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− | Zum GEP gehören inzwischen auch Medienunternehmen, die | + | Zum GEP gehören inzwischen auch Medienunternehmen, die ursprünglich eigenständig waren: u. a. die Matthias-Film, 1950 als Filmvertrieb und Filmproduktionsgesellschaft der evangelischen Kirche gegründet. Heute werden in erster Linie Videos und DVDs mit der Lizenz, die Filme öffentlich und nichtgewerblich vorzuführen, vertrieben. Zu den eigenständigen Medienunternehmen zählt u. a. die 1960 aus der Matthias-Film hervorgegangene EIKON, eine Filmentwicklungs- und -produktionsgesellschaft, deren größter Gesellschafter die EKD ist. |
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:11 Uhr
I. Katholisch
Abschnitt drucken1. Definition
Die katholische P. bilden Medienangebote, die von der katholischen Kirche, ihr angeschlossenen oder nahestehenden Vereinigungen, Persönlichkeiten oder Verlagen veröffentlicht werden. Das Bekenntnis zum Katholizismus ist ausgewiesen oder aufgrund der thematischen Ausrichtung zu erkennen. Inhaltliche Schwerpunkte sind kirchliche Vorgänge sowie gesellschaftliche Themen aus christlicher Perspektive. Zielgruppe sind im Wesentlichen die Mitglieder der katholischen Kirche.
2. Presse
Die Kirchenpresse bildet den Kern. Sie ist an kirchliche Institutionen rechtlich, organisatorisch oder wirtschaftlich gebunden. Früher galt sie als „zweite Kanzel“ oder „Sprachrohr des Bischofs“. Nachkonziliar wurde ihre Rolle mit Begriffen wie Dialog und Forum umschrieben. Ihre Einbettung in kirchliche Institutionen wirft die Frage nach journalistischer Unabhängigkeit auf. Sie kann auch als Corporate Publishing betrachtet werden: Die von ihr vermittelten Informationen sind zwar journalistisch aufbereitet, doch werden damit gleichzeitig die Ziele des Absenders verfolgt.
Wichtigster Typ ist die Bistumszeitung. Sie erscheint wöchentlich, wird i. d. R. vom Bischof herausgegeben, hat dessen Diözese als Verbreitungsgebiet und wird überwiegend im Abonnement bezogen. 2018 erschienen 22 Bistumszeitungen, wobei fünf ostdeutsche Diözesen einen gemeinsamen Titel herausgaben. Zu den Zeitschriften gehören Sonntagsblätter ohne diözesane Bindung (z. B. „Liboriusblatt“), Zeitschriften für bestimmte Zielgruppen, Fach- und Verbandszeitschriften, darunter das auflagenstarke Mitgliedermagazin der KFD, „Frau und Mutter“ (2019 rund 420 000 Exemplare), oder das „Kolpingmagazin“ (175 000). Zeitschriften von katholischen Hilfswerken und Ordensgemeinschaften (Orden) informieren über ihre Arbeit und die Verwendung von Spendengeldern. 2012 existierten in Deutschland 74 Ordens- und Missionszeitschriften mit einer Gesamtauflage von 1,5 Mio., darunter reichweitenstarke Titel wie die „Stadt Gottes“ der Styler Missionare, das „Don Bosco Magazin“ der Salesianer Don Boscos oder „Kontinente“, eine Gemeinschaftspublikation von 27 Missionsorden (Mission). Die meisten Titel erreichen nur vierstellige Stückzahlen, darunter Fachzeitschriften wie die von Jesuiten herausgegebenen „Stimmen der Zeit“ (1865 gegründet als „Stimmen aus Maria Laach“).
Zu den wenigen institutionell nicht gebundenen katholischen Printmedien gehören Publikationen des Herder Verlags: die Monatszeitschrift „Herder-Korrespondenz“, die sich seit 1946 zu einer wichtigen Stimme der innerkirchlichen Diskussion und im Gespräch zwischen Kirche und Gesellschaft (Kirche und Gesellschaft) entwickelte, sowie die Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“ (seit 1967; 27 000). Beide Titel sind eher reformorientiert. Hingegen ist die im Würzburger Johann Wilhelm Naumann Verlag erscheinende „Tagespost“ dem konservativen Spektrum zuzuordnen. Seit 1948 erscheinend war sie die einzige verbliebene katholische Tageszeitung in Deutschland, die nach dem Absinken ihrer Auflage unter 9 000 Anfang 2018 auf wöchentlichen Erscheinungsrhythmus umstellte.
