Nation

  1. I. Geschichtliche Ausprägung
  2. II. Politisch-kulturelle Annäherungen

I. Geschichtliche Ausprägung

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In der Geschichtswissenschaft besteht Konsens darüber, dass die N. keine quasi-natürliche, überzeitliche Erscheinungsform ist. Sie wird vielmehr verstanden als „kulturelles Produkt“ und „gedachte Ordnung“. Die Einsicht in die Historizität des Phänomens N. sowie die Adaption ethnosoziologischer und kulturanthropologischer Modelle (in der Mediävistik bahnbrechend Reinhard Wenskus, für die Neuzeit etwa Anthony David Smith) haben in der Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zu fundamentalen – wenn auch im Einzelnen strittigen – Neubewertungen des Ordnungsmodells N. geführt.

Diese geschichtswissenschaftlichen Erkenntnisse werden indes in der breiteren Öffentlichkeit häufig von außerwissenschaftlichen Vorstellungen überlagert. Die meisten der bis heute populären, wenn auch überholten Geschichtsbilder haben Historiker des 19. Jh. gezeichnet, die sich in den politischen Dienst der entstehenden europäischen Nationalstaaten stellten (bspw. Wilhelm Giesebrechts „Geschichte der deutschen Kaiserzeit“ [1869]). Dazu gehören etwa die Fiktion einer historisch-biologischen Identität der als „N.en“ verstandenen Völker von der Antike bis zur Gegenwart (z. B. eine germanisch-deutsche oder fränkisch-französische Volksidentität), die Neigung, modern-nationalstaatliche Kategorien auf die Geschichte des Mittelalters anzuwenden und der Glaube an die Priorität des Ethnos vor dem Staat, im deutschen Fall an den reichsbildenden Willen eines auf germanischen Grundlagen ruhenden „deutschen Volkes“.

1. Nation im Mittelalter

Die moderne mediävistische Forschung betont demgegenüber den Primat politisch-institutioneller Herrschaft, die erst die notwendigen Voraussetzungen für nachgelagerte ethnogenetische Prozesse lieferte, und identifiziert in Europa das 9./10. Jh., die Zeit nach dem Zusammenbruch des Karolingischen Großreiches, als eine erste von mehreren Schlüsselphasen, in denen sich nationale Ordnungsvorstellungen zu etablieren begannen. Der Typus der sich ausformenden mittelalterlichen N. weist gemäß der weithin akzeptierten Definition von František Graus fünf Merkmale auf: eine gewisse Mindestgröße des Personenverbands, eine geschlossene Siedlungsweise, soziale Binnengliederung, gemeinsame Organisationsformen und Rechtsvorstellungen sowie mindestens ein diese Großgruppe von ihrer Umwelt unterscheidendes Merkmal (meist die Sprache). Diese Gemeinsamkeiten müssen zumindest der führenden Schicht – i. d. R. eine herrschernahe aristokratisch-geistliche Trägergruppe – bewusst sein. Sie überträgt ihr Sonderbewusstsein auf das Siedlungsgebiet, entwickelt Konzepte gemeinsamer Geschichte und Traditionen, identitätsstiftende Reichs-, Landes- und Volksbezeichnungen und Zentren kollektiver Erinnerung. Diese „politische N.“ aus Adel und Klerus ist noch fast ein Jahrtausend streng zu unterscheiden von der „Gesamtheit der ihr untergeordneten Bevölkerung“ (Zientara 1981: 316), denn die Ablösung der „Adels-“ durch die „Volksnation“ (Schulze 1994: 169 f.) vollzog sich erst ab etwa 1800 – die „Massenbasis“ letzterer ist ein zentrales Definitionsmerkmal der modernen N.

Die Mediävistik unterscheidet „gentile Primär-N.en“, die sich spätestens mit ihrer Christianisierung als N.en konstituierten, wie etwa Dänen, Polen und Böhmen, von „supragentilen Sekundär-N.en“ wie der deutschen N., die aus den im ostfränkischen Reich vereinten gentes entstand. Franci, Alamanni, Saxones und Baiuuarii waren keine „deutschen Stämme“; sie wuchsen erst zu einer – bis heute föderativ vielgestaltigen – N. zusammen.

