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Version vom 15. August 2021, 11:44 Uhr
I. Geschichte und Selbstverständnis
Abschnitt druckenMit der Entwicklung und Ausbreitung des Christentums ist die intellektuelle Auseinandersetzung mit der jüdischen Denktradition und der griechisch-römischen Philosophie untrennbar verbunden. Erste christliche Schulbildungen sind im 2. Jh. mit Justin, im 3. Jh. mit Origenes und der alexandrinischen Schule und im 4. Jh. mit den kappadozischen Kirchenvätern verbunden. Die symbolische Datumsgleichheit zwischen der Schließung der platonischen Akademie in Athen und dem Beginn des benediktinischen Mönchtums (529) steht am Beginn der Institutionalisierung christlicher Bildung.
Die Bewahrung antiker Bildung und christlich-umformende Reflexion gehörten in den Klöstern, wie St. Gallen und Reichenau, ebenso zusammen wie in den Palastschulen, von denen in karolingischer Zeit die Aachener Pfalzkapelle bes. hervorzuheben ist. Die Übernahme antiker Lehrfächer (Trivium und Quadrivium) in Verbindung mit einer schulmäßigen Form der Vermittlung in Vorlesung, Disputation und systematischer Erörterung von Streitfragen (scholastische Methode; Scholastik) vollzog sich ab dem Hochmittelalter an den neu gegründeten Universitäten. Die Leitwissenschaften waren Philosophie und Theologie. Die Universitäten standen unter der Trägerschaft der Kommunen oder einer organisierten Studentenschaft. Parallel dazu entwickelten die Bettelorden (Dominikaner und Franziskaner) ihre eigenen Studienhäuser, die für die Universitäten eine herausfordernde und belebende Konkurrenz darstellten.
Im Spätmittelalter übernahmen die Fürsten die Initiativen zur Gründung neuer Universitäten. Als Landesuniversitäten waren sie in das Herrschaftssystem eingebunden. Bis zur Reformation kam das Recht zur Verleihung akademischer Grade vom Papst.
In Reaktion auf die Bildungsoffensive der Reformatoren, für welche die H. in Wittenberg, Herborn und Genf stehen, waren v. a. Jesuiten an weiter bestehenden katholischen Universitäten tätig und gründeten selbst Kollegien in verschiedenen Formen, sei es als Ergänzung gymnasialen Unterrichts, in der Übernahme philosophischer und theologischer Fakultäten oder als Neugründung ganzer Universitäten, die dem Jesuitengeneral unterstellt waren. Rom selbst wurde zum Bildungszentrum der katholischen Kirche durch die Gründung Päpstlicher Universitäten in Verbindung mit nationalen Studienhäusern.
Für die Neustrukturierung des katholischen Bildungswesens nach der Säkularisation bildeten sich im deutschsprachigen Raum zwei Modelle heraus. In einigen Diözesen übernahmen die neu eingerichteten Priesterseminare die Aufgabe theologischer Bildungseinrichtungen. Daneben entstanden an staatlichen Universitäten Theologische Fakultäten (Münster, Tübingen, Bonn). Z. T. existierten beide Einrichtungen nebeneinander (Theologische Fakultät in München, Priesterseminar in Freising). Im Zuge der Zulassung von Orden nach dem Kulturkampf bauten auch diese ihre eigenen H. auf. Bemühungen um die Gründung einer Katholischen Universität mit mehreren Fakultäten, wie sie John Henry Newman für Dublin angedacht hatte, scheiterten allerdings. Unterlagen die k.n H. im 19. Jh. noch einer starken Reglementierung durch die Staaten, eröffnete die WRV neue Möglichkeiten, bes. durch die Sicherung der Theologischen Fakultäten (WRV Art. 149 Abs. 3). Obwohl diese Garantie im Reichskonkordat von 1933 (Art. 19) bestätigt wurde, wurden in den folgenden Jahren alle staatlichen Theologischen Fakultäten geschlossen. Die Priesterseminare und Ordens-H. blieben erhalten, waren aber in ihrer Wirksamkeit durch Arbeits- und Militärdienst der Angehörigen stark eingeschränkt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Orden an ihre Vorkriegstraditionen anknüpfen. Z. T. unterhielten sie eigene Philosophische oder Theologische Studienanstalten, z. T. besaßen sie Studienhäuser in Universitätsstädten, von denen aus die Kleriker die dortigen Theologischen Fakultäten besuchten. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil setzte ein rapider Rückgang der ordenseigenen H. ein (zuletzt die H. der Salesianer in Benediktbeuern), während gleichzeitig durch die Neugründungen von Universitäten die Zahl der staatlichen Theologischen Fakultäten zunahm. Nach der Jahrtausendwende führte der Rückgang an Priesteramtskandidaten und die dadurch bedingte Zusammenlegung von Priesterseminaren zur Sistierung von Fakultäten und Rückstufung in Institute für Lehrerbildung (Bamberg, Passau).
