Beamte

  1. I. Rechtlich
  2. II. Geschichte

I. Rechtlich

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1. Begriff, Kompetenzen und Rechtsquellen

Das B.n-Recht ist der Teil des öffentlichen Dienstrechts, der die Rechte und Pflichten der zum Verwaltungspersonal gehörenden Amtsträger (Amt) regelt, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Das B.n-Verhältnis ist stark verfassungsrechtlich vorgeprägt und wird durch Gesetz und Verwaltungsakt hoheitlich ausgestaltet. Die ausschließliche und umfassende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Bundes-B.n liegt beim Bund (Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG). Auf ihr beruhen u. a. die Regelungen des BBG, des BDG, des BeamtVG und des BBesG, die Grundlage zahlreicher Rechtsverordnungen wie der BundeslaufbahnVO sind. Mit der Föderalismusreform 2006 ist u. a. die Rahmengesetzgebung als solche und damit auch die verfassungsrechtliche Grundlage für das BRRG entfallen, wobei einige wenige Vorschriften gemäß Art. 125a Abs. 1 GG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG bis zur Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fortgelten. Von der neuen konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die (weit zu verstehenden) „Statusrechte und -pflichten“ der Landes-B.n (Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG) hat der Bund mit dem BeamtStG Gebrauch gemacht, das zentrale Fragen offenlässt und den Ländern somit erhebliche Spielräume einräumt. Die Regelung von Laufbahnen, Besoldung und Versorgung der Landes-B.n liegt wieder – wie vor 1971 – in der Zuständigkeit der Länder, die die wiedererlangten Kompetenzen zu teils grundlegenden Reformen bis hin zur Ersetzung der überkommenen Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes (vgl. § 17 BBG) durch eine einheitliche „Leistungslaufbahn“ in Bayern genutzt haben. Die Besoldung differiert ganz erheblich, was zu Lasten leistungsschwächerer Länder geht, die im „Wettbewerbsförderalismus“ nicht mithalten und qualifizierten Bewerbern keine hinreichend attraktiven Konditionen bieten können.

2. Verfassungs-, unions- und konventionsrechtliche Vorgaben

Maßgebliche Bedeutung für das B.n-Recht des Bundes und der Länder hat der „Beamtenartikel“ Art. 33 GG, der das Berufs-B.ntum institutionell garantiert, Deutschen gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt, religiös-weltanschauliche Ungleichbehandlungen im öffentlichen Dienst untersagt, die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse im Grundsatz Berufs-B.n vorbehält und vorschreibt, dass das B.n-Recht „unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufs-B.ntums zu regeln“ ist. Die 2006 in Abs. 5 hinzugefügte „Fortentwicklungsklausel“ hat am Regelungsgehalt der schon zuvor modernisierungsoffenen, weite Gestaltungsspielräume eröffnenden Strukturgarantie nichts geändert (BVerfGE 119, 273). „Hergebrachte Grundsätze“ müssen nach der Rechtsprechung kumulativ die Voraussetzungen der „Traditionalität“ und der „Fundamentalität“ erfüllen, also zum Kernbestand der beamtenrechtlichen Strukturprinzipien gehören, die mindestens unter der WRV als verbindlich anerkannt waren und gewahrt wurden (BVerfGE 8, 343). Zu nennen sind insb. das Gesetzlichkeits-, das Lebenszeit-, das Hauptberuflichkeits-, das Vollzeitlichkeits- und das Leistungsprinzip, die Treuepflicht des B.n, das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Hergebrachte Grundsätze, die als „grundlegend und strukturprägend“ gelten dürfen, sind nach der Rechtsprechung des BVerfG, die weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine Stütze findet, „nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten“ (BVerfGE 8, 16). Das BVerwG zählt dazu auch das Streikverbot, sieht den Gesetzgeber aber in der Pflicht, die angenommene „Kollision“ des verfassungsunmittelbaren Streikverbots mit dem nach der EGMR-Rechtsprechung aus Art. 11 EMRK abzuleitenden Streikrecht von B.n „im Wege der praktischen Konkordanz“ in Ausgleich zu bringen (BVerwGE 149, 117). Die Grundrechte des GG stehen B.n „in gleicher Weise“ zu (BVerfGE 139, 19 [48]). Die Gewährleistung der Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit (Wissenschaftsfreiheit) in Art. 5 Abs. 3 GG bspw. fordert eine dieser Freiheit entsprechende Ausgestaltung des B.n-Verhältnisses von Hochschullehrenden, macht aber auch deutlich, dass nicht einmal die Freiheit der Lehre von der Verfassungstreuepflicht entbindet. Notwendige Grundrechtseinschränkungen im Hinblick auf das Amt bedürfen hinreichend konkreter gesetzlicher Grundlagen (BVerfGE 108, 282) und müssen verhältnismäßig sein, was etwa pauschale gesetzliche „Kopftuchverbote“ ausschließt (BVerfGE 138, 296). Die Öffnung der B.n-Verhältnisse auch für Angehörige von EU-Mitgliedsstaaten (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BBG/BeamtStG) ist der auch für B. geltenden unionsrechtlich gewährleisteten Arbeitnehmerfreizügigkeit geschuldet. Die antidiskriminierungsrechtlichen Regelungen der EU und die EuGH-Rechtsprechung zur Gleichstellungspolitik haben u. a. im AGG (vgl. § 24 AGG) und im BGleiG ihren Niederschlag gefunden hat.

