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Version vom 14. November 2022, 06:01 Uhr
I. Wirtschaftswissenschaftlich
Abschnitt drucken1. Begriff
Es gibt kein einheitliches Verständnis von U. Teilweise werden die Begriffe U. und Betrieb synonym verwandt. Hier erfolgt eine doppelte Differenzierung. Einerseits ist ein U. eine rechtlich selbständige Organisation, die einen oder auch mehrere Betriebe umfasst, die ihrerseits sachlich und örtlich abgegrenzte Produktionsstätten sind einschließlich Dienstleistungsproduktion und Handel. Mehrere U. können ihrerseits in einem Konzern zusammengefasst sein, der die rechtlich selbständigen U. wirtschaftlich und faktisch beherrscht. Andererseits ist der Begriff des U.s enger als der Betriebsbegriff, da er von einer Gewinnorientierung oder zumindest erwerbswirtschaftlichen Motiven ausgeht. So kann es öffentliche Betriebe geben, die nicht zugl. öffentliche U. oder deren Untergliederung sind, sondern z. B. Teil der öffentlichen Verwaltung. Das rechtfertigt auch den Begriff der BWL im Gegensatz zu einer eingeschränkteren Privatwirtschaftslehre oder U.s-Lehre. Schließlich werden teilweise U. und Unternehmung synonym verwendet, wenngleich Letztere auch ein Projekt statt einer Organisation bezeichnen kann, während eine Firma v. a. der U.s-Name bzw. die Geschäftsbezeichnung von Kaufleuten ist.
2. Ziele
Das grundsätzliche und zugl. formale U.s-Ziel ist nach dem hier verwendeten U.s-Begriff die Gewinnerzielung oder zumindest das Erwirtschaften eines Erwerbseinkommens. Es kann Gewinnmaximierung angestrebt werden, doch häufig reicht ein gewisser Gewinn oder eine bestimmte Rendite den Eigentümern des U.s aus, während zu hohe oder ständig wiederkehrende Verluste die Existenz des U.s bedrohen. Das Erwerbseinkommen von Kleinunternehmern verdankt sich häufig mehr ihrer Arbeitsleistung als dem Kapitaleinsatz. Entscheidend ist jedoch der ökonomische Gewinn, nicht der Bilanzgewinn, der insb. um Opportunitätskosten z. B. des Eigenkapitals und der Arbeitskraft des Unternehmers zu bereinigen ist, aber auch nicht bilanzierbare Investitionen enthalten kann. Insb. neue U. erfordern oft hohe Anfangsinvestitionen, die zu bilanziellen Verlusten führen, doch idealerweise das zukünftige Gewinnpotential stärker erhöhen.
Neben dem Formalziel der Gewinn- oder Einkommenserzielung gibt es typischerweise einen inhaltlichen U.s-Zweck, der sich jedoch im Laufe der Zeit ändern kann. Gewinne sollen also nicht auf jede erdenkliche Weise erzielt werden, sondern durch Spezialisierung auf typischerweise eine Branche oder sogar einzelne Produkte bzw. Dienstleistungen. Ein Bäckerladen backt z. B. Brote, Brötchen, Kuchen und Torten, um diese auch selbst zu verkaufen. Der Bäcker schneidet hingegen keine Haare, jedenfalls nicht gegen Geld von Kunden seines U.s, was er in Deutschland auch gar nicht dürfte. Wenn er durch die Vermietung oder den Verkauf seines Ladenlokals etwas verdient, so ist das ein unternehmenszweckunabhängiger bzw. neutraler Ertrag. Vorteile der Arbeitsteilung und Spezialisierung sprechen im Wettbewerb dafür, dass sich U. auf ihre Kernkompetenz(en) konzentrieren sollten, also was sie besser können als alle anderen, während sie alles andere günstiger von außen beziehen.
