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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:13 Uhr
1. Terminologie
Der Begriff W. wird in einem doppelten Sinn verwendet. Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet man damit das jeweilige Geld, d. h. das in einem Land oder einem einheitlichen W.s-Gebiet geltende Zahlungsmittel. Man spricht von Euro-, Dollar-W. etc. Zum anderen wird unter W. das vom Staat gestaltete Geldwesen, die Geldverfassung eines Landes verstanden. Zu dieser zählen alle einschlägigen Institutionen, wie die Notenbank, und rechtliche Bestimmungen, z. B. ein entsprechendes Notenbank- oder W.s-Gesetz. Während das Geld nach seinen ökonomischen Funktionen als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit definiert ist, verdeutlicht der Terminus W. die staatliche Ordnung des Geldwesens. Die „Staatliche Theorie des Geldes“ (Knapp 1905) sieht das Geld als Geschöpf der Rechtsordnung.
Mit dem Ausdruck W.s-Politik sind einerseits alle Maßnahmen zur Gestaltung des Geldwesens gekennzeichnet. Diese können die Geldverfassung als solche betreffen. Im Extremfall kann es sich dabei um eine ganz neue Verfassung des Geldwesens handeln, wenn etwa eine neue W. eingeführt wird als Folge der Zerrüttung der bisherigen W. durch eine große Inflation. Dieser Fall trat in Deutschland zwei Mal in einer Generation ein: 1924 wurde die Mark durch die Reichsmark und 1948 die Reichsmark durch die D-Mark abgelöst. Es handelte sich jeweils um eine W.s-Reform. Am 1.7.1990 wurde der Geltungsbereich der D-Mark auf die noch wenige Monate existierende DDR ausgedehnt. Mit der Einführung des Euro am 1.1.1999 und der Errichtung der EZB übertrugen Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten ihre Kompetenz in der W.s-Politik teilweise und der Geldpolitik vollständig auf eine supranationale Institution, die EZB.
Andererseits werden innerhalb einer gegebenen Geldverfassung laufend währungspolitische Entscheidungen getroffen. Häufig werden dabei die Begriffe W.s-Politik und Geldpolitik synonym verwendet. Der Klarheit wegen sollten mit W.s-Politik aber nur die Maßnahmen bezeichnet werden, die auf die Gestaltung der W.s-Beziehungen mit dem Ausland gerichtet sind. Zur Geldpolitik werden dann nur die Aktionen gerechnet, welche die monetären Bedingungen im Inland beeinflussen. Wechselkurspolitische Eingriffe sind danach zur W.s-Politik, Veränderungen des Notenbankzinses dagegen zur Geldpolitik zu rechnen.
Die internationale W.s-Politik spielt sich auf der zwischenstaatlichen und supranationalen Ebene ab. Dabei regeln Nationalstaaten ihre W.s-Beziehungen untereinander oder im Rahmen internationaler Organisationen. Der Euroraum (EWWU) stellt eine Besonderheit dar. Die teilnehmenden Staaten haben ihre nationalen W.en aufgegeben und besitzen eine gemeinsame W., den Euro. Im Gegensatz zur allgemeinen Praxis fallen Staatsgebiet und W.s-Gebiet auseinander. Währungspolitisch ist der gesamte Euroraum Inland.
2. Die Geldverfassung
In der Geldverfassung wird festgelegt, welche W. in einem Lande gelten soll. Weiter wird die oberste W.s-Behörde bestimmt. Im Allgemeinen ist die Notenbank der Träger der Geldpolitik, der auch das Monopol der Notenausgabe zusteht. Das Recht zur Ausgabe von Münzen, das sogenannte Münzregal obliegt meist der Regierung, deren Möglichkeit, die Höhe des Münzumlaufs zu bestimmen aber eingeschränkt wird. Bei der Ausübung ihrer Befugnisse kann die Notenbank von Regierung und Parlament völlig unabhängig oder unmittelbar entsprechenden Weisungen unterworfen sein. Institutionelle Unabhängigkeit der Notenbank liegt vor, wenn diese in ihren geldpolitischen Entscheidungen frei von Eingriffen der Politik ist. Der Grad der personellen Abhängigkeit wird davon bestimmt, inwieweit die Regierung beliebig über Ernennung und Abberufung der Notenbankleitung verfügen kann. Wie die Erfahrung zeigt, besteht eine eindeutige positive Korrelation zwischen dem Grad der Unabhängigkeit der Notenbank und der Stabilität der betreffenden W. Im Statut der Notenbank kommt ihrem Mandat eine entscheidende Bedeutung zu. Wird Bewahrung der Preisstabilität als einziges Ziel genannt, spricht man von einem singulären Mandat, von einem dualen, wenn z. B. auch das Ziel hoher Beschäftigung vorgegeben wird.
