Deutscher Katholikentag: Unterschied zwischen den Versionen

K (Deutscher Katholikentag)
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Version vom 14. November 2022, 05:54 Uhr

1. Zeitansage, Sammlung, Sendung

Die seit 1848 stattfindenden D. K.e ermöglichen bei allem Wandel bis heute ein Erlebnis der Gemeinschaft der Kirche (katholische Kirche), sie sind Orte religiöser, sozialer und politischer Bildung bzw. Debatte sowie Ausgangspunkte kirchlicher, gesellschaftlicher und politischer Aktionen. Gottesdienst, Glaubenszeugnis und die Besinnung auf den Dienst des Christen (Christentum) in der Welt prägen die K.e. Die Verkündigung des Evangeliums bestimmt sie ebenso wie die jeweiligen Bemühungen um eine zeitgemäße Pastoral und um ein christliches Zeugnis in der Welt. Es geht um die Aufgaben des Christen und der Kirche in der jeweiligen Zeit, die auf K.en thematisch qualifiziert erörtert werden. Dabei sind K.e immer Zeitansage der Welt in die Kirche und Botschaft der Kirche in die Welt hinein (Katholizismus). Auf K.en bildet sich kirchliche Meinung in der Öffentlichkeit und öffentliche Meinung in der Kirche. Sie sind darüber hinaus Orte, um Ideen, Gedanken, Meinungen, Anregungen, Vorschläge und Vorhaben zu präsentieren und zu diskutieren. K.e sind handlungsorientierte Veranstaltungen: Gottesdienste, Feste, Begegnungen, Foren, Vorträge und Diskussionen sind immer auch auf Aktionen im kirchlichen, gesellschaftlichen oder politischen Feld ausgerichtet. K.e sind zugleich Tage der Sammlung und der Sendung.

2. Geschichte

Veränderungen in der Geschichte der D.n K.e sind in engem Zusammenhang mit den kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen zu sehen. Der erste K. war der Beginn der Befreiung der deutschen Katholiken von der staatskirchlichen Bevormundung, in die sie durch die Säkularisation der Reichskirche geraten waren. Die Katholiken nahmen die bürgerlichen Freiheiten in Anspruch, die in der März-Revolution 1848 errungen worden waren, begannen sich auf der Grundlage der Versammlungs-, Vereins- und Pressefreiheit (Meinungsfreiheit) zu organisieren und ihren Forderungen nach Gewissens- (Gewissen, Gewissensfreiheit) und Religionsfreiheit öffentlich und politisch Geltung zu verschaffen. Der Mainzer Domkapitular Adam Franz Lennig erkannte früh die neuen Chancen und gründete am 23.3.1848 in Mainz den ersten „Pius-Verein für religiöse Freiheit“, dem schnell hunderte ähnlicher Gründungen folgten.

Während des Kölner Dombaufestes im August 1848 wurde beschlossen, die neugegründeten katholischen Vereine (Verein) zu einer Gesamtorganisation zusammenzufassen. Dies erfolgte bei der nach Mainz geladenen ersten Generalversammlung, dem 1. K. vom 3.–6.10.1848. Hier entstand der „Katholische Verein Deutschlands“, der auf breiter demokratischer Basis gleichzeitig kirchlichen und nationalen Zielen dienen sollte. So erklärte der 3. K. im Oktober 1849 in Regensburg, Deutschland könne nur in dem Maße einiger werden, als die Kirche vorher freier geworden sei: „Die Freiheit der Kirche ist die Mutter einer besseren Zukunft für Deutschland. Das ist die Grundidee des Katholischen Vereins Deutschlands.“

Diese „Grundidee“ hat in den folgenden Jahren zu vielfältigen Auseinandersetzungen geführt. So standen auf den ersten K.en – von denen zwischen 1850 und 1867 sieben in Österreich stattfanden – die Bemühungen um die Herstellung der kirchlichen Freiheit in Deutschland immer im Mittelpunkt der Beratungen. Für den deutschen Episkopat, der sich nach dem 1. K. in Mainz ebenfalls zu einer 1. Konferenz in Würzburg zusammenfand, bedeuteten diese K.e eine wesentliche Unterstützung. Unablässig setzten sich die deutschen Katholiken gegen das Unrecht zur Wehr, das dem Heiligen Stuhl durch die Beseitigung des Kirchenstaates drohte bzw. 1870 widerfuhr. Von Anfang an hat auch die soziale Frage im Mittelpunkt von K.en gestanden. Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, Adolph Kolping, Franz Brandts, Franz Hitze und August Pieper waren an diesen Beratungen ebenso entscheidend beteiligt wie an der Entstehung und Entwicklung einer starken katholischen sozialen Bewegung in Deutschland.

Auf dem 10. K. 1858 in Köln wurde der „Katholische Verein Deutschlands“ in eine Dachorganisation „der katholischen Vereine Deutschlands“ umgewandelt. Beim 19. K. 1868 in Bamberg wurde auf Antrag von Franz Hülskamp ein Zentralkomitee gebildet, dessen erster Sekretär F. Hülskamp und erster Präsident Karl Heinrich Fürst zu Löwenstein war. Aufgabe des Zentralkomitees war es, die „Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands“ vorzubereiten und ihre Beschlüsse durchzuführen. Nach Gründung des neuen Reiches wurde auf dem 21. K. 1871 in Mainz beschlossen, zukünftig nicht mehr Generalversammlungen „der katholischen Vereine Deutschlands“ einzuberufen, sondern Generalversammlungen „der Katholiken Deutschlands“. Am 17.11.1898 wählte man den Grafen Clemens Droste zu Vischering zum Präsidenten. Ihn löste 1920 der Sohn des ersten Präsidenten, Alois Fürst zu Löwenstein ab, der dieses Amt 1948 seinem Sohn Karl Fürst zu Löwenstein übergab.

