Wehrbeauftragter: Unterschied zwischen den Versionen

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Der W. des Deutschen [[Bundestag|Bundestages]] ist Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte in der [[Bundesrepublik Deutschland|BRD]]. Diese einzigartige Institution ist nur im historischen Zusammenhang erklärbar. Bei Gründung der westdeutschen Bundesrepublik 1949 war die Aufstellung von Streitkräften zunächst nicht vorgesehen. Die Entmilitarisierung nach dem Zweiten Weltkrieg, alliierte Vorbehalte, die lebendige Erinnerung an den Krieg und die Verstrickungen der Wehrmacht in das Unrecht der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ([[Nationalsozialismus]]) schlossen eine Neuaufstellung von Streitkräften zunächst aus. Erst das Drängen der USA und Großbritanniens auf einen eigenen westdeutschen Verteidigungsbeitrag im sich verschärfenden [[Ost-West-Konflikt]] löste in der jungen BRD die mit Leidenschaft geführte Wiederbewaffnungsdebatte aus. An deren Ende stand die politische Entscheidung zur Aufstellung der [[Bundeswehr]], die ausdrücklich keine Wiedergründung von Wehrmacht oder Reichswehr sein sollte, sondern eine Neugründung von Streitkräften in der [[Demokratie]] und für die Demokratie. Machtmissbrauch und Militarismus sollten von vornherein durch eine enge parlamentarische Kontrolle („Parlamentsarmee“) sowie eine moderne Führungskonzeption ausgeschlossen werden. Die Innere Führung, deren Leitbild der Staatsbürger in Uniform ist, setzte aus der historischen Erfahrung des militärischen [[Widerstand|Widerstands]] gegen Adolf Hitler und des versuchten Staatsstreiches vom 20.&nbsp;Juli 1944 das Gewissen vor den absoluten Befehlsgehorsam. Zur zivilen [[Politische Kontrolle|politischen Kontrolle]] der Bundeswehr unterstellte der Verfassungsgeber die Streitkräfte als Teil der Exekutive einem dem Parlament verantwortlichen Minister. Er schuf im Parlament einen Verteidigungsausschuss, der gleichzeitig die bes.n Rechte eines Untersuchungsausschusses erhielt (Art.&nbsp;45a GG). Die damalige sozialdemokratische Opposition forderte zur Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle außerdem, in der Verfassung ein sonst nur gegen den Bundeskanzler zu richtendes [[Misstrauensvotum]] auch gegen den Bundesminister der Verteidigung vorzusehen. Die christlich-liberale Regierungsmehrheit lehnte dies ab. Es kam zu einem Kompromiss, der neben dem Verteidigungsausschuss nun als zusätzliches parlamentarisches Kontrollinstrument einen W.n vorsah: eine vollkommen neue Institution ohne Vorbild in der deutschen Verfassungsgeschichte. Als Modell diente v.&nbsp;a. der Militieombudsman ([[Ombudswesen]]) des schwedischen Reichstages. Die Einigung fand ihren verfassungsrechtlichen Abschluss mit der Einfügung von Artikel 45b in das GG: „Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.“
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Der W. des Deutschen [[Bundestag|Bundestages]] ist Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte in der [[Bundesrepublik Deutschland|BRD]]. Diese einzigartige Institution ist nur im historischen Zusammenhang erklärbar. Bei Gründung der westdeutschen Bundesrepublik 1949 war die Aufstellung von Streitkräften zunächst nicht vorgesehen. Die Entmilitarisierung nach dem Zweiten Weltkrieg, alliierte Vorbehalte, die lebendige Erinnerung an den Krieg und die Verstrickungen der Wehrmacht in das Unrecht der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ([[Nationalsozialismus]]) schlossen eine Neuaufstellung von Streitkräften zunächst aus. Erst das Drängen der USA und Großbritanniens auf einen eigenen westdeutschen Verteidigungsbeitrag im sich verschärfenden [[Ost-West-Konflikt]] löste in der jungen BRD die mit Leidenschaft geführte Wiederbewaffnungsdebatte aus. An deren Ende stand die politische Entscheidung zur Aufstellung der [[Bundeswehr]], die ausdrücklich keine Wiedergründung von Wehrmacht oder Reichswehr sein sollte, sondern eine Neugründung von Streitkräften in der [[Demokratie]] und für die Demokratie. Machtmissbrauch und Militarismus sollten von vornherein durch eine enge parlamentarische Kontrolle („Parlamentsarmee“) sowie eine moderne Führungskonzeption ausgeschlossen werden. Die Innere Führung, deren Leitbild der Staatsbürger in Uniform ist, setzte aus der historischen Erfahrung des militärischen [[Widerstand|Widerstands]] gegen Adolf Hitler und des versuchten Staatsstreiches vom 20.&nbsp;Juli 1944 das Gewissen vor den absoluten Befehlsgehorsam. Zur zivilen [[Politische Kontrolle|politischen Kontrolle]] der Bundeswehr unterstellte der Verfassungsgeber die Streitkräfte als Teil der Exekutive einem dem Parlament verantwortlichen Minister. Er schuf im Parlament einen Verteidigungsausschuss, der gleichzeitig die besonderen Rechte eines Untersuchungsausschusses erhielt (Art.&nbsp;45a GG). Die damalige sozialdemokratische Opposition forderte zur Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle außerdem, in der Verfassung ein sonst nur gegen den Bundeskanzler zu richtendes [[Misstrauensvotum]] auch gegen den Bundesminister der Verteidigung vorzusehen. Die christlich-liberale Regierungsmehrheit lehnte dies ab. Es kam zu einem Kompromiss, der neben dem Verteidigungsausschuss nun als zusätzliches parlamentarisches Kontrollinstrument einen W.n vorsah: eine vollkommen neue Institution ohne Vorbild in der deutschen Verfassungsgeschichte. Als Modell diente v.&nbsp;a. der Militieombudsman ([[Ombudswesen]]) des schwedischen Reichstages. Die Einigung fand ihren verfassungsrechtlichen Abschluss mit der Einfügung von Artikel 45b in das GG: „Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.“
 
