Katholische Organisationen
I. Organisationsstrukturen und Entwicklung
Abschnitt drucken1. Katholische Organisationen im deutschsprachigen Raum
Mit dem Begriff „k. O.“ werden die Vereinigungen bezeichnet, in denen sich katholische Laien eigenständig und unabhängig von der verfassten Kirche (katholische Kirche), aber in enger Beziehung zu ihr zusammenschließen. In Deutschland werden die k.n O. vom ZdK vertreten. Dazu gehören zum einen die Diözesanräte als Gremien des Laienapostolates sowie der Katholikenrat beim Katholischen Militärbischof für die deutsche Bundeswehr und der Bundespastoralrat der Katholiken anderer Muttersprache. Zum anderen sind 125 k. O. wie Arbeitnehmer-, Berufs-, Frauen-, Jugend-, Familien-, und Unternehmerverbände, kirchliche Hilfswerke, Geistliche Gemeinschaften und Bewegungen, Säkularinstitute und Initiativen über die AGKOD im ZdK vertreten. Das ZdK ist Träger des Deutschen Katholikentages. Zu den k.n O. sind außerdem die in der Deutschen Ordensobernkonferenz zusammengeschlossenen Ordensgemeinschaften (Orden) zu zählen.
In Österreich sind die Laienorganisationen im Katholischen Laienrat Österreichs und in der Katholischen Aktion Österreich zusammengeschlossen. Für die Schweiz sind der Schweizerische Katholische Volksverein und der Schweizerische Katholische Frauenbund sowie die Communauté Romande de l’Apostolat des laïcs und die Unione popolare cattolica ticinese zu nennen. Die europäischen Laienorganisationen haben sich im Europäischen Forum der Nationalen Laienkomitees zusammengeschlossen.
Nun ist die strenge Unterscheidung zwischen k.n O. und verfasster Kirche zunehmend fragwürdig geworden. Einerseits kann bei den k.n O. ein Verkirchlichungsprozess beobachtet werden. Andererseits differenziert sich die katholische verfasste Kirche immer stärker organisatorisch aus.
2. Zwischen Verkirchlichung und Eigenständigkeit
Die Ursprünge der k.n O. liegen im 19. Jh. In dieser Zeit entstanden der Vereinskatholizismus (z. B. Marianische Kongregationen, Arbeiter- und Jugendvereine), das konfessionell geprägte Schulwesen, die caritativen Kongregationen und Verbände (z. B. Elisabeth- und Vinzenz-Konferenzen, Deutscher Caritasverband) und die Deutsche Zentrumspartei (Zentrum) als Säulen des katholischen Milieus. Diese Korporationen versuchten, den religiösen Deutungsrahmen gegenüber den zunehmenden Differenzierungs- und Individualisierungstendenzen zu bewahren, die Katholiken in das katholische Milieu zu integrieren und den Katholizismus mit einem weitverzweigten Netz für nahezu alle Aspekte des Lebens zu durchziehen.
Mit der Gründung des Deutschen Caritasverbandes (DCV) in Freiburg im Jahr 1897 wurden Zentralisierungs- und Verkirchlichungstendenzen deutlich, die sich in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg verstärkten. Mit der Gründung des DCV wurde die Absicht verfolgt, den caritativen Katholizismus über einen Dachverband zu strukturieren. Das gelang jedoch nicht ohne weiteres, weil die Anerkennung durch die Bischöfe erst verzögert 1916 erfolgte und die Fachverbände Vorbehalte gegenüber dem zentralen Verband hegten und sich gegen die Einschränkung ihrer Unabhängigkeit wehrten. Die Bischöfe hingegen erhielten im Gegenzug zur Anerkennung des DCV Mitspracherechte. Darüber hinaus gründeten sie nach und nach eigene Diözesancaritasverbände, durch die die caritative Arbeit in den Bistümern koordiniert und einheitlich ausgerichtet werden sollte. Dieser Prozess wurde auf der lokalen Ebene durch die Gründung der Pfarrcaritas unterstützt. Wichtige Impulse für diese Entwicklung kamen dabei aus den Erneuerungsbewegungen wie der liturgischen Bewegung und der Katholischen Aktion. Leitend war dabei der Gedanke, alle kirchlichen Aktivitäten gegen vermeintliche oder tatsächliche Veräußerlichungstendenzen, die den Vereinen und Organisationen zugeschrieben wurden, in einer „lebendigen Gemeinschaft“ der „Pfarrfamilie“ zusammenzufassen (Henkelmann 2012: 76).