3. Formen von Beamtenverhältnissen

B.n-Verhältnisse können Bund, Ländern und Kommunen und die dienstherrenfähigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 2 BBG/BeamtStG) begründen. Regelfall ist nach § 6 BBG/§ 4 BeamtStG der Berufs-B. auf Lebenszeit. Sonderformen sind die B.n-Verhältnisse auf Widerruf und auf Probe, die als Vorstufen zum Lebenszeit-B.n-Verhältnis bzw. der späteren dauerhaften Übertragung eines Leitungsamtes sachlich gerechtfertigt sein können, und die sonstigen B.n-Verhältnisse auf Zeit, darunter die auf Zeit gewählten kommunalen Wahl-B.n, deren politische Funktion die Befristung rechtfertigt (BVerfGE 7, 155), die Qualifikationsstellen im Hochschulbereich und die in § 4 Abs. 2 lit. a BeamtStG vorgesehene, vom BVerfG aber mit Recht problematisierte befristete Übertragung von Leitungsämtern (BVerfGE 121, 205). Freiwillige Teilzeitbeschäftigung auf Antrag ist möglich, antragslose Teilzeitbeschäftigung wegen der Gefahr, dass der B. zum „Diener zweier Herren“ wird und Einsatzbereitschaft, Loyalität und Unparteilichkeit leiden, unvereinbar mit Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfGE 119, 247). Nebentätigkeiten sind grundsätzlich genehmigungsbedürftig; sie dürfen dienstliche Interessen nicht gefährden (§§ 97 ff. BBG). Sonderfälle sind die jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzbaren politischen (Spitzen-)B.n (§ 54 BBG), die in besonderer Weise des politischen Vertrauens der Staatsführung bedürfen (BVerfGE 121, 223), und die Ehren-B.n, die Hoheitsaufgaben nebenberuflich und unentgeltlich wahrnehmen (§ 6 Abs. 5 BBG/§ 5 BeamtStG). Regierungsmitglieder, Soldaten (Soldat) und Richter gehören nicht zum Verwaltungspersonal. Ihre Amtsverhältnisse sind in besonderen Gesetzen geregelt, wobei die Globalverweisungen in den Richtergesetzen zeigen, wie nah das Richter- dem B.n-Verhältnis steht. Für die B.n. der öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften gelten die Regelungen des staatlichen B.n-Rechts nur, soweit diese es in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts für anwendbar erklären (§ 135 BRRG).

4. Begründung und Beendigung des Beamtenverhältnisses

Begründet wird das B.n-Verhältnis durch Ernennung, die durch Übergabe einer Ernennungsurkunde mit gesetzlich festgelegtem Inhalt erfolgt und als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt der Zustimmung des B.n bedarf (§ 10 BBG/§ 8 BeamtStG). Bei wesentlicher Änderung ist eine erneute Ernennung notwendig. Eine rechtliche Schlechterstellung, etwa die Zurückstufung, kann ohne Zustimmung des B.n nur disziplinarrechtlich nach den Regelungen des BDG bzw. der Disziplinargesetze der Länder erfolgen. Das B.n-Verhältnis endet durch Entlassung in den wenigen gesetzlich geregelten Fällen (§ 31 ff. BBG/§ 22 f. BeamtStG), jederzeit auf Antrag des B.n (§ 33 BBG), Verlust der B.n-Rechte durch Strafurteil, disziplinarrechtliche Entfernung aus dem B.n-Verhältnis nach gravierenden Dienstpflichtverletzungen, in aller Regel aber durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (§ 50 ff. BBG/§ 25 BeamtStG), wobei die Altersgrenze im Jahr 2016 in der Regel mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht wird (§ 51 Abs. 1 Satz 2 BBG).

