Öffentlicher Dienst
1. Status des öffentlichen Dienstes
Der Begriff des ö.n D.s i. S. d. Art. 33 Abs. 4 GG wird formell verstanden als die Tätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. Ö. D. findet statt, wenn Beamte, Tarifbeschäftigte (Angestellte) und Arbeiter im Staats-, Kommunaldienst oder in der mittelbaren Staatsverwaltung tätig sind. Das Beamtenverhältnis wird einseitig und verbindlich durch oder aufgrund eines Gesetzes geregelt, während das Dienstverhältnis der Arbeitnehmer (Tarifbeschäftigten) im ö.n D. in der Privatautonomie wurzelt und durch gegenseitige Verträge bestimmt wird. Das Beamtenverhältnis wird konstitutiv bestimmt durch ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis; die beiderseitige Treuepflicht schulden Dienstherr und Beamter einander. Die Treuepflicht des Dienstherrn einerseits besteht in der Fürsorge- und Schutzpflicht gegenüber dem Beamten (§§ 3, 45 BeamtStG, § 78 BBG); die Treuepflicht des Beamten andererseits liegt u. a. in der Amtsführungs- und Gehorsamspflicht (§§ 60–62 BBG) oder dem Streikverbot. Eine Ausprägung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist das Alimentationsprinzip, das zu den verfassungsrechtlich gewährleisteten „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“ (Art. 33 Abs. 5 GG) gehört. Danach ist der Dienstherr verpflichtet, den Beamten im aktiven Dienst, bei Invalidität und im Alter einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Diese Alimentation soll ein wirtschaftlich unabhängiges Berufsbeamtentum sicherstellen, das die dem Berufsbeamtentum vom GG zugewiesenen Aufgabe erfüllen kann, im politischen Kräftespiel eine stabile gesetzestreue Verwaltung zu sichern (BVerfGE 44,249). Anders als bei Tarifbeschäftigten ist die Besoldung der Beamten kein Entgelt für einzelne geleistete Arbeiten, sondern die Gegenleistung für die Gesamtarbeitsleistung, also dafür, dass sie sich mit ihrer ganzen Arbeitskraft dem Staat im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Verfügung stellen und ihre Dienstpflicht mit vollem persönlichen Einsatz erfüllen. Ebenso wie das Beamtenverhältnis bildet das Richter- und Soldatenverhältnis ein durch Gesetz (DRiG, SoldG) geregeltes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Die Mitglieder der Bundesregierung stehen nicht in einem Beamtenverhältnis, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, das auf die Wahrnehmung eines Regierungsamtes gerichtet ist. Dieses Amtsverhältnis hat sich aus dem Beamtenverhältnis entwickelt und ist wie dieses durch Gesetz geregelt (BMinG). Die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten des Bundes regelt das BBesG. Im Rahmen der Föderalisimusreform I wurde den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für wichtige Bereiche des Beamtenrechts übertragen, mittels der die Länder die Besoldung, das Laufbahnrecht und die Beamtenversorgung in den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden in eigener Zuständigkeit ausgestalten. Das Beschäftigungsverhältnis der Tarifbeschäftigten im ö.n D. ist eine auf einem privatrechtlichen Arbeitsvertrag beruhendes Arbeitsverhältnis und ein zum Beamtenverhältnis gleichwertiger Status. Gleichwohl bestehen zwischen den beiden Statusgruppen neben dem durch Art. 33 Abs. 4 GG festgelegten Funktionsvorbehalt (Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch Beamte) wesentliche Unterschiede. Hervorzuheben ist insb., dass die Pflichten, die die Treuebindung der Beamten ausfüllen, nur für die Beamtenverhältnisse gelten. Im Gegensatz dazu gibt es funktionsbezogene Pflichten für Tarifbeschäftigte aus dem Arbeitsverhältnis und den Tarifverträgen. Nur für Beschäftigte im Beamtenverhältnis gilt das Streikverbot als Ausdruck der bes.n Treuepflicht. Damit wird sichergestellt, dass die Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung zu jeder Zeit und zuverlässig erfüllt werden. Für Tarifbeschäftigten gilt wie für alle Arbeitnehmer in Deutschland zudem das allg.e Arbeitsrecht. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen sind jedoch in Tarifverträgen niedergelegt, die zwischen den öffentlichen Arbeitgebern (Bund/Länder/Gemeinden) und den zuständigen Gewerkschaften ausgehandelt werden.
