Soldat

  1. I. Geschichtswissenschaftlich
  2. II. Politikwissenschaftlich
  3. III. Rechtlich

I. Geschichtswissenschaftlich

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1. Begriff

S. ist ein Sammelbegriff für alle Personen, die in Streitkräften militärischen Dienst tun. S.en unterscheiden sich in die Gruppen der Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften. Als S. wird auch der unterste Dienstgrad der Mannschaften bezeichnet.

Der Begriff geht zurück auf das italienische soldato (= der in Sold Genommene), das sich wiederum aus dem spätlateinischen solidus (= gediegene Goldmünze) ableitet. Die Verwendung des Wortes S. lässt sich im deutschen Sprachraum erstmals im 16. Jh. nachweisen, setzte sich aber erst in der zweiten Hälfte des 17. Jh. durch. Nicht zu der Gruppe der S.en gehören Zivilangestellte der Streitkräfte, die v. a. in der Militärverwaltung tätig sind und deren juristische Stellung in der BRD durch das Beamtenrecht geregelt ist.

2. Geschichte

Während des Mittelalters war der Adlige seinem Lehnsherrn zur Heerfolge verpflichtet und stellte Streitkräfte aus seinen Untervasallen und freien Bauern auf. Ab dem 14. Jh. entstanden in Europa dann in unterschiedlichen Zeitspannen und in verschiedener Größe Söldnerheere, in denen v. a. Männer dienten, die für ihren Militärdienst bezahlt wurden. Dabei handelte es sich nicht mehr um lehnsabhängige Vasallen, sondern um mittellose Handwerker, entflohene Leibeigene aber auch nachgeborene Adelssöhne. Der Begriff S. drückte diese neue Form der Rekrutierung aus. Die neuen S.en leiteten ihre Motivation v. a. aus der Bezahlung für einen nach Zeit und Raum begrenzten Kriegszug ab. Diese Söldner wechselten oftmals die Fronten und waren weder landmannschaftlich noch konfessionell gebunden. Entspr. hoch waren die Desertionsraten, denen man mit drakonischen Strafen Einhalt zu gebieten suchte. Mit dem Söldnerwesen entstand in verschiedenen Regionen Europas – etwa der Eidgenossenschaft, in Böhmen, in Schottland und in Albanien – aber auch ein überregional anerkannter Berufsstand professioneller S.en, die das immer anspruchsvollere Kriegshandwerk auch in kritischen Situationen auf hohem Niveau beherrschten.

Ideelle Beweggründe nahmen nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–48) an Bedeutung für die Motivation der S.en zu, insb. im 18. Jh. mit der Festigung staatlicher Strukturen und der Aufstellung zahlenmäßig bedeutender stehender Heere. Zumindest die Offiziere sahen sich immer mehr in einem Loyalitätsverhältnis zu ihrem Staat. Die einfachen S.en waren bis zur Französischen Revolution in den meisten europäischen Ländern nach wie vor Söldner, die – anders als im 16. Jh. – meist zwangsweise verpflichtet waren.

Diese Entwicklung ist in weiten Teilen Europas mit der Französischen Revolution, der Idee des Nationalstaates und der Einführung der Wehrpflicht vollendet worden. Damit waren alle männlichen Bürger einer bestimmten Altersgruppe (in Deutschland im Frieden i. d. R. bis zum 25. Lebensjahr, im Krieg bis zum 60. Lebensjahr) dazu verpflichtet, dem Staat im Krieg, aber auch im Frieden Militärdienst zu leisten und zwar unabhängig von Stand, Einkommen oder Konfession. Wenngleich Vorformen bereits in der Frühen Neuzeit existierten (insb. in Schweden), setzte sich die Wehrpflicht erst 1793 in Frankreich durch. Es folgten Preußen (1813) und mit zeitlichem Verzug die anderen Groß- und Mittelmächte, zuletzt Großbritannien (1916).

Damit veränderte sich die Bedeutung des Begriffs S. grundlegend. Er steht seitdem für den seinem (National-)Staat ideell verpflichteten Bürger (Bürger, Bürgertum) und grenzt sich von dem negativ besetzten Begriff des Söldners ab. Wenngleich heute die allermeisten Länder wieder von der Wehrpflicht abgegangen sind – in Deutschland wurde sie zum 1.7.2011 ausgesetzt – hat sich am Charakter des S.en offiziell nichts geändert. Er bleibt der dem eigenen Staat zum treuen Dienen verpflichtete Bürger. S. kann man daher nur in der Armee des eigenen Landes werden. Daher sind die Mitglieder der Fremdenlegionen Frankreichs und Spaniens streng genommen keine S.en, sondern von ihrem Selbstverständnis her Söldnertruppen.