1952 wurde das Zentralkomitee der D.n K.e erweitert zum ZdK, das neben neuen Aufgaben die Vorbereitung und Durchführung der D. K.e fortführte. K. Fürst zu Löwenstein blieb Präsident dieses neugebildeten Zentralkomitees bis 1968. Ihm folgten bis 1972 Albrecht Beckel, 1972–76 Bernhard Vogel, 1976–88 Hans Maier, 1988–97 Rita Waschbüsch, 1997–2009 Hans Joachim Meyer, 2009–2015 Alois Glück und seit 2015 Thomas Sternberg. Generalsekretäre waren Adolf Donders (1906–20), Gustav Raps (1920–27), Heinrich Legge (1927–47), Franz Hengsbach (1947–52), Erich Lampey (1952–56), Heinrich Köppler (1956–66); Friedrich Kronenberg (1966–99) und Stefan Vesper (seit 1999).

3. Vielfalt und Pluralität

Für die Entwicklung der vielfältigen katholischen Organisationen in Deutschland hatten die D.n K.e eine große Bedeutung. Die meisten katholischen Organisationen und Einrichtungen waren bei ihrem Entstehen mit Initiativen auf K.en eng verbunden. Seit der Gemeinsamen Synode (1972–76) haben entsprechend der Weiterentwicklung der Strukturen des Laienapostolates (Laie) neben den klassischen Verbänden auch die Diözesanräte der Katholiken (Bistum) und die freien Initiativen der Bildungsarbeit, der Akademien und die Geistlichen Gemeinschaften eine zunehmende Rolle auf den K.en übernommen.

Auch das Verhältnis der D.n K.e zu den politischen Parteien war manchen Entwicklungen unterworfen. Nach der Gründung des Zentrums 1870 wurden zunächst direkte Beziehungen zum Zentrum eher vermieden, bis im Gefolge des Kulturkampfes die Verbindungen zwischen kath. Parlamentsangehörigen und den K.en enger wurden, insb. nachdem der Zentrumsführer Ludwig Windthorst die K.e prägte, vor allem durch die zur Tradition gewordenen Schlussreden auf den K.en von 1879 bis zu seinem Tod 1891. Bis in die Weimarer Zeit hinein dominierte die enge Verbindung zwischen K.en und Zentrumspartei. Konrad Adenauer trat auf dem 62. K. 1922 in München entschieden für die Weimarer Republik ein. Im Dritten Reich (Nationalsozialismus) waren K.e verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich der politische Dialog auf den seit 1948 wieder regelmäßig (seit 1950 in zweijährigem Turnus, umschichtig mit dem DEKT) stattfindenden K.en zunächst stark auf die Christlichen Unionsparteien (CDU, CSU), um später und bis heute einem breiteren Gesprächsrahmen Raum zu geben.

Im Zuge der nachkonziliaren Entwicklung zu einem Katholizismus von großer innerer Vielfalt spiegeln die K.e heute die Pluralität von Glaubens- und Lebensformen, von gesellschaftlichen und politischen Vorstellungen. K.e haben eine große integrierende Kraft und Wirkung für die Kirche in Deutschland. Sie sind Ort der Begegnung und des Kennenlernens, sie geben Raum zur Auseinandersetzung über strittige kirchliche oder gesellschaftliche Fragen.

Auch in den Teilnehmerzahlen spiegeln sich Entwicklungen der K.e. 1865 waren in Trier 400 Teilnehmer anwesend, 1909 in Breslau bei der Eröffnung 26 000, 1927 in Dortmund am Schlusstag 120 000 und 1956 in Köln am Schlusstag 700 000. In geänderter gesellschaftlicher und kirchlicher Situation gingen die Teilnehmerzahlen zwischenzeitlich wieder zurück. Mit dem Katholikentag in Freiburg begann eine Phase, in der – für die gesamte fünftägige Veranstaltung – etwa in Berlin 1980 und in Düsseldorf 1982 100.000 Teilnehmer zu verzeichnen waren, in München 1984 und in Berlin 1990 rund 140.000, darunter sehr viele junge Leute. Diese Renaissance der K.e wurde allenthalben mit Überraschung zur Kenntnis genommen.

Nach dem Fall der Mauer konnte 1994 der erste K. wieder in Berlin stattfinden. Das 150. Jubiläum wurde 1998 in Mainz begangen und der 100. K. wurde 2016 in Leipzig durchgeführt. Als Ergänzung und Bereicherung der K.s- und Kirchentagsbewegung veranstalteten das ZdK und der DEKT 2003 in Berlin gemeinsam den ersten ÖKT, dem 2010 in München der Zweite folgte. Diese großen, bis zu 200 000 Teilnehmer anziehenden Ereignisse sollen fortgesetzt werden.

Die Katholikentage bleiben heute ein Ort, an dem sich, wie der frühere Präsident Hans Maier formulierte, „die Katholiken in ganz Deutschland kennenlernen“. .