Diese Argumentation lässt sich auch auf die Frage erweitern, warum es überhaupt U. gibt. Bei perfekten und vollständigen Märkten bräuchte es keine U., weil sich alles marktlich organisieren ließe. Ebenso ließe sich mit einem perfekten Plan alles planwirtschaftlich (Zentralverwaltungswirtschaft) organisieren. Tatsächlich sind weder Märkte noch staatliche Pläne oder auch U. perfekt, sondern sie haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Insb. haben sie verschiedene Transaktionskosten, womit sich die Existenz von U., aber auch ihre Begrenzung erklären lässt. Rein technisch und auch hinsichtlich der Marktmacht gibt es meist Größenvorteile, doch irgendwann wird die unternehmensinterne Steuerung zu kompliziert und teuer.
Schließlich gibt es neben dem Shareholder-Ansatz, wonach die Interessen der Eigentümer als primär angesehen werden und alle anderen Interessen wie auch die inhaltliche Betätigung des U.s nur Mittel zum Zweck der Gewinnerzielung bzw. zur Steigerung des Shareholder Values darstellen, auch den Stakeholder-Ansatz, wonach grundsätzlich die Interessen aller am U. Beteiligten oder sogar von ihm Betroffenen direkt zu berücksichtigen sind. Häufig ist die Differenz zwischen beiden Ansätzen gar nicht so groß, weil die Eigentümer ein Eigeninteresse an zufriedenen Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten etc. haben. Trotzdem sind die Interessen nicht identisch und kann es zu Konflikten kommen. Es ist jedoch unklar, wie z. B. angestellte Manager diese Konflikte lösen bzw. allen Stakeholdern zugl. gerecht werden sollen. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Manager eigene Interessen haben, die sie bei größerem diskretionären Spielraum stärker verfolgen können (Moralisches Risiko), während insb. bei Personengesellschaften typischerweise die Eigentümer ihr U. selbst leiten und v. a. durch Verträge und Gesetze dazu angehalten werden, die berechtigten Interessen anderer nicht zu vernachlässigen. Ein zu großer Bruch zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften kann dazu führen, dass die Rechtsform v. a. nach dem divergierenden Gesichtspunkt gewählt wird, sei es die Form der U.s-Leitung und Interessenvertretung oder auch die steuerliche Belastung und staatliche Regulierung.
3. Rechtsformen
Kapitalgesellschaften (Gesellschaftsrecht) zählen alle zu den U. Am häufigsten ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Gesellschafter sind typischerweise an Gewinnen interessiert, die entweder ausgeschüttet werden oder den Wert ihrer Gesellschaftsanteile erhöhen, während ihre Haftung für Verluste auf diese Anteile beschränkt ist. Insb. für einen Alleingesellschafter kann auch das Motiv der Einkommenserzielung verbunden mit der Haftungsbeschränkung im Vordergrund stehen. Das gilt auch für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als 2008 eingeführte kleine Alternative zur GmbH, die mit einem Stammkapital von nur einem statt 25 000 Euro gegründet werden darf. Die gemeinnützige GmbH (gGmbH) ist keine eigene Rechtsform, doch durch den Zusatz werden der gemeinnützige Zweck, der Verzicht auf das private Aneignen von Gewinnen und damit verbundene steuerliche Vorteile angezeigt. Die Aktiengesellschaft (AG) ist seltener als die GmbH, dafür meist größer und wirtschaftlich bedeutender. Die meisten Großunternehmen sind als AG organisiert, was auch Voraussetzung für einen Börsengang ist. Spätestens dann steht die Gewinnerzielung im Vordergrund, wobei die Aktionäre neben der Dividende v. a. auf Aktienkurssteigerungen hoffen, die allerdings auch stark vom allg.en Marktumfeld und nicht nur den Leistungen des Vorstands abhängen.
Absolut am häufigsten gibt es in Deutschland Einzelunternehmen. Jede selbständige Betätigung einzelner natürlicher Personen zählt dazu, insb. jedoch das U. eines eingetragenen Kaufmanns bzw. einer eingetragenen Kauffrau (e. K., e. Kfm. bzw. Kfr.) gemäß HGB. Ein solches U. wird von einem Unternehmer geführt. Eigentum und Kontrolle liegen in einer Hand, während bei den Gesellschaften auch ein angestellter Manager die Geschäfte führen kann.
