Fundraising

F. ist die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuerbegünstigten Organisation, welche darauf abzielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, öffentliche Institutionen) zu möglichst geringen Kosten einzuwerben.

1. Steuerbegünstigte Organisation

Nach obiger Definition kann F. nur von einer steuerbegünstigten Organisation betrieben werden. Eine Organisation wird dann steuerbegünstigt (d. h. von einigen Steuern wie z. B. der KSt, GewSt oder ErbSt befreit), wenn ihr Satzungszweck von den zuständigen Finanzbehörden als „gemeinnützig“ (§ 52 AO), „mildtätig“ (§ 53 AO) oder „kirchlich“ (§ 54 AO) anerkannt wird.

In Bezug auf das Drei-Sektoren-Modell, wonach die Versorgung einer Gesellschaft mit Waren und Dienstleistungen durch den Markt (Erster Sektor), den Staat (Zweiter Sektor) oder den Non-Profit-Sektor (Dritter Sektor) erfolgen kann, wurde das F. zunächst dem Non-Profit-Sektor zugerechnet. F. wurde demnach nur von sog.en NPOs betrieben, manchmal auch Nichtregierungsorganisationen bzw. NGOs genannt. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass auch Organisationen, die dem Sektor Staat zugerechnet werden, steuerbegünstigt sein und F. betreiben können. So haben in den letzten Jahren immer mehr öffentliche Hochschulen, Schulen, Kitas und Krankenhäuser begonnen, F. zu betreiben.

Auch die Amtskirchen, die als K.en d. ö. R. mit kirchlicher Zielsetzung per se steuerbefreit sind, betreiben neben der Erhebung von Kirchensteuern immer schon F.-Aktivitäten, indem sie um Spenden, (Zu-)Stiftungen und öffentliche Mittel bspw. für kirchliche Schulen und Hochschulen werben.

Noch zwei Überlegungen zur Begriffsabgrenzung:

a) Eine einzelne Privatperson kann nicht steuerbefreit werden und demnach für sich auch kein F. betreiben. Bittet sie um Spenden für sich selbst, also keinen gemeinnützigen sondern eigennützigen Zweck, so handelt es sich um Betteln, und nicht F.

b) Auch im Ersten Sektor, genauer gesagt auf Finanzmärkten, taucht der Begriff F. auf. Gemeint ist dann das Einsammeln außerbörslicher Gelder durch Beteiligungsgesellschaften bzw. Private-Equity-Gesellschaften.

2. Ressourcenbereitsteller

Jede steuerbegünstigte Organisation benötigt also zur Erreichung ihrer satzungsmäßigen Ziele verschiedene Ressourcen. Wer könnte die benötigten Ressourcen in Form von Geld-, Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung stellen? Im F. werden vier Gruppen von Ressourcenbereitstellern unterschieden: Privatpersonen („Individual F.“), Unternehmen („Corporate F.“), Stiftungen („Foundation F.“) und öffentliche Institutionen („Public F.“, z. B. bei EU, Bund, Länder und Kommunen).

Eine zentrale Frage des F. ist, warum (potenzielle) Ressourcenbereitsteller einer steuerbegünstigten Organisation ihre Geld-, Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung stellen sollten. Aus welcher Motivation bzw. dahinter stehenden Bedürfnissen heraus tun sie dies? Welchen Nutzen zieht ein Ressourcenbereitsteller aus seinem Tun?

Bei den Privatpersonen ist man zunächst geneigt, selbstlose Gründe zu unterstellen. Da die steuerbegünstigte Organisation selbstlos gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke verfolgt, wird vermutet, dass auch die Ressourcenbereitstellung der Privatpersonen altruistisch erfolgt. Bei genauerer Betrachtung unterstützen Privatpersonen steuerbegünstigte Organisationen jedoch nicht nur aus reinem Altruismus. So erwarten Geldspender – ausgesprochen oder unausgesprochen – zumindest immaterielle Formen der Gegenleistung, z. B. in Form von Dank, Anerkennung, Information und Beteiligung. Zeitspender engagieren sich in Form eines Ehrenamtes oder in Form von Freiwilligenarbeit weil sie bspw. eine erfüllende Tätigkeit, Geselligkeit oder Anerkennungen suchen. Trotz Immaterialität der Gegenleistung, kann ein Ressourcenbereitsteller also nicht nur altruistische, sondern durchaus auch egoistische Ziele verfolgen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass egoistischen Nutzenkomponenten hohe Bedeutung zukommt, während altruistische Motive einen tendenziell geringeren Einfluss ausüben.

Bei Unternehmen als Ressourcenbereitsteller dürften wohl die Wenigsten eine selbstlose Motivation unterstellen – obwohl diese, wie beim klassischen Mäzen angenommen, durchaus denkbar wäre. Ist Altruismus bei einer Privatperson denkbar, so muss sie bspw. auch bei einem mittelständischen Unternehmer denkbar sein, der ja gleichzeitig Privatperson ist. In aller Regel dürften aber auch bei Unternehmen Eigeninteressen überwiegen, wenn sie steuerbegünstigte Organisationen unterstützen. Zu nennen sind bspw. folgende Interessen:

a) positive Beeinflussung des Unternehmensimage bei allen relevanten internen und externen Anspruchsgruppen (Stakeholdern): Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Geldgeber, Öffentlichkeit;

b) Steigerung der Identifikation und Motivation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen;

c) Differenzierung vom Wettbewerb;

d) Dokumentation der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung (CSR).

Dass Unternehmen auch Eigeninteressen verfolgen, ist wohl genauso wenig verwerflich wie bei Privatpersonen. Allerdings bekommt die Frage der Gegenleistung für ein unterstützendes Unternehmen an anderer Stelle eine wichtige Bedeutung: Aus steuerrechtlicher Sicht wird großer Wert auf die Unterscheidung gelegt, ob die Ressourcenbereitstellung durch ein Unternehmen aus selbstlosen Gründen in Form einer (Unternehmens-)Spende erfolgt, oder ob eine Gegenleistung vorliegt, die ein Sponsoring begründet. Im Falle eines Sponsoring gelten nach dem sog.en Sponsoring-Erlass aus dem Jahre 1998 in bestimmten Fällen sowohl für das unterstützende Unternehmen als auch für die unterstützte Organisation andere ertrags- und umsatzsteuerliche Regelungen als bei einer Spende.

3. Möglichst geringen Kosten

Das F. soll die von einer steuerbegünstigten Organisation benötigten Ressourcen zu möglichst geringen Kosten beschaffen. Im Idealfall verzichtet ein Ressourcenbereitsteller ganz auf eine (materielle) Gegenleistung. Die Ressourcen werden dann als (Geld-, Sach- oder Zeit-) Spende freiwillig und unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Dies heißt übrigens nicht, dass damit gar keine Kosten entstehen. Wie bereits erwähnt, erwarten bspw. die meisten Spender immaterielle Formen der Gegenleistung wie Dank, Anerkennung und Informationen (z. B. in Form von Rechenschaft über die Verwendung der Spenden). Diese immateriellen Formen der Gegenleistung sind in aller Regel mit Kosten verbunden. Es entstehen bspw. Kosten für die Erstellung und den Versand von Jahresberichten und regelmäßig erscheinenden Spender- und Mitgliederzeitschriften, oder für den Aufbau und die Pflege einer Website. Dass Kosten entstehen ist also unvermeidbar – entscheidend ist, dass diese Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zu den eingeworbenen Ressourcen (Verwaltungskostenanteil) bleiben.