Freiwilligenarbeit

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F. wurde als beschreibender Oberbegriff für Tätigkeiten gewählt, die i. d. R. zugunsten der Gesellschaft und nicht im Rahmen klassischer Erwerbsarbeit erbracht werden. Aufgrund von Begriffstraditionen sowie gesellschaftlichen und politischen Deutungen werden im Text für das Phänomen der F. die Begriffe „Ehrenamt“, „Engagement“, „bürgerschaftliches Engagement“, „Freiwilligentätigkeit“ etc. genannt, die in ihrem je eigenen Kontext stehen und daher nicht umbenannt werden sollen.

1. Historische Verankerung

Durch die Preußische Städteordnung von 1808 wurde die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland begründet, die die Beteiligung des Bürgertums (Bürger, Bürgertum) an der Verwaltung der lokalen Angelegenheiten vorsah – als Recht, aber auch als Pflicht: Um Effizienz und Effektivität zu steigern, sollten „Ehrenmänner“ Aufgaben in der Verwaltung übernehmen. Ausgewählten Honoratioren kam die Ehre eines Amtes zu, zu der sie – wie heute noch im Falle von Schöffen – unentgeltlich verpflichtet wurden. Nicht nur mit Blick auf Verwaltungstätigkeiten, sondern auch im Bereich der Armenhilfe gab es ab 1850 ein gewissermaßen staatlich strukturiertes und verordnetes System, in dem Ehrenamtliche dezentral Aufgaben der Armenhilfe übernahmen (Elberfelder Modell). Das Ehrenamt in Deutschland ist damit aus einer staatlichen Logik heraus entstanden und weniger als bürgerschaftliche Eigeninitiative zur Selbstorganisation, war somit Teil staatlichen Handelns und nicht ein dem Staat gegenüberstehendes Mitgestalten.

Da es bei den genannten Tätigkeiten immer um die Selbstverwaltung und Aufgaben im sozialen Nahraum ging, ist die Entstehung des Ehrenamtes zudem eng mit der Lokalgemeinschaft verbunden. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Verein als Organisationsform, in der heute etwa die Hälfte aller freiwillig Tätigen organisiert ist. Er ist Ausdruck eines Vereins- und Versammlungsrechts, das sich die Bürger Ende des 18./Anfang des 19. Jh. erstritten haben und 1848 in der Reichsverfassung festgeschrieben wurde, allerdings mit Auflagen, um das politische Engagement, v. a. bestimmter Bevölkerungsgruppen, auch wieder begrenzen zu können. Diese Entpolitisierung fördert die Entstehung des bürgerlichen Idealvereins in der heutigen Form, in dem vielfältige Interessen in Gemeinschaft organisiert und gelebt werden.

Durch die neuen sozialen Bewegungen entstand zusätzlich ein bürgerschaftliches Engagement, das potenziell regierungskritisch und durch Anliegen der Zivilgesellschaft bestimmt war. In der Zeit des sozialen Abbaus und durch das Aussetzen des Wehrdienstes (und damit des Zivildienstes) hat sich der Fokus auf das Ehrenamt verstärkt. Durch Naturkatastrophen wie z. B. das Hochwasser in Passau 2013 oder aber auch durch die hohe Zahl von seit 2015 nach Deutschland geflüchteten Menschen wurde eine überwältigende Anzahl von Ehrenamtlichen tätig. Die Kraft der Zivilgesellschaft wurde in diesem Zusammenhang in Gesellschaft und Politik deutlich, die dadurch und durch seine Förderung bedingten Veränderungen in den Strukturen der F. sind noch nicht absehbar.

