Christliche Berufsverbände und -vereinigungen: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Im katholischen Milieu sollte es möglichst für alle Lebensbereiche eigenständige Organisationen geben, so dass alle Katholiken in irgendeiner Weise vereinsmäßig umfasst wurden. Die parallele evangelische Vereinsbildung war weniger stark ausgeprägt, weil in vielen Teilen Preußens der | + | Im katholischen Milieu sollte es möglichst für alle Lebensbereiche eigenständige Organisationen geben, so dass alle Katholiken in irgendeiner Weise vereinsmäßig umfasst wurden. Die parallele evangelische Vereinsbildung war weniger stark ausgeprägt, weil in vielen Teilen Preußens der [[Protestantismus]] politisch und gesellschaftlich dominierte, so dass eine Kollektivbildung aus einer defensiven Position heraus nicht – wie im [[Katholizismus]] – notwendig erschien. Während im katholischen Raum Vereinsgründungen etwa in Folge des [[Kulturkampf|Kulturkampfes]] zur Verteidigung der Rechte der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] auch amtskirchliche Förderung erhielten, wurden im protestantischen Bereich solche eher als autonomen erscheinenden Laienbewegungen von Amtsträgern kritisch gesehen. |
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− | Die meisten Berufsvereinigungen wurden im Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg gegründet. Nach 1933 wurden sie aufgelöst oder waren in ihrer Betätigung stark eingeschränkt. Eine Wiederbelebung gelang nach 1945 nur partiell. Neugründungen nach dem Zweiten Weltkrieg waren u. a. die <I>Gesellschaft Katholischer Publizisten</I> (s. u.) und der <I>Berufsverband der Pastoralreferenten Deutschland</I> (gegründet 1979). Im Kontext des Rückgangs der Kirchenmitglieder und der Partizipation an kirchlichen Aktivitäten (Gottesdienstbesuch) ging die Mitgliedschaft in den meisten Berufsvereinigungen v. a. nach 1970 deutlich zurück. Erst 1998 wurde der <I>Bund katholischer Rechtsanwälte</I> gegründet. Dem Verband ( | + | Die meisten Berufsvereinigungen wurden im Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg gegründet. Nach 1933 wurden sie aufgelöst oder waren in ihrer Betätigung stark eingeschränkt. Eine Wiederbelebung gelang nach 1945 nur partiell. Neugründungen nach dem Zweiten Weltkrieg waren u. a. die <I>Gesellschaft Katholischer Publizisten</I> (s. u.) und der <I>Berufsverband der Pastoralreferenten Deutschland</I> (gegründet 1979). Im Kontext des Rückgangs der Kirchenmitglieder und der Partizipation an kirchlichen Aktivitäten (Gottesdienstbesuch) ging die Mitgliedschaft in den meisten Berufsvereinigungen v. a. nach 1970 deutlich zurück. Erst 1998 wurde der <I>Bund katholischer Rechtsanwälte</I> gegründet. Dem Verband ([[Verbände]]) gehören auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an. |
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− | J. Wiemeyer: Christliche Berufsverbände und -vereinigungen, Version | + | J. Wiemeyer: Christliche Berufsverbände und -vereinigungen, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Christliche Berufsverbände und -vereinigungen}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}}) |
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Aktuelle Version vom 14. November 2022, 05:54 Uhr
1. Begriff und Arten
C. B. sind Zusammenschlüsse von Erwerbstätigen, die ihre Berufe im kirchlichen Umfeld ausüben bzw. sich an christlichen Wertvorstellungen orientieren und diese Positionen auch in größere Zusammenschlüsse ihres Berufszweiges einbringen wollen. Von Gewerkschaften unterscheiden sie sich zum einen darin, dass sie keine Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfe (Arbeitskampf) führen. Zum anderen vertreten sie einen Beruf bzw. ein engeres Berufsfeld, während Industriegewerkschaften eine Vielzahl von Berufen bzw. ungelernte Arbeitnehmer in einer Branche organisieren. Da ein Teil der C. B. im kirchlichen Dienst stehende Mitarbeiter, bzw. eng mit der Kirche verbundene Berufe, vertreten, stellen sie aber eine gewerkschaftsähnliche Interessenvertretung dar. Dies gilt für Zusammenschlüsse evangelischer Pfarrer, katholischer Pastoralreferenten, Kirchenmusiker, Pfarrhaushälterinnen, Mitarbeiter von Diakonie oder Caritas (Caritas, Diakonie) sowie Religionslehrer verschiedener Schultypen. Die zweite große Gruppe C.r B. (außerhalb des kirchlichen bzw. mit kirchlichem Auftrag versehenen Dienstes) umfasst Ärzte, Rechtsanwälte (Rechtsanwalt), Publizisten, Kaufleute, Soldaten (Soldat) etc., die sich ihrer christlichen Wertvorstellungen vergewissern wollen, sich über neue ethische Herausforderungen verständigen und ihre christlichen Positionen in die Berufswelt, Politik und Gesellschaft sowie ihren beruflichen Sachverstand in die Kirche einbringen wollen.
