikos eignen;
b) die ohne Arbeitsleistung erzielt werden, sondern auf der Nutzung anderer Produktionsfaktoren beruhen (Grund- oder Boden-R. sowie Kapital-R.; mit der mittlerweile veralteten Bezeichnung „Rentier“ für eine Person, die ihren laufenden Lebensunterhalt überwiegend aus solchen Einkommen bestreitet);
c) die höher ausfallen als Einkommen aus gleicher Quelle, v. a. bei der Nutzung von Boden bzw. Immobilien, weil die betreffende Fläche oder das Objekt Standortvorteile aufweisen, qualitativ besser sind oder intensiver genutzt werden (Lage-, Bonitäts- bzw. Intensitäts-R.; allgemein Differential-R.);
d) die ohne Wettbewerb erzielt werden (Monopol-R.);
e) die im politischen Prozess verteilt werden (politische R.; engl. „Rent-seeking“ für das Bestreben, politische oder administrative Entscheidungen so zu fällen oder zu beeinflussen, dass die danach strebenden Akteure finanzielle, aber auch andere Vorteile erhalten).
In der Wirtschaftstheorie wird bei der Analyse der Ergebnisse von Marktprozessen im Anschluss an grundlegende Arbeiten des britischen Ökonomen Alfred Marshall auch von einer Konsumenten- und einer Produzenten-R. gesprochen. Sie entstehen, wenn die Käufer einer Ware oder Dienstleistung einen geringeren Preis zahlen, als sie maximal zu zahlen bereit sind, bzw. wenn die Produzenten einer Ware oder Dienstleistung einen höheren Preis erzielen, als zur Deckung ihrer (variablen) Kosten erforderlich ist. Bei typischen Annahmen über Zahlungsbereitschaft und Kostensituation der Nachfrager bzw. Anbieter sowie über die Bildung von Marktpreisen können beide Arten von Vorteilen zugleich auftreten. Da Zahlungsbereitschaft und Kostensituation variieren, steht hinter den Bezeichnungen ebenfalls das Konzept einer Differential-R. Die Produzenten-R. stellt zugleich einen Deckungsbeitrag oder Rohgewinn (vor Deckung fixer Kosten) dar.
Ganz allgemein entstehen R.n aus ökonomischer Sicht, wenn Produktionsfaktoren, Güter oder Dienstleistungen knapp sind, entweder vorübergehend (Quasi-R.) oder dauerhaft (absolute R., ursprünglich v. a. in Bezug auf den Produktionsfaktor Boden).
Literatur
J. W. Althammer/H. Lampert/M. Sommer: Lehrbuch der Sozialpolitik, 102019 • J. Tietze: Einführung in die Finanzmathematik, 122014 • J. E. Stiglitz/C. E. Walsh: Mikroökonomie, 42010 • H. Siebert/O. Lorz: Einführung in die Volkswirtschaftslehre, 152007 • A. O. Krueger: The Political Economy of the Rent-Seeking Society, in: AER 64/3 (1974), 291–303 • A. Marshall: Principles of Economics, 1890 • J. H. von Thünen: Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie, 3 Teile, 1826/50/63 • D. Ricardo: On the Principles of Political Economy and Taxation, 31821.
Empfohlene Zitierweise
M. Werding: Rente, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Rente (abgerufen: 21.11.2024)