K. H. in der Gegenwart sind einerseits in ihrer Autonomie zu betrachten. Sie repräsentieren einen Teil des privaten Wissenschaftssektors, der zur Differenzierung der Aus- und Fortbildungseinrichtungen beiträgt. Als überwiegend privat finanzierte Institutionen sind k. H. zwar unabhängig, aber dennoch in den staatlichen Wissenschaftskontext eingebunden. Als kirchliche Einrichtungen repräsentieren sie die Bindung an ein spezifisches Wertesystem und vermitteln die wissenschaftliche Reflexion in der methodischen Vielfalt der geistes- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen in die Glaubensgemeinschaft der katholischen Kirche hinein. Für die Zukunftsaussichten k.r H. gilt das Urteil des Wissenschaftsrats von 2012, „dass private und auch kirchliche Hochschulen Vorreiterfunktion übernehmen, so etwa bei der Akademisierung von nicht-akademischen Berufsfeldern, bei der Mobilisierung und Erschließung neuer Zielgruppen sowie bei neuen Lehr- und Lernformaten für tertiäre Bildung einschließlich Weiterbildung. Darüber ergänzen und entlasten sie den staatlichen Hochschulsektor bei steigender Akademisierung der nächsten Alterskohorten“ (Wissenschaftsrat 2012: 121).
Literatur
Wissenschaftsrat: Private und kirchliche Hochschulen aus Sicht der Institutionellen Akkreditierung, 2012.
Empfohlene Zitierweise
J. Schmiedl: Kirchliche Hochschulen, I. Geschichte und Selbstverständnis, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Kirchliche_Hochschulen (abgerufen: 24.11.2024)
II. Katholische Kirchliche Hochschulen
Abschnitt drucken1. Kirchenrechtliche Grundlagen
Diejenigen H., die nach üblichem deutschem Sprachgebrauch ihrer kirchlichen Trägerschaft wegen als k. H. bezeichnet werden, unterliegen im Hochschulrecht der katholischen Kirche unterschiedlichen Rechtsnormen, je nachdem, ob sie den „Kirchlichen Universitäten und Fakultäten“ oder den „Katholischen Universitäten“ bzw. ihnen gleichgestellten Hochschulen zuzuordnen sind. Als Mischform zwischen beiden Arten besteht auch die Möglichkeit einer Kirchlichen Fakultät innerhalb einer Katholischen Universität. H. beider Arten kann der Ehrentitel „päpstlich“ verliehen werden; er hat keine rechtlichen Folgen.