2. Geschichte
Nachdem in Folge der Französischen Revolution die vormodernen Zwangsvereinigungen (u. a. Zünfte) aufgelöst worden waren, entsteht auf freiwilliger Basis im 19. Jh. das moderne Vereinswesen (Verein).
Im katholischen Milieu sollte es möglichst für alle Lebensbereiche eigenständige Organisationen geben, so dass alle Katholiken in irgendeiner Weise vereinsmäßig umfasst wurden. Die parallele evangelische Vereinsbildung war weniger stark ausgeprägt, weil in vielen Teilen Preußens der Protestantismus politisch und gesellschaftlich dominierte, so dass eine Kollektivbildung aus einer defensiven Position heraus nicht – wie im Katholizismus – notwendig erschien. Während im katholischen Raum Vereinsgründungen etwa in Folge des Kulturkampfes zur Verteidigung der Rechte der katholischen Kirche auch amtskirchliche Förderung erhielten, wurden im protestantischen Bereich solche eher als autonomen erscheinenden Laienbewegungen von Amtsträgern kritisch gesehen.
Die meisten Berufsvereinigungen wurden im Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg gegründet. Nach 1933 wurden sie aufgelöst oder waren in ihrer Betätigung stark eingeschränkt. Eine Wiederbelebung gelang nach 1945 nur partiell. Neugründungen nach dem Zweiten Weltkrieg waren u. a. die Gesellschaft Katholischer Publizisten (s. u.) und der Berufsverband der Pastoralreferenten Deutschland (gegründet 1979). Im Kontext des Rückgangs der Kirchenmitglieder und der Partizipation an kirchlichen Aktivitäten (Gottesdienstbesuch) ging die Mitgliedschaft in den meisten Berufsvereinigungen v. a. nach 1970 deutlich zurück. Erst 1998 wurde der Bund katholischer Rechtsanwälte gegründet. Dem Verband (Verbände) gehören auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an.
3. Ausgewählte Vereinigungen
3.1 Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung
Der Bundesverband KKV wurde als Katholisch Kaufmännischer Verein 1877 in Mainz auf Initiative des Mainzer Diözesanpriesters Dr. Friedrich Elz gegründet. Vorläufer waren lokale Marianische Kongregationen, die auf Initiative von Jesuiten gegründet worden waren. Bei seiner Gründung gab es 18 Vereine mit 1 400 Mitgliedern. 1897 waren es 92 mit 9 500, 1910 256 mit 21 500, 1927 360 mit 33 400 Mitgliedern, und 1934 sollen es sogar etwa 45 000 Mitglieder gewesen sein. Nach Auflösung 1938 erfolgte die Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg. 1965 gab es 191 Vereine mit ca. 15 000 Mitgliedern. 1965 erfolgte wegen der Veränderungen der beruflichen Zusammensetzung eine Umbenennung.
Trotz der Erweiterung des Mitgliederkreises durch die Gewinnung von Beamten und die Zulassung von Frauen 1965 gab es einen anhaltenden Schrumpfungsprozess. 2015 existieren deutschlandweit noch ca. 80 Ortsgruppen. Nicht alle der ca. 6 500 Mitglieder gehören mangels aktiver Ortsgruppen einer solchen an; sie können nur an überregionalen Veranstaltungen (z. B. Wallfahrten, Seminare) teilnehmen. Seit 1893 besteht auch ein weiblicher Ableger, der KKF-Verband Katholischer Frauen in Wirtschaft und Verwaltung (früher Lydia genannt). Es bestehen noch 10 Diözesanverbände und 20 Ortsgruppen. Die Zentrale ist in Rheinbreitbach.