Zu den Gesellschaften zählen auch die Personengesellschaften mit zwei oder mehr Gesellschaftern, insb. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft. Die Gesellschafter, bei der KG die Komplementäre und bei der stillen Gesellschaft die offen ausgewiesenen Gesellschafter, leiten die Gesellschaft gemeinsam, wenn nichts anderes vereinbart wurde wie die Übertragung der Leitung auf einen der Gesellschafter oder einen angestellten Geschäftsführer. Das ist jedoch riskanter als bei den Kapitalgesellschaften, weil die entspr.en Gesellschafter voll haften. Die Kommanditisten der KG und die stillen Gesellschafter haften dagegen nur mit ihrer Einlage.
Weitere Rechtsformen von U. können Mischformen von Kapital- und Personengesellschaften sein wie AG & Co. KG, GmbH & Co. KG oder KG auf Aktien. Andere privatrechtliche Rechtsformen sind Genossenschaften, Stiftungen nach BGB oder Vereine, wobei sie nicht unbedingt als U. bezeichnet werden und nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Außerdem können inzwischen auch alle privatrechtlichen Rechtsformen aus anderen EU-Ländern in Deutschland gewählt werden. Öffentlich-rechtliche Rechtsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit sind Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Eindeutig U. sind öffentliche Betriebe in Form von privatrechtlichen Kapitalgesellschaften, insb. als GmbH.
Umstritten ist, welches Eigenleben juristische Personen und dabei insb. Kapitalgesellschaften führen. Sie werden eigenständig besteuert, was zu einer Doppelbesteuerung führen kann, wenn z. B. Dividenden aus dem bereits versteuerten Gewinn noch einmal bei den Aktionären besteuert werden, allerdings meist mit niedrigeren Sätzen als dem persönlichen Einkommensteuertarif, der bei Personengesellschaften anzuwenden ist. Juristische Personen können eigenständig klagen und verklagt werden, während zumindest in Deutschland nur natürliche Personen strafrechtlich belangt werden können. Die Haftungsbegrenzung ist ein Privileg für die Eigentümer, welches auch zu Lasten von Gläubigern gehen kann, die gar nicht freiwillig eine vertragliche Beziehung mit dem U. eingegangen sind, etwa im Falle von Schadensersatzforderungen.
4. Unternehmer
U. können von einem Unternehmer geleitet werden. Die wichtigste Alternative sind angestellte Geschäftsführer bzw. Manager, während Selbständige einschließlich Handwerkern und den Angehörigen freier Berufe gemäß § 14 BGB Unternehmer sind, selbst wenn sie sich nicht als solche verstehen, was wiederum vom Geschäftsmodell und der Größe ihres U.s abhängen kann. Ob es (geborene) Unternehmerpersönlichkeiten gibt oder (fast) jeder lernen kann, unternehmerisch zu denken und zu handeln (ggf. auch als angestellter Manager oder sogar einfacher Mitarbeiter), ist umstritten. Unternehmer zeichnet jedenfalls aus, dass sie etwas unternehmen und dafür auch (zumindest zu einem substanziellen Teil) das Risiko tragen. Das Eigentum und die Kontrolle darüber sind nicht getrennt.
Insb. Gründer von U. sind überwiegend unternehmerisch tätig, während die meisten Großunternehmen inzwischen von angestellten Managern geleitet werden, die nur wenige Anteile am U. besitzen und deren größtes Risiko wie bei normalen Arbeitnehmern der Beschäftigungsverlust ist, wobei sie jedoch selbst bei schlechter Leistung eher auf hohe Abfindungen hoffen dürfen. Zugl. nutzen sie meist weniger Chancen als Unternehmer, weil sie auch weniger an daraus resultierenden Gewinnen beteiligt sind. Dagegen ist bei Unternehmern die Nachfolge oft ein größeres Problem, da nicht jeder Erbe dazu gleichermaßen geeignet oder willens ist. Steuerlich wird allerdings das Vererben von ganzen U. gegenüber anderen Vermögensformen privilegiert.
Literatur
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Empfohlene Zitierweise
A. Dilger: Unternehmen, I. Wirtschaftswissenschaftlich, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Unternehmen (abgerufen: 21.11.2024)
II. Rechtswissenschaftlich
Abschnitt drucken1. Das Unternehmen im Recht
Das Recht kennt keinen einheitlichen Begriff des U.s. Der Begriffsinhalt variiert abhängig von der Funktion, die dem Begriff jeweils zukommt.