Zu unterscheiden ist ferner zwischen einem einstufigen Notenbanksystem, bei dem die Entscheidungsbefugnis innerhalb der Notenbank auf einer Stufe der Organisation vereint ist, während es beim zweistufigen System noch eine weitere Ebene gibt, die an den geldpolitischen Entscheidungen beteiligt ist.
Schließlich ist noch das geldpolitische Instrumentarium zu erwähnen, das der Notenbank vom Gesetzgeber zur Durchführung ihrer Aufgabe zur Verfügung gestellt wird und ein wichtiges Element der Geldverfassung eines Landes darstellt. Weitere Bestimmungen regeln die Organisation der Notenbank, v. a. welchem Gremium die Befugnis zu Entscheidungen übertragen und wie es besetzt wird.
3. Währungssysteme
Die W.s-Systeme unterscheiden sich im Kern danach, ob die W. an ein Metall gebunden ist oder auf einem im Wesentlichen stoffwertlosem Geld basiert.
3.1 Metallwährungen
Das wichtigste Element einer Geldverfassung bestimmt, welche Art von W. in einem Lande bzw. einer W.s-Union gelten soll. Im Laufe der Geschichte haben sich zunächst Varianten der Metall-W.en herauskristallisiert, bevor sich schließlich die Papier-W. durchsetzte.
Die folgenden Ausführungen sind grundsätzlicher Natur. Der besseren Anschaulichkeit wegen werden v. a. Beispiele aus der deutschen W.s-Geschichte herangezogen.
Die Entscheidung über die Art der W. prägt ganz wesentlich den Charakter einer Geldverfassung. Bei der Goldumlaufs-W. fungieren Goldmünzen als Geld, als Zahlungsmittel. Das Hoheitsrecht zur Prägung von Goldmünzen wird im Regelfall einer staatlichen Institution übertragen. Die Menge des umlaufenden Geldes wird durch den Grad der Knappheit des Edelmetalls bestimmt. Für Münzen mit kleinerem Wert verwendet man meist weniger wertvolles Metall. Bei der Goldkern-W. wird ein Wert fixiert, zu dem die Notenbank umlaufendes Papiergeld in Gold einlösen muss. So wurde mit dem Münzgesetz von 1873 eine sogenannte Goldparität von 1 Mark = 1/2790 kg Feingold festgelegt. Die Möglichkeiten einer Notenbank, die Geldpolitik nach eigenem Ermessen zu gestalten, sind bei der Goldkern-W. durch die Goldan- und -verkaufspflicht eng begrenzt. Sobald die Notenbank im Gefolge einer stärkeren Geldmengenausdehnung über ihre Einlösungspflicht Gold verliert, geht der Bargeldumlauf im Umfang des von der Notenbank abgegebenen Goldes automatisch zurück. Dieser Effekt ist bei der Goldumlaufs-W. am stärksten. Bei der Goldkern-W. ist der Wert des umlaufenden (Papier-)Geldes wesentlich höher als die von der Notenbank gehaltene Goldreserve. Bei der Golddevisen-W. kann die Deckung des Bargeldumlaufs ganz oder teilweise auch aus „Golddevisen“ bestehen. Unter Golddevisen versteht man W.s-Einheiten eines Landes mit Gold-W. Die Notenbank des Landes mit Golddevisen-W. kann dann ihrer Einlösungspflicht auch durch die Abgabe von Golddevisen nachkommen.