5. Pflichten

B. schulden ihrem Dienstherrn nach den gesetzlichen Regelungen (§§ 60 ff. BBG/§§ 33 ff. BeamtStG) v. a. die bereits in Art. 33 Abs. 4 GG angelegte und zu den „hergebrachten Grundsätzen“ des Art. 33 Abs. 5 GG gehörende Verfassungstreue und die Bereitschaft, jederzeit für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, die amtsangemessene Mäßigung und Zurückhaltung bei politischen Aktivitäten, eine gemeinwohlorientierte, uneigennützige, unparteiische und gerechte Amtsführung (Amt), vollen persönlichen Einsatz, ein inner- und außerdienstliches Verhalten, das dem amtserforderlichen Vertrauen gerecht wird, Verschwiegenheit selbst nach Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, die Beratung und Unterstützung ihrer Vorgesetzten, die Befolgung dienstlicher Weisungen und die Remonstration bei Rechtswidrigkeitsbedenken (§ 63 BBG/§ 36 BeamtStG). Pflichtverletzungen können Straftaten darstellen (§ 332 StGB), straferhöhend wirken (§ 340 StGB), einen Schadensersatzanspruch des Dienstherrn auslösen (§ 75 BBG/§ 48 BeamtStG), zum Verlust der Dienstbezüge führen oder ein disziplinarrechtlich zu ahndendes Dienstvergehen darstellen (§ 77 BBG/§ 47 BeamtStG). Das B.n-Disziplinarrecht wurde 1998 (Rheinland-Pfalz) bis 2008 (Baden-Württemberg) in den Ländern und 2002 mit Inkrafttreten des BDG im Bund grundlegend reformiert. Es ist heute nicht mehr strafprozessual, sondern verwaltungsrechtlich und -gerichtlich geprägt. Da die meisten Länder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, auch für Landesdisziplinarsachen die Revision zum BVerwG zu eröffnen, ist dessen Rechtsprechung von zentraler Bedeutung. Durch Disziplinarmaßnahmen soll, soweit notwendig und möglich, erzieherisch auf B. eingewirkt, untragbare B. aus dem B.n-Verhältnis entfernt werden. Nur in Baden-Württemberg können – verfassungsrechtlich nicht ganz zweifelsfrei – auch die statusberührenden schwersten Disziplinarmaßnahmen behördlich verfügt werden. Inhaltlich hat sich insb. die Beurteilung außerdienstlich-privaten Fehlverhaltens gewandelt: Außerdienstliche Verstöße gegen Gesetze, Sitte, Moral und Anstand werden nur noch ausnahmsweise als Dienstvergehen geahndet, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, das amtserforderliche Vertrauen zu beeinträchtigen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG/§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).

6. Rechte

Der Treuepflicht des B.n korrespondiert die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Er schuldet B.n. neben amtsangemessener Beschäftigung und Alimentation durch Besoldung, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung Beihilfe im Krankheits-, Geburts- und Todesfall, Förderung, Schutz und anderes mehr. Auch B.n steht das Grundrecht zu, sich in Berufsverbänden und Gewerkschaften zusammenzuschließen. Als Ausgleich für die nicht bestehende Tarifautonomie und das Streikverbot sind diese nach § 118 BBG/§ 53 BeamtStG bei der Vorbereitung beamtenrechtlicher Regelungen zu beteiligen. Die Mitbestimmung der B.n wird über die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder gewährleistet (§§ 66 ff. BPersVG/§ 51 BeamtStG); ob sie verfassungsgeboten ist und wo ihre verfassungsrechtlichen Grenzen verlaufen, ist umstritten (vgl. BVerfGE 93, 37 ff.). Erfüllt der Dienstherr seine Pflichten nicht, steht dem B.n der Dienstweg bis zur obersten Dienstbehörde (§ 125 BBG), der Verwaltungsrechtsweg (§ 54 Abs. 1 BeamtStG, §§ 126 Abs. 1 BBG/BRRG) und zur Durchsetzung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 2–5 GG nach Erschöpfung des Rechtswegs auch die Individualverfassungsbeschwerde zum BVerfG offen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). Das eröffnet dem BVerfG die Möglichkeit, immer wieder zu beamtenrechtlichen Grund- und Einzelfragen wie dem Besoldungsrecht Stellung zu nehmen (BVerfGE 139, 64 ff.) und erklärt die überragende Bedeutung seiner Rechtsprechung für das B.n-Recht.