Diese Entwicklung wurde durch die nationalsozialistische Diktatur forciert. Der Druck von außen durch die Unterbindung jeglicher nicht-religiöser Betätigung katholischer Vereine verstärkte den weiteren „Aufbruch nach innen“ und den allg.en Abschmelzungsprozess, der bereits in der Zeit der Weimarer Republik begonnen hatte.
Weil die Caritas „aus verbandsstrukturellen Gründen in der Mitte zwischen Amtskirche und Verbandskatholizismus“ steht (Frie 1998: 162), lässt sich an ihrem Beispiel gut erkennen, wie sich die bereits in der Zeit der Weimarer Republik beobachtbare Verkirchlichung fortsetzte. Die beiden treibenden Faktoren in dieser Entwicklung waren die Konzentration finanzieller Mittel bei den Diözesen durch die Reform der Kirchensteuer und die Einbindung der Caritas in den Wohlfahrtsstaat. Die diözesanen Zuschüsse aus der Kirchensteuer und die Refinanzierungsmöglichkeiten auf der Grundlage des BSHG ermöglichten einen kontinuierlichen Ausbau der organisatorischen Strukturen der Caritas (Erhöhung der Bilanzsumme und der Mitarbeiterzahlen, spezialisierte Fachreferate, Professionalisierung). Durch die Konzentration der Aufgaben bei den Diözesancaritasverbänden verloren andere Akteure zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig nahm die Bedeutung der wirtschaftlichen Effizienz durch den Wettbewerb mit anderen Trägern der freien Wohlfahrtspflege immer stärker zu.
Trotz der starken Verschränkung der Diözesancaritasverbände mit den jeweiligen Diözesanleitungen bleibt der kirchenrechtliche Status der Diözesancaritasverbände offen; sie „bleiben so eine Mischform eines Zusammenschlusses aller in einer Diözese tätigen aktiven Akteure und der im Auftrag einer Diözese organisierten Caritas“ (Henkelmann 2012: 294). Obwohl die Caritas also nicht vollständig in der verfassten Kirche aufgegangen ist, ist im Vergleich zu den Ursprüngen im 19. Jh. ein deutlicher Verkirchlichungsprozess durch die Stärkung der diözesanen Caritas innerhalb der Caritasverbände zu beobachten. Weil die Caritas gleichzeitig in den Wohlfahrtsstaat integriert ist, stellt sich verschärft die Frage nach dem kirchlichen Profil: „Es scheint, als ob die Frage nach einer Verkirchlichung der Caritas durch die Diözesancaritasverbände von der Frage nach der Kirchlichkeit der Diözesancaritasverbände angesichts einer Ökonomisierung des Sozialstaates abgelöst wird“ (Henkelmann 2012: 294).
3. Organisatorische Ausdifferenzierung der verfassten Kirche
Während bei den k.n O. eine komplexe Verflechtung mit der verfassten Kirche beobachtet werden kann, differenziert sich die verfasste Kirche spätestens seit der Entflechtung von der feudalen mittelalterlichen Gesellschaftsstruktur im 19. Jh. immer weiter aus. So arbeiten die Bischöfe auf nationaler und kontinentaler Ebene in Bischofskonferenzen zusammen. Zwischen die Bistums- und Pfarreiebenen schieben sich regionale Strukturen wie Dekanate, Pfarrverbände, Pastorale Räume und vergleichbare Seelsorgeeinheiten.