2. Definition

Eine 1999 durch den Deutschen Bundestag eingesetzte Kommission sollte das ehrenamtliche Engagement der Bürger in Deutschland beschreiben. „Ehrenamt“ wurde sowohl im Auftrag als auch im Bericht als „Bürgerschaftliches Engagement“ (B. E.) bezeichnet, da die Bürgergesellschaft und ihre Werte als Bezugsrahmen dienen sollten. Als Schüsselwerte der Bürgergesellschaft werden Freiwilligkeit, Teilhabe/Mitgestaltung und Verantwortung erachtet. Als gemeinsame Definition konnte sich die Enquete-Kommission darauf einigen, dass unter B.m. E „ein freiwilliges, gemeinwohlorientiertes und nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtetes Engagement zu verstehen“ sei (Drs. 14/8900: 333), die Tätigkeit ist öffentlich und wird i. d. R. gemeinschaftlich/kooperativ ausgeübt. Der erste Engagementbericht der Bundesregierung hat diese Definition konkretisiert und B. E. einerseits als freiwillige Mitverantwortung und andererseits als Bürgerpflicht gegenüber dem Gemeinwesen bezeichnet. Zudem wurde die Unentgeltlichkeit relativiert, der Nutzen des Engagements unterstrichen und die Partizipation als „neue Formen der Regelfindung“ (BMFSFJ 2012: 10) eingeschlossen. Im Kontrast dazu unterstreicht der zweite Engagementbericht die Vielfalt des Engagements, seine Bedeutung für die Kommunen und seine Freiwilligkeit im Sinne einer Tugend. Der Freiwilligensurvey unterscheidet zwischen gemeinschaftlich ausgeübten Aktivitäten und freiwilligem Engagement. Während gemeinschaftlich Aktive an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten teilnehmen, kennt das Engagement konkrete, z. B. organisatorische Aufgaben und Tätigkeiten.

Als Engagementformen bezeichnet Annette Zimmer unter Bezugnahme auf die Enquetekommission B. E. „im weitesten Sinn als ‚Spenden von Ressourcen: Zeit, Geld, Know-how‘ […], und zwar im Dienst des Gemeinwohls sowie der Vertiefung und Weiterentwicklung von Demokratie und aktiver staatsbürgerlicher Beteiligung. Im Einzelnen handelt es sich um:

a) die einfache Mitgliedschaft sowie die aktive Mitarbeit in Leitungs- und Führungsaufgaben in Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften sowie politischen Gremien,

b) die freiwillige unbezahlte Mitarbeit in karitativen oder gemeinwohlorientierten Einrichtungen, wie etwa in Krankenhäusern, Schulen, Museen oder Bibliotheken,

c) die verschiedenen Formen direkt-demokratischer Bürgerbeteiligung, wie etwa im Rahmen von Volksbegehren oder Volksentscheiden, sowie schließlich auch

d) die Beteiligung an Protestaktionen im Rahmen der Bürgerinitiativbewegung oder auch der neuen sozialen Bewegungen, wie etwa der Ökologie-, Anti-Atomkraft- oder Frauenbewegung […]“ (Zimmer 2007: 96 f.).

Der zweite Engagementbericht hat den Engagementbegriff im Vergleich zur Beschreibung durch die Enquetekommission stark geweitet und zwischen Dimensionen von z. B. Bewahrung und Wandel, Geselligkeit und der Verfolgung sozialer Anliegen, formell organisiertem und informellem Engagement aufgespannt. Der Begriff bleibt somit schillernd.

Auch die normative Deutung des Begriffs fällt schwer. Der Freiwilligensurvey stellt fest: „In der öffentlichen Debatte wird freiwilliges Engagement als eine der zentralen Formen gesellschaftlicher Partizipation überwiegend positiv bewertet, da es zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen, die Demokratie weiterentwickeln und innovative Problemlösungen hervorbringen kann […]“ (zit. n. BMFSFJ 2016: 26). Die bedeutsame Abgrenzung des Begriffs B. E. von „unzivilem“ Engagement ist der Enquete-Kommission nur insoweit gelungen, als man das Engagement im Rechtsextremismus als negativ wertet. Weitere Abgrenzungen folgen im Ersten und Zweiten Engagementbericht, in letzterem werden der Zivilgesellschaft die Grundprinzipien eines demokratischen Gemeinwesens zugeordnet, zu denen Respekt, Offenheit, Menschenrechte und ein ziviler Umgang mit Konflikten gehören. Auf dieser Grundlage seien auch klare Regeln und Abgrenzungen zu unzivilem und nicht förderungswürdigem Engagement erforderlich.

Fazit ist jedoch: „Es existiert kein gemeinsam geteiltes Verständnis von Zivilgesellschaft, Drittem Sektor und bürgerschaftlichem Engagement in der scientific community“ (ZiviZ 2013: 8).