Für die Silber-W. gilt mutatis mutandis das Gleiche. Werden sowohl Gold als auch Silber als W.s-Grundlage verwendet, spricht man vom Bimetallismus. Bei der Doppel-W. wird gesetzlich zwischen beiden Geldarten ein festes Wertverhältnis fixiert. Da sich jedoch das Knappheitsverhältnis zwischen den beiden Metallen – z. B. durch umfangreiche neue Silbermengen wie nach den Eroberungen der Spanier in Mittelamerika – erheblich verändern kann, hatte dieses System selten längeren Bestand. Goldmünzen wurden dann immer weniger als Geld verwendet und im Umlauf durch das weniger selten gewordene und damit billigere Metall Silber ersetzt. Nach dem sogenannten Greshamschen Gesetz, benannt nach dem englischen Schatzkanzler Thomas Gresham, verdrängt das schlechte Geld, in diesem Fall Silber, das gute aus dem Verkehr. Von Parallel-W. spricht man dagegen, wenn zwischen den beiden Geldarten kein festes Verhältnis fixiert wird. Verändert sich die Wertrelation zwischen den beiden Metallen aufgrund von Veränderungen der relativen Knappheit, bildet sich zwischen den beiden Geldarten ein freier Kurs heraus, der dieser Entwicklung Rechnung trägt. Damit kommt es nicht zu dem genannten Verdrängungsprozess, doch erschwert das sich ändernde Wertverhältnis den Umgang mit den beiden Geldarten.
Bei den Metall-W.en ist die Geldmenge grundsätzlich durch das von Natur aus knappe Gut, wie z. B. Gold, beschränkt. Darin liegt der entscheidende Charakter der Gold-W. wie der anderen Metall-W.en. Die Bestimmung der Geldmenge wird der politischen Willkür entrissen. Nur im Fall großer neuer Funde von Gold und Silber kam es in der Geschichte zu starken Ausweitungen der Geldmenge und damit verbunden zu anhaltend hoher Inflation. Allerdings zeigt die Erfahrung auch, dass die „goldene Bremse“ bei der Geldschöpfung im Ernstfall dem menschlichen, v. a. dem politischen Einfallsreichtum nicht standzuhalten vermag. Waren es in der Zeit der Kipper und Wipper im 17. Jh. Private, die den Metallwert der Münzen verminderten, gehen schwerwiegende Verstöße gegen die Prinzipien eines auf der Knappheit des Metalls basierenden W.s-Systems auf politisches Handeln zurück. So wurden, bei gleichem Nominalwert, umlaufende Münzen eingezogen und durch solche mit geringerem Metallgehalt ersetzt. Der Gesetzgeber kann auch die Relation zwischen Gold und Banknoten verändern oder die Goldeinlösungspflicht suspendieren, wie es z. B. beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Deutschland geschah. Solche Maßnahmen wurden vorwiegend in Kriegszeiten oder anderen Notsituationen getroffen. Nicht von ungefähr spricht man daher von einem „Schönwetterstandard“.
1914 endete auch die Hochzeit des Goldstandards, d. h. einer Epoche, in der sich die wichtigsten Staaten dem Beispiel Englands angeschlossen und die Gold-W. eingeführt hatten. Die beteiligten W.en basierten auf demselben Metall. Ihr Wert war in Gold definiert, das Austauschverhältnis zwischen den W.en war durch den relativen nationalen Goldwert bestimmt. Die Wechselkurse entsprachen dieser sogenannten Goldparität. Geringfügige Abweichungen resultieren aus den Kosten des Goldversands. Ohne weitere Vereinbarung war ein internationales W.s-System, eben der Goldstandard, entstanden. Verlor ein Land Gold durch Abflüsse ins Ausland, musste es prinzipiell eine restriktive Geldpolitik einleiten, im Überschussland trat dagegen eine Geldmengenausweitung ein. Der Zwang zum Zahlungsbilanzausgleich, der sogenannte Goldautomatismus, war das wesentliche Element dieses internationalen Systems fester Wechselkurse. Der Versuch, die Gold-W. nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wiederherzustellen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. 1931 verließ ein Land nach dem anderen den Goldstandard. Kein Land war mehr bereit, den Geldumlauf von der Knappheit des Goldes (oder ggf. des Silbers) abhängig zu machen.