In den modernen Armeen wird zwischen Berufs-S.en, die den Streitkräften bis zum Erreichen des Pensionsalters angehören, und den Zeit-S.en unterschieden, die zwischen zwei und 15 Jahren Dienst tun und anschließend ins Zivilleben zurückkehren. Die weit überwiegende Mehrheit der S.en waren in der Moderne Wehrpflichtige, deren Dienstzeit in Deutschland über die Jahrzehnte stark schwankte und zwischen sechs und 36 Monaten betrug.

Wenngleich es seit der Antike einzelne Beispiele von S.innen gibt, wurden die Streitkräfte erst im 20. Jh. in stärkerem Maße für Frauen geöffnet. In den Weltkriegen war es üblich, Frauen als Nachrichtenhelferinnen oder als Krankenpflegerinnen einzusetzen. Einsätze bei den Kampftruppen blieben die große Ausnahme. Lediglich die Rote Armee setzte Frauen in größerer Zahl auch in kämpfenden Verbänden ein. Nach 1945 öffneten die USA ihre Streitkräfte schrittweise für S.innen, wobei die letzten Hürden erst 2016 beseitigt wurden. In der NVA durften Frauen von Anfang an im Sanitätsdienst oder der Nachschubtruppe Dienst tun. In der Bundeswehr waren sie seit 1975 als Ärztinnen, seit 2001 dann für alle Teilstreitkräfte zugelassen. Ihr Anteil in den Streitkräften betrug 2018 12 %.

3. Zivil-militärische Beziehungen

S.en hatten im Deutschen Kaiserreich eine herausgehobene gesellschaftliche Stellung, die wesentlich durch die siegreichen Einigungskriege (1864, 1866, 1870/71) begründet war. Das preußische Bürgertum stand vor 1866 dem Soldatentum noch skeptisch gegenüber, öffnete sich nach 1866 aber mehr und mehr dem Militär. Abiturienten konnten einen auf ein Jahr verkürzten Wehrdienst leisten (Einjährig-Freiwillige) und anschließend Reserveoffizier werden. Mit der Vergrößerung und Technisierung der Streitkräfte spielte das deutsche Bürgertum in den Streitkräften bis 1914 eine immer größere Rolle.

Die im Kaiserreich nebeneinander existierende preußische, bayerische, sächsische und württembergische Armee wurden auf ihren jeweiligen König vereidigt. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges war freilich die deutsche Nation der wohl wichtigste Bezugspunkt für die soldatische Loyalität. In der Weimarer Republik leisteten die S.en erstmals einen Eid auf die Verfassung, ab 1934 hingegen auf Adolf Hitler persönlich. Trotzdem sah sich das Militär neben der NSDAP als zweite unabhängige Säule des Staates. Spätestens mit der Übernahme des Oberkommandos der Wehrmacht durch A. Hitler im Mai 1938 war dies Makulatur. Die Wehrmacht war mittlerweile ein integraler Bestandteil des NS-Staates, in dem S.en so populär waren wie nie zuvor. Die Forschung ist sich indes nicht einig, welche Rolle die NS-Ideologie (Nationalsozialismus) für die rund 17 Mio. S.en der Wehrmacht konkret spielte. Ähnlich wie im Kaiserreich scheinen Patriotismus und Kameradschaft eine weit stärkere Rolle für die Motivation gespielt zu haben als die NS-Ideologie.

Die BRD stellte mit der Beendigung des Besatzungsstatus 1955 Streitkräfte auf, die dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet waren und einer umfassenden zivilen Kontrolle unterlagen. Die Bundeswehr war damit eine in ihrer Struktur vollkommen neue Armee. Ihre S.en sollten Staatsbürger in Uniform sein, die als Verfassungspatrioten für den Wehrdienst motiviert waren. Mit dem Prinzip der Inneren Führung galt es die Werte und Normen des GG auch im S.en-Alltag zur Anwendung zu bringen. Am 1.4.1956 trat erstmals ein SoldG in Kraft, in dem die Rechte und Pflichten der Angehörigen der Streitkräfte festgeschrieben waren. In welchem Ausmaß diese neuen Regelungen und Konzeptionen den Alltag der S.en wirklich beeinflussten ist bis heute strittig. Der Versuch, das Innenleben der Streitkräfte zu liberalisieren und zu modernisieren, konnte nicht verhindern, dass sich die Bundeswehr regelmäßig über die mangelnde staatsbürgerliche Motivation junger S.en beklagte und seit Ende der 1960er Jahre die Zahl der Wehrdienstverweigerer stetig anstieg. Dies lag auch daran, dass nach den Erfahrungen von Krieg und Verbrechen und einem Wertewandel in der Gesellschaft der S.en-Beruf in der westdeutschen Öffentlichkeit wenig populär war.

