United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO)

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1. Entstehung und Mandat

Aufbauend auf den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges trägt die am 16.11.1945 in London angenommene Verfassung der UNESCO dem Umstand Rechnung, dass jeder dauerhafte Friede in der „geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden“ muss (Präambel Abs. 5). Ziel der seit dem 1.Januar 2019 – nach dem Austritt der USA – noch 193 Staaten und 12 Assoziierte Mitglieder umfassenden UN-Sonderorganisation (UNO) mit Sitz in Paris und ihren über 50 Field Offices weltweit ist es, die internationale Kooperation im Bereich der Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zu stärken und so weltweit zum Friedenserhalt (Frieden) beizutragen.

2. Organstruktur

An der Spitze der UNESCO mit ca. 1100 Mitarbeitenden im Hauptsitz in Paris, über 700 in den Field Offices sowie mehr als 350 in den weltweit ansässigen Instituten steht die Generaldirektorin (seit November 2017 die Französin Audrey Azoulay). Das wichtigste Entscheidungsgremium ist die alle zwei Jahre tagende Generalkonferenz aller Mitgliedstaaten, welche die Zielsetzungen und allgemeinen Richtlinien der Organisation bestimmt sowie die vom Exekutivrat vorgelegten Programme beschließt. Der 58-köpfige Exekutivrat verantwortet seinerseits die Finanzplanung und die Umsetzung der Programme. Daneben existieren mehrere zwischenstaatliche Ausschüsse, die vom UNESCO-Sekretariat unterstützt die Umsetzung des Vertragsrechts fördern (z.B. das Komitee für das Erbe der Welt in Verbindung mit dem Welterbe-Zentrum).

3. Kernkompetenzen

Die UNESCO hat insb. im Bildungssektor (32 % des Haushalts) eine hohe Reputation erworben und sich mit der Bildungsagenda 2030, insb. Ziel 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, erneut zukunftsweisenden Zielen verpflichtet. Auch der Wissenschaftssektor (19 % des Haushalts im Haushaltsjahr 2020-2021) mit Schwerpunkten u. a. im Bereich Bioethik, Ozeanographie, Geologie, Hydrologie sowie der Kommunikationssektor mit Fokus auf Internet Governance und Wissensgesellschaften (4 % des Haushalts im Haushaltsjahr 2020-2021) tragen zur Lösung globaler Probleme bei. Am bekanntesten dürfte die Tätigkeit im Kultursektor sein (16 % des Haushalts 2020-21), wo nicht nur 1154 Kultur- und Naturerbestätten (Stand Oktober 2022), sondern auch immaterielles Kulturerbe als Erbe der Menschheit erhalten und weltweit Kreativwirtschaften gestärkt werden. Das geplante Budget für den Zeitraum 2022-23 sieht einen Anstieg im Vergleich zum Haushaltsjahr 2020-21 von 8,9 % vor, wobei die einzelnen Sektoren Bildung (+18,1 %), Kommunikation (+18,4 %) und Kultur (+11 %) überproportional steigen.

4. Handlungsformen

Unter der Ägide der UNESCO wurden rund 30 völkerrechtlich bindende Verträge verabschiedet. Daneben handelt die Generalkonferenz im Wege nicht verpflichtender, aber richtungsweisender Erklärungen und Empfehlungen (z. B. UNESCO Recommendation on the Ethics of Artificial Intelligence, 2021). Das Sekretariat organisiert überdies zahlreiche Treffen, Ausstellungen sowie internationale Konferenzen, bei denen Staatenvertreter, staatliche sowie nichtstaatliche Organisationen, internationale Experten und andere Interessierte intensiven wissenschaftlichen Austausch pflegen, so auch auf der UNESCO World Conference on Cultural Policies and Sustainable Development – MONDIACULT 2022 (28.-30. September 2022, Mexiko-Stadt).