Der KKV verfolgt berufliche (z. B. Weiterbildung, früher Stellenvermittlung), und gesellschaftspolitische Ziele auf der Basis der katholischen Soziallehre sowie religiöse Ziele (Besinnungstage, Wallfahrten, Gottesdienste etc.) und pflegt zudem die Geselligkeit. Die mittelständische Herkunft der Mitglieder schlägt sich auch in seinen gesellschaftspolitischen Stellungnahmen nieder. Zur Nachwuchsgewinnung besteht ein Jung-KKV. Der KKV wirkt im ZdK mit. Seine vierteljährlich erscheinende Zeitschrift heißt „Die neue Mitte“.
3.2 Gesellschaft Katholischer Publizisten
Die GKP wurde 1948 gegründet, um auch im Journalismus an einer Erneuerung der Publizistik nach dem Nationalsozialismus mitzuwirken. Sie veranstaltet u. a. Kurse für den journalistischen Nachwuchs, Werktagungen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen sowie Exerzitien bzw. Einkehrtage. Es gehören nur Einzelpersonen dem Verband an, der 550 Mitglieder hat; etwa ein Drittel arbeitet bei kirchlichen Medien (kirchliche Medienarbeit) bzw. kirchlichen (Presse-)stellen (Katholisches Pressewesen). Auch Studierende und Volontäre können dem Verband angehören. Zielsetzung ist ein Austausch unter Journalisten in weltlichen und kirchlichen Medien u. a. zu berufsethischen Fragen. Die GKP nimmt zu solchen Herausforderungen auch in der Öffentlichkeit Stellung. Die Gesellschaft wirkt in der internationalen katholischen publizistischen Organisation SIGNIS. World Catholic Association for Communcation mit und organisiert einen Austausch mit katholischen Journalisten aus Nachbarländern. In bundesweit 10 regionalen Gruppen treffen sich die Mitglieder regelmäßig. Neben der Jahrestagung werden auf Bundesebene auch Journalistenreisen (z. B. nach Lateinamerika) angeboten sowie regelmäßig Rundbriefe mit den monatlich erscheinenden „GKP-Informationen“ versandt. In die Kirche wirkt die Gesellschaft durch Mitarbeit im ZdK bzw. der Deutschen Bischofskonferenz (Bischofskonferenzen) mit. Im Zusammenhang mit letzterer und dem Katholischen Medienverband wurde seit 1974 der Katholische Journalistenpreis, seit 2003 umbenannt in Katholischer Medienpreis, vergeben. Der Verband verleiht zudem seit 1984 die Franz-von-Sales-Tafel an Persönlichkeiten, die sich bes. um die katholische Publizistik verdient gemacht haben.
3.3 Gemeinschaft Katholischer Soldaten
Fünf Jahre nach der Gründung der Bundeswehr entstand ein Kreis Katholischer Offiziere. Dieser machte in der Gründungszeit der Bundeswehr lediglich ca. 15 % des Offizierskorps aus. Im Sinne des vom Zweiten Vatikanischen Konzils betonten Laienapostolats wurde 1970 die Gemeinschaft Katholischer Soldaten gegründet, die nicht mehr allein auf den Offiziersrang beschränkt war. Die Gemeinschaft führt u. a. Besinnungstage für katholische Soldaten (Soldat) durch. Anlässlich des von Papst Paul VI. 1967 eingeführten Weltfriedenstags am 1.1. finden in jedem Jahr in verschiedenen Bischofsstädten Soldatengottesdienste mit dem jeweiligen Diözesanbischof statt. Die GKS schaltet sich sowohl in Diskussionen über Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik in Kirche und Öffentlichkeit ein. Innerkirchlich kommt es dabei zu unterschiedlichen Positionen im Gegensatz zur katholischen Friedensbewegung Pax Christi oder dem BDKJ. Im ZdK oder auf anderen Ebenen finden binnenkirchliche Dialoge über umstrittene sicherheitspolitische Fragen statt. Weiterhin beschäftigt sich die Gemeinschaft mit Fragen der inneren Organisation der Bundeswehr wie dem Konzept der „inneren Führung“. Es werden berufsethische Fragen behandelt. Die zunehmende Anzahl von Auslandseinsätzen der Bundeswehr nach 1990 führte dazu, dass die Betreuung zurückbleibender Familienangehöriger eine weitere wichtige Aufgabe wurde. An möglichst allen Bundeswehrstandorten soll es Kreise der Gemeinschaft geben, die von dem zuständigen Militärpfarrer bzw. Pastoralreferenten unterstützt werden. Kreise sollen ab fünf Mitgliedern gegründet werden. Es bestehen i. d. R. Verbindungen/Verflechtungen mit den Pfarrgemeinderäten der jeweiligen Bezirke der Militärseelsorge. Die GKS ist Mitglied des Internationalen Militärapostolats (Apostolat Militaire International). Dieser führt u. a. die internationalen Soldatenwallfahrten nach Lourdes durch. Die Mitarbeit von Nichtkatholiken ist möglich. Für Soldaten ist die Mitgliedschaft kostenfrei, andere müssen einen Förderbeitrag entrichten. Die Gemeinschaft wirkt im ZdK mit.