Im Zivil- und Handelsrecht meint man mit „U.“ eine wirtschaftliche Einheit aus Gegenständen im weitesten Sinne (z. B. auch Know-how), mittels derer ein Unternehmer an einem Markt auftritt; das HGB spricht insoweit von „Handelsgeschäft“. Ein solches U. kann etwa insgesamt veräußert, verschenkt oder verpachtet werden; seine Integrität wird durch das Deliktsrecht geschützt.
Der U.s-Begriff erschöpft sich allerdings nicht in dieser gegenständlichen Betrachtung, weil sie die Dynamik, die dem U. als wirtschaftlicher Wirkungseinheit eigen ist, nicht zu erfassen vermag. Bes. deutlich tritt dieser Umstand bei der U.s-Bewertung zutage, die typischerweise den Ertragswert in den Blick nimmt und nur in Fällen, in denen ihr die hypothetische Zerschlagung des U.s zugrunde gelegt wird, beim Wert der Einzelgegenstände ansetzt. Ebenso deutlich wird er, wenn Nutzungsersatz für U. oder Gesellschaftsanteile zu leisten ist und sich zeigt, wie unangemessen es ist, das U. wie eine fruchttragende Sache zu behandeln, der ihr Eigentümer bei der Produktion von Mehrwert letztlich nur zusehen muss.
Die Besonderheiten des U.s als Rechtsgegenstand eigener Art geraten schließlich auch in den Blick, wenn man sich klarmacht, dass die sachenrechtliche Zuordnung von Gegenständen (Sachenrecht) und ihre wirtschaftliche Zuordnung zur Funktionseinheit U. durchaus nicht übereinanderliegen müssen. Hier setzt etwa das Gewerbesteuerrecht (Gewerbesteuer) an, wenn es – in Ansätzen – versucht, bei der Berechnung des Gewerbeertrags Unterschiede zu nivellieren, die sich daraus ergeben, ob ein Unternehmer mit Eigen- oder Fremdkapital arbeitet oder für seine unternehmerische Tätigkeit eigene oder fremde Grundstücke nutzt.
Hinter dem U. als wirtschaftlicher Wirkungseinheit steht der U.s-Träger als diejenige Person, der die im U. zusammengefassten Sachen und Rechte zustehen und die mit dem U. am Markt auftritt. Dem U. selbst kommt keine Rechtspersönlichkeit zu. Zwar verselbständigen sich U. in der Wahrnehmung im Rechtsverkehr vielfach weitgehend von ihren Eignern, und es wurde durchaus über die Frage diskutiert, ob diese faktische Verselbständigung nicht durch eine eigene Rechtssubjektivität abgebildet werden sollte. Durchsetzen konnten sich derartige Überlegungen allerdings nicht. Denn es hat sich gezeigt, dass das Recht auf die spezifischen Regelungsprobleme, die sich aus dieser Verselbständigung ergeben, ohnehin angemessen zu reagieren vermag. Wird bspw. ein Rechtsgeschäft geschlossen, das eindeutig U.s-Bezug aufweist, so wird daraus der jeweilige U.s-Träger verpflichtet, ohne dass seine Person im Rechtsverkehr offengelegt werden müsste.
U.s-Träger treten in unterschiedlichen Rechtsformen auf. Es kann sich um natürliche Personen handeln, um rechtsfähige Personengesellschaften oder um juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts. Ob der U.s-Träger eine natürliche Person oder ein juristisches Kunstgebilde ist, wirkt sich wesentlich bei den Vermögenssphären aus. Der Einzelunternehmer haftet seinen Gläubigern mit seinem gesamten Vermögen, unabhängig davon, ob die betreffenden Verbindlichkeiten zu privaten oder zu betrieblichen Zwecken begründet wurden. Daher war eine Zeitlang streitig, ob er in der Handelsbilanz nur sein Betriebs- oder auch sein Privatvermögen zu verzeichnen hat. Demgegenüber existiert bei U., deren Träger Gesellschaften sind, mit dem Gesellschaftsvermögen eine eigenständige, dem U. zugeordnete Haftungsmasse, die rechtlich vom Vermögen der Gesellschafter getrennt ist.