Eine Gesamtaufstellung aller Titel in Deutschland existiert nicht, zumal der Markt diversifiziert und kleinteilig ist, insb. wenn man die Mitteilungsblätter von Pfarreien und Seelsorgeeinheiten mitzählt. Pfarrbriefe kommen auf eine geschätzte Auflage von 7 Mio. Dieses Angebot erreicht die meisten Gläubigen. Ansonsten ist die Leserschaft der katholischen Presse i. d. R. stark überaltert. Junge Menschen werden kaum erreicht. Gründe sind die veränderte Mediennutzung und der Rückgang von Katholikenzahl und Kirchenbindung.
3. Geschichtliche Entwicklung
3.1 Von den Anfängen bis 1848
Theologisch-kirchliche Publikationen waren bis Ende des 17. Jh. i. d. R. für einen gebildeten Leserkreis in lateinischer Sprache verfasst. Erst mit der katholischen Aufklärung Mitte des 18. Jh. kamen deutschsprachige Zeitschriften auf: zunächst Moralische Wochenschriften, die ihr bürgerliches Publikum in Tugendhaftigkeit, Ethik und Sittsamkeit belehrten und zur Verbreitung aufklärerischer Wertvorstellungen beitrugen. Daneben stellten Rezensionszeitschriften Neuveröffentlichungen aus allen Wissensbereichen vor. Eines der ersten katholischen Aufklärungsjournale war der „Parnassus Boicus“ (1722–1740), der in oberdeutscher Sprache von drei Augustinermönchen herausgegeben wurde mit dem Ziel, Wissenschaften und Künste in bayerischen Landen zu befördern und das barocke Weltbild zu überwinden.
Den Nährboden katholischer Presse bereitete die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer 1803 und damit einhergehend das Erwachen eines neuen, sich publizistisch ausdrückenden Selbstbewusstseins. Den Beginn markiert 1821 die Zeitschrift „Der Katholik“ (bis 1918). Mit dem Untertitel „religiöse Zeitschrift zur Belehrung und Warnung“ erschien sie zunächst in Mainz, später wegen staatlicher Zensur zeitweise in Straßburg und Speyer. Ziel war, die Freiheit der Kirche gegen staatliche Eingriffe zu verteidigen, sich offensiv mit Angriffen auf die Kirche und deren Lehre und Praxis auseinanderzusetzen und vor häretischer Literatur und Meinung zu warnen. Schriftleiter war zeitweise Joseph von Görres, der in München auch die Gründung der „Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland“ (1838–1923) initiierte, die später als führendes Organ der katholischen Elite den Weg des deutschen Katholizismus begleiteten.
Im Zuge der „Kirchenblattbewegung“ entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jh. etwa 50 Titel – ausschließlich Zeitschriften, da es aufgrund der Konzessionsgesetzgebung der deutschen Bundesstaaten kaum möglich war, Tageszeitungen herauszugeben.
3.2 Deutsches Reich 1848 bis 1918
Erst mit der in der Revolution von 1848 erlangten Pressefreiheit konnten katholische Tageszeitungen gegründet werden. Versuche, ein landesweit führendes Blatt dauerhaft zu etablieren, scheiterten. Die Zeitungen „Rheinische Volkshalle“ (1848 f.), „Deutsche Volkshalle“ (1849–1855) und „Deutschland“ (1855–1858) erschienen nur einige Jahre. Die „Kölnische Volkszeitung“ (1860–1941) war einer der wenigen Titel mit überregionaler Bedeutung. Gründe für den Misserfolg waren fehlende publizistische Kenntnis der Macher und innerkirchliches Misstrauen gegen die neuen Massenmedien. Dieser Argwohn manifestierte sich im Begriff von der „schlechten Presse“, von den „Historisch-politischen Blättern“ 1840 eingeführt und bald in weiten katholischen Kreisen bekannt.
Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 nahmen Neugründungen sprunghaft zu. Förderlich waren die Bildung der Zentrumspartei (Zentrum), deren Hauptorgan die Berliner „Germania“ (1871–1938) wurde, die Situation des Kulturkampfs und die allgemeine Blüte der Massenpresse. Die meisten neuen Zeitungen waren kleine Lokalblätter mit geringer Auflage. Eine Statistik des Augustinus-Vereins zur Pflege der katholischen Presse, ein 1878 gegründeter Zusammenschluss katholischer Verlage, verdeutlicht den enormen Titelzuwachs: Gab es 1865 noch 20 katholische Zeitungen, so waren es 1878 bereits 271, 1903 schon 325 und 1925 insgesamt 451 Titel.
Auch das Zeitschriftenwesen differenzierte sich aus, ergänzt um Verbandspresse und Ordenszeitschriften. Bedeutsam sind zudem die Kultur- und Literaturzeitschriften, etwa der „Literarische Handweiser“ (1862–1931) oder das 1903 gegründete „Hochland“ (mit Unterbrechung bis 1974). In dieser „Monatszeitschrift für alle Gebiete des Wissens, der Literatur und Kunst“ publizierten namhafte Philosophen und Schriftsteller. „Hochland“ bemühte sich, die Widersprüche zwischen katholischem Geist und modernem Weltbild aufzuheben und der kirchlichen Lehre den Anschluss an die Moderne zu ermöglichen.