1.1 Kirchliche Universitäten und Fakultäten
Als „Kirchliche Universitäten oder Fakultäten“ werden im Hochschulrecht der katholischen Kirche diejenigen H. bezeichnet, die vom Apostolischen Stuhl errichtet oder anerkannt sind, sich der Theologie oder den mit ihr verwandten Wissenschaften widmen und akademische Grade in der Autorität des Heiligen Stuhls, sog.e kanonische Grade, verleihen. Eine solche Kirchliche Fakultät ist sowohl in kirchlicher als auch in staatlicher Trägerschaft möglich. Im „Annuario Pontificio 2016“ sind 145 H. dieser Art aufgelistet. Dazu gehören 40 Katholisch-Theologische Fakultäten innerhalb staatlicher Universitäten in 14 verschiedenen Staaten, v. a. in Mittel- und Osteuropa, u. a. in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die übrigen 105 H. befinden sich in kirchlicher Trägerschaft und stellen also k. H. dar. Kirchliche „Universitäten“ – ihre Errichtung setzt das Vorhandensein von mindestens vier Kirchlichen Fakultäten voraus – bestehen gegenwärtig nur in Rom, Madrid und Krakau. In Deutschland sind der Kategorie der „Kirchlichen Fakultäten“ gegenwärtig elf H. in kirchlicher Trägerschaft zuzuordnen. Dazu gehören vier Theologische Fakultäten in diözesaner Trägerschaft (Eichstätt, Fulda, Paderborn, Trier), drei Theologische Fakultäten in der Trägerschaft von Ordensgemeinschaften (Frankfurt am Main/Sankt Georgen, St. Augustin, Vallendar; Orden) sowie die Philosophisch-Theologische Hochschule Münster der Kapuziner, die allerdings nicht den vollen Fakultätsstatus, d. h. kein Promotionsrecht besitzt. Außer diesen acht theologischen k. H. gehören zu den Kirchlichen Fakultäten in Deutschland die Hochschule für Philosophie in München – Philosophische Fakultät SJ sowie zwei H. für Kirchenmusik (Regensburg, Rottenburg). Die einzige in kirchlicher Trägerschaft befindliche H. dieser Art in Österreich, die das kirchliche und staatliche Promotionsrecht besitzt, ist die Katholische Privat-Universität Linz; in kirchlicher Trägerschaft befinden sich außerdem drei weitere theologische H. in Österreich (Heiligenkreuz, St. Pölten und Trumau). In der Schweiz bestehen Theologische Fakultäten in kirchlicher Trägerschaft in Chur und Lugano. Ein deutschsprachiges Studium der katholischen Theologie ist auch an der diözesanen Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen möglich. Mit wenigen Ausnahmen (Brixen, Trumau) sind alle genannten H. und die von ihnen verliehenen akademischen Grade auch vom jeweiligen Staat anerkannt.
Die Tatsache, dass die Kirchlichen Fakultäten akademische Grade in der Autorität des Hl. Stuhls verleihen, führt zu der Notwendigkeit, dafür weltweit einheitliche Standards sicherzustellen; das hat im Laufe der Zeit zu einem dichten Geflecht von kirchlichen Rechtsnormen geführt. Ein erstes gesamtkirchliches Gesetz für die Kirchlichen Fakultäten war die am 24.5.1931 von Papst Pius XI. erlassene Apostolische Konstitution DScD. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgte eine erste Reform der Bestimmungen durch die „Normae Quaedam“ von 1968. Am 15.4.1979 ersetzte Papst Johannes Paul II. die bisherigen Normen durch die Apostolische Konstitution SapChr. Einige grundlegende Bestimmungen wurden auch in den CIC/1983 aufgenommen (cann. 815–821 CIC). Ab dem Studienjahr 2018/19 gelten die Normen der Apostolischen Konstitution VG, die Papst Franziskus am 8.12.2017 erlassen hat. Hinzu kommen ausführende Bestimmungen der Kongregation für das katholische Bildungswesen sowie Vorgaben der Bischofskonferenzen für die einzelnen Studiengänge. Im Falle der Kirchlichen Fakultäten an staatlichen Universitäten in den deutschsprachigen Ländern wurde die Geltung der gesamtkirchlichen Vorgaben aufgrund der betreffenden Verträge zwischen Staat und Kirche z. T. durch abweichende Bestimmungen ersetzt, insb. durch die für Deutschland und Österreich erlassenen „Akkommodationsdekrete“ aus dem Jahre 1983 (sie bedürfen inzwischen einer Revision). Verglichen damit gelten die gesamtkirchlichen Normen im Falle der Kirchlichen Fakultäten in kirchlicher Trägerschaft in höherem Umfang. Z. T. findet das jeweilige nationale Sonderrecht jedoch auch auf diese k. H. Anwendung, v. a., um die Einheitlichkeit der Studiensysteme in den einzelnen Staaten zu gewährleisten.
Für die einzelnen Kirchlichen Fakultäten in kirchlicher Trägerschaft wird ein Großkanzler (Magnus Cancellarius) bestellt; er ist die der Fakultät am nächsten stehende kirchliche Autorität. Bei den Fakultäten in diözesaner Trägerschaft kommt dieses Amt i. d. R. dem Diözesanbischof (Bischof) zu, bei Fakultäten in der Trägerschaft einer Ordensgemeinschaft deren oberstem Leiter. Für bestimmte Angelegenheiten kommen dem Hl. Stuhl Mitwirkungsrechte zu.