3. Verwurzelung in der Zivilgesellschaft

Ottfried Höffe rechnet das Engagement für und in der Gesellschaft zu den Bürgertugenden, die die demokratischen Institutionen ergänzen und Bürger zu mündigen Bürgern machen. Bürgertugenden verwirklichen das Recht auf politische Mitgestaltung und nehmen damit den öffentlichen Gewalten die Obrigkeitsstaatlichkeit. Die Konzepte der Bürgergesellschaft kommen ohne Engagement und Partizipation der Bürger nicht aus: Für Erhalt und Weiterentwicklung der Demokratie ist eine lebendige Zivilgesellschaft erforderlich, die zur Selbstverwaltung beiträgt und ihre Anliegen verfolgt. Dieser Ansatz ist vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt und muss immer wieder auf staatliche Institutionen bezogen werden. Vor diesem Hintergrund kennt der Diskurs um das Ehrenamt auch kritische Stimmen. So darf das Ehrenamt nicht zum „Reparaturbetrieb“ und der Bürger nicht zum Ausfallbürgen staatlichen Handels werden. Ebenso wenig darf es durch Eliten beherrscht werden, die sich besser artikulieren können oder mehr Zeit haben oder durch Stiftungen mit hohem Stiftungsvermögen durchgesetzt werden. Auch vor einer Überforderung der Zivilgesellschaft und unrealistischen Erwartungen wird gewarnt.

4. Das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland

Seit 1999 gibt die Bundesregierung den alle fünf Jahre erhobenen Freiwilligensurvey in Auftrag. Der vierte Bericht von 2016 weist aus, dass im Jahr 2014 43,6 % der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren bürgerschaftlich engagiert war. Damit ist die Engagementquote seit der ersten Welle 1999 um insgesamt knapp 10 % angestiegen. Gleich geblieben ist über die 15 Jahre, dass Männer stärker engagiert sind als Frauen (45,7 zu 41,5 %), wobei der Unterschied im Laufe der Jahre geringer geworden ist. Mit Blick auf die Altersgruppen engagieren sich Menschen zwischen 14 und 49 Jahren am stärksten und Personen über 65 Jahren am wenigsten. Zu beachten ist, dass der Bildungsunterschied sich ausgeweitet hat und das Engagement von Freiwilligen mit hoher Bildung stärker gestiegen ist als das Engagement von Personen mit geringerer formaler Qualifikation. Aber auch die berufliche Bildung und eine positive finanzielle Situation sind ausschlaggebend für das Engagement. Der Engagementbereich „Sport und Bewegung“ weist den höchsten Anteil an ehrenamtlich Tätigen auf (16,3 %), wobei in den meisten Engagementbereichen das Engagement in den 15 Jahren seit 1999 gestiegen ist. Darüber hinaus gibt es eine große Bereitschaft, sich in Zukunft zu engagieren: Mehr als 50 % der Menschen ohne Engagement sind dazu bereit. Neben dem formalen Engagement gibt es in Deutschland auch informelle Unterstützung im sozialen Nahraum: etwa zwei Fünftel der Wohnbevölkerung im Alter ab 14 Jahren erbringt Hilfeleistungen für Nachbarn, Freunde und Bekannte. Auch wenn die Menschen vielfältig tätig sind, nimmt die für die freiwilligen Tätigkeiten aufgewendete Zeit im Untersuchungszeitraum 1999–2014 ab. Allerdings übt ein Drittel aller Engagierten ihre freiwillige Tätigkeit seit mehr als zehn Jahren aus. Die ehrenamtlich Tätigen engagieren sich in erster Linie aus Freude am Engagement, andere Motive sind die Begegnung mit anderen Menschen und die Möglichkeit, die Gesellschaft mitzugestalten. Auf dem Land engagiert man sich stärker als in Städten und in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit ist das Engagement höher als in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit.

Von Stiftungen finanziert wird die ZiviZ-Studie (Zivilgesellschaft in Zahlen), die seit 2012 Zahlen von gemeinnützigen Organisationen erhebt. Nach dieser Studie sind etwa zwei Drittel der Ehrenamtlichen in einer Drittsektor-Organisation tätig, d. h. z. B. in einem Verein, einem Verband, einer Stiftung. Thomas Olk sieht einen Wandel vom alten zum neuen Ehrenamt: Die freiwillig Tätigen wollen sich lieber weniger in Strukturen, eher projekthafter und ihrem persönlichen Interesse folgend engagieren.