3.3 Weimarer Republik und Nationalsozialismus
Zwischen beiden Weltkriegen unterlag die katholische Presse erheblichen Konzentrationsvorgängen, bedingt durch die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre und den Bedeutungsverlust der Zentrumspartei am Ende der Weimarer Republik, wodurch die Blätter ihren politischen Rückhalt verloren. Einschneidend wirkte die „Presselenkung“, mit der die Nationalsozialisten freie Berichterstattung unterbanden und die Gleichschaltung vorantrieben. Ab Sommer 1933 durften sich Zeitungen nicht mehr katholisch nennen, ab April 1935 hatten konfessionelle Gesichtspunkte weder in den Verlagen noch bei Zielgruppen eine Rolle zu spielen. Durch Anpassung und Tarnung versuchten die Zeitungen sich gegen die NS-Pressepolitik zu wehren. Bis zum vollständigen Erscheinungsverbot 1941 hatten etliche Blätter wegen wirtschaftlichen Drucks oder politischer Repressalien bereits aufgegeben.
Ähnlich erging es der katholischen Zeitschriftenpresse, die 1931 im deutschsprachigen Raum noch auf 414 Titel mit einer Gesamtauflage von 10 Mio. kam. Die Presselenkung setzte rigoros auf Entpolitisierung der Inhalte, Sprachregelungen, Vorzensur und Erscheinungsverbote. Einige Publikationen wie „Hochland“ versuchten, die nationalsozialistische Ideologie zurückzuweisen, konnten Kritik aber nur indirekt äußern.
Um die Zeitschriftenpresse weiter zu konzentrieren und besser kontrollieren zu können, entstand 1936 auf Drängen der Reichspressekammer und mit Zustimmung der Kirche ein neuer Wochenzeitungstyp: das Bistumsblatt als „Kirchenamtliches Organ“, herausgegeben vom Bischof und nur in dessen Bistum vertrieben. Auf diese Weise wurden einige der schon bestehenden (aber bis dahin keineswegs amtlichen) Sonntags- und Kirchenblätter unter den Schutz des Reichskonkordats gestellt und konnten bis Mai 1941 erscheinen.
3.4 Entwicklung seit 1945
Die negativen Erfahrungen mit zentralistischen Strukturen während der NS-Zeit waren in Deutschland nach 1945 nicht nur ein Grund für die Stärkung des Föderalismus, sondern auch für eine Besinnung auf die Ortskirche. Sie sicherte der diözesanen Kirchenpresse bei der Neuordnung der Medienlandschaft eine wichtige Stellung: Bereits ab 1946 gab es in den westlichen Besatzungszonen wieder Bistumszeitungen. Manche konnten ihre alte Tradition fortsetzen (z. B. „Der Pilger“, Speyer 1848; „Paulinus“, Trier 1875). In der sowjetischen Zone wurden mit dem „Tag des Herrn“ (Leipzig, ab 1951), dem „St. Hedwigsblatt“ (Ost-Berlin, 1954–1990) sowie dem „Katolski Posoł“ („Katholischer Bote“), einer Zeitung für die katholischen Sorben (Bautzen, 1863–1939 sowie ab 1950), vergleichbare Publikationen zugelassen.
Die Bistumszeitungen verbreiteten sich schnell. Die größten Titel, die „Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln“ und „Kirche und Leben“ in Münster, verkauften zeitweise jeweils über 200 000 Exemplare. Gründe für den Erfolg waren das Wachstum der katholischen Kirche u. a. durch Zuzug von Heimatvertriebenen und die Monopolstellung der Bistumspresse. Unter der Medienpolitik der Alliierten konnte die katholische Tagespresse nicht wiedererstehen, weil Lizenzen nur an gemischte Herausgebergremien und Parteien vergeben wurden. Außerdem fehlte zunächst die stützende Kraft der katholischen Organisationen, Verbände und Gewerkschaften. Auch nach dem Wegfall der Lizenzpflicht 1949 gab es, abgesehen von der „Tagespost“, keine erfolgreichen katholischen Neugründungen.