Seitdem hat es keinen ernsthaften Versuch mehr gegeben, die Gold-W. wiedereinzuführen. Entsprechende Vorschläge, die immer wieder vorgelegt werden, bleiben das Werk von Außenseitern.
3.2 Die Papierwährung
Der Terminus Papier-W. steht für ein Geld, das an kein von Natur aus knappes Gut gebunden ist, es handelt sich um ein (fast) stoffwertloses Medium. Seine Menge kann daher prinzipiell beliebig bestimmt werden. Damit kann die Notenbank grundsätzlich allein nach geldpolitischen Erwägungen über die Notenbankgeldmenge entscheiden. Mit der Aufgabe des Goldstandards wurde die Geldausgabe weltweit von der „goldenen Fessel“ befreit. Seitdem existieren in der Welt nur noch Papier-W.en. Damit wurde überhaupt erst die Möglichkeit geschaffen, die Geldpolitik auf binnenwirtschaftliche Ziele wie Preisstabilität oder hohe Beschäftigung auszurichten. Mit der Freiheit in der Geldschöpfung geht jedoch die Gefahr des Missbrauchs einher. Die Politik ist der stetigen Versuchung ausgesetzt, öffentliche Ausgaben über die Notenpresse, d. h. durch Drucken von Geld zu finanzieren. Die Geschichte liefert viele Beispiele für solches Verhalten und dessen Folgen wie Preissteigerungen bis hin zu großen Inflationen. In den Geldverfassungen hat sich daher seit Ende der 80er Jahre weltweit die Tendenz durchgesetzt, der nationalen Notenbank den Status der Unabhängigkeit zu verleihen, damit sie über die Geldpolitik ohne politischen Druck entscheiden kann, um die ihr vorgegebenen Ziele, v. a. Preisstabilität zu erreichen.
Während mit der Ausbreitung der Gold-W. quasi automatisch ein internationales W.s-System fester Wechselkurse entstanden ist, gilt das für eine Welt der Papier-W.en nicht. Je nachdem welche internationalen Vereinbarungen über die Wechselkurse getroffen werden, ergeben sich ganz unterschiedlich Konsequenzen für die Geldpolitik.
4. Die internationale Währungsordnung
Die internationale W.s-Ordnung setzt wichtige Rahmenbedingungen für die Notenbankpolitik. Bei festen Wechselkursen und freier Konvertibilität ist der Spielraum der nationalen Geldpolitik stark eingeschränkt. Dies gilt quasi automatisch im Goldstandard. Bei der Papier-W. liegt dies an der Verpflichtung der Notenbank, den festen Wechselkurs – mit mehr oder weniger großen Bandbreiten – durch Interventionen am Devisenmarkt aufrecht zu erhalten. Der Unterschied beider Systeme besteht v. a. in der Bestimmung der Preisentwicklung: Unter dem Regime des Goldstandards entscheidet die Goldproduktion über die weltweite Entwicklung des Geldwertes; im Falle der Papier-W.en kommt es in erster Linie auf die Geldpolitik des Landes an, dessen W. als Bezugsgröße für die Festlegung der Wechselkurse gewählt und von den anderen Ländern als Reservemedium gehalten wird. (Man spricht hier häufig von der sogenannten Leit-W.) Bei flexiblem Außenwert der eigenen W. entfällt die Bindung der Geldpolitik an die Zahlungsbilanzentwicklung. Zwar kann die Geldpolitik auch in diesem Falle nicht völlig unabhängig von außenwirtschaftlichen Überlegungen durchgeführt werden, doch steht es einem Land nun grundsätzlich frei, die Inflationsrate zu wählen, die es selbst für angemessen hält.
5. Reformvorschläge
Die Finanzmarktkrise von 2007/2008, welche die Weltwirtschaft an den Abgrund einer Depression brachte, löste eine grundsätzliche Debatte aus, die noch lange nicht beendet ist. Nach einer weitverbreiteten Auffassung bedarf es radikaler Änderungen, um die Wiederholung der großen Krise oder gar eine noch schlimmere Entwicklung zu vermeiden.
