Terrorismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Der gesetzliche Rahmen zur T.-Bekämpfung, wie er seit 2001 fortentwickelt wird, ist <I>zum anderen</I> nicht auf das T.-Strafrecht und T.-Strafprozessrecht beschränkt. Dem Ansatz einer umfassenden Verhinderung und Verfolgung terroristischer Taten entspr. wurden vielmehr auch die Aufklärungs- und Ermittlungsbefugnisse, die dem BND ([[Nachrichtendienste]]) und dem BfV ([[Verfassungsschutz]]) (BGBl 2002 I: 361) sowie dem BKA (BGBl 2008 I: 3083; teilweise verfassungswidrig) zur Gefahrenabwehr und Straftatenverhütung zukommen, ausgeweitet sowie vereins- und aufenthaltsrechtliche Normen verschärft. Durch eine Änderung des VereinsG (BGBl 2001 I: 3319) wurde das sog.e Religionsprivileg aufgehoben, das Religionsgemeinschaften von – für Vereine geltende Kontrollen und Einschränkungen – ausgeklammert hatte. Mit dem Zuwanderungsgesetz (BGBl 2004 I: 1950) wurde die Regelausweisung von Ausländern eingeführt, die einer Vereinigung angehören oder angehört haben, die den T. unterstützt (§&nbsp;54 I Nr.&nbsp;2 AufenthG). Ferner wurde die Abschiebungsanordnung als Instrument für eine beschleunigte Aufenthaltsbeendigung von terroristischen „Top-Gefährdern“ in das AufenthG aufgenommen (§&nbsp;58a AufenthG).
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Der gesetzliche Rahmen zur T.-Bekämpfung, wie er seit 2001 fortentwickelt wird, ist <I>zum anderen</I> nicht auf das T.-Strafrecht und T.-Strafprozessrecht beschränkt. Dem Ansatz einer umfassenden Verhinderung und Verfolgung terroristischer Taten entspr. wurden vielmehr auch die Aufklärungs- und Ermittlungsbefugnisse, die dem BND ([[Nachrichtendienste]]) und dem BfV ([[Verfassungsschutz]]) (BGBl 2002 I: 361) sowie dem BKA (BGBl 2008 I: 3083; teilweise verfassungswidrig) zur Gefahrenabwehr und Straftatenverhütung zukommen, ausgeweitet sowie vereins- und aufenthaltsrechtliche Normen verschärft. Durch eine Änderung des VereinsG (BGBl 2001 I: 3319) wurde das sogenannte Religionsprivileg aufgehoben, das Religionsgemeinschaften von – für Vereine geltende Kontrollen und Einschränkungen – ausgeklammert hatte. Mit dem Zuwanderungsgesetz (BGBl 2004 I: 1950) wurde die Regelausweisung von Ausländern eingeführt, die einer Vereinigung angehören oder angehört haben, die den T. unterstützt (§&nbsp;54 I Nr.&nbsp;2 AufenthG). Ferner wurde die Abschiebungsanordnung als Instrument für eine beschleunigte Aufenthaltsbeendigung von terroristischen „Top-Gefährdern“ in das AufenthG aufgenommen (§&nbsp;58a AufenthG).
 
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Version vom 16. Dezember 2022, 06:12 Uhr

