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Version vom 15. August 2021, 11:40 Uhr
1. Zum Begriff der effizienten Allokation
Als A. bezeichnet man in der Ökonomik die Zuordnung von natürlichen Ressourcen, Produktionsfaktoren, Gütern und Dienstleistungen zu unterschiedlichen, technisch durchführbaren Verwendungsmöglichkeiten. Zur Beurteilung einer konkreten A. wird meist das Pareto-Kriterium herangezogen, nach dem die A. dann effizient ist, wenn kein Individuum besser gestellt werden kann, ohne ein anderes Individuum schlechter zu stellen. Eine Pareto-effiziente A. liegt demgemäß dann vor, wenn auf der Produktionsseite technische Effizienz herrscht und wenn gleichzeitig alle Möglichkeiten für gegenseitig vorteilhaften Tausch zwischen den Individuen ausgenutzt sind.
Ein einfaches Beispiel: Wenn zwei beliebig teilbare Güter jeweils in gegebenen Mengen effizient produziert werden, dann können diese Güter in unendlich vielen verschiedenen Mengenkombinationen auf zwei Individuen aufgeteilt werden. Nur wenn aber das Austauschverhältnis, zu dem die Individuen bereit sind, die beiden Güter gegeneinander zu tauschen, für beide Individuen gleich ist, kann man daher von einer effizienten A. sprechen. Denn wäre dies nicht der Fall, so würden die beiden Individuen jeweils eine zusätzliche Einheit beider Güter unterschiedlich bewerten und es gäbe weiteren Spielraum für effizienten Tausch zum gegenseitigen Vorteil. Eine Komplikation besteht nun darin, dass es unter normalen Umständen immer noch unendlich viele A.en gibt, bei denen diese Bedingung erfüllt ist, denn zu welcher A. man durch beiderseits vorteilhaften Tausch gelangt, hängt neben der relativen Verhandlungsmacht auch von der Ausgangsverteilung der beiden Güter ab – von denen es aber unendlich viele gibt.
2. Voraussetzungen für eine effiziente Allokation
Neben der soeben beschriebenen Tauscheffizienz ist auch der effiziente Einsatz von Produktionsfaktoren eine notwendige Voraussetzung für Pareto-Effizienz. Dieser ist dann erreicht, wenn nicht mehr von einem Gut produziert werden kann, ohne auf eine Einheit eines anderen Gutes zu verzichten. Hinzu kommt schließlich noch eine dritte Bedingung: Es muss eine effiziente Produktionsstruktur gegeben sein, d. h. es müssen effiziente Mengen der einzelnen Güter produziert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die technischen Austauschverhältnisse zwischen je zwei Gütern, welche angeben, wie viele Einheiten man von einem Gut aufgeben muss, um eine weitere Einheit eines anderen Gutes zu erhalten, den Austauschverhältnissen entsprechen, zu denen die Haushalte zum Tausch bereit wären. Anders gesagt: die reale Zahlungsbereitschaft der Individuen muss stets den realen Grenzkosten in der Produktion entsprechen.
Auch unter Berücksichtigung aller Bedingungen besteht immer noch die Schwierigkeit, dass es unendlich viele A.en gibt, die in diesem umfassenden Sinne Pareto-effizient sind. Sich gesellschaftlich für eine von diesen Alternativen zu entscheiden, bedeutet aber immer auch, sich für eine bestimmte Verteilung von Nutzen zwischen den beteiligten Individuen zu entscheiden. Hierzu hat die Wohlfahrtsökonomik das Instrument der gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion entwickelt, welche helfen soll, aus den erreichbaren A.en diejenige mit den gewünschten Verteilungswirkungen als optimum optimorum zu identifizieren. Solche Wohlfahrtsfunktionen formalisieren Werturteile über Verteilungszustände; ihre konkrete funktionale Form ist letztlich nicht wissenschaftlich zu begründen.
3. Mit dem Preismechanismus zu einer effizienten Allokation?
Der übliche analytische Ausgangspunkt einer Untersuchung der Effizienz einer A. ist die Fiktion eines Beobachters, der das bei ihm zentralisierte Wissen über Präferenzen und Produktionstechnologien nutzen kann, um die Bedingungen für eine effiziente A. zu ermitteln. Erst dann stellt sich die Frage, ob der Preismechanismus dezentrale Entscheidungen so koordinieren kann, dass sich im Ergebnis eine effiziente A. ergibt (Markt). Diese Herangehensweise führte zu den beiden Hauptsätzen der Wohlfahrtsökonomik. Sie gelten für eine idealisierte Marktsituation, in der vollkommener Wettbewerb herrscht, weder externe Effekte noch öffentliche Güter eine Rolle spielen und Steuern (Steuer) nur als Kopfsteuern erhoben werden, die einzig dem Zweck der Umverteilung dienen. Unter diesen Umständen besagt der erste Hauptsatz, dass jedes Wettbewerbsgleichgewicht zu einer Pareto-effizienten A. führt. Der zweite Hauptsatz besagt, dass durch eine gezielte Umverteilung von Anfangsausstattungen und ein anschließendes freies Spiel des Preismechanismus jede gewünschte A., zusammen mit dem jeweils korrespondierenden gewünschten Verteilungszustand, als Wettbewerbsgleichgewicht erreicht werden kann.