Die Geldverfassung im bisher besprochenen Sinne ist Ausdruck eines hoheitlichen Aktes der Legislative mit konkretem Inhalt hinsichtlich des Charakters der W., der Befugnisse der Notenbank etc. Im Gegensatz zu diesem Verfahren schlägt Friedrich August von Hayek vor, den Wettbewerb einzusetzen, um die optimale W. herauszufinden. W.s-Konkurrenz soll an die Stelle des staatlichen W.s-Monopols treten; privaten Anbietern soll also erlaubt sein, eigenes Geld zu emittieren. Die Wirtschaftssubjekte können dann frei entscheiden, welche W. sie für Zahlungs- und Anlagezwecke wählen. Dabei ist zu erwarten, dass das (geldwert-)stabilere Geld das schlechtere in einer Art „Anti-Gresham-Prozess“ verdrängt. Im Zusammenhang der Finanzmarktkrise 2007/2008 ist auch F. A. von Hayeks Plädoyer für W.s-Konkurrenz wieder neu zum Gegenstand der aktuellen Diskussion geworden, stieß jedoch auf schwerwiegende Kritik.
Ein anderer Vorschlag, das sogenannte Vollgeldsystem, ist seit einiger Zeit in den Vordergrund gerückt. Als Vorläufer des Vollgeldsystems kann das „100 % Money“ von Irving Fisher aus den 1930er Jahren gelten. In den bestehenden Papier-W.s-Systemen erfolgt die Geldschöpfung in einem zweistufigen Prozess. Die Notenbank schafft das Zentralbankgeld (Bargeld und Guthaben bei der Notenbank), die Geschäftsbanken das Buch- oder Giralgeld; sie müssen aber die Guthaben der Kunden jederzeit in Bargeld einlösen können. Treten Zweifel auf, ob eine Bank dazu in der Lage ist, kann es zum Sturmlauf auf die Bank (bank run) und ggf. zu deren Schließung kommen. Der Ausbruch einer allgemeinen Panik ist nicht auszuschließen.
Die Buchgeldschöpfung kann erhebliche Schwankungen aufweisen und damit zu entsprechenden Problemen in der Gesamtwirtschaft führen. Werden die Banken gezwungen, für die Guthaben ihrer Kunden jederzeit eine 100 %ige Bargeldreserve zu halten, können sie keine aktive Geldschöpfung mehr betreiben und damit die Gesamtgeldmenge vergrößern oder verkleinern.
In der Schweiz war die Einführung des Vollgeldes 2018 Gegenstand einer Volksinitiative. Diese ist jedoch deutlich gescheitert. Ein wesentlicher Grund dürfte zum einen die hohe Komplexität des Vorschlags gewesen sein. Zum anderen könnte das Vollgeldsystem zwar dazu beitragen, einige Schwächen des bestehenden Systems zu vermeiden. Gleichzeitig werden aber neue Fragen aufgeworfen, v. a. die nach der Geldschöpfung. Mit dem Staat als Quelle der Geldschöpfung droht zwangsläufig die Gefahr des Missbrauchs und der dadurch ausgelösten inflationären Entwicklung.
Erscheint es zwar eher unwahrscheinlich, dass ein Land zum Vollgeldsystem übergeht, so hat dieser Vorschlag eine Diskussion über die Zukunft des Papiergeldsystems ausgelöst, die noch mitten im Gange ist.
6. Internationale Währungspolitik
Die internationale W.s-Politik eines Landes umfasst die Maßnahmen bezogen auf die W.s-Beziehungen mit dem Ausland. Die Kompetenz dafür steht in den meisten Ländern der Regierung und nicht der Notenbank zu. Dabei geht es v. a. um die Gestaltung des Wechselkurses und die Freiheit des Zahlungsverkehrs (Konvertibilität) bzw. dessen Beschränkungen.
6.1 Die Wechselkurspolitik
Bei prinzipiell festen, aber veränderbaren Paritäten (adjustable peg) besteht die Möglichkeit der fallweisen Wechselkursänderung. Dies galt z. B. für das 1944 in Bretton Woods vereinbarte und bis 1973 gültige Wechselkursregime sowie für das EWS, die von 1979 bis 1998 bestehende Form der währungspolitischen Zusammenarbeit zwischen den Ländern der EG. Internationale Abkommen können in diesem System die Wechselkursänderung von der Zustimmung der Partnerländer abhängig machen.