5. Förderung des bürgerschaftlichen Engagements

Seit der Enquetekommission gibt es keine politische Partei, die die Förderung des Engagements nicht für bedeutsam halten würde. Dementsprechend wird Engagement zwar auf allen politischen Ebenen, aber mit unterschiedlicher Intensität und Schwerpunktsetzung gefördert. Auf der Bundesebene sorgen die Veröffentlichungen der in Auftrag gegebenen Studien (Enquetekommission, Freiwilligensurvey, Engagementberichte) für große Verbreitung und Resonanz des Themas. Zugl. wird das Engagement als Querschnittsthema in vielen Bereichen der Politik berücksichtigt. Explizit werden Freiwilligendienste gefördert, aber auch eine Vielzahl von (zunehmend kommunalen) Projekten, die Ehrenamtliche einbeziehen. Auch die Bundesländer fördern Engagement, wobei jedes Land seinen eigenen Ansatz verfolgt. Es gibt auf Länderebene Landesnetzwerke für B. E., Ehrenamts-Karten und Ehrenamts-Nachweise, einen subsidiären Versicherungsschutz, Datenbanken und Internetportale zur Information über B. E., wissenschaftliche Studien, Projekte etc. Auf der kommunalen Ebene werden Strukturen zur Engagementvermittlung (Freiwilligenagenturen, Koordinierungszentren etc.) unterstützt, Räume für ehrenamtliche Aktivitäten bereitgestellt, Netzwerke gegründet und Projekte gefördert.

Wohlfahrtsverbände bemühen sich ebenfalls um die Ehrenamtlichen, die eine wichtige Unterstützung ihrer Arbeit darstellen. Unternehmen fördern das Engagement durch die Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch durch Spenden und Sachmittel, die Projekte in der Kommune ermöglichen. Einige Stiftungen haben sich die Förderung von B.m. E. zum Ziel gesetzt oder auch von sozialen Projekten, die ehrenamtliche Tätigkeiten beinhalten. Auf kommunaler Ebene gibt es Freiwilligenagenturen, die entweder im Landkreis oder in der Stadt bzw. Gemeinde angesiedelt sind. Träger können Kommunen, aber auch Wohlfahrtsverbände oder Vereine sein. Die Freiwilligenagenturen vermitteln Interessierte in ein B. E, machen auf das Thema B. E. in der Stadtgesellschaft aufmerksam, vernetzen Engagementwillige und Organisationen und verfolgen auch eigene Projekte. Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen“ ist der Dachverband der Freiwilligenagenturen und -zentren und unterstützt diese durch gemeinsame Projekte, Information und Fortbildung. In einigen Ländern gibt es solche Zusammenschlüsse auch auf Landesebene.

Darüber hinaus gibt es Kommunen mit einer starken Vereinsförderung und Initiativen zur Förderung von Engagement und Partizipation. Die Bedeutung und Ausprägung des Ehrenamts ist in den Kommunen jedoch sehr unterschiedlich. Die Tatsache, dass Engagement ein Querschnittsthema ist, welches in verschiedenen Ressorts der Verwaltung aufgenommen wird, macht die Koordination oft schwierig oder relativiert die Bedeutung des Themas.

6. Aktuelle Entwicklungen in der Freiwilligenarbeit

Die Engagementszene in Deutschland verändert sich u. a. dadurch, dass sich zwar mehr Menschen engagieren, aber für kürzere Zeit und dass sie sich zunehmend für Bereiche interessieren, die für sie persönlich, ihre Lebensumstände oder ihr Fortkommen von Bedeutung sind. Neben den Entwicklungen in der strukturellen Förderung des Engagements gehören zu den aktuellen Trends die Bezahlung des Ehrenamts, der Einsatz von Engagement als systematisch eingesetztes Instrument des informellen Lernens und das Engagement von Unternehmen und ihren Mitarbeitern. Durch diese Trends entsteht ein institutionalisiertes Engagement, das sich in manchen Bereichen auch auf die Zusammenarbeit von in sozialen Organisationen hauptamtlich Tätigen und den Freiwilligen auswirken kann. Zum einen erfordert der Einbezug von Freiwilligen hauptamtliche Unterstützung sowie die wechselseitige Anerkennung der unterschiedlichen Logiken des Tätigseins, zum anderen übernehmen Freiwillige auch Tätigkeiten, die den Hauptamtlichen vorbehalten waren, wodurch es zu Veränderungen in der Selbstwahrnehmung der Hauptamtlichen und ihren Berufsbildern kommen kann.