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Seiner Funktion und Rechtsstellung nach ist der W. eine spezifische Ausprägung des aus Skandinavien stammenden Modells des Ombudmanns. Als Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte ist er zugl. Petitionsinstanz für die [[Soldat|Soldaten]] der Bundeswehr. Er soll darauf achten, dass die [[Grundrechte]] aller Soldaten jederzeit gewahrt werden und die Innere Führung fest in der Kultur der Streitkräfte verankert ist. Seine umfangreichen Rechte und Pflichten zur Erfüllung dieser Aufgaben sind im WBeauftrG geregelt.
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Seiner Funktion und Rechtsstellung nach ist der W. eine spezifische Ausprägung des aus Skandinavien stammenden Modells des Ombudmanns. Als Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte ist er zugleich Petitionsinstanz für die [[Soldat|Soldaten]] der Bundeswehr. Er soll darauf achten, dass die [[Grundrechte]] aller Soldaten jederzeit gewahrt werden und die Innere Führung fest in der Kultur der Streitkräfte verankert ist. Seine umfangreichen Rechte und Pflichten zur Erfüllung dieser Aufgaben sind im WBeauftrG geregelt.
 
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Die im W.n vereinigten Funktionen des Grundrechtsschutzes der Soldaten und der parlamentarischen Kontrolle der Bundeswehr werden – was anfangs nicht unstrittig war – als einheitlicher Aufgabenkreis verstanden. Die Aufgabe des Grundrechtsschutzes ist mithin ein spezifischer Bestandteil der parlamentarischen Kontrolle. Der W. ist daher in seinem gesamten Aufgabenbereich ein Hilfsorgan des Bundestages (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;1 WBeauftrG) und diesem berichtspflichtig. Bundestag und Verteidigungsausschuss können den W.n anweisen, bestimmte Vorgänge in der Bundeswehr zu prüfen (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;2 WBeauftrG). I.&nbsp;d.&nbsp;R. jedoch wird der W. nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidung tätig (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;3 WBeauftrG). Auslöser dafür können insbs. Eingaben betroffener Soldaten sein (§&nbsp;7 WBeauftrG). Nicht tätig werden kann er allerdings, wenn der Verteidigungsausschuss einen Vorgang zum Gegenstand seiner eigenen Beratung gemacht hat (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;2 Satz 2 WBeauftrG). Bundestag und Verteidigungsausschuss können allg.e Richtlinien für die Arbeit des W.n erlassen. Im Übrigen unterliegt der W. jedoch – abgesehen von der Weisung zur Prüfung bestimmter Vorgänge – keinen Weisungen (§&nbsp;5 Abs.&nbsp;2 WBeauftrG).