  1. I. Politikwissenschaftliche Perspektiven
  2. II. Rechtlicher Rahmen

I. Politikwissenschaftliche Perspektiven

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1. Begriff

T. ist der Versuch, eine gesellschaftliche Ordnung durch politisch motivierte Gewalt zu verunsichern und zu überwinden. Im Gegensatz zu staatlichem Terror („von oben“) entspringt diese Form der Aufstandsgewalt der Gesellschaft („von unten“). Der T. hat dabei auch eine kommunikative Funktion: Aufstandsbewegungen wollen Sympathisanten in der Bevölkerung zur Partizipation anregen, den Eliten wird Widerstand angekündigt. Der Begriff selbst ist sozialwissenschaftlich umstritten und wenig zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung geeignet. Ein Grund besteht in der Heterogenität seiner Ausprägungen. Eine Vielfalt an terroristischen Gruppen mit unterschiedlichen Motiven und Zielsetzungen macht deren Subsumierung unter der Rubrik T. problematisch. Zweitens ist T. ein offener Begriff, der nur unter Bezugnahme auf das politische System, in dem es zu T. kommt, geklärt werden kann. Organisationen, die in Diktaturen gegründet wurden und nach der Demokratisierung mit ihren Aktionen fortfuhren, waren zunächst „Freiheitskämpfer“, wurden dann aber als „Terroristen“ etikettiert. Drittens hat T. eine normative Dimension. Mit der Stigmatisierung als „terroristisch“ wird eine Wertung vorgenommen, die eine Aufstandsbewegung als illegitim kennzeichnet, während der parallel auch von terroristischen Organisationen genutzte Guerillabegriff im Gegensatz dazu positiv konnotiert ist. Dadurch wird in der Auseinandersetzung mit umstrittenen Aufstandsbewegungen (Palästinenser, kurdische Separatisten) die Grenze zwischen Guerilla und T. fließend – und das Ringen um die terminologische Deutungshoheit zum politischen Streit. Im Gegensatz zu Guerillagruppen haben terroristische Organisationen keine Chance zur Machterlangung, da sie über kein Territorium verfügen und sie keine Verankerung in der Bevölkerung besitzen. T. ist dadurch eine Strategie der politisch Schwachen. Sie ziehen die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft und verfolgen eine Strategie der Grausamkeit, um maximale mediale Öffentlichkeit zu erreichen. Damit aber ist T. auf Dauer nicht nachhaltig zielführend.

Über Jahrzehnte des 20. Jh. hinweg dominierte die Unterscheidung zwischen Links- und Rechts-T. Ersterer strebt im ideologischen Gefolge des Kommunismus und seiner theoretischen Spielarten und im Glauben an die Realisierbarkeit einer herrschaftslosen politischen Ordnung (Anarchie, Anarchismus) eine Umstürzung der Verhältnisse an, während sein Widerpart die Unterschiede zwischen Menschen betont und dabei kollektive, auf Mythen, Traditionen und Nationen fußende Argumente anführt. Bereits im Vorlauf der terroristischen Zeitenwende zum 11. 9. 2001 wurde in der Forschung deshalb mehr nach den Motiven als nach den Mitteln von T. differenziert. Als typische terroristische Gruppen galten dann, erstens, ethnisch-separatistische Organisationen, die für weitgehende Autonomie oder staatliche Selbstorganisation einer tatsächlich oder imaginiert unterdrückten Ethnie kämpfen, der sie selbst angehören (ETA in Spanien, IRA in Nordirland). Eine zweite Erscheinungsform von T., prägend für die wissenschaftliche Diskussion ab Mitte der 1960er Jahre, war der sozialrevolutionäre T. Auf der Basis einer meist eklektizistischen Theorierezeption beriefen sich deren Vertreter auf antiimperialistische Ideologien, um mit militärischen Mitteln eine Befreiung der Arbeiterschaft vom Diktat des Kapitals und eine generelle Umwälzung der gesellschaftlichen (Besitz- und Verteilungs-)Verhältnisse zu erreichen (RAF, Revolutionäre Zellen [RZ] oder Bewegung 2. Juni in Deutschland, Brigate Rosse in Italien, Japanische Rote Armee). Die dritte, heute in der Forschung dominante Spielart ist der religiös motivierte T. Er ist durch chiliastische Endzeitvorstellungen geprägt und kämpft im Namen einer absolut gesetzten transzendenten Wahrheit gegen unreine Religionen und für die Errichtung eines globalen Glaubenssystems. Bei den – meist monotheistisch inspirierten – Fällen von religiös motiviertem T. wird deutlich, dass die Motivationen für T. oft verschwimmen und ethnisch-separatistische sowie sozialrevolutionäre Komponenten oft das religiöse Grundgerüst der terroristischen Selbstrechtfertigungen untermauern.