2. Aufbau der Verwaltung im öffentlichen Dienst
Die Staatsgewalt und damit das Verwaltungshandeln ist in Deutschland zwischen Bund und Ländern nach Aufgaben- und Funktionsbereichen verteilt. Das GG weist als Grundregel zwar grundsätzlich alle staatlichen Befugnisse den Ländern zu und erklärt den Bund nur für zuständig, wenn das GG ihm Verwaltungs- oder Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. In der Staatspraxis dominiert aber der Bund die Gesetzgebung, wohingegen das Schwergewicht der Verwaltung i. S. d. Gesetzesausführung bei den Ländern liegt. Die Länder führen in aller Regel die Bundesgesetze durch ihre Verwaltung aus. Bund und Länder sind aber nicht alleinige Träger der öffentlichen Verwaltung. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft werden nach der Verfassung von den Trägern der kommunalen Selbstverwaltung (Gemeinden/Gemeindeverbände/Landkreise) selbstständig wahrgenommen. Neben diesen Selbstverwaltungsangelegenheiten nehmen die Kommunen auch staatliche Aufgaben im Auftrag wahr. Der Verwaltungsaufbau des ö.n D.s kann also in drei voneinander unabhängige staatliche Ebenen unterschieden werden: die Verwaltung des Bundes, die Verwaltung der Länder und die Kommunalverwaltung. Jeder dieser Verwaltungsbereiche hat im Grundsatz seinen abgegrenzten Aufgabenkreis. Es gibt keinen allg.en hierarchischen Instanzenzug Gemeinde – Land – Bund. Zu diesem Zweck umfasst der Personalkörper des ö.n D.s etwa 4,69 Mio. Mitarbeiter, von denen mit 2,65 Mio. die Mehrzahl weiblich sind. Nach Status bzw. Funktionen differenziert sind im ö.n D. 1,673 Mio. Beamte, Richter oder Staatsanwälte, 164 000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 2,85 Mio. als Tarifbeschäftigte aktiv. Wiederum zwischen dem Bund einerseits und Ländern und Kommunen anderseits unterschieden ergibt sich das Bild, wonach der Bund 490 000 als Beamte, Richter, Staatsanwälte, Berufs- und Zeitsoldaten sowie Tarifbeschäftigte, hingegen die Länder 2,364 Mio., die Kommunen 1,464 und die Sozialversicherungen (einschl. Bundesagentur für Arbeit) 371 000 als Beschäftigte unterhalten. Die Zahl der Beschäftigten im ö.n D. ist seit der deutschen Wiedervereinigung von 1992 bis 2014 von zunächst 6,7 Mio. auf dann 4,7 Mio. abgebaut worden, um die Personalausstattung der neuen Länder und der dortigen Kommunen an die Verhältnisse des früheren Bundesgebietes anzupassen. Auch Gerichte und Staatsanwaltschaften bilden einen Teil des ö.n D.s, der allerdings nicht zu der Staatsgewalt „Verwaltung – Exekutive“, sondern zur Staatsgewalt „Justiz – Judikative“ zu zählen ist und in deren Justizverwaltung ebenso klassische Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden. Der Anteil der Beschäftigten in der deutschen öffentlichen Verwaltung an der Gesamtzahl aller Erwerbstätigen beträgt etwa 7,0 % und liegt damit im Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten.