Hier zeigt sich, dass neben der Unterscheidung zwischen U. und U.s-Träger noch eine zweite Differenzierung erforderlich ist: die zwischen dem U. und den U.s-Eignern als denjenigen Personen, die letztlich die Chancen und Risiken der unternehmerischen Tätigkeit tragen. Wie stark sich das U. von seinen Eignern verselbständigt, ist eine Frage der Rechtsform und der damit verbundenen Entscheidungsstrukturen, aber auch eine rein tatsächliche Frage; die Bandbreite reicht vom personalistischen U., bei dem der oder die Eigner die unternehmerische Tätigkeit persönlich prägen, bis hin zum Groß-U. mit anonymen Kapitalgebern.
Nicht alle Rechtsgebiete differenzieren begrifflich zwischen dem U. und seinem Träger. Das Kartellrecht und das Konzernrecht bspw. bezeichnen als U. die Aktionseinheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, also letztlich das Rechtssubjekt. In diesen Rechtsgebieten impliziert die Verwendung des Begriffs „U.“ in bes.r Weise die Rechtsformneutralität: Rechtsfolgen werden daran geknüpft, dass sich eine Person in einer bestimmten Weise im Rechts- und Wirtschaftsverkehr verhält, ohne Rücksicht darauf, um welche Art von Rechtssubjekt es sich dabei handelt.
Die Trennung zwischen wirtschaftlicher Funktionseinheit und dahinterstehender Person, die durch das Erfordernis der Rechtsfähigkeit für die Zurechnung von Rechten und Pflichten geschaffen wird, impliziert einen Formalismus, der den wirtschaftlichen Realitäten nicht immer gerecht wird. Bes. deutlich zeigt sich dies im Konzern, wo der Vielheit der Rechtsträger eine mehr oder weniger intensive wirtschaftliche Integration gegenübersteht. Hier steht das Recht vor der Frage, ob, inwieweit und in welchen Rechtsbereichen hoch integrierte Konzerne rechtlich als Einheit behandelt werden sollten, wo also die Trennung der Rechtsträger im Dienste einer Abbildung wirtschaftlicher Realitäten partiell überwunden werden sollte.
Gemeinsam ist den verschiedenen U.s-Begriffen, dass sie wirtschaftliche Wirkungseinheiten erfassen, die sich in einer bestimmten Weise betätigen: Unternehmerisches Handeln ist selbständig und zielt auf Leistungs- oder Warenaustausch am Markt ab. Um von einem U. im Rechtssinne zu sprechen, ist deshalb neben einem Mindestmaß an sachlichen und persönlichen Mitteln sowie Organisation ein Auftreten am Markt als Anbieter erforderlich.
2. Das Unternehmensrecht als Rechtsmaterie
Das U.s-Recht als Rechtsgebiet gehört in Deutschland nicht zu den klassischen zivilrechtlichen Nebengebieten, anders als etwa in Österreich, wo diejenigen Materien, die sich in Deutschland im HGB finden, im „Unternehmensgesetzbuch“ geregelt sind. In Deutschland wird das Recht der U.s-Organisation und der Rechte und Pflichten von U.s-Trägern traditionell in verschiedenen Unterdisziplinen verortet (insb. Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Bilanzrecht); die Sammelbezeichnung „U.s-Recht“ erfreut sich jedoch zunehmender Beliebtheit. Teilweise wird mit diesem Begriff auch eine inhaltliche Verschiebung von der Konzentration auf individuelle Rechtsbeziehungen zwischen Privaten hin zu einem stärkeren Fokus auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge verbunden; damit wird der ordnungsrechtliche Aspekt des U.s-Rechts betont.
In vielen rechtlichen Zusammenhängen ist der U.s-Begriff nicht auf gewerbliche Tätigkeiten beschränkt (also nicht auf Handelsgeschäfte i. S. d. HGB), sondern bezieht auch andere Formen selbständigen Auftretens am Markt ein, etwa freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten. Damit hängt es zusammen, dass hinter dem Begriff „U.s-Recht“ mitunter auch ein rechtspolitisches Petitum steht: die Forderung, das klassische Handelsrecht, das nur für Kaufleute als Inhaber von Handelsgeschäften gilt, sei zu einem Recht für alle U.s-Träger fortzuentwickeln. Gleichzeitig müsse sich der Fokus vom handelnden Subjekt, dem Kaufmann, verschieben auf die Funktionseinheit U.