Auf allen Ebenen kann eine Ausdifferenzierung der unterstützenden administrativen Funktionen beobachtet werden (Dikasterien, Sekretariate, Ordinariate, Generalvikariate und weitere kirchliche Verwaltungen). Die kirchlichen Verwaltungen wurden seit den 1950er Jahren sukzessive ausgebaut. Nachdem zunächst die Seelsorgeämter und mit ihnen die Pastoralplanung in die zuvor rein administrativ ausgerichteten Ordinariate integriert wurden, erfolgte eine funktionale Ausdifferenzierung der Generalvikariate und eine Gliederung in Hauptabteilungen, Abteilungen, Referate, Sachgebiete und Stabsstellen mit abgestuften Befugnissen. Seit der Jahrtausendwende verstehen sich die Generalvikariate immer stärker als Koordinierungs- und Regulierungsinstanzen, die die Verlagerung kirchlicher Aktivitäten von der Orts- auf die mittlere Ebene und auf Zentralorte unterstützen.
Hinzu kommt der Ausbau der Räte- und Gremienstruktur. Impulse zur Einbindung von Laien in die Diözesan- und Pfarrstrukturen gab es bereits in der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil mit der Gründung von Katholikenausschüssen. Flächendeckend wurden in Deutschland zunächst auf Empfehlung der Würzburger Synode Pfarrgemeinde- und Diözesanpastoralräte sowie Katholikenräte eingeführt. Mit der Einführung des CIC/1983 mit der Ermöglichung von Pastoralräten auf Pfarrei- und Diözesanebene (can. 536; can. 511–514) und der Einführung des Priesterrates auf Diözesanebene (can. 495–502) kam es zu weiteren Veränderungen, so dass es im Ergebnis eine komplexe Gremien- und Beratungsstruktur ohne verbindliche Beteiligung an Entscheidungen gibt.
Diese auf Dauer eingerichteten Beratungsstrukturen werden ergänzt durch Synoden oder synodenähnliche Strukturen, die aufgrund eines konkreten Anlasses oder für einen bestimmten Zweck zeitlich befristet einberufen werden. Nach der Würzburger Synode aller bundesdeutschen Bistümer (1971–1975) und der Pastoralsynode der Jurisdiktionsbezirke in der DDR (1973–1975) gab es in einzelnen Bistümern Diözesansynoden (Rottenburg-Stuttgart 1985–1986; Hildesheim 1989–1990, Augsburg 1990 und Trier 2013–2016). Diese Diözesansynoden wurden aufgrund der kirchenrechtlichen Bestimmungen des CIC/1983 (can. 460–468) durchgeführt und waren aus diesem Grund keine reinen Konsultations-, sondern verbindliche Entscheidungsfindungsprozesse. Solche Synoden blieben jedoch die Ausnahme. Statt dessen gab es in zahlreichen Bistümern Beratungsprozesse in anderen Formaten wie Diözesanforen, Leitbild- und Organisationsprozesse sowie Pastoralgespräche, die zum einen unverbindlicher waren, zum anderen aber im Vergleich zu einer kanonischen Synode eine höhere Repräsentativität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ermöglichten.
Mit Blick auf die Bistumsebene hat Luca Diotavelli den Begriff der „Amtskirchliche[n] diözesane[n] Organisation“ (Diotavelli 2010: 191) (ADO) geprägt und damit eine Möglichkeit eröffnet, zwischen der Kirche als Gemeinschaft aller Gläubigen einerseits und Verwaltungen, Dienstleistungsorganen, Untergliederungen und Beratungsstrukturen andererseits zu differenzieren. Unter Berücksichtigung dieser Differenzierung ist auch die verfasste Kirche organisatorisch geprägt.