Nicht erfasst werden in dieser Trias rechtsterroristische Organisationen ebenso wie Gruppierungen, die politisch motiviert sind und durch Gewalt nicht die Beseitigung, sondern den Erhalt einer politischen Ordnung anstreben (Vigilantismus) ebenso wie die Unterscheidung zwischen national operierenden und international tätigen Organisationen. Die Folge waren alternative Ordnungsversuche, die nach Motiven und Motivbündeln (single-issue versus multiple-issue) unterschieden, entweder das Gefährdungspotential (Super-T.) oder die Verbindung zur organisierten Kriminalität (Narco-T.) herauszuarbeiten versuchten. Auch wenn die terroristische Logik stets gleichgeblieben ist, so haben sich durch neue Informationstechnologien für terroristische Gruppierungen extrem asymmetrische Aktionsmöglichkeiten ergeben. So sind wenige oder auch einzelne Individuen in der Lage, durch gezielte Nutzung sozialer Netzwerke eine Vielzahl an Menschen zu erreichen oder aber durch Instrumentalisierung von Computerviren oder anderer Schadprogramme ganze Informationssysteme zu beeinträchtigen (Cyber-T.).

2. Terrorismus in der BRD

Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten blieb die BRD lange von terroristischer Gewalt verschont. Erst nach 1968 entstanden sozialrevolutionäre Organisationen (RAF, RZ, Bewegung 2. Juni). Die Ursachen lagen auf nationaler Ebene in einer mangelhaften Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, der Großen Koalition und ihren Notstandsgesetzen (Staatsnotstand) sowie auf internationaler Ebene im Widerstand gegen den Vietnamkrieg der USA und der fortdauernden Abhängigkeit der dekolonisierten Staaten der Peripherie von der „Ersten Welt“.

Eine wichtige Wegmarke in der Genese des Links-T. in der BRD war die Frankfurter Kaufhausbrandstiftung 1968 durch Gudrun Ensslin und Andreas Baader. Die Journalistin Ulrike Marie Meinhof begleitete die Aktion publizistisch und stellte sie in Zusammenhang mit dem Krieg in Indochina, der Rechtsanwalt Horst Werner Dieter Mahler verteidigte G. Ensslin und A. Baader vor Gericht. Gemeinsam gingen die vier Gründungsmitglieder der RAF in den Untergrund. Nach 1970 machten sie sich an den Aufbau einer Logistik: Banküberfälle, Waffenkäufe und der Aufenthalt in einem palästinensischen Ausbildungslager versetzten die Gruppe in die Lage, erste Aktionen durchzuführen. Während das ideologische Grundgerüst eine Interpretation des Marxismus-Leninismus beinhaltete, wurden auch zeitgenössische Schriften (Régis Debray, Frantz Fanon) zur Legitimation herangezogen.

Nach der raschen Verhaftung aller Führungsmitglieder 1972 – im selben Jahr wurde die BRD durch den Anschlag auf die israelischen Sportler bei den Olympischen Spielen in München zum Schauplatz auch des internationalen T. – entstand im breiten Milieu der Unterstützer eine professioneller und brutaler agierende zweite Generation (Christian Georg Alfred Klar, Brigitte Margret Ida Mohnhaupt, Sieglinde Hofmann), deren Ziel die Befreiung der ersten Generation war. Nach der Besetzung der Deutschen Botschaft in Stockholm 1975 markierte der „Deutsche Herbst“ 1977 den Höhepunkt der RAF-Gewalt mit der Ermordung des Dresdner Bank-Vorsitzenden Jürgen Ponto, des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und der Entführung samt Erschießung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Zusätzliches Gewicht erhielt die Entführung H. M. Schleyers durch die zeitgleich stattfindende Kaperung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ durch ein palästinensisches Kommando. Nach der Erstürmung der Maschine durch eine Eliteeinheit des BGS (GSG 9) im somalischen Mogadischu begingen die in Stuttgart-Stammheim inhaftierten Mitglieder der ersten RAF-Generation Selbstmord. Auch weitere Fahndungserfolge vermochten die anschließende Gründung einer dritten Generation von RAF-Terroristen nicht zu verhindern. Weitgehend losgelöst von ideologischen Prämissen ermordeten sie in ihrer „Offensive ’85/’86“ führende Vertreter aus Politik und Wirtschaft (Karl Heinz Beckurts, Ernst Zimmermann), 1989 auch den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen. Das Gros der Anschläge aus diesem Zeitraum ist bis heute unaufgeklärt. Vom Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus und öffentlich gemachten Differenzen innerhalb der Organisation konnte sich die Gruppe jedoch nicht mehr erholen und löste sich 1998 auf.