Um die Integration der Kirchlichen Fakultäten in den Europäischen Hochschulraum sicherzustellen, ist der Hl. Stuhl am 19.9.2003 dem Bologna-Prozess beigetreten. Für ihre Qualitätssicherung hat er im Jahre 2007 eine eigene Agentur geschaffen, die Agenzia per la Valutazione e la Promozione della Qualità delle Università e Facoltà Ecclesiastiche (AVEPRO). Um die kirchliche Beteiligung an dem für Deutschland staatlicherseits geschaffenen Akkreditierungssystem zu gewährleisten, wurde im Jahre 2008 die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung kanonischer Studiengänge in Deutschland e. V. (AKAST) gegründet.
1.2 Katholische Universitäten
An „Katholischen Universitäten“ und vergleichbaren H. können – in einer vom Glauben der Kirche geprägten Weise und zugl. unter Anerkennung der Autonomie der H., der Freiheit von Forschung und Lehre (Wissenschaftsfreiheit) und der Gewissensfreiheit (Gewissen, Gewissensfreiheit) der einzelnen – alle möglichen wissenschaftlichen Disziplinen betrieben werden. „Katholische Universitäten“ und vergleichbare H. befinden sich so gut wie immer in kirchlicher Trägerschaft. Akademische Grade verleihen sie nicht in der Autorität des Hl. Stuhls, sondern nur entspr. dem jeweiligen staatlichen Hochschulrecht. Weltweit gibt es über 1 200 H. dieser Art.
Sieben von ihnen bestehen in Deutschland. Die größte von ihnen ist die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar umfasst zwei Fakultäten. Die anderen fünf vergleichbaren H. in Deutschland sind die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin, die Katholische Hochschule Freiburg, die Katholische Hochschule Mainz, die Katholische Stiftungsfachhochschule München (mit Abteilungen in Benediktbeuern und München) und die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen (mit Abteilungen in Aachen, Köln, Münster und Paderborn). Diese H. bieten v. a. Studiengänge in Sozialer Arbeit und im Bereich Pflege an. Einige von ihnen dienen auch der Ausbildung von Gemeindereferenten; der dafür vorgesehene Studiengang trägt je nach H. den Titel „Religionspädagogik“ oder „Praktische Theologie“. In Österreich bestehen fünf H. dieser Art: die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems (mit sechs Standorten in diesen beiden Städten), die Kirchliche Pädagogische Hochschule der Diözese Graz-Seckau und die Kirchliche Pädagogische Hochschule Edith Stein (mit Standorten in Feldkirch, Innsbruck, Salzburg und Stams), die Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz sowie die Katholische Pädagogische Hochschuleinrichtung Kärnten mit Sitz in Klagenfurt. In der Schweiz gibt es keine vergleichbaren H.