Die Wiedervereinigung markierte eine wichtige Zäsur nicht nur für die Struktur der nun erheblich verkleinerten Bundeswehr, sondern auch für die Vorstellung von den Aufgaben des S.en. Mit dem Ende des Kalten Krieges und den ersten Auslandseinsätzen in Kambodscha, Somalia und Bosnien schien der moderne S. eine neue Aufgabe als miles protector gefunden zu haben: Nicht mehr der Kampf im Krieg stand im Vordergrund, sondern das Retten, Helfen und Schützen in out-of-area operations. Die zivile Umdeutung des S.en-Berufes trug dazu bei, dass die Bundeswehr seit dem Ende des Kalten Krieges in der Gesellschaft ungleich populärer war als vor 1990. Allerdings hatte die Bundeswehr in Afghanistan zwischen 2008 und 2011 zahlreiche Gefechte gegen die Taliban zu bestehen, was das Konzept vom miles protector in der Einsatzrealität ein Stück weit ad absurdum führte. Es herrscht sowohl in der Zivilgesellschaft als auch in den Streitkräften Unklarheit darüber, welche Aufgaben deutsche S.en im 21. Jh. mit welcher Motivation wie erfüllen sollen.

II. Politikwissenschaftlich

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Politikwissenschaftlich gesehen sind S.en Angehörige der regulären Streitkräfte eines Staates, die in einer militärischen Dienstverwendung stehen (Aktivstand und Miliz- bzw. Reserve). Ihr Dienst ist auf den Einsatzfall ausgerichtet: primär auf den bewaffneten Kampf (Kriegsführung, militärische Gewaltausübung [ Gewalt ]), sekundär auf die Erfüllung gesellschaftlich notwendiger Aufgaben, für welche das militärische Organisationskönnen und zivil nutzbare Potential hilfreich ist (z. B. Katastrophenhilfe, Grenzschutz). Wegen ihrer Wichtigkeit als staatliches Instrument wird den S.en meist auch eine bes. Rechtsstellung zugewiesen. Je nach Verfassungsordnung können sie von politischer Mitwirkung ausgeschlossen sein. Im demokratisch-pluralistischen Rechtsstaat ist der S. allerdings stets ein Staatsbürger, wenngleich einer in Uniform und mit entsprechenden Sonderregeln (s. etwa das deutsche SoldG).

In der Alltagssprache verweist der Begriff S. häufig auf mit ihm verbundene Sachverhalte, etwa soldatisches Verhalten und soldatische Tugenden. Oft werden die Begriffe S. und Kämpfer/Krieger auch synonym verwendet, z. B. bei der Rede von „Kinder-S.en“. Besser ist aber ein präziser Begriffsgebrauch, der S.en als legitime Kombattanten i. S. d. Kriegsvölkerrechts unterscheidet von kriegsrechtlich illegitimen bewaffneten Kämpfern außerhalb staatlich organisierter und legitimierter Kampfverbände, also den Guerilleros (Guerilla), Partisanen und Terroristen. Ebenso ist der S. abzugrenzen vom Söldner, der als Angehöriger eines privaten Sicherheitsunternehmens zumal dort in Kämpfe geht, wo sich weder ein Gewaltmonopol des Staates noch eine staatlich verantwortete Kriegführung durchsetzen lässt. Historisch gesehen meint „Söldner“ denn auch einen professionellen S.en, der gegen Bezahlung („Sold“ von lateinisch solidus für Goldmünze) für einen Dienstherrn während gewisser Zeit militärischen Dienst leistet. Söldnerheere modernisierten nach der Zeit der feudalen Truppenaufgebote die Kriegführung, entzogen sich beim Ausbleiben ihrer Bezahlung aber der politischen Kontrolle und wurden seit der Französischen Revolution – möglich dank zunehmender Identifizierung von Bürgern (Bürger, Bürgertum) mit ihren Staaten – durch Freiwilligenarmeen, Berufs-S.en und Wehrpflichtheere abgelöst. Die zivilisatorische Errungenschaft einer Entprivatisierung der Kriegführung durch deren Verstaatlichung gilt es in den jetzigen Zeiten vielfach zerfallender Staatlichkeit zu verteidigen gegen das Aufkommen eines modernen Söldnertums (s. etwa die im Dezember 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete „Internationale Konvention gegen die Anwerbung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern“).