3. Bundes-, Landes-, Kommunalverwaltung, mittelbare öffentliche Verwaltung
Die Bundesverwaltung umfasst die Bundesregierung mit den politisch gestaltenden Tätigkeiten und Bundesbehörden, die die Aufgaben des Bundes administrativ umsetzen. Dementsprechend wird zwischen den obersten Bundesbehörden (Ministerien) und der nachgeordneten Bundesverwaltung (Geschäftsbereichsbehörden) unterschieden. Die Anzahl der Bundesministerien differiert seit Bestehen der BRD zwischen 13 und 20; die Zahl der nachgeordnete Bundesbehörden beläuft sich auf ca. 100. Die Bundesministerien üben die fachliche Aufsicht über die nachgeordneten Bundesbehörden aus. Neben der Bundesregierung haben die anderen Verfassungsorgane Bundespräsident, Deutscher Bundestag, Bundesrat, BverfG eine eigene Verwaltung. Zu den obersten Bundesorganen zählen auch der BRH und die Deutsche Bundesbank. Der Bundesrechnungshof ist unabhängig von der Bundesregierung. Er ist als Organ der Finanzkontrolle für die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung der Bundesverwaltung zuständig. Die ebenfalls unabhängige Deutsche Bundesbank ist als Zentralbank der BRD Bestandteil des ESZB. Die Länder bilden neben den Kommunen die eigentliche Verwaltungsebene in Deutschland. Auch für die Landesverwaltungen gilt die grundsätzliche Unterscheidung zwischen politisch gestaltenden Tätigkeiten, die von den Landesregierungen wahrgenommen werden, und dem Vollzug von Verwaltungsaufgaben. Die Kommunalverwaltung ist die dritte Säule der Verwaltung in Deutschland. Die kommunalen Gebietskörperschaften sind in Gemeinden, Städten und Kreisen bzw. Landkreisen (Gemeindeverbänden) organisiert; sie sind Teile der Länder, in deren ausschließlicher Kompetenz es liegt, die kommunale Verwaltungsstruktur und die Gebietsgrenzen der Gemeinden und Kreise durch Landesgesetz zu regeln. Dieses kommunale Selbstverwaltungsrecht ist durch Art. 28 Abs. 2 GG und entspr.e Vorschriften in den Verfassungen der Länder geschützt. Ein weiteres Instrument der Verwaltung bildet die mittelbare öffentliche Verwaltung in Form von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen mit Sonderaufgaben, die nicht in die unmittelbare Staatsverwaltung oder Kommunalverwaltung fallen. Überwiegend handelt es sich um die Institutionen der Sozialversicherung. Ihre Beschäftigten gehören zum ö.n D., weil sie öffentlich-rechtliche Körperschaften bzw. Anstalten sind und ihre Dienstleistungen nach Bundesgesetzen erbringen. Jedoch handelt es sich um organisatorisch autonome Einrichtungen mit Selbstverwaltung, deren ehrenamtliche Selbstverwaltungsgremien zumeist paritätisch mit Vertretern der Arbeitgeber und der Versicherten (Gewerkschaften) besetzt sind. Im Einzelnen sind dies: Deutsche Rentenversicherung Bund, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und auf regionaler Ebene die Deutsche Rentenversicherung Regional für die Rentenversicherung. In der Arbeitsverwaltung findet sich die Bundesanstalt für Arbeit; die Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind Ortskrankenkassen, Ersatzkassen, Innungskrankenkassen, Betriebskrankenkassen. Als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es die Berufsgenossenschaften bzw. im öffentlichen Sektor die Unfallkassen. Ebenfalls erbringen insb. bei den sozialen Diensten und den Gesundheitsdiensten auch nicht-öffentliche Einrichtungen Verwaltungsdienstleistungen für die Bevölkerung. Hierzu gehören kirchliche oder sonstige gemeinnützige Träger, zum geringeren Teil auch gewerbliche Träger. Beispiele sind die Jugendhilfe, Krankenhäuser, Privatschulen sowie Hochschulen in freier Trägerschaft.
Literatur
H. J. Wolff u. a.: Verwaltungsrecht, 132016 • M. Wichmann/K.-U.Langer: Öffentliches Dienstrecht, 72014 • D. Ehlers/M. Fehling/H. Pünder (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, 32013 • U. Battis: Beamtenrecht, in: ebd., § 87 • U. Battis: Arbeiter und Angestellte im Öffentlichen Dienst, in: ebd., § 88 • P. Kunig: Das Recht des öffentlichen Dienstes, in: F. Schoch (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht, 152013, 661–738 • J. Isensee: Öffentlicher Dienst, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hg.): Hdb. des Verfassungsrechts, 21994, § 32.
Empfohlene Zitierweise
H. Hofmann: Öffentlicher Dienst, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/%C3%96ffentlicher_Dienst (abgerufen: 25.11.2024)