Literatur
R. Oehmen-Vieregge: Der Limburger Weg. Verwirklichung von Konzilsbeschlüssen durch Neuordnung diözesaner Leitungsstrukturen, in: J. Schmiedl (Hg.): Der Tiber fließt in den Rhein. Das Zweite Vatikanische Konzil in den mittelrheinischen Bistümern, 2015, 155–173 • A. Henkelmann/T. Jähnichen/U. Kaminsky/K. Kunter (Hg.): Abschied von der konfessionellen Identität? Diakonie und Caritas in der Modernisierung des deutschen Sozialstaats seit den sechziger Jahren, 2012 • R. Oehmen-Vieregge: Strukturentwicklungen in der Erzdiözese Köln und der Erzdiözese München und Freising nach dem II. Vatikanischen Konzil, in: F.-X. Bischof (Hg.): Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965), 2012, 223–242 • H. Hürten: Verkirchlichung und Entweltlichung. Zur Situation der Katholiken in Kirche, Gesellschaft und Universität, 2011 • W. Damberg/N. de Bremond d’Ars (Hg.): Die neue Mitte der Kirche. Der Aufstieg der intermediären Instanzen in den europäischen Großkirchen seit 1945, 2010 • L. Diotavelli: Diözesen und Säkularisierung in Italien. Eine Hypothese zum Verständnis des Strukturwandels in der Katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in: W. Damberg/N. de Bremond d’Ars: Die neue Mitte der Kirche. Der Aufstieg der intermediären Instanzen in den europäischen Großkirchen seit 1945, 2010, 179–215 • E. Gatz (Hg.): Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Band VIII, Laien in der Kirche, 2008 • E. Gatz (Hg.): Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Band VII, Klöster und Ordensgemeinschaften, 2006 • E. Frie: Zwischen Amtskirche und Verbandswesen. Der Deutsche Caritasverband 1945–1949, in: J. Köhler/D. van Melis (Hg.): Siegerin in Trümmern. Die Rolle der katholischen Kirche in der deutschen Nachkriegsgesellschaft, 1998, 161–175 • C. Kösters: Katholische Verbände und moderne Gesellschaft. Organisationsgeschichte und Vereinskultur im Bistum Münster 1918 bis 1945, 1995 • O. Nell-Breuning: Katholizismus, in: K. Gabriel/F.-X. Kaufmann (Hg.): Zur Soziologie des Katholizismus, 1980, 24–39.
Empfohlene Zitierweise
B. Jürgens: Katholische Organisationen, I. Organisationsstrukturen und Entwicklung, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Katholische_Organisationen (abgerufen: 23.11.2024)
II. Rechtliche Stellung
Abschnitt druckenDie k.n O. werden sowohl vom kanonischen Recht als auch vom weltlichen Recht erfasst und geregelt. Da beide Rechtsordnungen prinzipiell unabhängig voneinander sind und jeweils eigene Kategorien aufgebaut haben, kann eine k. O. im kanonischen und im weltlichen Recht unterschiedliche Status innehaben. Eine Angleichung der kirchlichen und weltlichen Rechtsstellung mag praktisch sinnvoll sein; rechtlich geboten ist sie nicht. So ist eine nach kanonischem Recht nicht rechtsfähige Organisation nicht gehindert, Rechtsfähigkeit nach weltlichem Recht anzustreben. Ebenso wenig ist eine nach kanonischem Recht rechtsfähige Organisation verpflichtet, sich um Rechtsfähigkeit nach weltlichem Recht zu bemühen.
1. Kirchenrecht
Das Kirchenrecht normiert die rechtliche Stellung der k.n O. auf unterschiedlichen Ebenen. Sie ist grundgelegt in den allg.en Bestimmungen des CIC/1983. Diese universalkirchlichen Normen werden teilweise durch diözesanes Partikularrecht näher ausgeformt und ergänzt. Spezifische, auf die eigenen Organisationen bezogene Regelungen enthalten die jeweiligen Vereinsstatuten, die als einfaches Satzungsrecht dem universalen und partikularen Kirchenrecht im Range nachstehen und hiermit übereinstimmen müssen. Die rechtliche Stellung einer k.n O. ergibt sich aus der Gesamtschau der jeweils einschlägigen Normen auf den verschiedenen Ebenen der kirchenrechtlichen Normenhierarchie.