Daneben entstand eine Zeitschriftenpresse, die zwar nicht an ihre frühere Bedeutung anknüpfen konnte, aber dennoch viele alte und neue Titel hervorbrachte. Einige der Kultur-, Jugend- und Familienzeitschriften erreichten im zeitlichen Umfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils beachtliche Auflagen, etwa der „Mann in der Zeit“ (seit 1848; zeitweise 700 000 Exemplare) und die Illustrierte „Der Feuerreiter“ (seit 1925). Beide Titel wurden später verschmolzen und 1968 in „Weltbild“ umbenannt. Der Weltbild-Verlag, den mehrere Bistümer übernahmen, stieg in das Buchhandelsgeschäft ein (mit zeitweise 450 Filialen) und publizierte ab den 1980er Jahren Magazine wie „Frau im Leben“ oder den Elternratgeber „Leben & erziehen“. Diese Titel bedienten allerdings breiten Publikumsgeschmack. Nach Zukäufen erschienen bei Weltbild 2008 insgesamt 26 Zeitschriften mit einer Gesamtauflage von 1,3 Mio. Exemplaren, ehe der Verlag im gleichen Jahr sämtliche Titel an die französische Mediengruppe Bayard verkaufte. Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen um das Buchsortiment trennten sich die kirchlichen Gesellschafter 2017 vollständig von dem inzwischen in Insolvenz geratenen Unternehmen.
Eine Wochenzeitung mit dem Anspruch, sich als Leitmedium bei gesellschaftspolitischen Themen mit weithin vernehmbarer christlich-katholischer Stimme am Diskurs zu beteiligen, gibt es nicht mehr. Ein Versuch war die 1968 von der DBK gegründete Wochenzeitung „Publik“, die – beflügelt vom Zweiten Vatikanischen Konzil – eine unabhängige Stimme mit journalistischem Anspruch werden sollte. Sie scheiterte nach drei Jahrgängen, weil die angestrebte Zahl an Lesern nicht erreicht wurde und Redaktion und Bischöfe uneinig über die Ausrichtung waren. Indirekte Folge war 1972 die Gründung der Zeitschrift „Publik-Forum“, die von einer Leserinitiative getragen wird und eine stabile Auflage von gut 35 000 Exemplaren hat.
Der „Rheinische Merkur“, einst ein Flaggschiff der katholischen Nachkriegs-P., wurde 2010 eingestellt. Die 1946 gegründete Zeitung, die den Namen des von J. von Görres 1814–1816 herausgegebenen Blattes übernahm, hatte von Beginn an geistige Nähe zur Kirche. Mehrere Diözesen erwarben Anteile. 1980 wurde das Blatt mit der protestantisch orientierten Wochenzeitung „Deutsche Zeitung. Christ und Welt“ fusioniert und 2002 der Abonnentenstamm der Zeitung „Die Woche“ übernommen. Auch diese Zukäufe verhinderten das Absinken der Auflage von über 120 000 Exemplaren in den 1980er Jahren auf 64 000 im Jahr 2010 nicht. Die kirchlichen Gesellschafter zogen mit Blick auf jährliche Subventionen in Millionenhöhe die Notbremse. Übrig blieb die sechsseitige Beilage „Christ und Welt“, die seither mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ verbreitet wird, allerdings nur in einer Teilauflage von gut 15 000 Exemplaren. Zunächst wurde die Beilage vom Katholischen Medienhaus produziert, seit 2016 gibt sie der Zeit-Verlag selbst heraus.
Nimmt man die Bistumspresse als Indikator für die Auflagenentwicklung, markiert das Jahr 1963 mit einer Auflage von 2,45 Mio. in Westdeutschland den Wendepunkt. Sie fiel 2019 auf 375 000 Exemplare. Der Fortbestand dieses Typs steht in Frage. Die Verlage reagierten mit konzeptionellen Verbesserungen und dem (vergeblichen) Versuch, durch inhaltliche Erweiterung neue Zielgruppen zu erschließen. Kooperationen bei der Anzeigenakquise und im redaktionellen Bereich wurden gebildet. So produzieren seit 2004 sieben Titel in der Verlagsgruppe Bistumspresse einen gemeinsamen überregionalen Teil. Radikalster Schritt ist die Einstellung der Abonnementzeitung zugunsten eines neuen publizistischen Modells: einer Verteilzeitschrift, die kostenlos allen katholischen Haushalten zugestellt wird. Das Bistum Essen ging 2013 als erstes diesen Weg, stellte das „Ruhrwort“ ein und verschickt seither fünf Mal im Jahr die Zeitschrift „BENE“ (Auflage 2018: 515 000). Ähnliche Schritte kündigten 2019 die Bistümer Mainz, Fulda und Limburg an.
4. Elektronische Medien
Nur wenige Jahre nach Erfindung des Radios begann die Kirche, das neue Medium selbst zu nutzen. 1931 ließ Papst Pius XI. „Radio Vatikan“ als Auslandsrundfunk des Heiligen Stuhles gründen. Die Aufgabe des ersten kirchlichen Hörfunksenders, dessen Programm in bis zu 45 Sprachen weltweit gesendet wurde, war es, über den Vatikan und die Kirche zu berichten und die katholische Lehre weiterzutragen. 2017 wurde „Radio Vatikan“ in das Onlineportal „Vatican News“ eingegliedert. Die Sendungen werden inzwischen mit wenigen Ausnahmen nur noch online als Podcast verbreitet.