Dass mit den Massenheeren (Masse) und Weltkriegen des frühen 20. Jh. immer mehr Bürger zu S.en wurden, trug nach 1945 wesentlich dazu bei, dass die politikwissenschaftliche Forschung sich mit S.en v. a. im Rahmen der Themen Friedenssicherung, Kriegsverhütung und Sicherheitspolitik beschäftigte. In den Vordergrund rückten Fragen wie die folgenden: Wie lässt sich der Primat der Politik in der nationalen und internationalen Politik sicherstellen? Wie sollen die zivil-militärischen Beziehungen einer Gesellschaft gestaltet sein, um die Wahrscheinlichkeit militärischer Gewaltanwendung zu minimieren? Welches Militär- bzw. Wehrsystem sowie welches S.en-Bild entsprechen am besten den Friedenspostulaten demokratisch-freiheitlicher Staaten?

Eine neuere politikwissenschaftliche Debatte zum Verhältnis von S. und Politik wurde 1957 angestoßen durch Samuel Phillips Huntingtons Buch „The Soldier and the State“ (1957). Vertreten wurde dort die These, dass es zur Verteidigung der Demokratie sowohl einer Stärkung der zivilen Macht als auch einer Professionalisierung der Streitkräfte bedürfe, letztere abgestützt auf das Berufssoldatentum mit einem hochspezialisierten Offizierskorps. Morris Janowitz ergänzte in „The Professional Soldier“ (1960) S. P. Huntingtons Analyse der zivil-militärischen Beziehungen, lenkte sie aber in eine andere Richtung und diagnostizierte eine Tendenz der Angleichung zwischen Zivilem und Militärischem (Militär): Dem modernen S.en fielen zunehmend polizeiliche bzw. ordnungspolitische Aufgaben zu. Entspr. kamen Konzeptionen eines „postmodernen“ bzw. „postheroischen“ S.en auf.

Das faktisch enge Zusammenwirken zwischen politischen und militärischen Eliten wurde seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht nur in autoritären, sondern auch in demokratisch-freiheitlichen Staaten sichtbar. Gefahren von Militärputschen gab es nämlich nicht nur in den Staaten Lateinamerikas, Afrikas oder Asiens, sondern zeitweise auch in europäischen Ländern. Also wurde auch aus demokratiepolitischer Sicht ein neues S.en-Bild wünschenswert, das den S.en nicht nur an den Staat, sondern außerdem an dessen demokratische Ordnung bindet. So entstand das demokratisch-liberale Leitbild des S.en als Staatsbürger in Uniform. Ihm gemäß leistet der S. einen auf den Friedenserhalt ausgerichteten, staatlich organisierten Dienst mit der Waffe. Obendrein gewährleistet der Primat der Politik eine umfassende, demokratisch-öffentliche und zivile Kontrolle der Streitkräfte. In Deutschland geht das bis hin zur rechtlichen Stellung der Bundeswehr als einer „Parlamentsarmee“.

Die Verbindung von demokratischem Staat und S.en beginnt dort zu erodieren, wo durch politische Integrationsschritte klassische Souveränitätsrechte des Staates (Souveränität), insb. seine alleinige Befugnis zur Kriegführung, auf supra- oder transnationale Entscheidungsebenen übertragen werden. Zwar gab es ein umfassendes multinationales Zusammenwirken von S.en bereits während des Kalten Krieges; doch die Einsatzperspektive war auf die Abwehr einer sowjetischen Expansion eingegrenzt und somit im Kontext dessen, was die in der NATO zusammenwirkenden Staaten als Ergebnis demokratischer Willensbildung wirklich zusagen konnten. Die heutige Vervielfältigung von Bedrohungsszenarien sowie der europäische Integrationsprozess mit dem immer wieder geäußerten Wunsch nach einer europäischen Armee werfen deshalb neue, durchaus schwierige Fragen auf nach der Ausgestaltung der wechselseitigen Loyalität von „europäischen S.en“ und den sie stellenden demokratischen Staaten. Ohne Demokratie auf europäischer Ebene ist jedenfalls so etwas wie eine nicht vorrangig an die europäischen Nationalstaaten gebundene, zugleich aber politisch kontrollierte und im Einsatzfall trotz womöglich divergierender nationaler Interessen zusammenhaltende europäische Armee schwer zu schaffen.