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Die im W.n vereinigten Funktionen des Grundrechtsschutzes der Soldaten und der parlamentarischen Kontrolle der Bundeswehr werden – was anfangs nicht unstrittig war – als einheitlicher Aufgabenkreis verstanden. Die Aufgabe des Grundrechtsschutzes ist mithin ein spezifischer Bestandteil der parlamentarischen Kontrolle. Der W. ist daher in seinem gesamten Aufgabenbereich ein Hilfsorgan des Bundestages (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;1 WBeauftrG) und diesem berichtspflichtig. Bundestag und Verteidigungsausschuss können den W.n anweisen, bestimmte Vorgänge in der Bundeswehr zu prüfen (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;2 WBeauftrG). I.&nbsp;d.&nbsp;R. jedoch wird der W. nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidung tätig (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;3 WBeauftrG). Auslöser dafür können insbs. Eingaben betroffener Soldaten sein (§&nbsp;7 WBeauftrG). Nicht tätig werden kann er allerdings, wenn der Verteidigungsausschuss einen Vorgang zum Gegenstand seiner eigenen Beratung gemacht hat (§&nbsp;1 Abs.&nbsp;2 Satz 2 WBeauftrG). Bundestag und Verteidigungsausschuss können allgemeine Richtlinien für die Arbeit des W.n erlassen. Im Übrigen unterliegt der W. jedoch – abgesehen von der Weisung zur Prüfung bestimmter Vorgänge – keinen Weisungen (§&nbsp;5 Abs.&nbsp;2 WBeauftrG).
 
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Der W. besitzt gegenüber den Streitkräften kein Weisungsrecht, wohl aber eine allg.e Anregungsbefugnis (§&nbsp;3 Nr.&nbsp;2 WBeauftrG). Diese Anregungen haben in der politischen Praxis großes Gewicht. Über seine Erkenntnisse informiert der W. den Bundestag und die Öffentlichkeit regelmäßig in Jahresberichten. Darüber hinaus kann er das Parlament und den Verteidigungsausschuss auch jederzeit in Einzelberichten auf Missstände in den Streitkräften hinweisen. Er nimmt regelmäßig an Sitzungen des Parlaments und des Verteidigungsausschuses teil. Im Bundestag hat er einen eigenen Sitz, aber kein Stimmrecht. Auf Antrag einer Fraktion kann er im Plenum reden (§&nbsp;115, Abs.&nbsp;1 GOBT). Der Bundestag kann durch Beschluss den W.n zu einer Sitzung herbeirufen (§&nbsp;115, Abs.&nbsp;2 GOBT), dies kann auch der Verteidigungsausschuss (§&nbsp;6 WBeauftrG).
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Der W. besitzt gegenüber den Streitkräften kein Weisungsrecht, wohl aber eine allgemeine Anregungsbefugnis (§&nbsp;3 Nr.&nbsp;2 WBeauftrG). Diese Anregungen haben in der politischen Praxis großes Gewicht. Über seine Erkenntnisse informiert der W. den Bundestag und die Öffentlichkeit regelmäßig in Jahresberichten. Darüber hinaus kann er das Parlament und den Verteidigungsausschuss auch jederzeit in Einzelberichten auf Missstände in den Streitkräften hinweisen. Er nimmt regelmäßig an Sitzungen des Parlaments und des Verteidigungsausschuses teil. Im Bundestag hat er einen eigenen Sitz, aber kein Stimmrecht. Auf Antrag einer Fraktion kann er im Plenum reden (§&nbsp;115, Abs.&nbsp;1 GOBT). Der Bundestag kann durch Beschluss den W.n zu einer Sitzung herbeirufen (§&nbsp;115, Abs.&nbsp;2 GOBT), dies kann auch der Verteidigungsausschuss (§&nbsp;6 WBeauftrG).
 