3. Unternehmerische Freiheit und unternehmerische Verantwortung
Für eine freiheitliche Rechts- und Wirtschaftsordnung ist unternehmerische Freiheit zentral. Art. 2 Abs. 1 GG umfasst die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit, ein U. in einer beliebigen Rechtsform zu gründen (Rechtsformwahlfreiheit) sowie es eigenverantwortlich zu führen. Die Unternehmerfreiheit jedoch ist nicht schrankenlos gewährleistet, weil von unternehmerischer Aktivität nicht nur der Unternehmer, sondern viele andere Personengruppen betroffen sind, deren Interessen das Recht berücksichtigen muss. In aller Regel geschieht dies durch Vorschriften, welche die Spielräume unternehmerischen Handelns zum Schutz bestimmter Personen einengen, bspw. der Gläubiger, der Arbeitnehmer oder der Minderheitsgesellschafter. Einen Ausnahmestatus besitzt die unternehmerische Mitbestimmung, die den Arbeitnehmern sogar Einfluss auf die Entscheidungsfindung in U. einer bestimmten Größe einräumt.
Ein Ewigkeitsthema, das in jüngerer Zeit wieder intensiv diskutiert wird, ist die Frage der gesellschaftlichen Verantwortlichkeit von U. (Unternehmensethik) und ihrer Abbildung im Recht. Aktuelle Stichworte der Debatte sind CSR oder Environmental Social Governance. Hier gilt es v. a., eine wohlfeile undifferenzierte Moralisierung durch klare konzeptionelle Unterscheidungen zu vermeiden. Moralisches Handeln (Moral) mag man von moralischen Subjekten und damit von Menschen, nicht aber von juristischen Kunstgebilden erwarten; und dass die Führung großer U. mit fremdem Geld (der Anteilseigner) unbeschränkt gemeinnützige Ziele verfolgen können sollte, ist keineswegs ausgemacht. Aufgabe des Rechts ist es, der Ausübung unternehmerischer Freiheit diejenigen Grenzen zu setzen, die zum Schutz einzelner, mit dem U. interagierender Personen und der Allgemeinheit erforderlich und angemessen sind. Aufgabe des Rechts ist es außerdem, den U.s-Leitern bei der Verfolgung des U.s-Zwecks Spielräume für moralisches Handeln freizuhalten, bspw. zu verhindern, dass die Anteilseigner sie rechtlich zur Verantwortung ziehen können, wenn sie aus moralischen Gründen auf die Umsetzung eines bes. aggressiven Steuersparmodells verzichten. Jenseits dessen endet aber die Herrschaft des Rechts, und die Verantwortlichkeit des Individuums (Verantwortung) beginnt. So bleibt es dem Einzelnen unbenommen, bei der Auswahl unter verschiedenen Investitionsmöglichkeiten nicht nur auf die Höhe der Dividende, sondern auch auf verantwortungsbewusste U.s-Führung Wert zu legen. Auf diese Weise lässt sich einer einseitigen Profitorientierung des Wirtschaftslebens entgegenwirken, ohne in die autonome Zwecksetzung privater U. einzugreifen.
Literatur
K. Schmidt: Handelsrecht. Unternehmensrecht, Bd. 1, 62014 • F. Rittner/M. Dreher: Das Unternehmensrecht, in: dies.: Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, 32008, 213–336 • F. Rittner: Unternehmerfreiheit und Unternehmensrecht, 1998 • B. Großfeld: Internationales und Europäisches Unternehmensrecht, 21995 • M. Jürgenmeyer: Das Unternehmensinteresse, 1984 • W. Flume: Um ein neues Unternehmensrecht, 1980 • P. Raisch: Unternehmensrecht, 2 Bde., 1973 f. • T. Raiser: Das Unternehmen als Organisation, 1969.
Empfohlene Zitierweise
C. Osterloh-Konrad: Unternehmen, II. Rechtswissenschaftlich, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Unternehmen (abgerufen: 21.11.2024)