Seitens der feministischen politischen Theorie (Feminismus) wird der Zusammenhang zwischen Soldatentum und Männlichkeit bzw. patriarchaler Gesellschaftsstruktur thematisiert. Tatsächlich waren S.en in der bisherigen Geschichte fast immer Männer, was die Rolle des S.en zutiefst prägte. Auch wurde die spätere Wehrpflicht meist nur Männern auferlegt. Das Verlangen nach Frauenemanzipation (Emanzipation) begann inzwischen den männerbündischen Charakter von Streitkräften aufzulösen. Die Streitkräfte fast aller Länder bestehen mittlerweile auch aus S.innen. Strategien zum Umgang mit sich daraus ergebenden Rollenherausforderungen beim Zusammentreffen von Geschlechtlichkeit, Kameradschaft und militärischen Hierarchiebeziehungen (Hierarchie) sind deshalb zum spannenden Gegenstand der Militärsoziologie geworden.

III. Rechtlich

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1. Grundlagen

S. ist, wer aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses Angehöriger der Streitkräfte ist. Der rechtlichen Ausgestaltung des S.en-Verhältnisses liegen in der BRD die Konzepte des Staatsbürgers in Uniform und der Inneren Führung der Bundeswehr zugrunde, die darauf zielen, funktionsfähige Streitkräfte mit demokratischer Rechtsstaatlichkeit (Rechtsstaat) im Lichte des Primats des Zivilen zu verbinden.

1.1 Soldat im Sonderstatusverhältnis

Die Geltung der Grundrechte ergibt sich als argumentum e contrario aus Art. 17a Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 3 GG. Der Artikel ermöglicht die Ausübung bestimmter Grundrechte zu beschränken, die jenseits des S.en-Verhältnisses höheren Eingriffshürden unterliegen. § 6 SoldG erlaubt die Beschränkung weiterer Rechte für die Erfordernisse des militärischen Dienstes durch gesetzlich begründete Pflichten. Grundlage hierfür ist der Verfassungsauftrag des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG, Streitkräfte zur Verteidigung aufzustellen, aus dem sich der verfassungsmäßige Rang der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr innerhalb der Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung ergibt. Die Bundeswehr ist so auszugestalten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen ist (BVerfGE 28,36 [47]), so dass S.en weitreichenderen Begrenzungen unterworfen werden dürfen als Zivilisten.

1.2 Wehrdienstverhältnisse

Das SoldG unterscheidet drei Formen von Wehrdienstverhältnissen: den Berufs-S.en und den S. auf Zeit als öffentliche Dienstverhältnisse sowie das Wehrdienstverhältnis aufgrund freiwilligen Wehrdienstes als öffentliche Dienstleistungspflicht. Die Bundeswehr ist gegenwärtig wegen der Aussetzung der Wehrpflicht als eine reine Freiwilligenarmee konzipiert. Alle Streitkräftelaufbahnen sind Frauen eröffnet.

2. Zivile Kontrolle

Der Grundsatz der zivilen Kontrolle wird u. a. über die innere Organisation der Streitkräfte verwirklicht, erfordert die Zuweisung des Oberbefehls an eine zivile Führung und verlangt, dass das Wehrrecht die Unterwerfung des S.en unter diese Führung absichert.

2.1 Befehl und Gehorsam

Das S.en-Verhältnis ist durch Befehl und Gehorsam geprägt. Der Befehl ist „eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen […] mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt“ (§ 2 Nr. 2 WStG). Indem nur Anweisungen militärischer Vorgesetzter als Befehl gelten, wird gesetzlich abgesichert, dass die Streitkräfte nicht von Zivilisten von außen kommandiert und so für partikulare Interessen missbräuchlich eingesetzt werden können. Vorgesetzter ist, wer eine bestimmte militärische Organisationseinheit führt und damit befugt ist, den unterstellten S.en Befehle zu erteilen. Das Gesetz knüpft für die Vorgesetztenstellung vorrangig an die Dienststellung an. Die Anknüpfung an die Anforderungen der Aufgabe und nicht allein die Hierarchie trägt dem Gedanken des Staatsbürgers in Uniform Rechnung, weil sie Kompetenz über Seniorität stellt.