Der CIC/1983 anerkennt das im Zweiten Vatikanischen Konzil (AA) theologisch grundgelegte freie Vereinigungsrecht der Gläubigen und garantiert im Abschnitt über die Grundpflichten und -rechte der Gläubigen die Freiheit, Vereinigungen für Zwecke der Caritas (Caritas, Diakonie) oder der Frömmigkeit oder zur Förderung der christlichen Berufung in der Welt zu gründen und zu leiten und Versammlungen abzuhalten, um diese Zwecke gemeinsam zu verfolgen (can. 215 CIC). Darüber hinaus gewährt can. 216 CIC das Recht, durch eigene Unternehmungen, die nicht die Begriffsmerkmale einer Vereinigung aufweisen, eine apostolische Tätigkeit in Gang zu setzen oder zu unterhalten.
Auf der Grundlage des freien Assoziationsrechts in can. 215 CIC unterscheidet das kanonische Recht zwei Grundarten k.r O. Zum einen die Institute des geweihten Lebens (Ordens- und Säkularinstitute) und die Gesellschaften des apostolischen Lebens (cann. 573–746) und zum anderen die übrigen Vereine, in denen sich Kleriker und/oder Laien zusammenschließen, um ein Leben höherer Vollkommenheit zu pflegen oder den amtlichen Gottesdienst bzw. die christliche Lehre zu fördern oder andere Apostolatswerke, d. h. Vorhaben zur Evangelisierung, Werke der Frömmigkeit oder der Caritas, zu betreiben und die weltliche Ordnung mit christlichem Geist zu beleben (cann. 298–329 CIC).
Das Recht der Gläubigen, zur Verfolgung einer kanonischen Zielsetzung i. S. d. can. 298 § 1 CIC Vereine zu gründen, wird in can. 301 § 1 CIC beschränkt, welcher der zuständigen kirchlichen Autorität die Errichtung solcher Vereine vorbehält, die sich der Vermittlung der christlichen Lehre im Namen der Kirche (Katholische Kirche) oder der Förderung des amtlichen Gottesdienstes widmen oder die sich anderen Zielen zuwenden sollen, deren Verfolgung ihrer Natur nach der kirchlichen Autorität vorbehalten wird.
Nach den allg.en Bestimmungen des kanonischen Vereinsrechts, die für alle Vereine gelten, darf sich kein Verein ohne die Zustimmung der nach can. 312 CIC zuständigen Kirchenautorität die Bezeichnung „katholisch“ zulegen (can. 300 CIC). Can. 304 § 1 CIC verpflichtet die kirchlichen Vereine, sich Statuten zu geben, in denen Zweck bzw. soziales Programm, Sitz, Leitung und erforderliche Mitgliedschaftsbedingungen zu regeln sind und die Vorgehensweise zu bestimmen ist. Die Aufnahme von Mitgliedern erfolgt nach Maßgabe des Rechts und der Statuten eines jeden Vereins (can. 307 § 1 CIC). Nach Maßgabe des Rechts und der Statuten sind Vereine befugt, den Verein selbst betreffende Vorschriften zu erlassen, Versammlungen abzuhalten und Leiter, Amtsträger, Helfer sowie Vermögensverwalter zu bestimmen (can. 309 CIC). Alle Vereine unterstehen der Kirchenaufsicht. Der Aufsicht des Heiligen Stuhles unterliegen Vereine jedweder Art; der Aufsicht des Ortsordinarius unterstehen die diözesanen Vereine sowie andere Vereine, insofern sie in der Diözese tätig sind (can. 305 § 2 CIC).
Im Weiteren unterscheidet der Codex zwischen öffentlichen Vereinen (cann. 312–320 CIC) und privaten Vereinen von Gläubigen (cann. 321–326 CIC). Letztere bilden die weitaus größere Gruppe.