2. Nation in der Frühen Neuzeit

Ein wichtiger Faktor dieses jahrhundertelangen Integrationsprozesses war das Heilige Römische Reich (ab etwa 1400 mit Ergänzungen wie „teutsch gezunge“, erstmals 1474 mit dem schließlich etablierten Zusatz „deutscher N.“), das die regna der gentes und später die fürstlichen Territorialstaaten nach innen überwölbte und nach außen abgrenzte. Freilich ist hinzuzufügen: „Das Reich stand über den Staaten, wie der Kaiser über den Fürsten, es war ‚mehr‘ als ein Staat, konnte aber selbst kein Staat sein, und damit keine patria, und das ist der Grund, weshalb die Deutschen unendlich lange auf ein Vaterland gewartet haben“ (Werner 1992: 237). Die deutsche N. der Frühen Neuzeit hat sich im Unterschied zu Nachbarn wie Frankreich und England nicht zur Staats-N. entwickelt, aber sie verstand sich und ist zu verstehen als eine „großräumige Zugehörigkeitsgemeinschaft“ und als „Verbund zur Verteidigung des eigenen Wertegefüges“ (Schmidt 2000: 61).

Die Spezifizierung des Reiches als ein „deutsches“ fällt in den frühneuzeitlichen Nationalisierungsschub, den Europa um 1500 durchlief und der v. a. in der jüngeren Forschung viel Aufmerksamkeit gefunden hat (etwa Wolfgang Hardtwig, Caspar Hirschi, Reinhard Stauber). Insb. der Humanismus trug zur Entfaltung eines sprachlich-kulturellen, historisch fundierten Nationalbewusstseins bei; in Deutschland sorgte die Wiederentdeckung von Tacitus’ „Germania“ für die Begründung des zählebigen Germanenmythos (Mythos). Auf diese Weise wurde der „universalistische Reichsnationalismus des Mittelalters“ allmählich ersetzt durch einen „endogenen, monogenetischen Nationalismus“, der jede „natio“ mit einer eigenen Urgeschichte versah (Garber 1993: 17). Entscheidend für die Nationalisierung der verschiedenen europäischen Kulturen waren zudem die Verbreitung von Druckwerken in den Nationalsprachen (z. B. Bibelübersetzungen) und der allmähliche Eingang des nationalen Ordnungskonzepts in die politische Propaganda (im deutschen Fall gerichtet etwa gegen die Türken, den „Erbfeind“ in Frankreich oder Rom).

3. Die moderne Nation

Umstritten ist, ob sich die mittelalterlich-frühneuzeitlichen N.-Vorstellungen nur quantitativ oder auch qualitativ unterscheiden von der „modernen“ N.-Idee, die sich während der „Sattelzeit“ (Koselleck 1979: XV) um 1800 in ganz Europa durchzusetzen begann (pointiert etwa Joachim Ehlers v Dieter Langewiesche) und deren Verbreitung eng mit dem modernen Nationalismus verknüpft ist. Der entscheidende Impuls dafür ging 1789 von der revolutionären Umgestaltung Frankreichs (Französische Revolution) zur Staatsbürger-N. aus. Wichtige intellektuelle Wegbereiter waren Jean-Jacques Rousseau („Du contrat social“ [1762], mit der darin konzipierten volonté générale) und Abbé Emmanuel Joseph Sieyès, der in einer epochalen Schrift im Januar 1789 Frankreichs dritten Stand zur „N.“ erklärte, aus der alle staatliche Gewalt erwachse. Diese Idee der N. – und ihres vermeintlich unverzichtbaren Gehäuses, des Nationalstaats – entwickelte sich innerhalb eines Jh. zur mächtigsten politischen Legitimationsidee (Legitimation) in Europa und später der gesamten Welt („Letzt-“ und „Höchstwert“ [Gellner 1983: 57]). Die moderne N. verstand sich nach innen als eine im Prinzip gleichberechtigte, emanzipierte „Ressourcengemeinschaft“ (Langewiesche 2008: 36), und nach außen bildete sie eine Kampfgemeinschaft. Krieg und Gewalt waren (und sind) daher häufig Geburtshelfer der N. und der Nationalstaaten. Im 19. Jh. entstand in Europa kein einziger Nationalstaat auf friedlichem Weg. Dieser Trend setzte sich zu Beginn des 20. Jh. zunächst fort. Aber selbst im Zeitalter der europäischen Integration (Europäischer Integrationsprozess) wirkt das nationale Homogenitätsgebot im politischen Denken bis heute nach.