Rechtsterroristische Strukturen blieben gegenüber der sozialrevolutionären Spielart stets quantitativ und qualitativ im Hintertreffen, Organisationen wie die Wehrsportgruppe Hoffmann oder die Hepp-Kexel-Gruppe waren in ihrer Reichweite begrenzt. Trotzdem blieb das Thema Rechts-T. in Form von antisemitischen oder generell rassistischen Aktionen virulent, Einzelpersonen wie Michael Aloysius Alfons Kühnen (Aktionsfront Nationaler Sozialisten) oder Gundolf Wilfried Köhler (Attentat auf das Oktoberfest in München 1980) blieben im kollektiven Gedächtnis haften. Erst mit der – zunächst fälschlicherweise als organisierte Ausländerkriminalität eingestuften – Mordserie des NSU im Zeitraum zwischen 2000 und 2006 zeigte sich ein exzessiv militanter Rechtsextremismus (Extremismus) in Form einer terroristischen Organisation und warf Fragen über strukturellen Rassismus in den Strafverfolgungsbehörden ebenso auf wie darüber, warum umfangreiche Gewaltkriminalität gegenüber Ausländern von der Öffentlichkeit damals weiterhin zu wenig wahrgenommen wurde. Jedenfalls rekrutierten sich die Mitglieder des NSU aus der ostdeutschen Neonaziszene, bes. dem Thüringer Heimatschutz, und begannen ab Ende der 1990er Jahre auch mit der Planung von Bombenanschlägen. Daran schloss sich eine Mordserie mit insgesamt zehn Todesopfern an, die – mit Ausnahme einer Polizistin – allesamt Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund waren. Der religiös motivierte T. spielte erst nach 2001 eine Rolle, die 9/11 Attentäter hatten die BRD als logistische Basis benutzt. Im Zuge des Aufstiegs des „IS“ nach 2014 wurde Deutschland auch Zielscheibe entspr. motivierter Kleingruppen und Einzeltäter („Gefährder“), oftmals durch Rückkehrer aus dem irakischen und syrischen Bürgerkrieg, bisweilen direkt durch den IS instruiert oder motiviert. Bis auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 konnten aber alle weiteren Attentate verhindert werden oder verblieben auf einem niedrigen Gewaltniveau.

II. Rechtlicher Rahmen

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1.Begriff

Im deutschen Recht fehlt es an einer Legaldefinition des T.-Begriffs. T. und davon umfasste Taten werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch eine Zusammenschau nationaler und internationaler Normierungsansätze präzisiert. Das BVerfG versteht unter Straftaten mit dem Gepräge des T. solche, die auf eine Destabilisierung des Gemeinwesens zielen, hierbei in rücksichtsloser Instrumentalisierung anderer Menschen Angriffe auf Leib und Leben beliebiger Dritter umfassen und sich gegen die Grundpfeiler der verfassungsrechtlichen Ordnung und das Gemeinwesen als Ganzes richten (BVerfGE 141,220 [266]).