5. Partnerschaften

Traditionell arbeitet die UNESCO eng mit sie beratenden sogenannten Advisory Bodies zusammen, etwa im Kulturbereich mit ICCROM, ICOMOS und IUCN. In den letzten Jahren hat die Organisation verstärkt neue Partnerschaften etabliert (vgl. Comprehensive Partnership Strategy, 2019) und kooperiert mit internationalen Organisationen, NGOs, Medien, Unternehmen, Stiftungen, Parlamentsangehörigen sowie UNESCO-Sonderbotschaftern. Vereinzelt hat die Organisation sich auch für Regionalorganisationen geöffnet, so etwa auf der Grundlage der „Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ (2005) für die EU.

6. Rolle Deutschlands

Die BRD wurde im Jahre 1951, die Deutsche Demokratische Republik im Jahre 1972 Mitglied. Seitdem gelang es Deutschland, zweimal das Amt des Vorsitzenden des Exekutivrates (Hans-Heinrich Wrede 2003–2005; Michael Worbs 2015–17) zu bekleiden. Deutschland verfügt überdies mit der Deutschen UNESCO-Kommission über eine starke Nationalkommission, die zahlreiche Programmaktivitäten entfaltet, international vernetzt ist und insb. junge Menschen anspricht (z. B. Kultur-Freiwilligendienst). Zu nennen sind des Weiteren die UNESCO-Lehrstühle (Stand 2022), welche die Organisation mit wissenschaftlicher Expertise unterstützen, sowie über 250 UNESCO-Projektschulen, das UNESCO-Institut für lebenslanges Lernen (UIL) in Hamburg, sowie das UNESCO-Berufsbildungszentrum in Bonn (UNEVOC).

7. Finanzierung

Der integrierte Haushalt im Biennium 2020-21 mit rund 1,3 Mrd. US-Dollar setzte sich zusammen aus einem regulären Haushalt in Höhe von 534 Mio. US-Dollar, finanziert durch Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten, sowie erwarteten freiwilligen Beitragsleistungen von über 927 Mio. US-Dollar. Infolge der 2011 beschlossenen Aufnahme Palästinas als Vollmitglied und damit verbunden des Rückzugs der USA (Austritt zum 31. Dezember 2018) geriet die UNESCO in eine massive Finanz- und Strukturkrise, deren Folgen bis zum heutigen Tag zu spüren sind: : Programm- und Personaleinsparungen über 25 % waren die Folge, ohne dass die größeren Beitragszahler, wie vorgeschlagen, zu einer dauerhaften Kompensation der Fehlbeträge bereit gewesen wären (vgl. Hüfner Open Letter, 28. September 2012). Deutschland leistete 2020-2021 einen 2,8 %-igen Anteil am regulären Budget in Höhe von jeweils rund 18,3 Mio. US-Dollar. Derzeit ist Deutschland nach Japan und China der drittgrößte Beitragszahler der Organisation.

8. Perspektiven

Die UNESCO bereitet sich bereits intensiv auf die Ära nach der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung vor. Die 2022 abgehaltene UNESCO-Weltkulturkonferenz MONDIACULT in Mexiko-Stadt gilt als Ausdruck der Hoffnung für die notwendige multilaterale Konsensfindung in Zeiten multipler Krisen, etwa in Verbindung mit den Auswirkungen des Klimawandels und des Verlustes von Biodiversität, bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen, Pandemien sowie nicht nachhaltigen, armutsverschärfenden Entwicklungsmustern. Im Zeichen der nachhaltigen Entwicklung, Solidarität, Frieden und Sicherheit soll der Grundstein gelegt werden, einen resilienten und robusten Kultursektor zu formen. Anders als in der Agenda 2030 ist zu hoffen, dass ihr Nachfolgeprogramm ein eigenes Kulturziel erhält. Diesbezüglich hat die UNESCO die Chance und in Übereinstimmung mit ihrer Verfassung zugleich die Aufgabe, Kultur als friedenstiftendes, alle Völker einbeziehendes Gut ("common public good") verstärkt in den Fokus von Nachhaltigkeit zu rücken.