2.2 Rechtswidrige Befehle

Im Lichte von Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 1 Abs. 3 GG muss jeder Befehl im Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung, den Gesetzen, den Rechtsverordnungen, den Dienstvorschriften und dem Völkerrecht stehen. Bei einem rechtswidrigen Befehl entsteht für den S.en eine Kollision zwischen seiner Pflicht zum Gehorsam und zur Gesetzestreue. Diese Kollision wird durch den Grundsatz des verbindlichen Befehls aufgelöst. Der S. darf auf die Rechtmäßigkeit vertrauen und muss den Befehl befolgen. Die Vermutung wird nur aufgehoben, wenn der Befehl die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt wurde. Hier hat der S. ein Recht zum Ungehorsam. Ihn kann aber die Pflicht zur Einlegung von Rechtsbehelfen treffen. Einen Befehl, durch den eine Straftat begangen würde, darf der S. nicht befolgen.

2.3 Dienstpflichten und Rechte

Zu den Dienstpflichten des S.en gehören: die Pflicht zum treuen Dienen, die Pflicht, sein Land zu verteidigen, die Gehorsamspflicht, die Pflicht zu diszipliniertem Verhalten, die Pflicht, seinen Vorgesetzten zu achten, die Wohlverhaltenspflicht und die Pflicht, für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten.

Zu den Rechten gehören v. a. Beschwerde- und Beteiligungsrechte. Im Lichte der Generalklausel des § 1 Abs. 1 S. 1 WBO und von Art. 19 Abs. 4 GG kann der S. gegen jede Beeinträchtigung seiner Rechtsposition die Entscheidung eines Gerichts herbeiführen, so dass der Bereich des inneren Gefüges der Streitkräfte der umfassenden zivilen gerichtlichen Kontrolle geöffnet ist. Die Vereinigungsfreiheit ist im Rahmen der allgemeinen Verfassungsschranken gewährleistet, so dass S.en eine Mitgliedschaft in Berufsverbänden erlaubt ist.

S.en sind in begrenztem Umfang zu politischer Neutralität zur Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin verpflichtet. Nur während des Dienstes und innerhalb militärischer Anlagen besteht ein politisches Betätigungsverbot. Ansonsten gelten Mäßigungs- und Achtungsgebote. Die Entscheidung, parteipolitische Aktivitäten zuzulassen, ist eine Abkehr vom strikten Neutralitätsgebot der Weimarer Republik. Zugleich verpflichtet § 33 Abs. 1 SoldG den Dienstherrn, den S.en staatsbürgerlichen Unterricht zu erteilen, und begründet einen gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch des S.en auf Erteilung dieses Unterrichts.

3. Soldat im Völkerrecht

S.en haben als Angehörige der Bundeswehr in einem international bewaffneten Konflikt grundsätzlich den Kombattantenstatus inne. Die organschaftliche Zuordnung ist entscheidend für die Berechtigung, unmittelbar an den Kampfhandlungen teilzunehmen (Art. 43 Abs. 2 ZP I [Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12.8.1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte]) und im Einklang mit dem Völkerrecht Schädigungshandlungen auszuführen. Für die bloße Vornahme von Kampfhandlungen dürfen Kombattanten nicht bestraft werden. Verstoßen sie gegen das humanitäre Völkerrecht, können sie sich nach Völkerstrafrecht verantwortlich machen. Sie haben Anspruch auf den Status eines Kriegsgefangenen.

Wer nicht Kombattant ist, aber unmittelbar an Kampfhandlungen teilnimmt, verliert den Schutz des Zivilisten, kann Ziel eines militärischen Angriffs sein, hat keinen Kriegsgefangenenstatus und ist für die bloße Teilnahme an den Kampfhandlungen strafrechtlich verantwortlich. Es gelten aber die Minimalgarantien des Art. 75 ZP I. Dies betrifft z. B. Söldner und u. U. Angehörige privater Militärunternehmen.

Der Einsatz von Söldnern im Rahmen der Dekolonisierungsprozesse der 60er Jahre hat zu Bemühungen geführt, den Einsatz von Söldnern zu verbieten (OAU Konvention zur Eliminierung des Söldnerwesens; UN Söldner-Konvention). Art. 47 Abs. 1 ZP I hat den Söldnern den Status eines Kombattanten und Kriegsgefangen entzogen.