2. Maßnahmenspektrum und gesetzlicher Rahmen

Politische Maßnahmen im Umgang mit T. sind in umfassender Weise darauf gerichtet, die Ursachen von T. zu bekämpfen, den Schutz der Bevölkerung zu optimieren, die Verwundbarkeit kritischer Infrastrukturen zu reduzieren, durch eine intensive Zusammenarbeit von Polizei und Sicherheitsbehörden Gefährder im Vorfeld eines Anschlags zu überwachen und terroristische Straftaten zu verfolgen sowie die privatwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Resilienz im Umgang mit T.-Anschlägen zu verbessern. Auf Grundrechtseingriffe zielende repressive Maßnahmen, die einer Gesetzesgrundlage bedürfen, stellen nur eine Teilfacette dieses komplexen Maßnahmenspektrums dar. Der deutsche Gesetzgeber hat in zwei Phasen auf die Gefahr terroristischer Bedrohungen reagiert: Die erste Phase der Anti-T.-Gesetzgebung vollzog sich in den 1970er Jahren, ausgelöst durch die Taten linksextremer T.-Gruppen. In diese Zeit fällt nicht nur das Kontaktsperregesetz (BGBl 1977 I: 1877), das es ermöglichte, den schriftlichen und mündlichen Verkehr eines wegen einer T.-Straftat Inhaftierten mit seinem Verteidiger vollständig zu unterbrechen, sondern auch die Einführung eines Straftatbestands, mit dem die Gründung, Beteiligung, Werbung und Unterstützung terroristischer Vereinigungen pönalisiert wird (§ 129a StGB, BGBl 1976 I: 2181).

Die zweite Phase der Anti-T.-Gesetzgebung wurde durch die T.-Anschläge des 11. 9. 2001 ausgelöst und dauert seitdem an. Sie ist zum einen geprägt durch die politische Einsicht, dass grenzüberschreitend handelnden internationalen T.-Netzwerken nur durch ein koordiniertes Vorgehen der Staatengemeinschaft entgegengewirkt werden kann. Teilelemente der deutschen Anti-T.-Gesetzgebung gehen deshalb auf die Einbindung Deutschlands in internationale Organisationen, multilaterale Foren und in die EU zurück. Hierzu zählt bspw. die Verschärfung von § 129a StGB im Jahr 2003, die in Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 13. 6. 2002 (BGBl 2003 I: 2836) erfolgte, oder die Einführung des Straftatbestands zur T.-Finanzierung im Jahr 2015 (§ 89c StGB, BGBl 2015 I: 926), mit dem eine Resolution des UN-Sicherheitsrats (S/RES/2178 [2014]) umgesetzt wurde.

Der gesetzliche Rahmen zur T.-Bekämpfung, wie er seit 2001 fortentwickelt wird, ist zum anderen nicht auf das T.-Strafrecht und T.-Strafprozessrecht beschränkt. Dem Ansatz einer umfassenden Verhinderung und Verfolgung terroristischer Taten entspr. wurden vielmehr auch die Aufklärungs- und Ermittlungsbefugnisse, die dem BND (Nachrichtendienste) und dem BfV (Verfassungsschutz) (BGBl 2002 I: 361) sowie dem BKA (BGBl 2008 I: 3083; teilweise verfassungswidrig) zur Gefahrenabwehr und Straftatenverhütung zukommen, ausgeweitet sowie vereins- und aufenthaltsrechtliche Normen verschärft. Durch eine Änderung des VereinsG (BGBl 2001 I: 3319) wurde das sogenannte Religionsprivileg aufgehoben, das Religionsgemeinschaften von – für Vereine geltende Kontrollen und Einschränkungen – ausgeklammert hatte. Mit dem Zuwanderungsgesetz (BGBl 2004 I: 1950) wurde die Regelausweisung von Ausländern eingeführt, die einer Vereinigung angehören oder angehört haben, die den T. unterstützt (§ 54 I Nr. 2 AufenthG). Ferner wurde die Abschiebungsanordnung als Instrument für eine beschleunigte Aufenthaltsbeendigung von terroristischen „Top-Gefährdern“ in das AufenthG aufgenommen (§ 58a AufenthG).