II. Politisch-kulturelle Annäherungen

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N., Nationalität und Nationalismus gehören zu jenen politisch-kulturellen Phänomenen, die die europäische Geschichte im 19. und 20. Jh. (Europa) am stärksten geprägt haben. Sie entstanden in der zweiten Hälfte des 18. Jh. auf dem europäischen Kontinent und fanden im Verlauf des „langen 19. Jahrhunderts“ (Hobsbawm 2017) wachsende Verbreitung in der Bevölkerung. Seit Mitte des 19. Jh. wurde die N. zur wichtigsten politischen Legitimationsinstanz (Legitimation). Im August 1914 traten schließlich Millionen europäischer Männer an, für ihre N. zu sterben. Nach dem Ersten Weltkrieg hat sich das Ordnungsprinzip „N.“ weltweit durchgesetzt. Die Zugehörigkeit zu einer Nation und Nationalstolz galten als „most universally legitimate value in the political life of our time“ (Anderson 1991: 3). Von Karl Wolfgang Deutsch stammt eine griffige Definition, die im Folgenden wissenschaftlich untermauert werden soll: „Eine Nation ist eine Gruppe von Menschen, die durch einen gemeinsamen Irrtum hinsichtlich ihrer Abstammung und eine gemeinsame Abneigung gegen ihre Nachbarn geeint ist“ (Deutsch 1972: 9).

Der Begriff „N.“ leitet sich von lateinisch natio ab, was „Abstammung“ oder „Geburtsort“, im übertragenen Sinn auch bereits „Volksstamm“ bedeutet. Als Bezeichnung für eine Verwandtschaftsgruppe innerhalb eines bestimmten Territoriums lässt sich der Begriff erstmals im 14. Jh. nachweisen. Seit dem 18. Jh., spätestens seit der Französischen Revolution, wird er im modernen politischen Sinn definiert.

Das politische Konzept der N. und der Nationalität kann als einer der vielen Versuche begriffen werden, die Komplexität des modernen Lebens zu strukturieren, um es bewältigen und Entscheidungen treffen zu können. Das Konzept hilft, die schier unüberschaubare Vielzahl von Menschen, denen sich der Einzelne real oder virtuell gegenüber sieht, zu strukturieren. Die Idee der N. ermöglicht es, in jener unüberschaubaren Masse von Anderen einen Teil als „Wir“ und den Rest als „Fremde“ zu definieren. Es handelt sich also immer um eine Methode der Einschließung und Ausschließung (bzw. der Inklusion und Exklusion). Zwar reduziert die Annahme, dass die Menschheit in N.en zu gliedern sei, Komplexität, wirft jedoch zugleich neue Probleme auf: Konkurrenz und Konflikte der verschiedenen N.en, Grenzziehung zwischen ihnen und eindeutige Zuordnung jedes Menschen zu einer N.

Die zahllosen politischen und theoretischen Definitionen lassen sich vier Hauptströmungen zuordnen.