3.4 Verein katholischer deutscher Lehrerinnen
1885 wurde der VkdL in Koblenz von Pauline Herber gegründet. In der Gründungsphase stand die soziale Selbsthilfe (für Zwecke der Alterssicherung, Krankenversicherung) im Vordergrund. Bis heute besteht ein Solidarfonds für in Not geratene Mitglieder. Die ersten katholischen Frauen, die nach Einführung des Frauenwahlrechts 1919 in die Weimarer Nationalversammlung und den Reichstag für die Zentrumspartei (z. B. Helene Weber) gewählt wurden, gehörten dem Verein an. Zu den heutigen Aufgaben des Vereins gehört die Weiterbildung zu berufsethischen und religiösen Fragen im Sinne einer Förderung der Lehrerpersönlichkeit. Außerdem gibt es eine Interessenvertretung in arbeitsrechtlichen und beamtenrechtlichen Fragen sowie eine rechtliche Beratung der Mitglieder. Der Verband ist dem Christlichen Gewerkschaftsbund angeschlossen und ist Mitglied im ZdK; er gibt die Zeitschrift „Katholische Bildung“ heraus. 1983 wurde ein eigenständiges Bildungswerk gegründet. Der Sitz des VkdL ist in Essen.
3.5 Pfarrerverband
Die evangelischen Pfarrer sind in Deutschland im Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V., der Dachorganisation landeskirchlicher Pfarrvereine, zusammengeschlossen. Der erste wurde 1833 in Oldenburg gegründet, 1890 der zweite in Hessen. Die Pfarrvereine haben die Zielsetzung, die beruflichen/dienstrechtlichen Interessen der Pfarrerinnen und Pfarrer, Vikarinnen und Vikare gegenüber den Kirchenleitungen zu vertreten. Dieses Anliegen spiegelt sich in der landeskirchlichen Organisationsstruktur, die durch den Dachverband überwölbt und gestützt wird. Außerdem soll der theologische Austausch gefördert werden. Alle zwei Jahre wird ein Pfarrer- und Pfarrerinnentag veranstaltet. Weiterhin wird regelmäßig das „Pfarrerblatt“ herausgegeben sowie ein Sozialwerk unterhalten. Von ca. 24 000 Pfarrerinnen und Pfarrern gehören 20 000 (16 000 aktive und 4 000 pensionierte) dem Verband an. Der Verband ist Mitglied in der Konferenz Europäischer Pfarrverbände, an der sich auch die Pfarrverbände aus Österreich und der Schweiz beteiligen.
Literatur
R. Fischer: 130 Jahre Verein katholischer Deutscher Lehrerinnen, in: Katholische Bildung 12 (2015), 485–488 • GKS (Hg.): Im Dienst der Sicherheit und Freiheit der Völker, 42010 • N. Stroht: Missionieren oder informieren? Das Selbstverständnis katholischer Journalisten in Deutschland, in: CommS 40/4 (2007), 335–349 • GKP (Hg.): Standorte. Katholische Journalisten beziehen Stellung. 50 Jahre Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP), 1998 • G. Eberts/C. Frevel: Solidarität, Fortbildung, Austausch untereinander und internationale Kontakte. Zwei deutsche Publizistenverbände bestehen 50 Jahre, in: CommS 31/3 (1998), 296–312 • N. Müller: Katholische Kaufmännische Vereine, in: LThK, Bd. 6, 1997, 108 • F.-K. Enders: Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung. Strukturen, Ziele, Einstellungen und Verhaltensformen der Mitglieder eines Bundesverbandes, 1984 • L. C. Winkel: Geschichte des Verbandes KKV, 1952.
Empfohlene Zitierweise
J. Wiemeyer: Christliche Berufsverbände und -vereinigungen, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Christliche_Berufsverb%C3%A4nde_und_-vereinigungen (abgerufen: 24.11.2024)