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Die Institution des W.n hat sich nach allg.er Einschätzung bewährt und einen wichtigen Anteil an der festen Verankerung der Bundeswehr im Verfassungsstaat des [[Grundgesetz (GG)|GG]]. Das Amt genießt hohes Ansehen, nicht zuletzt weil es gelang, die Amtsführung vor einer parteipolitischen Vereinnahmung zu bewahren. In der Tätigkeit des W.n spiegelt sich auch der Wandel der Streitkräfte. In jüngerer Zeit ist neben den herkömmlichen Grundrechtsgefährdungen im militärischen Apparat zunehmend die strukturelle Belastung durch Einsatzbeanspruchung, Ausrüstungsmängel oder organisatorische Rahmenbedingungen in den Vordergrund der Berichte und Beanstandungen des W.n gerückt.
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Die Institution des W.n hat sich nach allgemeiner Einschätzung bewährt und einen wichtigen Anteil an der festen Verankerung der Bundeswehr im Verfassungsstaat des [[Grundgesetz (GG)|GG]]. Das Amt genießt hohes Ansehen, nicht zuletzt weil es gelang, die Amtsführung vor einer parteipolitischen Vereinnahmung zu bewahren. In der Tätigkeit des W.n spiegelt sich auch der Wandel der Streitkräfte. In jüngerer Zeit ist neben den herkömmlichen Grundrechtsgefährdungen im militärischen Apparat zunehmend die strukturelle Belastung durch Einsatzbeanspruchung, Ausrüstungsmängel oder organisatorische Rahmenbedingungen in den Vordergrund der Berichte und Beanstandungen des W.n gerückt.
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:13 Uhr

1. Vorgeschichte und Einrichtung

Der W. des Deutschen Bundestages ist Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte in der BRD. Diese einzigartige Institution ist nur im historischen Zusammenhang erklärbar. Bei Gründung der westdeutschen Bundesrepublik 1949 war die Aufstellung von Streitkräften zunächst nicht vorgesehen. Die Entmilitarisierung nach dem Zweiten Weltkrieg, alliierte Vorbehalte, die lebendige Erinnerung an den Krieg und die Verstrickungen der Wehrmacht in das Unrecht der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft (Nationalsozialismus) schlossen eine Neuaufstellung von Streitkräften zunächst aus. Erst das Drängen der USA und Großbritanniens auf einen eigenen westdeutschen Verteidigungsbeitrag im sich verschärfenden Ost-West-Konflikt löste in der jungen BRD die mit Leidenschaft geführte Wiederbewaffnungsdebatte aus. An deren Ende stand die politische Entscheidung zur Aufstellung der Bundeswehr, die ausdrücklich keine Wiedergründung von Wehrmacht oder Reichswehr sein sollte, sondern eine Neugründung von Streitkräften in der Demokratie und für die Demokratie. Machtmissbrauch und Militarismus sollten von vornherein durch eine enge parlamentarische Kontrolle („Parlamentsarmee“) sowie eine moderne Führungskonzeption ausgeschlossen werden. Die Innere Führung, deren Leitbild der Staatsbürger in Uniform ist, setzte aus der historischen Erfahrung des militärischen Widerstands gegen Adolf Hitler und des versuchten Staatsstreiches vom 20. Juli 1944 das Gewissen vor den absoluten Befehlsgehorsam. Zur zivilen politischen Kontrolle der Bundeswehr unterstellte der Verfassungsgeber die Streitkräfte als Teil der Exekutive einem dem Parlament verantwortlichen Minister. Er schuf im Parlament einen Verteidigungsausschuss, der gleichzeitig die besonderen Rechte eines Untersuchungsausschusses erhielt (Art. 45a GG). Die damalige sozialdemokratische Opposition forderte zur Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle außerdem, in der Verfassung ein sonst nur gegen den Bundeskanzler zu richtendes Misstrauensvotum auch gegen den Bundesminister der Verteidigung vorzusehen. Die christlich-liberale Regierungsmehrheit lehnte dies ab. Es kam zu einem Kompromiss, der neben dem Verteidigungsausschuss nun als zusätzliches parlamentarisches Kontrollinstrument einen W.n vorsah: eine vollkommen neue Institution ohne Vorbild in der deutschen Verfassungsgeschichte. Als Modell diente v. a. der Militieombudsman (Ombudswesen) des schwedischen Reichstages. Die Einigung fand ihren verfassungsrechtlichen Abschluss mit der Einfügung von Artikel 45b in das GG: „Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.“

2. Gesetzliche Grundlage, Wahl und Amtszeit

Zur Konkretisierung dieses Verfassungsartikels trat am 27. Juni 1957 auf Beschluss des Deutschen Bundestages das Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WBeauftrG) in Kraft. Das WBeauftrG wurde 1982 nach einem langwierigen gesetzgeberischen Verfahren umfänglich novelliert und neu bekanntgemacht.