Eine Abwertung soll die Zahlungsbilanz verbessern und einem Verlust an W.s-Reserven entgegenwirken; sie verbilligt tendenziell die eigenen Exporte auf dem Weltmarkt und verteuert die Importe. Im Normalfall verbessert sich infolgedessen die Leistungsbilanz, nach aller Erfahrung allerdings erst mit einiger zeitlicher Verzögerung.
Eine Aufwertung wird im Allgemeinen nur im Falle anhaltend hoher Devisenüberschüsse vorgenommen; sie entfaltet die entgegengesetzten Wirkungen wie die Abwertung, nämlich eine Verteuerung der Exporte und Verbilligung der Importe; die Leistungsbilanz verschlechtert sich.
Mit einer Wechselkursänderung können die angestrebten Ziele jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Geldpolitik entspr. ausgerichtet wird. So geht z. B. im Falle einer Abwertung der positive Effekt auf die Leistungsbilanz bald verloren, wenn die Geldpolitik nicht die inländischen Preissteigerungen unter Kontrolle hält, die durch die expansive Wirkung der Abwertung auf das Sozialprodukt infolge der Verbilligung der Exporte und Verteuerung der Importe ausgelöst werden.
Bei flexiblem Außenwert der heimischen W. wird der Wechselkurs prinzipiell durch die Entwicklung am Devisenmarkt bestimmt. Die Wechselkurspolitik beschränkt sich hier auf Interventionen am Devisenmarkt. Dem Versuch, die Höhe des Wechselkurses durch An- bzw. Verkauf von Devisen zu beeinflussen und ggf. eine bestimmte Kurshöhe gegen den Markt durchzusetzen (sogenanntes „schmutziges Floaten“), sind jedoch Grenzen gesetzt.
6.2 Konvertibilität
Ein wichtiges Merkmal einer nationalen W. liegt in der Möglichkeit ihrer internationalen Verwendung. Ist eine W. konvertibel, kann sie am Devisenmarkt grundsätzlich jederzeit und unbeschränkt in andere (konvertible) W.en umgetauscht werden. Konvertibilität der W.en war im Zeitalter des Goldstandards systemimmanent. Zwischen den Papier-W.en setzte sich die Konvertibilität erst im Laufe der 1960er Jahre durch. Vorher war lange Zeit der US-Dollar die einzige wichtige konvertible W. Die D-Mark wurde 1958 konvertibel. Heute besteht Konvertibilität für den Euro und andere wichtige W.en. Beschränkungen der Konvertibilität werden allerdings in einer ganzen Reihe von Ländern praktiziert.
Literatur
O. Issing: Stabiles Geld – eine Illusion? Alternative Währungssysteme – Hayeks Fundamentalkritik – Unabhängigkeit der Notenbanken, 2019 • R. Edvinsson/T. Jacobson/D. Waldenström: Sveriges Riksbank and the History of Central Banking, 2018 • R. Huber/T. Mayer: Vollgeld. Das Geldsystem der Zukunft. Unser Weg aus der Finanzkrise, 2014 • M. D. Bordo: The Gold Standard and Related Regimes, 1999 • Deutsche Bundesbank (Hg.): 50 Jahre Deutsche Mark, 1998 • O. Issing: Einführung in die Geldpolitik, 61996 • C. D. Campbell/W. R. Dougan: Alternative Monetary Regimes, 1986 • F. A. von Hayek: Entnationalisierung des Geldes. Eine Analyse der Theorie und Praxis konkurrierender Umlaufsmittel, 1977 • L. B. Yeager: In Search of a Monetary Constitution, 1962 • M. Friedman: A Program for Monetary Stability, 1960 • B. Graham: World Commodities and World Currencies, 1944 • I. Fisher: 100 % Money and the Public Debt, 1936 • F. A. Lutz: Das Grundproblem der Geldverfassung, 1936 • I. Fisher: Stable Money. A History of Movement, 1934 • G. F. Knapp: Staatliche Theorie des Geldes, 1905.
Empfohlene Zitierweise
O. Issing: Währung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/W%C3%A4hrung (abgerufen: 24.11.2024)