Private Vereine verdanken ihre Existenz der freien Gründungsinitiative der Gläubigen (can. 299 § 1, 2 CIC). Die zuständige Kirchenautorität kann sie belobigen oder empfehlen (can. 298 § 2 CIC). Diese Qualifizierungsakte berühren den privaten Charakter der Vereinigung nicht. Private Vereine werden von den Gläubigen gemäß den Bestimmungen der Statuten geführt und geleitet (can. 321 CIC), unterstehen aber der Aufsicht und Leitung der kirchlichen Autorität (can. 323 CIC). Die kirchliche Vereinsaufsicht erstreckt sich darauf, dass innerhalb der Vereine Glaube und Sitte bewahrt werden, sich keine Missbräuche in die kirchliche Disziplin einschleichen und das Vereinsvermögen zu den Vereinszwecken verwendet wird (can. 325 § 1 CIC). Die Leitungskompetenz beschränkt sich nach zutreffendem Verständnis auf die der Kirchenautorität im Kirchenrecht zugewiesenen Lenkungsbefugnisse. Neben der Sonderqualifizierung durch Belobigung oder Empfehlung sind dies die kirchenamtliche Anerkennung als privater Verein durch Überprüfung der Statuten (can. 299 § 3 CIC), die Zu- oder Aberkennung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „katholisch“ (can. 300 CIC), die Verleihung der kirchlichen Rechtsfähigkeit (can. 322 CIC), die Sorge um die Vermeidung einer Kräftezersplitterung und die Hinordnung des Apostolats auf das bonum commune (can. 323 § 2 CIC), der Bestätigungsvorbehalt für die verbandliche Bestellung eines geistlichen Beraters (can. 324 § 2 CIC) und die Auflösung eines untragbar gewordenen Vereins (can. 326 § 1 CIC). Im Übrigen sind die privaten Vereine frei in der Bestellung des Vorstandes, in der Wahl eines geistlichen Beraters, in der Geschäftsverteilung, im Erwerb und in der Verwaltung ihres Vermögens und im Hinblick auf ihre Auflösung.
Unklar ist, ob eine von Gläubigen gegründete Vereinigung mit kanonischer Zwecksetzung i. S. d. can. 298 § 1 CIC auch dann als privater Verein einzustufen ist, wenn die zuständige Kirchenautorität ihre Satzung nicht nach can. 299 § 3 CIC überprüft hat. Die überwiegende Meinung im kanonistischen Schrifttum lehnt dies ab und betrachtet die Statutenüberprüfung als konstitutive Voraussetzung für einen privaten Verein. Frei gegründete Vereinigungen von Gläubigen, deren Statuten (noch) nicht überprüft sind, bilden hiernach eine eigene vereinigungsrechtliche Kategorie des sog.en freien Zusammenschlusses auf der Grundlage des can. 215 CIC. Als unmittelbar auf can. 215 CIC fußende und außerhalb der cann. 298–329 CIC stehende Vereinigungsform ist der freie Zusammenschluss nicht an die Vorgaben für private und öffentliche Vereine gebunden und unterliegt nicht der bes.n kirchlichen Vereinsaufsicht des can. 305 § 1 CIC. Seine Mitglieder bleiben als Einzelrechtssubjekte jedoch den Anforderungen des kanonischen Rechts, insb. den Bestimmungen über die Rechte und Pflichten aller Gläubigen (cann. 208–223 CIC), unterworfen und unterstehen als einzelne Christgläubige auch in ihren gemeinsamen Aktivitäten der aus der allg.en Hirtensorge fließenden Kirchenaufsicht.
Öffentliche Vereine zeichnen sich gegenüber privaten Vereinen durch eine engere Bindung an die kirchliche Autorität und – damit verbunden – ein geringeres Maß an Vereinsautonomie aus. Ihre Errichtung ist der zuständigen Kirchenautorität vorbehalten. Sie werden als juristische Personen begründet, verwirklichen ihre Ziele im Namen der Kirche (can. 313 CIC) und unterstehen der Oberleitung der kirchlichen Autorität (can. 315 CIC), der weitreichende Befugnisse in Bezug auf die Statuten, die Vereinsleitung, die geistliche Leitung, die Vermögensverwaltung und die Auflösung des Vereins zukommen.