1. Politische Definition

Politischen (oder subjektiven) Definitionen zufolge sind N.en große Kollektive, die auf einem grundlegenden Konsens ihrer Mitglieder beruhen. Die N. basiert also einzig auf der inneren und freiwillig geäußerten Überzeugung, zusammenzugehören. Diese Konzeption der N. geht auf die Zeit der Französischen Revolution zurück. Im berühmten Traktat „Was ist der dritte Stand?“ (Sieyès 1924) hat Emmanuel Joseph Sieyès die N. definiert als „eine Gesamtheit von vereinigten Individuen, die unter einem gemeinsamen Gesetz stehen und durch dieselbe gesetzgebende Versammlung vertreten sind“ (Sieyès 1924: 40). Der französische Religionswissenschaftler Ernest Renan hat für diese politisch-subjektiven Definition der N. – nach dem verlorenen Krieg von 1870/71 – die berühmte Formel geprägt, eine N. sei ein „tägliches Plebiszit“ (Renan 1996: 35); nationaler Zusammenhalt beruhe also nicht auf objektiven Bedingungen, sondern auf der immer wieder getroffenen Entscheidung der Bürger. Auch in Deutschland definierten liberale und demokratische Politiker bereits im 19. Jh. N.s-Zugehörigkeit ähnlich; sie erlangten jedoch nie politisch-kulturelle Hegemonie, während in vielen Ländern die politisch-subjektive Definition immer wieder politisch attackiert wurde, aber für die Bestimmung der Staatsangehörigkeit leitend blieb (ius solis v ius sanguinis). Zu den Bedingungen der Möglichkeit und insb. der Hegemonie einer politisch-subjektiven Definition der N. gehören die Idee der Volkssouveränität sowie eine revolutionäre Situation oder ein Rechtsstaat, der liberale Grund- und Bürgerrechte wie Meinungs-, Vereinigungs- oder Pressefreiheit garantiert. Politische Definitionen machen generell den Eintritt in eine N. leicht.

Eine interessante Variante der Definition nach subjektiven Kriterien war das Konzept der Personalautonomie. Die österreichischen Sozialdemokraten Karl Renner und Otto Bauer schlugen es vor dem Ersten Weltkrieg als Ausweg aus den Dilemmata der mitteleuropäischen „Nationalitätenfrage“ (Bauer 1907) vor, die den Fortbestand des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn gefährdeten. Nationale Zugehörigkeit sollte nicht territorial, also für alle Einwohner eines wie auch immer abgegrenzten Gebietes einheitlich, sondern individuell bestimmt werden. Jeder Staatsbürger sollte sich frei einer Nationalität zuordnen und entspr. in ein öffentliches Register (Nationalkataster) eintragen; auch ein Wechsel der Nationalität war möglich. In national gemischten Gebieten sollten Abgeordnete dem Anteil der verschiedenen Nationalitäten entspr. getrennt von den registrierten Angehörigen der Nationalitäten gewählt werden. In Mähren wurde dieses Prinzip seit 1905 bei der Landtagswahl angewendet, 1909 auch in der Bukowina und 1914 in Galizien.

2. Essenzialistische Definition

Essenzialistische oder „objektive“ Definitionen sehen jede N. durch Faktoren von allen anderen abgegrenzt, die außerhalb des Einflusses der Individuen liegen. Zugleich sollen alle Menschen jeweils nur einer N. eindeutig zuzuordnen sein. Als Zugehörigkeitskriterien werden in den unterschiedlichen essenzialistischen (bisweilen auch als substanzialistisch bezeichneten) Definitionen sehr verschiedene Faktoren herangezogen: gemeinsame Sprache, Kultur, Tradition, Geschichte, gemeinsames Territorium, die Landesnatur, angeblich angeborene geistige oder psychische Eigenschaften, die als „Volksgeist“ oder „Volkscharakter“ bezeichnet werden. Eine extreme Form der objektiv-essenzialistischen Definitionen ist die „rassische“ Bestimmung der N. als Abstammungsgemeinschaft. Schon diese keineswegs vollständige Aufzählung derjenigen „Tatsachen“, die Menschen demnach mit anderen zu einer N. verbinden und vom Rest der Menschheit unterscheiden sollen, lässt darauf schließen, dass das Spektrum der essenzialistischen N.s-Begriffe politisch sehr breit ist: Es reicht von marxistischen Ansätzen auf der Linken über liberale und konservative Vorstellungen bis hin zu völkisch-rassistischen (Rassismus) auf der äußersten politischen Rechten.