II. Geschichte

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1. Amt und Amtsträger im Mittelalter

In der Tradition des römischen und dann byzantinischen Kaisertums wie in der Praxis der (katholischen) Kirche (Katholische Kirche) bezeichnete ‚officium‘ einen festgelegten Pflichtenkreis in einer hierarchischen Rangordnung; dagegen bedeutete im Mittelhochdeutschen das keltische Wort ‚ambet/ammet‘ Dienst in persönlicher Gefolgschaft. Das weltliche ‚officium‘ lebte im hohen Mittelalter im neuen Verwaltungsstaat des Königreichs Sizilien wieder auf. Friedrich II. berief seine B.n dort nicht mehr aus Adel oder Kirche. Sie hatten vielmehr an der von ihm 1224 gegründeten Landesuniversität Neapel Recht (Rechtswissenschaft) studiert und wurden langfristig bestellt und gut besoldet. Im Gegenzug waren sie an Instruktionen und unparteiische Amtsführung gebunden und hafteten für ihre Rechnungslegung. Dieses Amtsverständnis konnte sich aber gegen die traditionelle Ämterpacht nicht halten.

Im deutschen Raum verselbständigte sich der Gefolgschaftsdienst für König und Kaiser bald zu erblich werdenden (Amts-)Lehen (Feudalismus). Die Landesfürsten wurden zur eigentlich staatsbildenden Kraft. Ihre Amtmänner und Richter kamen zunächst noch oft aus dem niederen Adel. Mit der Rezeption des Römischen Rechts, das die Souveränität der Herrscher hervorhob, kamen juristisch Gebildete bürgerlicher Herkunft hinzu. Sie alle wurden mit Patenten ernannt, schworen einen Treueid und bezogen bald Geldgehälter. Dauerhafte Beschäftigung war ein Vertrauensvorschuss, den ein Herrscher für Kompetenz gewähren musste, der dennoch prekär werden konnte, z. B. durch Ungnade oder Herrscherwechsel. In Frankreich, wo die stärkere zentrale Monarchie schon früher Ämter entwickelt hatte, aber deren Inhabern 1467 die Unabsetzbarkeit zugestehen musste, ermöglichte der Rücktritt zugunsten eines selbst bestimmten Nachfolgers den Erbgang in der Familie oder den Verkauf des Amts. Gegen diese „officiers“ mit eigenen Interessen verkörperten bald hochqualifizierte commissaires mit besonderen Vollmachten das Misstrauen des Königs. Sie wurden befristet entsandt, oft versetzt und dem König selbst unterstellt, und doch verfestigten sich auch daraus wieder dauerhafte Positionen.

In den freien Städten und in einigen Gebieten starker, wenngleich oft oligarchischer Selbstverwaltung (z. B. im Alpenraum bei den eidgenössischen Landsgemeinden oder in den flutgefährdeten Küstenländern Holland, Friesland und Eiderstedt) war die Ämterverteilung stärker von der Vorsicht von Gleichen untereinander bestimmt. Grundsätzlich war die – hier oft ehrenamtliche – Tätigkeit institutionell begrenzt durch kurze Amtszeiten. Gegen die Verfestigung von Macht wirkten das Verbot der unmittelbaren Wiederwahl und die stetige gegenseitige Kontrolle in der Kollegialität von Gleichberechtigten. Daraus entstand in der modernen Schweiz die Wahl der B.n durch das Volk, die heute weitestgehend privatrechtlichen Arbeitsverträgen gewichen ist.

2. ‚Fürstendiener‘ im Ancien Régime

In der Frühen Neuzeit (Neuzeit) begann die institutionelle Trennung der Funktionen von zentralem Rat und zentraler wie dezentraler Justiz und (Ressourcen-) Verwaltung. In Frankreich verfestigte sich der ursprünglich kommissarische Auftrag der etwa 30 Intendanten in der Provinz unter Richelieu, J. Mazarin und Ludwig XIV. zur Leitung von Verwaltung und Steuererhebung und bevormundender Aufsicht über alle Städte. Zugleich waren sie als Beschwerdeinstanz gegen die Inhaber gekaufter Ämter (Amt) Richter über die Verwaltung, woraus die bis heute scharfe Trennung von Verwaltungs- und anderer Justiz in Frankreich erwuchs. Seit dem 18. Jh. nahmen neue technische Experten, z. B. die „Ingénieurs des Ponts et Chaussées“, moderne Professionalität vorweg – mit strengem Wettbewerb („concours“) für ihre elitäre „Grande École“, präzisen Karrierestufen und Statuten als ein sich selbst kontrollierendes „Corps“.