Aus der Tatsache, dass das Graduierungsrecht dieser H. auf dem jeweiligen staatlichen Recht beruht, ergibt sich die Notwendigkeit, dass sie sich verglichen mit den „Kirchlichen Fakultäten“ in kirchlicher Trägerschaft in einem höheren Ausmaß an den Gegebenheiten des jeweiligen staatlichen Hochschulwesens orientieren. Angesichts dessen hält sich der Hl. Stuhl mit einheitlichen rechtlichen Vorgaben für Katholische Universitäten und vergleichbare H. sehr zurück. Abgesehen von den Bestimmungen in cann. 807–814 CIC wurde erstmals am 15.8.1990 ein weltweite Geltung beanspruchendes Gesetz für diese H. erlassen, nämlich die Apostolische Konstitution EcE Papst Johannes Pauls II. Sie enthält nur wenige Rahmenvorgaben und überlässt alle Einzelheiten der Partikulargesetzgebung durch die jeweilige Bischofskonferenz sowie den Statuten der einzelnen H. Die DBK hat dazu im Jahre 2008 Partikularnormen erlassen. Zu den Zielen der kirchlichen Rechtsnormen für diese H. gehört v. a. die Sicherstellung ihrer katholischen Prägung sowie verbindlicher Beziehungen zur zuständigen kirchlichen Autorität. Die Bestellung eines Magnus Cancellarius für eine Katholische Universität ist zwar möglich, aber im gesamtkirchlichen Recht nicht vorgeschrieben. Einige der genannten H. im deutschsprachigen Raum sind auch Gegenstand staatskirchenvertraglicher Vereinbarungen (Staatskirchenrecht); das gilt v. a. für die durch Einfügungen in das BayKon in hohem Maße rechtlich und finanziell abgesicherte Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Literatur
A. Hense/M. Pulte (Hg.): Kirchliche Hochschulen und konfessionelle akademische Institutionen im Lichte staatlicher und kirchlicher Wissenschaftsfreiheit, 2017 • U. Rhode: Die Hochschulen, in: HdbkathKR, 32015, 1049–1085 • U. Rhode/W. Rüfner: Kirchliche Hochschulen, 2011 • U. Rhode/H. Schmitz: Einführung, in: Sekretariat der DBK (Hg.): Katholische Theologie und Kirchliches Hochschulrecht, 22011, 17–186 • W. Aymans/K. Mörsdorf: Kanonisches Recht, Bd. 3, 2007 • H. Schmitz: Neue Studien zum kirchlichen Hochschulrecht, 2005 • R. Himmelsbach: Die Rechtsstellung der Theologischen Fakultäten Trier, Paderborn, Frankfurt St. Georgen und Fulda, 1997 • M. Baldus: Kirchliche Hochschulen, in: HdbStKirchR, Bd. 2, 21995, 601–637 • J. Ammer: Zum Recht der „katholischen Universität“. Genese und Exegese der apostolischen Konstitution „Ex corde ecclesiae“ vom 15. August 1990, 1994 • M. Baldus: Kirche und Universität im kanonischen Recht. Zur Apostolischen Konstitution „Ex corde Ecclesiae“ über die katholischen Universitäten vom 15. August 1990, in: Wissenschaftsrecht 24/3 (1991), 193–220 • P. Krämer: Die katholische Universität. Kirchenrechtliche Perspektiven, in: AKathKR 160/1 (1991), 25–47 • H. Schmitz: Studien zum kirchlichen Hochschulrecht, 1990.
Empfohlene Zitierweise
U. Rhode: Kirchliche Hochschulen, II. Katholische Kirchliche Hochschulen, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Kirchliche_Hochschulen (abgerufen: 24.11.2024)
III. Evangelische Hochschulen
Abschnitt drucken1. Geschichte und Bestand
Die evangelischen Kirchen in Deutschland haben weder ein mit der Situation in der römisch-katholischen Kirche vergleichbares Hochschulwesen noch ein dazugehöriges eigenständiges Hochschulrecht ausgebildet. Ort der Hochschulausbildung der evangelischen Pfarrer waren seit der Reformation die Theologischen Fakultäten an den landesherrlichen bzw. staatlichen Universitäten. Dabei ist es bis heute in Deutschland ganz überwiegend geblieben. Allerdings ist in Bethel 1905 erstmals eine evangelische Theologische Hochschule in kirchlicher Trägerschaft errichtet worden; deren Akzent lag in der Einbindung in die Diakonie der von Bodelschwinghschen Anstalten und in ihrer kritischen Begleitung. Die k.n H. in Wuppertal und Berlin waren 1935 Gründungen der Bekennenden Kirche im Kirchenkampf. Die Augustana-Hochschule (Theologische Hochschule der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern) in Neuendettelsau wurde 1947 u. a. mit dem Profil der bes.n Nähe zu den Kirchengemeinden, der Diakonie und der Mission gegründet. Die als kirchliche Ausbildungsstätten in der DDR (neben den und im Gegenüber zu den weiterhin bestehenden staatlichen Fakultäten) existierenden Einrichtungen in Berlin, Leipzig und Naumburg wurden nach der politischen Wende und deutschen Wiedervereinigung aufgegeben; die 1948 gegründete Kirchliche Hochschule Hamburg ist in der staatlichen Theologischen Fakultät aufgegangen. Heute bestehen als wissenschaftliche Hochschulen noch die seit 2007 fusionierte Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel (Hochschule für Kirche und Diakonie) und die Augustana-Hochschule Neuendettelsau. Dazu kommen sechs k. H. für Kirchenmusik (Bayreuth, Dresden, Halle, Heidelberg, Herford, Tübingen). Nach der Etablierung der Fachhochschulen als Teil des Hochschulwesens seit den 1970er Jahren bilden heute elf Fachhochschulen in kirchlicher Trägerschaft den Schwerpunkt des evangelischen kirchlichen Hochschulwesens (Berlin, Bielefeld, Bochum, Darmstadt, Dresden, Freiburg, Fürth, Hamburg [Rauhes Haus], Ludwigsburg, Moritzburg, Nürnberg). Ihre Tätigkeitsfelder liegen insb. auf pädagogischen und sozialen bzw. diakonischen Fächern mit kirchlichen Bezügen. Außerhalb der Gliedkirchen der EKD existiert eine freikirchliche Lutherische Theologische Hochschule in Oberursel, daneben weitere als Fachhochschulen anerkannte Einrichtungen von Freikirchen (Friedensau, Reutlingen, Elstal, Ewersbach).