In Deutschland sind katholische und evangelische Kirche in mehrfacher Weise am Rundfunk beteiligt. Als gesellschaftlich relevante Kräfte wirken sie über Vertreter in den Rundfunkräten des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks und den für den Privatfunk zuständigen Landesmedienanstalten an der Programmaufsicht mit. Der Rundfunkstaatsvertrag sichert den Kirchen über das sogenannte Drittsenderecht eigene Sendezeit zu, ohne dass der Umfang genauer definiert wird. In den öffentlich-rechtlichen Sendern lassen die Kirchen selbst produzierte Verkündigungssendungen ausstrahlen, etwa kurze spirituelle Impulse. Am bekanntesten ist das seit 1954 in der ARD ausgestrahlte „Wort zum Sonntag“, das aufgrund seiner Sendezeit am späten Samstagabend regelmäßig ein Millionenpublikum erreicht. Das ZDF überträgt jeden Sonntagmorgen einen Gottesdienst live, dem mehrere hunderttausend Zuschauer folgen. Die Verkündigungssendungen werden von der katholischen und der evangelischen Kirche i. d. R. im wöchentlichen Wechsel verantwortet. Privaten Hörfunkprogrammen liefern die Kirchen i. d. R. journalistische Beiträge oder ganze Magazinsendungen. Die Diözesen haben meist eigene Rundfundredaktionen.
Seit der Einführung des privatrechtlichen Rundfunks 1984 können auch die Kirchen eigene Sender betreiben, was jedoch aufgrund hoher Kosten nur in geringem Umfang geschieht. Das Erzbistum Köln hat mit dem „Domradio“ seit 2000 ein eigenes Programm, das regional auch über UKW ausgestrahlt wird und bundesweit über sein Online-Portal Beachtung erfährt. Das Erzbistum München und Freising startete 2008 das „Münchner Kirchenradio“, zunächst nur als Internetradio, inzwischen aber auch über DAB verbreitet. „Radio Horeb“ ist ein spendenfinanzierter Radiosender katholischer Prägung. Einen katholischen Fernsehsender in kirchlicher Trägerschaft gibt es in Deutschland nicht, jedoch mit dem deutschsprachigen Ableger des amerikanischen Senders „Eternal Word Television Network“ seit 2000 ein privates Fernsehen, ebenfalls über Spenden finanziert. Am konfessionsübergreifenden Sender „Bibel TV“ (Sendestart 2002) ist die katholische Kirche über Geschäftsanteile und Programmbeiträge ihrer Filmproduktionsfirma Tellux beteiligt.
5. Zugehörige Organisationen
Aus dem „Christlichen Nachrichtendienst“ (München 1946) und dem „Kirchlichen Nachrichtendienst“ (Köln 1948) ging 1952 die „Katholische Nachrichten-Agentur“ (KNA) hervor, die Texte, Fotos, Videos und Audiobeiträge zu kirchlichen und gesellschaftspolitischen Themen produziert und an andere Medienunternehmen vermarktet. Die KNA fungiert insb. als wichtiger Zulieferer für die katholische Presse.
Die Agentur wurde in die 2011 gegründete und vollständig in das im Besitz des Verbands der Diözesen befindliche Katholisches Medienhaus Deutschland GmbH überführt. Unter diesem Dach werden auch die Internetportale „katholisch.de“ (seit 2004) und „filmdienst.de“ (1947–2017 als gedruckte Zeitschrift) betrieben sowie die Fachzeitschrift „Medienkorrespondenz“ (seit 1953) herausgegeben.
6. Berufsorganisation und Ausbildung
Anstelle des Augustinus-Vereins entstanden 1948 die Gesellschaft katholischer Publizisten Deutschlands als Berufsverband mit gut 500 Mitgliedern und 1949 als Zusammenschluss der Presseunternehmen die Arbeitsgemeinschaft Katholische Presse, die sich im Jahr 2000 mit dem Verband Katholischer Verleger und Buchhändler zum Katholischen Medienverband (120 Unternehmen 2018) vereinigte. Das seit 1968 bestehende Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses in München widmet sich im Auftrag der Bischofskonferenz der handwerklichen journalistischen Ausbildung. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt vermittelt seit 1983 der Journalistik-Studiengang kommunikationswissenschaftliche und berufspraktische Kenntnisse. In beiden Einrichtungen wird bes. auf die Vermittlung von ethisch verantwortungsvollem Journalismus Wert gelegt.