Am 19. Februar 1959 wurde Helmuth von Grolman in geheimer Abstimmung zum ersten W.n des Deutschen Bundestages gewählt. Ihm folgten Hellmuth Heye (CDU), Matthias Hoogen (CDU), Fritz Rudolf Schultz (FDP), Karl Wilhelm Berkhan (SPD) und Willi Weiskirch (CDU). Eine Änderung des WBeauftrG im Jahr 1990 machte von nun an auch die Wahl ungedienter Kandidatinnen und Kandidaten möglich. Im selben Jahr wurde Alfred Biehle (CSU) W., fünf Jahre später mit Claire Marienfeld-Czesla (CDU) erstmals eine Frau. Ihr folgten Wilfried Penner (SPD), Reinhold Robbe (SPD), Hellmut Königshaus (FDP), Hans-Peter Bartels (SPD) und Eva Högl (SPD).

Der W. wird auf Vorschlag einer oder mehrerer Bundestagsfraktionen oder des Verteidigungsausschusses vom Bundestag in geheimer Wahl mit absoluter Mehrheit auf fünf Jahre gewählt (§ 13 WBeauftrG). Konkurrierende Vorschläge sind möglich. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzt und das 35. Lebensjahr vollendet hat (§ 14 Abs. 1 WBeauftrG). Üblicherweise wurden erfahrene Bundestagsabgeordnete vorgeschlagen. Die fünfjährige Amtszeit (§ 14 Abs. 2 WBeauftrG) soll die Unabhängigkeit des W.n von wechselnden Mehrheitsverhältnissen im Parlament unterstreichen, sichert darüber hinaus aber auch die Kontinuität der parlamentarischen Kontrolle über einen Wahlperiodenwechsel hinaus. Während der Dauer seines Amtsverhältnisses darf der W. kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben sowie kein politisches Mandat innehaben. Eine Wiederwahl ist zulässig (§ 14 Abs. 2 WBeauftrG). Das Amtsverhältnis endet mit Ablauf der Amtszeit, durch Tod, mit der Abberufung durch das Parlament oder mit der Entlassung auf eigenes Verlangen (§ 15 Abs. 3 WBeauftrG) – eine Möglichkeit, von der die ersten beiden W.n Gebrauch machten.

3. Aufgaben, Rechte, Arbeitsweise und Themen

Seiner Funktion und Rechtsstellung nach ist der W. eine spezifische Ausprägung des aus Skandinavien stammenden Modells des Ombudmanns. Als Teil der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte ist er zugleich Petitionsinstanz für die Soldaten der Bundeswehr. Er soll darauf achten, dass die Grundrechte aller Soldaten jederzeit gewahrt werden und die Innere Führung fest in der Kultur der Streitkräfte verankert ist. Seine umfangreichen Rechte und Pflichten zur Erfüllung dieser Aufgaben sind im WBeauftrG geregelt.

Die im W.n vereinigten Funktionen des Grundrechtsschutzes der Soldaten und der parlamentarischen Kontrolle der Bundeswehr werden – was anfangs nicht unstrittig war – als einheitlicher Aufgabenkreis verstanden. Die Aufgabe des Grundrechtsschutzes ist mithin ein spezifischer Bestandteil der parlamentarischen Kontrolle. Der W. ist daher in seinem gesamten Aufgabenbereich ein Hilfsorgan des Bundestages (§ 1 Abs. 1 WBeauftrG) und diesem berichtspflichtig. Bundestag und Verteidigungsausschuss können den W.n anweisen, bestimmte Vorgänge in der Bundeswehr zu prüfen (§ 1 Abs. 2 WBeauftrG). I. d. R. jedoch wird der W. nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidung tätig (§ 1 Abs. 3 WBeauftrG). Auslöser dafür können insbs. Eingaben betroffener Soldaten sein (§ 7 WBeauftrG). Nicht tätig werden kann er allerdings, wenn der Verteidigungsausschuss einen Vorgang zum Gegenstand seiner eigenen Beratung gemacht hat (§ 1 Abs. 2 Satz 2 WBeauftrG). Bundestag und Verteidigungsausschuss können allgemeine Richtlinien für die Arbeit des W.n erlassen. Im Übrigen unterliegt der W. jedoch – abgesehen von der Weisung zur Prüfung bestimmter Vorgänge – keinen Weisungen (§ 5 Abs. 2 WBeauftrG).

Zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt der W. über eine Reihe gesetzlicher Befugnisse. So sind der Verteidigungsminister und die ihm unterstellten Dienststellen verpflichtet, dem W.n auf Verlangen Auskunft zu geben und Akteneinsicht zu gewähren (§ 3 Nr. 1 WBeauftrG). Er kann sie auffordern, die von ihm aufgegriffenen Vorkommnisse und Sachverhalte zu prüfen, hierzu Stellung zu nehmen und die entscheidungserheblichen Unterlagen vorzulegen (§ 3 Nr. 1 WBeauftrG). Der W. hat das Recht, Berichte über die Ausübung der Disziplinargewalt in den Streitkräften anzufordern (§ 3 Nr. 5 WBeauftrG), einen Vorgang der für die Einleitung des Straf- oder Disziplinarverfahrens zuständigen Stelle zuleiten (§ 3 Nr. 3 WBeauftrG) und an straf- oder disziplinargerichtlichen Verfahren teilzunehmen (§ 3 Nr. 6 WBeauftrG). Gerichte und Verwaltungsbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden sind verpflichtet, dem W.n Amtshilfe zu leisten (§ 4 WBeauftrG). Ein zentrales Instrument der parlamentarischen Kontrolle ist das Recht des W.n, die Truppe jederzeit angemeldet oder unangemeldet besuchen zu können (§ 3 Nr. 4 WBeauftrG). Bei Truppenbesuchen im In- und Ausland kann sich der W. in persönlichen Gesprächen mit den Soldaten aller Dienstgradgruppen ein unmittelbares Bild vom inneren Zustand der Bundeswehr verschaffen.

Im Rahmen seiner Aufgabe als Petitionsinstanz haben Soldaten das Recht, sich einzeln und ohne Einhaltung des Dienstwegs an den W.n zu wenden (§ 7 WBeauftrG). Kein Soldat darf wegen einer solchen Eingabe benachteiligt werden (§ 7 Satz 2 WBeauftrG). Anonyme Eingaben werden nicht bearbeitet (§ 8 WBeauftrG), ein absolutes Bearbeitungsverbot existiert aber nicht, der W. kann solche Eingaben von Amts wegen aufgreifen. Bei der Bearbeitung von persönlichen Eingaben wendet sich der W. mit der Bitte um Stellungnahme an die Bundeswehr bzw. das Bundesministerium der Verteidigung oder andere Ressorts der Bundesregierung. Rechtliche Grundlage ist auch hier das Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht des W.n gegenüber allen Dienststellen der Bundeswehr. Darüber hinaus kann der W. Petenten sowie Zeugen und Sachverständige anhören. Im Überprüfungsverfahren muss die Nennung des Namens des Einsenders nicht zwingend erfolgen. In Ausnahmefällen, bspw. auf W…unsch des Petenten, wird von dieser Möglichkeit des § 9 WBeauftrG Gebrauch gemacht.

Die Eingabequote schwankte in den Jahren seit Aussetzung der allg.n Wehrpflicht 2011 zwischen 14 und 20 Eingaben je 1 000 Soldaten im Jahr. Die Gesamtzahl der bearbeiteten Vorgänge, zu der neben den persönlichen Eingaben auch aufgegriffene Meldungen über meldepflichtige Ereignisse in der Bundeswehr und Überprüfungsersuchen etwa aus Truppenbesuchen des W.n gehören, lag in absoluten Zahlen bei jährlich gut 4 000 in der Nach-Wehrpflicht-Zeit (Quote: etwa 24 pro 1 000 Soldaten). Der höchste Wert bearbeiteter Vorgänge war mit 10 190 im Jahr 1989 zu verzeichnen, bei einer Truppenstärke von 487 000 aktiven Soldaten (2018: 180 000). Das Themenspektrum reicht von Fragen der Menschenführung über Schikanen in der Ausbildung, Mängel in der Personalbearbeitung, psychotraumatische Belastungsstörungen (PTBS) nach Auslandseinsätzen, sexuelle Belästigung, Mobbing und Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bis hin zu Problemen mit Ausrüstungslücken, Personalvakanzen, ungenügender Infrastruktur, Organisationsmängeln und verselbständigter Bürokratie.