Die ältere Nationalismusdiskussion bewegte sich bis in die 1980er Jahre fast ausschließlich zwischen diesen Polen politischer bzw. essenzialistischer Grundlagen der N. Wo sich welche Definition durchsetzte, wurde i. d. R. historisch erklärt mit den unterschiedlichen Verläufen der N.s-Bildung in Westeuropa und den Amerikas einerseits und Mittel- und Osteuropa andererseits. Idealtypisch hätten sich in Westeuropa Territorialstaaten in Nationalstaaten umgegründet (klassisches Beispiel hierfür ist Frankreich) bzw. in den Amerikas Kolonien befreit und als Nationalstaaten unabhängig erklärt, während in Mittel- und Osteuropa die N.en vor den Nationalstaaten existierten und sich ihr Territorium erst (gewaltsam) erobern mussten. In der deutschen Diskussion war Friedrich Meineckes Begriffsbildung einflussreich. Er unterschied Staats-N.en, in denen in einem bestehenden Territorialstaat in einer Revolution oder in einem längeren politischen Prozess ein Nationalstaat entsteht, von Kultur-N.en, in denen die (kulturelle) N.s-Bildung der Entstehung eines Nationalstaates vorausging. F. Meineckes Begriffe finden sich bis heute in Literatur und Publizistik, obwohl hinter ihnen die (ihrerseits nationalistische) Idee der Überlegenheit deutscher Kultur über westliche Zivilisation steht.

3. Zuspitzung der politisch-subjektivistischen Definition

Seit den 1980er Jahren radikalisierten Nationalismustheoretiker wie Benedict Richard O’Gorman Anderson oder Ernest Gellner und im deutschen Sprachraum Mario Rainer Lepsius die politisch-subjektive Definition. Mit großer Breitenwirkung zeigten sie, dass die essenzialistischen Vorstellungen kulturelle Konstrukte (Konstruktivismus) waren und dekonstruierten so die Idee der N. als natürliche oder naturwüchsige Ordnung. Seitdem werden im wissenschaftlichen Diskurs N.en als „imagined communities“ (Anderson 1991) bzw. „gedachte Ordnung[en]“ (Lepsius 1982: 13) verstanden. N.en unterscheiden sich aber von anderen vorgestellten Gemeinschaften (wie Religionen oder den Anhängern eines Fußballvereins) dadurch, dass sie territoriale Grenzen haben und Souveränität beanspruchen. Die politisch-subjektive Definition der N. wurde damit auf eine für die weitere Forschung folgenreiche Weise neu konzeptualisiert: Sie war nicht allein ein politisches Phänomen, sondern auch ein gesellschaftlich-kulturelles. Die Blickrichtung veränderte sich: Die Idee der N. konnte nicht mehr in erster Linie als etwas begriffen werden, das dem Volk von nationalistischen Verführern oder Politikern in manipulativer oder mobilisierender Absicht eingetrichtert wurde. Vielmehr wurde viel deutlicher, dass die komplexitätsreduzierende Vorstellung einer in N.en strukturierten Welt aus den Gesellschaften kam, menschliche Distinktions- und Exklusionsbedürfnisse befriedigte und deshalb ein attraktives Konzept war.

4. Essenzialistische Kontinuität

Manche Autoren wie Anthony David Smith oder Hans-Ulrich Wehler halten an der Annahme eines „ethnischen“ Ursprungs der modernen N.en fest. Gemeinsame Herkunft ist für sie mehr als eine kulturelle Konstruktion. Auch die moderne N. beruht für sie auf einem essenzialistischen („realen“) Kern. Ohne Rückgriff auf mythische oder nicht belegbare Vorannahmen ist dies nicht zu begründen.