3. Verhinderung terroristischer Taten als Ziel: Zur Vorverlagerung von Strafbarkeit, Abschiebung und Überwachungsbefugnissen

Übergreifendes Kennzeichen des deutschen Rechtsrahmens zur T.-Bekämpfung, wie er sich seit dem Jahr 2001 fortentwickelt hat, ist die Bereitschaft des Gesetzgebers, nicht nur die Strafbarkeit terroristischer Täter, sondern auch sicherheitsbehördliche Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse sowie die Abschiebung ausländischer T.-Gefährder „vorzuverlagern“. Diese Entwicklung wird im rechtswissenschaftlichen Diskurs im Lichte des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebots kritisch bewertet. Für den strafrechtlichen Kontext exemplarisch ist die Regelung des § 89a StGB, der bereits die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Straftaten durch einen Einzeltäter unter Strafe stellt und als mögliche Tathandlung bspw. erfasst, dass sich der Täter Einzelteile für die Herstellung einer Sprengvorrichtung verschafft. Bei der beschleunigten Abschiebung terroristischer Gefährder geht mit einer Vorverlagerung tatsächlicher Anknüpfungspunkte einher, dass die vom Ausländer ausgehende Bedrohung „nicht bereits die Schwelle einer konkreten Gefahr im Sinne des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts“ überschritten haben muss, bei der „bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des geschützten Rechtsguts zu erwarten ist“ (BVerwG, Beschl. vom 21. 3. 2017 – 1 VR 2.17, Rdnr. 21). Anknüpfungspunkt ist stattdessen die Persönlichkeit des terroristischen Gefährders und dessen nach außen getretene Bereitschaft, seine radikal-extremistische Ideologie mit Gewaltmitteln durchzusetzen. In diesem Sinne ist auch die Zulässigkeit heimlicher Überwachungsmaßnahmen – Wohnraumüberwachungen, Online-Durchsuchungen, Telekommunikationsüberwachungen – nicht davon abhängig, dass ein geplanter T.-Anschlag mit Blick auf Zeitpunkt, Ort und Opferkreis bereits feststeht, sofern „das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird“ (BVerfGE 141,220 [272 f.]). Die Fokussierung auf das individuelle Verhalten des T.-Verdächtigen begründet sich dabei aus der (durch T.-Anschläge der jüngeren Vergangenheit beförderte) Einsicht, dass ein T.-Anschlag mit hohem Personenschaden „ohne großen Vorbereitungsaufwand und mit Hilfe allgemein verfügbarer Mittel jederzeit und überall verwirklicht werden kann“ (BVerwG, Beschl. vom [21.3.2017 21.3.2017] – 1 VR 2.17, Rdnr. 21) – ohne dass die beteiligten Personen die Ausführung in einer Art begonnen haben müssen, die eine Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen rechtfertigen könnte.

Die skizzierten Vorverlagerungen sind im Grundsatz verfassungskonform (BVerfG, Beschl. vom 24. 7. 2017 – 2 BvR 1487/17; BVerfGE 141,220). So gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung zum BKA-Gesetz aus dem Jahr 2016 zu, sich nicht auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränken zu müssen, die dem tradierten sicherheitsrechtlichen Modell der Abwehr konkreter, unmittelbar bevorstehender oder gegenwärtiger Gefahren entsprechen. Vielmehr könnten die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufes terroristischer Anschläge abgesenkt werden, solange tatsächliche Anhaltspunkte für die Entstehung einer konkreten Gefahr für bes. gewichtige Schutzgüter (Leib, Leben und Freiheit der Person sowie der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes) bestehen und die Befugnisse grundrechtlichen Anforderungen, speziell dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, genügen (BVerfGE 141,220 [270; 272 ff.]).