Sicherheit
S. stellt ein menschliches „Grundbedürfnis“ (Frevel 2016) dar. Spätestens mit der Herausbildung des neuzeitlich-modernen Staates ist die Herstellung und Aufrechterhaltung von S. aber auch zur politischen Kernaufgabe avanciert. Zunächst stand die Gewährleistung von innerer Sicherheit und äußerer S. im Vordergrund, was institutionell mit der Herausbildung von modernem Militär, Justizwesen (Rechtsprechung; Strafvollzug), Polizei und Nachrichtendiensten sowie der Etablierung entspr.er Politikfelder wie Sicherheits-, Verteidigungs-, Innen-, Außen- und Rechtspolitik einherging. S. wurde im Zuge der Erweiterung der Staatsaufgaben allerdings sukzessive für weitere Bereiche des Politischen relevant, die über das engere Verständnis von öffentlicher S. hinauswuchsen. Das Aufkommen der sozialen Frage im Zuge der Industriellen Revolution (Industrialisierung, Industrielle Revolution) führte dazu, dass auch die soziale Sicherheit als zentrale politische Herausforderung wahrgenommen wurde. Der Staat reagiert darauf u. a. mit der Entwicklung unterschiedlicher Systeme der Sozialversicherung. Zugl. blieben jedoch klassische Gefahrenlagen wie Kriege, Kriminalität, wirtschaftliche und politische Krisen, Pandemien sowie soziale Konflikte aller Art weiterhin als Bedrohungen der S. bestehen. Hinzu kamen immer neue und durchaus sich verschränkende Phänomene wie Terrorismus und Digitalisierung, die Probleme des Datenschutzes und der Informationssicherheit aufwerfen. Daneben werden dem Staat S.s-Konzepte wie z. B. Arbeitsplatz-S., Energie-S. oder Versorgungs-S. als Aufgaben vorgelegt, so dass praktisch jedes Politikfeld mindestens partiell mit Problemen der S. konfrontiert ist.
Die Dynamik dieser Vorgänge bleibt aufgrund der komplexen Struktur von modernen Gesellschaften und Globalisierungsprozessen (Globalisierung) grundsätzlich unabgeschlossen. Deshalb stellt sich zudem die Frage, inwieweit die Erhaltung von S. der internationalen Zusammenarbeit und Vernetzung bedarf. Insb. bei der Bekämpfung von Gefahren für die innere S. ist darauf zu achten, dass die hierfür gewählten Instrumente nicht unverhältnismäßig die Freiheit der Individuen einschränken. Dieses Verhältnis gilt es jederzeit politisch und rechtlich neu auszubalancieren.
Neben staatlicher S.s-Vorsorge etablierte sich mit dem privaten Versicherungswesen (Versicherung) eine weitere Säule des gesellschaftlichen S.s-Managements. Auch hier ist eine permanente Erweiterung der zu versichernden Risiken zu beobachten, die ebenfalls mit gesellschaftlichen Veränderungen korrespondieren.
Literatur
E. Conze: Geschichte der Sicherheit, 2018 • B. Frevel: Innere Sicherheit, 2018 • J. Krause: Sicherheit, in: R. Voigt (Hg.): Hdb. Staat, Bd. 2, 2018, 1559–1567 • B. Frevel: Sicherheit – ein (un)stillbares Grundbedürfnis, 22016 • G. Riescher: Freiheit und Sicherheit, in: dies.: Spannungsfelder der Politischen Theorie, 2013, 20–29 • M. Lanzinner (Hg.): Sicherheit in der Vormoderne und Gegenwart, 2010 • H. Münkler/M. Bohlender/S. Meurer: Sicherheit und Risiko. Über den Umgang mit Gefahr im 21. Jahrhundert, 2010 • H.-J. Lange (Hg.): Wörterbuch zur Inneren Sicherheit, 2006.
Empfohlene Zitierweise
B. Schreyer: Sicherheit, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Sicherheit (abgerufen: 22.11.2024)