Ähnlich beriefen die Landesherren im Reich zu ‚Geheimen Räten‘ nicht mehr nur Adelige (Adel), sondern auch fachkundige Bürgerliche der jeweiligen Konfession, auch aus fremden Territorien, deren kollegiale Arbeit sich im „Hofrat“ verdichtete. 1713 wurde in Brandenburg der ‚Geheime Rat‘ mit dem „Generalkriegskommissariat“ (für die Heeresfinanzierung) zum ‚Generaldirektorium‘ mit teils sachlich, teils territorial bestimmtem innerem Zuschnitt vereinigt, dessen B. durch Prüfungen ins Amt kamen. 1749 erhielten die österreichischen Erblande ein ähnliches ‚Directorium‘. Kaiser Joseph II. sprach 1783 in seinem berühmten ‚Hirtenbrief‘ sein Ideal von Gehorsam, Hingabe und Uneigennützigkeit der B.n aus. Er wollte, dass sie – unter seiner festen Leitung – „freymüthig“ ihre Meinung äußern und „als brüder, als freunde“ gemeinsam handeln.

3. ‚Staats-B.‘ seit Anfang des 19. Jh.s

Bereits in der Aufklärung sahen sich Monarchen versachlicht als Organ im Staat und für ihn an. Das wirkte zurück auf die ‚Staats-B.‘ Josephs II. Auch bei den „Civil-B.“ nach dem preußischen ALR von 1794 (ALR II 10 §§ 68–145, Auszüge Summer 1986: 291–300) sicherten Prüfungen das Leistungsprinzip und, sollten ‚Privatvorteile‘ ausgeschlossen bleiben, ebenso die ‚einseitige‘ Entlassung durch Vorgesetzte. Die kollegiale Beratung und Entscheidung wurden präzise geregelt. Die süddeutschen Rheinbundstaaten orientierten sich eher an Frankreich und Napoleons hierarchischen Ministerien. Der Reichsdeputationshauptschluss 1803 zwang sie, die in den von ihnen annektierten Gebieten vorhandenen B. auf Dauer zu übernehmen oder angemessen zu pensionieren. In Bayern garantierte die „Hauptlandespragmatik“ („Staatsdienerpragmatik“) vom 1.1.1805 den eigenen B.n ähnliche Vorrechte, lebenslange Alimentation und Versorgung ihrer Witwen und Waisen. Sie folgte der Idee Graf Maximilian von Montgelas’ in seinem „Ansbacher Mémoire“ von 1796, die B. nicht nur „standesgemäß“ zu besolden, sondern sie auch durch die Garantie ihrer Unabsetzbarkeit vor personalpolitischer Willkür zu schützen. Sie sollten „ein Gegengewicht zur zu großen Macht der Minister bilden“ und einem „Unrecht widerstehen“ können (Henker 1996: 24).

Unabsetzbarkeit und lebenslange Alimentation in Bayern und vielen anderen Mittelstaaten sowie Grundregeln freien Beratens und Entscheidens im Kollegium in Preußen waren besondere Stärken des Beamtentums in Deutschland. Der „Motivation durch Belohnungen“ (Wunder 1986: 69) entsprach vielfach selbständiges Denken und Handeln. Kollektive Aktionen oder gar Streiks waren dagegen undenkbar im Rahmen des deutschen öffentlichen Rechts; B. waren (und sind) nicht Partner eines Vertrags unter gleichberechtigten Privaten. Eine Schwäche blieb das Fehlen eines umfassenden B.n-Gesetzes im größten deutschen Staat Preußen. Dort galt – mit deutlich anderem Schwerpunkt – das aus einer gegenrevolutionären Notverordnung entwickelte Disziplinargesetz vom 21.7.1852, das auch die jederzeitige Abberufbarkeit der „politischen B.n“ ohne Beschädigung ihrer „Ehre“ verankerte.