2. Rechtlicher Rahmen
Die Gründung und Unterhaltung von Ausbildungsstätten für das kirchliche Personal, insb. der Theologen, ist vom kirchlichen Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG umfasst und damit verfassungsrechtlich geschützt. Dass dies auch in Form von Hochschulen geschehen kann, wird in einigen Länderverfassungen für die Ausbildung von Theologen ausdrücklich hervorgehoben (z. B. Art. 150 Abs. 1 BayVerf, Art. 16 Abs. 2 NRWVerf). Z. T. enthalten Staatskirchenverträge Regelungen zu den k.n H. Die k.n H. sind in den rechtlichen Rahmen des staatlichen Hochschulrechts für die nichtstaatlichen Hochschulen eingefügt; z. T. existieren für sie Spezialregelungen, etwa bei der staatlichen Förderung. Im Übrigen gilt hier, wie allg. für nichtstaatliche Hochschulen, dass nicht nur die Wissenschaftsfreiheit der Lehrenden zu berücksichtigen ist, sondern auch die Rechte des Trägers, die bei k.n H. ggf. durch das Selbstbestimmungsrecht der Kirche und deren Religionsfreiheit verstärkt werden. Diese Rechte sind daher auch bei der staatlichen Aufsicht oder bei der Akkreditierung von Studiengängen zu berücksichtigen.
Im evangelischen Kirchenrecht finden sich, abgesehen von den Gründungsnormen und den autonom gesetzten Satzungen und Ordnungen der k.n H., die in einem weiteren Sinne ebenfalls kirchliches Recht sind, nur wenige Bestimmungen über die k.n H. Bei den beiden k.n H., die auch der Ausbildung der Pfarrer dienen (Wuppertal/Bethel und Neuendettelsau), werden die für das kirchliche Amt qualifizierenden Prüfungen von kirchlichen Prüfungsbehörden abgenommen und gelten die Prüfungsordnungen der Landeskirchen, die sich nach der „Rahmenordnung für die Erste Theologische Prüfung/die Diplomprüfung in Evangelischer Theologie“ der EKD von 2010 richten. Beide Hochschulen sind auch Mitglieder des Evangelisch-theologischen Fakultätentags. Für die Studiengänge der Fachhochschulen gelten teils von der Hochschule selbst, teils im Zusammenwirken mit dem Träger erlassene, gelegentlich auch landeskirchliche Prüfungsordnungen.
Literatur
M.-E. Geis (Hg.): Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 22017 • H. de Wall: Staatskirchenrechtliche Grundlagen, in: ebd., 71–86 • R. Peußel: Nichtstaatliche Hochschulen, in: ebd., 573–599 • H. M. Heinig/V. Vogel: Hochschulbildung, in: HevKR, 2016, 748–774 • M. Baldus: Hochschulen, kirchliche, in: RGG, Bd. 3, 2000, 1805–1808 • G. Ruhbach: Hochschulen, Kirchliche, in: TRE, Bd. 15, 1986, 423–435.
Empfohlene Zitierweise
H. Wall: Kirchliche Hochschulen, III. Evangelische Hochschulen, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Kirchliche_Hochschulen (abgerufen: 24.11.2024)