6.1 Monetarisierung

Unter Monetarisierung versteht man die Bezahlung freiwilligen Engagements. Die Bezahlung ist zu unterscheiden von einem Auslagenersatz, der die Kosten, die Freiwilligen während ihres Engagements entstanden sind (Porto, Fahrtkosten etc.), pauschal oder durch Abrechnung ersetzt. Die Monetarisierung des Ehrenamts hat im Bereich Tradition, wo das Ehrenamt Teil staatlichen, demokratisch verfassten Handelns ist, z. B. bei Schöffen oder im Katastrophenschutz. Grundsätzlich war die Unentgeltlichkeit des Engagements jedoch Forderung von Wohlfahrtsverbänden und Politik und Teil der Definition von B.m. E. Seit etwa zehn Jahren setzt die Förderung von Engagement entgegen dieser Sprachregelungen in einigen Programmen auf die Finanzierung von Engagement. Gerade mit Blick auf die Pflege älterer Menschen sehen z. B. die Pflegekassen die Bezahlung niedrigschwelliger Dienstleistungen vor (§ 45d SGB XI), die von Ehrenamtlichen erbracht werden. Aber auch die Aufstockung der Übungsleiter- oder der Ehrenamts-Pauschale verweist auf Monetarisierung. Gerade dort, wo Ressourcen knapper werden, werden Ehrenamtliche mit lohnähnlichen Geldzahlungen für klar beschriebene „Arbeitsplätze“ von Wohlfahrtsverbänden und Kommunen geworben.

Monetarisierung ist ein schwer greifbares Phänomen, da – vielleicht aufgrund voneinander abweichender oder nicht klar definierter Begriffe bei der Befragung – wissenschaftliche Befunde stark voneinander abweichen. Der Freiwilligensurvey 2014 geht davon aus, dass 10 % aller dort erfassten Freiwilligen einem bezahlten Engagement nachgehen, während eine Untersuchung des DW (2012) die Monetarisierung der Freiwilligen in seinen Einrichtungen auf 37 % beziffert. Staatlicherseits gibt es keine Anzeichen, dass man Monetarisierung eingrenzen möchte, während die Wohlfahrtsverbände ob dieser Entwicklungen alarmiert sind. Problematiken, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sind die Gefahr einer Deprofessionalisierung der Sozialen Arbeit sowie dem Ersatz von Hauptamtlichen durch Freiwillige, das Unterlaufen des Mindestlohns, die Vermischung von Erwerbsarbeit und Engagement, Ökonomisierung des Engagements und damit der Verlust des Eigensinns im freiwilligen Engagement. Lösungsversuche zur Klärung des Phänomens liegen im Moment in der trennscharfen Abgrenzung von Tätigkeiten mit und ohne Bezahlung. Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen stehen noch aus.

6.2 Service Learning

Da B. E, einerseits mit dem Erwerb von Sozialkompetenzen in Verbindung gebracht wird, Studien zeigen, dass Engagement aus Kinder- und Jugendzeiten sich im Alter fortsetzen und B. E. demokratische Werte fördert, entstand die Idee, Kinder und Jugendliche in der Schule und Studierende an Hochschulen und Universitäten für ein Engagement zu gewinnen. Einige Schulen integrieren F. fest in ihr Curriculum, und auch an Hochschulen und Universitäten gibt es Anreize für ein Engagement. Junge Menschen werden oft mit dem Hinweis für ein Engagement geworben, dass dieses ihre Sozialkompetenz schule und entspr.e Nachweise im Lebenslauf wertvoll wären. Im Gegensatz zu den USA ist der Forschungsstand zu den Wirkungen von Service Learning noch gering, man geht jedoch von positiven Effekten auf die Jugendlichen aus. Es zeigt sich jedoch, dass die Projekte und ihre Art der Begleitung sowie die Altersstufen weit gefächert sind, so dass allg.e Aussagen schwierig zu treffen sind.

Festzustellen ist, dass junge Menschen sich ihr Engagement gern bescheinigen lassen, um bei Bewerbungen an weiterführenden Schulen oder Hochschulen und bei potenziellen Arbeitgebern einen Vorteil zu erlangen. In diesem Zusammenhang weist die Sachverständigenkommission zum Zweiten Engagementbericht in ihrem Executive Summary auf die Gefahr der Instrumentalisierung des Engagements hin.

6.3 Corporate Citizenship

Das Engagement von Unternehmen hat Tradition im Mäzenatentum; es wurde durch die Forderung von mehr Unternehmensverantwortung seit den 1970er Jahren verstärkt. Unternehmen betätigen sich als Spender und als Sponsoren, aber auch als Partner in sektorübergreifenden Kooperationen, der die Zeit seiner Mitarbeiter, bes. Kompetenzen und Sachmittel, zur Verfügung stellt. Im Rahmen der Berichterstattung zur Unternehmensverantwortung wird der Bezug des Unternehmens zur Gesellschaft beleuchtet, wodurch sich die Unternehmen auch zum Engagement verpflichtet fühlen.