Mit dem Ausbau staatlicher Leistungsverwaltung durch Post und Eisenbahn und der Unterbringung länger dienender Soldaten (Soldat) nach ihrem Militärdienst (Militär) kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s viele einfache und mittlere B. hinzu. Die höheren B.n hatten bis 1918 zumeist Recht (Rechtswissenschaft) und Staatswissenschaft studiert und eine wesentlich längere und vielfältigere praktische Verwaltungsausbildung nach dem Studium als heute durchlaufen. Danach mussten sie oft jahrelang unbesoldet, auf das Familienvermögen gestützt, in der Verwaltung arbeiten, bevor sie ernannt wurden. Das „Juristenprivileg“ sicherte Rechtsstaatlichkeit (Rechtsstaat); andererseits gab es gerade in Preußen eine bewusst konservative Patronage bei der persönlichen Auswahl der Referendare durch die Regierungspräsidenten. Juden und Sozialdemokraten hatten dabei keine und Katholiken nur sehr begrenzte Chancen. B. sollten auch außerdienstlich, in Wahlkämpfen, die Regierung unterstützen; weil sie es nicht taten, wurden 1899 die „Kanalrebellen“, hohe B., die als Abgeordnete gegen den Mittellandkanal stimmten, harsch diszipliniert.

4. Demokratie als Herausforderung in der Weimarer Republik

Die Novemberrevolution 1918 brachte die Gleichberechtigung der Frauen (WRV Art. 109) und ließ einige monarchistische B. ausscheiden. Neu eingestellte B. waren fachlich wie politisch um einiges vielfältiger orientiert als zuvor, wenngleich die Frauen u. a. wegen ihrer Entlassung bei Heirat (Zwangszölibat) weiterhin benachteiligt blieben. 1919 garantierte die Verfassung umfangreich das „Berufsbeamtentum“ (WRV Art. 128–131). In der gelebten Verfassung konnte jedoch die Spannung zwischen der „Freiheit der persönlichen Gesinnung“ und der Pflicht, „Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei“ zu sein (WRV Art. 130), nicht wirklich durch den unbestimmten Gedanken einer „Mäßigungspflicht“ aufgehoben werden. In Großbritannien dagegen galt für die Mitglieder des seit 1855 aufgebauten „Civil Service“ von Anfang an die politische Neutralität der B.n gegenüber den im Parlamentarismus wechselnden Regierungen; höchstens lokal dürfen sich B. parteipolitisch engagieren.

5. Elend des ‚wiederhergestellten‘ Berufsbeamtentums im Nationalsozialismus

Adolf Hitlers Reichsregierung hat als neuer Gesetzgeber am 7.4.1933 das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erlassen, das die Weimarer Republik angeblich durch ‚Parteibuch-B.‘ zerstört habe. Es bezweckte das Gegenteil seines Titels und entrechtete Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Liberale, Katholiken und überhaupt Missliebige durch Entlassung und später Pensionskürzungen bis zum Pensionsverlust. Auf ihre Stellen rückten „alte Kämpfer“ und neue Nationalsozialisten. Damit begann die „inhärente Korruption“ des Nationalsozialismus (Bajohr 2009: 234), die vom Klientelismus der „Gefolgschaften“, der Verwischung des Unterschieds zwischen Öffentlichem und Privatem und – positiv bewerteter – „Rücksichtslosigkeit“ bestimmt war. Daraus erwuchs später die industriell-arbeitsteilige Organisation in bürokratischen Formen für den millionenfachen Massenmord.

6. ‚Althergebrachtes‘ Beamtentum in der BRD und neue ‚Kader‘ in der DDR

Nach den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen (Völkerstrafrecht) und einer breiteren, wenn auch nicht systematischen Entnazifizierung standen für den Neuanfang keine wirklich neuen Menschen zur Verfügung. In der BRD wurden zwar die aus der Weimarer Republik bekannten „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ in der Verfassung verankert (GG Art. 33 Abs. 5), aber wenig später mit dem Gesetz zur Ausführung von Art. 131 die Wiederbeschäftigung der B.n der Diktatur erheblich erleichtert und damit starke personale Kontinuitäten ermöglicht. In der DDR dagegen schaffte die SMAD 1945 die B.n ab, wobei die Pensionen der vorhandenen B.n in die Sozialversicherung überführt und dadurch erheblich gekürzt wurden. Das neue Deutschland sollte durch unbelastete ‚Kader‘ in Partei, Wirtschaft und Staat aufgebaut werden, über deren Kaderentwicklung nun allein die SED entschied.