Personalprälatur: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 8. Juni 2022, 08:17 Uhr
Die Rechtsform der P. bezeichnet eine kirchliche Zirkumskription, welche nicht nach dem territorialen, sondern nach einem personalen Kriterium konstituiert ist. Grundgelegt durch vertieftere Reflektionen über die Ekklesiologie der Partikularkirchen hat das Zweite Vatikanische Konzil die Anregung für die Figur der P. gegeben. Die nachkonziliare Gesetzgebung und insb. der CIC von 1983 haben den entspr.en normativen Rahmen geschaffen. Die erste – und bis heute einzige – P. ist die Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei.
1. Begriff und ekklesiologischer Standort
Im Regelfall ist eine kirchliche Zirkumskription nach dem Kriterium der Territorialität verfasst (Prototyp: das Bistum). Jahrhundertelang wurde die Zirkumskription als reiner Verwaltungsbezirk begriffen, also Territorium, über welches die jeweilige kirchliche Autorität ihre Jurisdiktionsgewalt ausübte. Demgegenüber reformulierte das Zweite Vatikanische Konzil den ekklesiologischen Gehalt der (territorial verfassten) Partikularkirche weniger administrativ-juridisch denn sakramental: Zu ihren Wesenselementen rechnen
a) der Hirte (das officium capitale, im Regelfall der Bischof), welcher
b) unterstützt von seinem Presbyterium
c) einen bestimmten Teil des Volkes Gottes leitet (CD 11).
Des Weiteren bestanden in der Kirche seit langem für spezielle pastorale Situationen personal konstituierte Zirkumskriptionen, wie (seit dem IV. Laterankonzil) die Personalpfarreien oder (seit Anfang des 20. Jh.) die Militärordinariate. Da das 1917 kodifizierte kanonische Recht für diverse neue pastorale Herausforderungen (wie etwa die 1941 gegründete Mission de France in Pontigny) keine adäquate Rechtsform bereithielt, regte das Zweite Vatikanische Konzil die Errichtung von P.en (sowie von bes.n Diözesen und anderen derartigen Institutionen) an, welche die angemessene Verteilung der Priester sicherstellen oder aber „für spezielle pastorale Aufgaben“ (PO 10) bereitstehen sollten.
2. Konzeption der Personalprälatur im kanonischen Recht
Dieser noch allg. gehaltenen Grundaussage gab Papst Paul VI. 1966 im MP „Ecclesiae sanctae“ ihre erste rechtliche Ausgestaltung, welche ihrerseits weitgehend in den CIC/1983 übernommen wurde (cann. 294–297). Demnach wird die P. – nach Anhörung der Bischofskonferenzen – vom Apostolischen Stuhl errichtet (can. 294), welcher auch ihre Statuten erlässt (can. 295 § 1). Ihre Zielsetzung kann in der Förderung der angemessenen Verteilung der Priester oder aber in der Verwirklichung bes.r seelsorgerischer oder missionarischer Werke für verschiedene Gebiete oder unterschiedliche Sozialverbände bestehen (can. 294). In ihrer Grundstruktur weist die P. diejenigen Wesenselemente auf, welche CD 11 für die Partikularkirchen herausgearbeitet und can. 369 CIC für die Diözesen rezipiert hatte: An der Spitze steht der Prälat als eigener Ordinarius (can. 295 § 1), dem ein eigenes Presbyterium zugeordnet ist, dessen Ausbildung, Fortbildung und Unterhalt ihm obliegt (can. 295 §§ 1 und 2). Glieder der P. sind nicht allein Priester und Diakone des Weltklerus (can. 294), sondern auch diejenigen Laien, die sich im Wege der Vereinbarung an sie binden (can. 296), indes unverändert Gläubige ihrer jeweiligen Partikularkirche bleiben. Zwar ist die P. ekklesiologisch wie rechtstechnisch keine Partikularkirche, wohl aber – wie der kirchliche Gesetzgeber wiederholt in authentischer Interpretation erklärt hat – eine (zur Partikularkirche komplementäre) Jurisdiktionsstruktur säkularen und hierarchischen Charakters. Im Unterschied zu den Ordensgemeinschaften (Orden) ist sie hierarchischer, nicht konsoziativer Natur. Da die in can. 296 genannten Laien im Vollsinn Angehörige der P. sind, ist sie kein bloßer „Inkardinationsverband“. Gleich den Diözesen, untersteht die P. der Kompetenz der Bischofskongregation (Apostolische Konstitution „Pastor bonus“, Art. 80) und wird auch im Konkordatsrecht wie diese als Zirkumskription hierarchischen Charakters erfasst.
Der knapp gehaltene Rahmen des CIC ist von den Statuten der jeweiligen P. auszufüllen. So ermöglicht die Rechtsform hinreichend Flexiblität für die adäquate Erfassung der verschiedenen denkbaren „speziellen pastoralen Aufgaben“. In der Praxis wählte der Apostolische Stuhl mehrfach außerkodikarische, gleichfalls personal konstituierte Jurisdiktionsstrukturen (2002 Apostolische Personaladministatur Sankt Johannes Maria Vianney, seit 2009 Personalordinariate für frühere Anglikaner).
3. Die Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei
Am 28.11.1982, damit kurz vor Promulgation des CIC/1983, errichtete der Apostolische Stuhl die Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei. Für das 1928 von Josemaría Escrivá de Balaguer gegründete Opus Dei hielt der CIC/1917 keine passende Rechtsform bereit, die seinem spezifischen Charisma – Heiligkeit und Apostolat inmitten der Welt, insb. durch Ausübung der beruflichen Arbeit – hätte gerecht werden können. Für die Mitte des 20. Jh. so bezeichneten „neuen Formen christlichen Lebens“ schuf das Kirchenrecht außerkodikarisch die Rechtsform des Säkularinstituts (Apostolische Konstitution „Provida mater ecclesia“ vom 2.2.1947), welche als erstes das Opus Dei erhielt. Die weitere Entwicklung näherte diese Rechtsform zunehmend dem Regime der Ordensgemeinschaften an, weshalb sie sich für Charisma, Struktur und Sendung des Opus Dei à faute de mieux als ein Provisorium darstellte.
Mit der Errichtung des Opus Dei als P. erhob die Apostolische Konstitution „Ut sit“ die bestehenden Statuten als Codex iuris particularis Operis Dei in den Rang eines päpstlichen Gesetzes. Die insgesamt 185 Canones sind in fünf Teile untergliedert: Wesen und Ziel der Prälatur, Presbyterium der Prälatur und Priesterliche Gesellschaft vom Heiligen Kreuz, Leben, Bildung und Apostolat der Gläubigen der Prälatur, Leitung der Prälatur, Abänderbarkeit und Bindungswirkung des Codex.
Literatur
R. Weber: Das Volk als Stukturelement der kirchlichen Zirkumskription, in: AKathKR 181/1 (2012), 129–151 • P. E. Gudenus: Die Personalprälatur als kirchliche Zirkumskription personaler Natur, in: AKathKR 176/1 (2007), 62–76 • A. de Fuenmayor/V. Gómez-Iglesias/J. L. Illanes: Die Prälatur Opus Dei. Zur Rechtsgeschichte eines Charismas, 1994 • P. Rodríguez: Teilkirchen und Personalprälaturen, 1987.
Empfohlene Zitierweise
S. Mückl: Personalprälatur, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Personalpr%C3%A4latur (abgerufen: 25.11.2024)