7. Katholische Presse im Ausland
Die Bistumspresse in Österreich ist jener in Deutschland ähnlich. Neun Titel kamen 2018 auf eine Auflage von 130 000 Exemplaren, eine Halbierung in 20 Jahren. Daneben gibt es Tages- und Wochenpresse, die auf die Tradition der katholischen Preßvereine zurückgeht. Die Styria Media Group ist das drittgrößte österreichische Medienunternehmen, hervorgegangen aus dem 1869 gegründeten Katholischen Preßverein in der Diözese Graz-Seckau. Styria gibt mehr als 20 Tages- und Wochenzeitungen in Österreich, Kroatien und Slowenien heraus, darunter die „Kleine Zeitung“ (Auflage 2018: 280 000), „Die Presse“ (70 000) sowie die politische Wochenzeitung „Die Furche“ (11 000). Die Wochenzeitung „Niederösterreichische Nachrichten“ (100 000) mit 28 Regionalausgaben erscheint in einem Verlag, der mehrheitlich zur Diözese St. Pölten gehört. Kathpress ist die katholische Nachrichtenagentur.
Die „Schweizerische Kirchenzeitung“ (seit 1832) ist eine theologische Fachzeitschrift und amtliches Organ der deutschsprachigen Diözesen. Etliche (Tages-)Zeitungen katholischer oder christsozialer Prägung sind in den 1990er Jahren eingestellt worden – die wichtigsten Titel waren „Vaterland“ und „Ostschweiz“. Die italienische „Giornale del Popolo“, seit 1926 vom Tessiner Bischof herausgegeben, wurde 2018 eingestellt. Geblieben ist die französischsprachige „La Liberté“ in Fribourg, die seit 1871 zum Orden der Paulus-Schwestern gehört (inzwischen aber mit Beteiligungen einer Bank und eines Energiekonzerns).
In Frankreich trugen die Assumptionisten wesentlich zum Aufbau bei. 1883 gründete der Männerorden die Zeitung „La Croix“, deren Auflage sich bei rund 100 000 Exemplaren bewegt. Die Zeitung gehört zur katholischen Verlagsgruppe Bayard, die weltweit tätig ist, u. a. in China, Kanada und den USA. Die Wochenzeitschriften „Le Pèlerin“ (seit 1873, 150 000) und das Monatsmagazin „Notre Temps“ (seit 1968; 750 000) zählen zu den reichweitenstärksten Titeln des Verlags.
In Italien gibt es nach wie vor eine große Vielfalt an Zeitschriften, deren Reichweite jedoch ebenfalls schrumpft. Die Wochenzeitschrift „Famiglia Cristiana“ (seit 1931), einst mit Millionenauflage, verkaufte 2018 noch 300 000 Exemplare. Ähnlich ist die Entwicklung beim monatlichen „Messaggero di Sant’Antonio“ (260 000). Bes. Stellung nimmt der „Osservatore Romano“ durch seine Nähe zum Hl. Stuhl ein. Die italienischsprachige Tageszeitung des Vatikanstaats (Vatikanstadt) gibt es seit 1861, später folgten acht fremdsprachige Ausgaben, die wöchentlich bzw. monatlich erscheinen, darunter auch in deutscher Sprache.
In den USA verzeichnet die Catholic Press Association für das Jahr 2018 insgesamt 114 Zeitungen (Gesamtauflage 4,3 Mio.), die wöchentlich, 14-tägig oder monatlich erscheinen und sich mehrheitlich auf einzelne Diözesen beziehen. Hinzu kommen 78 Zeitschriften (5,5 Mio. Auflage). Zu den namhaften nationalen Titeln zählen das inzwischen von der Bayard-Gruppe herausgegebene Monatsmagazin „Catholic Digest“ (seit 1936; Auflage 300 000 Exemplare), das von den Jesuiten publizierte Wochenmagazin „America“ (seit 1909; 45 000) sowie der zum „Eternal Word Television Network“ gehörende „National Catholic Register“ (seit 1927; 39 000).
Literatur
W. Hömberg/T. Pittrof (Hg.): Katholische Publizistik im 20. Jahrhundert, 2014 • G. Fürst (Hg.): Katholisches Medienhandbuch, 2013 • C. Klenk: Zustand und Zukunft katholischer Medien, 2013 • G. Mees/F. Oertel (Hg.): Deutschlands fromme Presse, 1996 • H. Wagner: Das Ende der katholischen Presse, 3 Bde., 1974 • M. Schmolke: Die schlechte Presse. Katholiken und Publizistik zwischen „Katholik“ und „Publik“ 1821–1968, 1971 • K. A. Altmeyer: Katholische Presse unter NS-Diktatur, 1962 • K. Löffler: Geschichte der katholischen Presse Deutschlands, 1924.