2. Rechtsstellung katholischer Organisationen im staatlichen Recht der BRD
Die Rechtsstellung k.r O. im staatlichen Recht der BRD ist in der Verfassung abgesichert. Die Bildung und der Bestand k.r O. werden durch das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet. Ihre freie Betätigung wird durch das sachlich jeweils einschlägige Grundrecht, v. a. der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, garantiert. Von bes.r Bedeutung für den Bestand und die Tätigkeit k. O. ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ist nicht nur die verfasste Kirche, sondern jede k. O., deren Zweck darin besteht, „ein Stück des Auftrags der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen“ (BVerfGE 46, 73, 85 f.; st. Rspr.) und die von der Kirche als ihr zugeordnet anerkannt ist.
Welchen einfachgesetzlichen Bestimmungen k. O. unterliegen, hängt davon ab, welcher Organisationsformen des staatlichen Rechts sie sich bedienen. Ganz überwiegend handelt es sich um Vereine i. S. d. bürgerlichen Vereinsrechts (§§ 21 ff. BGB). Dessen Regelungen berühren das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und sind auf kirchliche Vereine daher nur eingeschränkt anwendbar. V. a. bei der Ausgestaltung ihrer inneren Angelegenheiten und rechtlichen Beziehungen zur verfassten Kirche sind katholische Vereine nicht an das bürgerliche Vereinsrecht gebunden. So können katholische Vereine der Kirche in ihrer Satzung umfassende Drittrechte einräumen. Als zulässig zu vereinbarende Drittrechte kommen insb. Informations-, Mitwirkungs- und Zustimmungsbefugnisse bei der Aufstellung und Änderung der Satzung sowie gesonderte Partizipations-, Kontroll- und Vetorechte amtskirchlicher Repräsentanten in den Vereinsgremien in Betracht. Daneben ist zu denken an die Einrichtung eines Verwaltungsrats, eines Beirats oder bes.r Ausschüsse, an Regelungen der Vereinsmitgliedschaft, Vorschriften über die Auflösung des Vereins sowie an spezielle Zustimmungserfordernisse für bestimmte Rechtsgeschäfte, etwa die Anstellung von Mitarbeitern, die Eingehung finanzieller Verbindlichkeiten oder den Abschluss von Grundstücksgeschäften. Die Grenze zulässiger Einflussnahme durch die Kirche ist erst erreicht, wenn die Vereinsautonomie im weiten Umfang ausgeschlossen wird und der Verein zu einer bloßen Verwaltungsstelle oder einem Sondervermögen herabsinkt (BVerfGE 83, 341, 360).
Literatur
S. Häring/W. Rees/H. Schmitz (Hg.): HdbkathKR, 32015 • T. Schüller: Allgemeine Fragen des kirchlichen Vereinsrechts, in: ebd., 796–812 • T. Schüller: Die privaten und öffentlichen kirchlichen Vereinigungen, in: ebd., 813–824 • DBK (Hg.): Vereinsleitfaden (Arbeitshilfen Nr. 253), 2012 • R. Tillmanns: Die Mitgliedschaft von Nichtkatholiken in katholischen Vereinigungen, in: W. Rees (Hg.): Recht in Kirche und Staat, 2004, 479–510 • H. Hallermann: Die Vereinigungen im Verfassungsgefüge der lateinischen Kirche, 1999 • W. Aymans: Teil II. Vereinigungsrecht, in: ders./K. Mörsdorf (Hg.): Kanonisches Recht 2, 131997, 454–755 • S. Muckel: Kirchliche Vereine in der staatlichen Rechtsordnung, in: J. Listl/D. Pirson: HdbStKirchR, Bd. 1, 21994, 827–840 • W. Schulz: Der neue Codex und die kirchlichen Vereine, 1986.
Empfohlene Zitierweise
R. Tillmanns: Katholische Organisationen, II. Rechtliche Stellung, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Katholische_Organisationen (abgerufen: 23.11.2024)