In der Aufbauphase der Bundeswehr bis in die 1970er Jahre hinein war die Verankerung der Prinzipien der Inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform ein Kernthema für den W.n. Manche kriegsgedienten Offiziere, auch in Spitzenpositionen der Bundeswehr, traten für ein Festhalten am unbedingten, absoluten Befehlsgehorsam ein. Der zweite W. H. Heye warnte 1964 davor, dass die Bundeswehr sich als „Staat im Staate“ (zit. n. Schlaffer 2006: 319) etabliere. Die institionellen Konflikte zwischen W.m, Verteidigungsministerium und Parlament waren beachtlich, mündeten schließlich aber in einer Stärkung der Rolle und Rechte des W.n.

Neue Themen der Gegenwart ergeben sich aus Kooperation, Verflechtung und Integration von Streitkräften in Europa, was zentrale Fragen der parlamentarischen Kontrolle und der Soldatenrechte berührt.

Der W. besitzt gegenüber den Streitkräften kein Weisungsrecht, wohl aber eine allgemeine Anregungsbefugnis (§ 3 Nr. 2 WBeauftrG). Diese Anregungen haben in der politischen Praxis großes Gewicht. Über seine Erkenntnisse informiert der W. den Bundestag und die Öffentlichkeit regelmäßig in Jahresberichten. Darüber hinaus kann er das Parlament und den Verteidigungsausschuss auch jederzeit in Einzelberichten auf Missstände in den Streitkräften hinweisen. Er nimmt regelmäßig an Sitzungen des Parlaments und des Verteidigungsausschuses teil. Im Bundestag hat er einen eigenen Sitz, aber kein Stimmrecht. Auf Antrag einer Fraktion kann er im Plenum reden (§ 115, Abs. 1 GOBT). Der Bundestag kann durch Beschluss den W.n zu einer Sitzung herbeirufen (§ 115, Abs. 2 GOBT), dies kann auch der Verteidigungsausschuss (§ 6 WBeauftrG).

Die Berichte des W.n zielen darauf, das Parlament in den Stand zu versetzen, Fehlentwicklungen zu erkennen und Anregungen für politisches Handeln zu gewinnen. Das Parlament debattiert den Bericht öffentlich, das Verteidigungsministerium muss Stellung nehmen und ggf. Maßnahmen benennen, mit denen die im Bericht genannten Missstände beseitigt werden sollen.

Zur Bewältigung seiner Aufgaben stehen dem W.n 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung zur Verfügung. Das Amt des W.n wird von einem Leitenden Beamten geführt, dem auch die Vertretung des W.n obliegt (§ 17 WBeauftrG). Es gliedert sich entspr. den ministeriellen Organisationsprinzipien in Referate, deren Zahl und Zuständigkeit den jeweiligen Aufgabenstellungen und Schwerpunkten angepasst werden.

4. Österreich und die Schweiz

Eine dem W.n vergleichbare Funktion hat in Österreich die Parlamentarische Bundesheereskommission, die für Beschwerden von Soldaten zuständig ist, aber auch von Amts wegen potentielle Missstände im militärische Dienstbereich überprüfen kann (§ 4 WehrG). In der Schweiz gibt es demgegenüber keine derartige Institution.

5. Würdigung

Die Institution des W.n hat sich nach allgemeiner Einschätzung bewährt und einen wichtigen Anteil an der festen Verankerung der Bundeswehr im Verfassungsstaat des GG. Das Amt genießt hohes Ansehen, nicht zuletzt weil es gelang, die Amtsführung vor einer parteipolitischen Vereinnahmung zu bewahren. In der Tätigkeit des W.n spiegelt sich auch der Wandel der Streitkräfte. In jüngerer Zeit ist neben den herkömmlichen Grundrechtsgefährdungen im militärischen Apparat zunehmend die strukturelle Belastung durch Einsatzbeanspruchung, Ausrüstungsmängel oder organisatorische Rahmenbedingungen in den Vordergrund der Berichte und Beanstandungen des W.n gerückt.