Empfohlene Zitierweise
C. Klenk: Publizistik, I. Katholisch, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Publizistik (abgerufen: 24.11.2024)
II. Evangelisch
Abschnitt druckenZur Erfüllung ihres Auftrags hat sich die evangelische Kirche schon immer der Medien ihrer Zeit bedient. Schon der Reformation Martin Luthers bescherte die Nutzung des modernen Buchdrucks eine sonst nicht mögliche Breitenwirkung. Umgekehrt verhalf die Reformation der neuen Technik zum Durchbruch. Die Offenheit für neue technische Möglichkeiten, die sich u. a. durch die Digitalisierung (Internet, Social Media) bieten, ist in der evangelischen Kirche bis heute ungebrochen. Sie wird aber zugleich unter medienethischen Gesichtspunkten reflektiert, etwa am einzigen Lehrstuhl in Deutschland für Christliche P. (Erlangen). Die heutige evangelische P. wurde im Wesentlichen nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Strategische Überlegungen sind zuvor der Inneren Mission (Johann Hinrich Wichern) und dem Kulturprotestantismus des 19. Jh. zu verdanken. In der ersten Hälfte des 20. Jh. wirkte August Hinderer als Direktor des Evangelischen Presseverbandes prägend, in der zweiten Hälfte der bayerische Pfarrer Robert Geisendörfer. Dass die evangelische Kirche eigene Medienunternehmen unterhält, hat mit dem Kulturauftrag zu tun, dem sie sich verpflichtet sieht, und mit dem Selbstverständnis, Meinungsvielfalt in der Gesellschaft sicherzustellen.
1. Auftrag
Evangelische P. will dazu beitragen, „dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1 Tim 2,4). Teile der evangelischen Kirche betonten in der „Barmer Theologischen Erklärung“ (1934) gegenüber dem auf Gleichschaltung des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens zielenden Nationalsozialismus eine Öffentlichkeitsverantwortung und einen Öffentlichkeitsanspruch (These II und VI), „allen Menschen das Heil anzubieten in der Verkündigung des Evangeliums“. Die öffentliche Verkündigung in der Gesellschaft bedeutet, Verantwortung für das Gemeinwesen einzunehmen und somit öffentlich für die Würde des Menschen, Frieden und Versöhnung einzutreten. Der Loccumer Vertrag, der 1955 zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen geschlossen wurde, erkennt die öffentliche Verantwortung der Kirche gegenüber dem politischen Gemeinwesen an. Rudolf Smend sah im Öffentlichkeitsauftrag (Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen) zugleich einen Öffentlichkeitsanspruch. Der erste Publizistische Gesamtplan der evangelischen Kirche hob 1979 vor diesem Hintergrund hervor, dass die Öffentlichkeit der christlichen Verkündigung zum Wesen der Kirche gehört und neben Liturgie, Verkündigung und Diakonie eine eigene Dimension kirchlichen Handelns darstellt. Auf R. Geisendörfer geht der auch heute noch geltende Leitsatz zurück: „Etwas öffentlich machen, Fürsprache üben, Barmherzigkeit vermitteln und Stimme leihen für die Sprachlosen“ (zit. n. Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik 2018).
Auch das zweite Publizistische Gesamtkonzept („Mandat und Markt“ [Kirchenamt der EKD 1997]) bekräftigt diese elementare Lebensäußerung: „Ihr kommt in einer Medien- und Informationsgesellschaft zentrale Bedeutung zu. Das Evangelium, die Kirche und ihr Handeln brauchen die öffentliche Präsenz und die Vermittlung in der Gesellschaft“ (Kirchenamt der EKD 1997: 7). Initiiert wurde dieses Konzept von der Synode der EKD in Suhl 1992. „Mandat und Markt“ führte zu einer Neuausrichtung der evangelischen P., in dem sie z. B. das ihr übertragene Mandat als ein „Ja zur verfassten Kirche“ definiert und daraus die Verpflichtung ableitet, „den Fortbestand der Kirche publizistisch zu stützen“ (Kirchenamt der EKD 1997: 17). Evangelische P. unterscheidet seither zwischen Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit. Letztere ist in der Folge in der evangelischen Kirche als absenderorientierte Kommunikation von Pressestellen auf allen Ebenen der Kirche sowie in ihren Einrichtungen professionalisiert und ausgebaut worden. Parallel dazu wurden unabhängige Formen des Journalismus in der Kirche zurückgefahren.
Die Synode der EKD 2014 in Dresden befasste sich mit der „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“. In einer „Kundgebung“ unterstrich sie den Willen, den digitalen Wandel mitzugestalten, der zugleich neue Chancen für die Kommunikation des Evangeliums eröffnet. Ein neues Gesamtkonzept evangelischer Medienaktivitäten ist seit 1997 jedoch nicht mehr entstanden. Einzig die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat 2015 die Herausforderungen der Digitalisierung tiefergehend erörtert im Impulspapier „Das Netz als sozialer Raum“. Hier ist u. a. vom Risikopotential der Social Media die Rede, von den Folgen für Politik und Demokratie, der Notwendigkeit, Medienkompetenz, Medienbildung und Medienethik zu fördern, um Medien als Instrumente der Freiheit verantwortlich nutzen zu können.