Da die Bedingungen, unter denen die Hauptsätze gelten, recht restriktiv sind, sollten diese v. a. als theoretische Maßstäbe und nicht als Sätze mit hohem empirischem Gehalt verstanden werden. Abweichungen von den Bedingungen des ersten Hauptsatzes begründen eine umfassende Marktversagenstheorie (Marktversagen). Dagegen implizieren Abweichungen von den Bedingungen des zweiten Hauptsatzes, dass staatliches Handeln allokative Kosten (Kosten) verursacht. Kann der Staat nicht mit Kopfsteuern arbeiten, so führen alle anderen Einnahmeninstrumente des Staates zu Verzerrungen relativer Preise. In diesem Fall zeigen Marktpreise nicht mehr zuverlässig die wahren Knappheitsrelationen von Gütern und Produktionsfaktoren an. Eine Anpassung der Entscheidungen von Marktteilnehmern an solche verzerrten Preise führt dann zu einer A., die nicht Pareto-effizient ist. Mit der Möglichkeit der Minimierung von derartigen Effizienzverlusten durch eine kluge Gestaltung von Steuersystemen beschäftigt sich die finanzwissenschaftliche Optimalsteuertheorie.
Die wichtigsten Gründe für allokatives Marktversagen sind dagegen erstens Marktmacht, zweitens externe Effekte und drittens die Notwendigkeit des Angebots öffentlicher Güter. Im ersten Fall existiert ein Spielraum der Anbieter, Preise oberhalb der Grenzkosten zu setzen, was einerseits die allokative Nebenwirkung einer zu geringen konsumierten Menge dieses Gutes und andererseits die verteilungspolitische Nebenwirkung einer Umverteilung von Wohlfahrt von den Konsumenten zu den Produzenten bewirkt. Erhebliche Marktmacht begründet daher ein wettbewerbspolitisches Eingreifen.
Zweitens führen – positive wie negative – externe Effekte dazu, dass eine ineffiziente Menge eines Gutes bereitgestellt oder einer Ressource genutzt wird, da der jeweilige Entscheidungsträger nicht die vollständigen gesellschaftlichen Kosten und Nutzen berücksichtigt. Da die Voraussetzungen für eine dezentrale Lösung des Problems durch Verhandlungen nach dem Coase-Theorem in der Realität regelmäßig nicht erfüllt sind, wird hier in aller Regel ein allokationspolitisches Eingreifen des Staates, etwa durch den gezielten Einsatz einer Lenkungssteuer, gefordert. Beim Angebot öffentlicher Güter schließlich kommt es zu einem allokativen Marktversagen durch die Gutseigenschaft der Nicht-Ausschließbarkeit. Da technisch kein einzelner Konsument vom Konsum solcher Güter (etwa der Landesverteidigung) ausgeschlossen werden kann, hat bei einer großen Zahl von Individuen jeder Einzelne einen Anreiz, seine Zahlungsbereitschaft zu verschleiern. Solche Güter können nicht über den Preismechanismus bereitgestellt werden, da die die tatsächliche Nachfrage sich nicht in der Marktnachfrage spiegelt.
4. Staatseingriffe und allokative Effizienz
Zu beachten ist abschließend, dass die Erwartung fehl geht, der Staat könne allokatives Marktversagen immer zuverlässig korrigieren und so Pareto-Verbesserungen sicher herbeiführen. Die hierfür eigentlich notwendige Information, etwa über die wahre Zahlungsbereitschaft für öffentliche Güter oder über den mit externen Effekten verbundenen Wohlfahrtsverlust, steht staatlichen Akteuren oft nicht oder nur sehr approximativ zur Verfügung. Hinzu kommt das von der Theorie des Zweitbesten herausgearbeitete Problem, dass man in der Praxis das sehr komplexe Zusammenspiel vieler, sich möglicherweise gegenseitig kompensierender allokativer Ineffizienzen berücksichtigen muss. Es kann ineffizient sein, nur einzelne der vielen insgesamt vorhandenen allokativen Ineffizienzen zu beseitigen. Da in der Praxis Staatshandeln außerdem immer auch über die relativen Preise verzerrende Steuern (Steuer) finanziert werden muss, sind die dadurch verursachten allokativen Kosten ebenfalls immer in Rechnung zu stellen. All diese Probleme mahnen zu einer gewissen Vorsicht bei Forderungen nach einem allokativen Eingreifen des Staates.
Literatur
N. Acocella: The Foundations of Economic Policy: Values and Techniques, 2008 • E. Sohmen: Allokationstheorie und Wirtschaftspolitik, 21992 • F. A. von Hayek: The Pretence of Knowledge, in: AER 79/6 (1989), 3–7 • W. J. Baumol: On Taxation and the Control of Externalities, in: AER 62/3 (1972), 307–322 • R. H. Coase: The Problem of Social Cost, in: J. Law Econ. 3/1 (1960), 1–44 • R. G. Lipsey/K. Lancaster: The General Theory of Second Best, in: RES 24/1 (1956), 11–32 • P. A. Samuelson: Diagrammatic Exposition of a Theory of Public Expenditure, in: REST 37/4 (1955), 350–356 • A. C. Pigou: The Economics of Welfare, 1920.
Empfohlene Zitierweise
J. Schnellenbach: Allokation, Version 22.10.2019, 17:30 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Allokation (abgerufen: 27.11.2024)