2. Struktur
Die EKD ist ein föderales System von 20 selbstständigen evangelischen Landeskirchen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten für publizistische Aktivitäten. So liegt die Verantwortung z. B. für Gemeindebriefe bei der Kirchengemeinde, für Kirchengebietsblätter in der jeweiligen Landeskirche. Für Aktivitäten, die von allen Landeskirchen gewollt und finanziert werden, liegt die Zuständigkeit bei der EKD, die entsprechende Medienunternehmen subventioniert. Diese Struktur geht wesentlich auf Impulse von R. Geisendörfer zurück. Er gründete 1973 das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP). Zu dessen Geschäftsfeldern gehören
a) das evangelische Monatsmagazin „chrismon“, das monatlich kostenlos ausgewählten deutschen Tageszeitungen sowie der Wochenzeitung „Die Zeit“ beiliegt; zusammen mit einer erweiterten Abonnementausgabe („chrismon plus“) erreichte diese Publikation 2017 erstmals 1,6 Mio. Leser;
b) die Zentralredaktion des epd, der 1910 gegründet wurde und in Landesdienste gegliedert ist;
c) das Internetportal „evangelisch.de“;
d) die Rundfunkarbeit: „Das Wort zum Sonntag“ (ARD) sowie Gottesdienste im ZDF, für die der Medienbeauftragte des Rates der EKD verantwortlich ist;
e) die Evangelische Journalistenschule in Berlin bildet seit 1995 durch ein Volontariat Journalisten aus;
f) der „Robert Geisendörfer Preis“ wird seit 1983 alljährlich für herausragende publizistische Leistungen deutscher Hörfunk- und Fernsehsender verliehen.
Zum GEP gehören inzwischen auch Medienunternehmen, die ursprünglich eigenständig waren: u. a. die Matthias-Film, 1950 als Filmvertrieb und Filmproduktionsgesellschaft der evangelischen Kirche gegründet. Heute werden in erster Linie Videos und DVDs mit der Lizenz, die Filme öffentlich und nichtgewerblich vorzuführen, vertrieben. Zu den eigenständigen Medienunternehmen zählt u. a. die 1960 aus der Matthias-Film hervorgegangene EIKON, eine Filmentwicklungs- und -produktionsgesellschaft, deren größter Gesellschafter die EKD ist.
Im Bereich der Deutschen Evangelischen Allianz wurde 1970 mit dem Informationsdienst „idea“ (seit 1992 „Evangelische Nachrichtenagentur“) und 1979 dem Wochenmagazin „idea spektrum“ in Wetzlar eine eigenständige P. aufgebaut. 1975 entstand die Konferenz Evangelikaler Publizisten – heute Christlicher Medienverbund KEP. Zu seinen Aktivitäten zählen u. a. die Herausgabe des Medienmagazins „pro“, eine eigene Akademie zur Fort- und Weiterbildung im Medienbereich sowie die Verleihung des Medienpreises „Goldener Kompass“. Mit dem 1959 gegründeten „Evangeliums-Rundfunk“ unterhält die evangelikale Bewegung einen eigenen aus Spenden finanzierten Sender. Ein überkonfessioneller Gesellschafterkreis gründete 2003 in Hamburg den privaten Fernsehsender „Bibel TV“, der sich wesentlich aus Spenden finanziert und digital über Satellit sowie im Kabelnetz empfangen werden kann.
Literatur
GEP: Mission (2018), URL: https://www.gep.de/mission.shtml (abger. 28.4.2020) • J. Haberer: Digitale Theologie, 2015 • Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern: Das Netz als sozialer Raum: Kommunikation und Gemeinschaft im digitalen Zeitalter, 2015 • J. Haberer/F. Kraft (Hg.): Kompendium Christliche Publizistik, 2014 • U. Hahn: Kirchliche Medienarbeit, in: J. Hermelink/T. Latzel (Hg.): Kirche empirisch, 2008 • C. Drägert/N. Schneider: Medienethik, 2001 • G. Meier-Reutti/F. Kraft/J. Haberer (Hg.): Studien zur Christlichen Publizistik, Bde. 1–23, 1998–2017 • Kirchenamt der EKD: Mandat und Markt, 1997 • R. Geisendörfer: Für die Freiheit der Publizistik, 1978.
Empfohlene Zitierweise
U. Hahn: Publizistik, II. Evangelisch, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Publizistik (abgerufen: 24.11.2024)