Finanzverfassung

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Im materiellen Sinne ist F. der Inbegriff der die Steuer-, Haushalts- und Ausgabengesetze und deren Vollzug anleitende Teil des höher- oder vorrangigen Rechts; zu ihr zählen in der gestuften Staatlichkeit namentlich die Regelungen über die bundesstaatliche Kompetenzverteilung und die Rahmenregelungen der kommunalen Finanzhoheit. Die F. im formellen Sinne sind die Regelungen der Verfassungsurkunde (Deutschland: Art. 104a-115 GG) und ggf. dieser gleich stehender Normen (Österreich: der Bundesverfassungsgesetze), die auch äußerlich der Finanzgewalt gewidmet sind.

1. Funktion und Prinzipien

1.1 Bedarfsdeckung, Demokratie, Freiheitsschutz, Nachhaltigkeit

Zentrale Funktionen der F. sind die Bereitstellung und Kanalisierung staatlicher Mittel in die öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder und (direkt oder indirekt) der Kommunen. Die F. ist insoweit eng mit dem Demokratieprinzip verbunden. Als historische Keimzelle des Parlamentarismus ist einerseits das Steuerbewilligungsrecht Ausdruck freiheitsbewusster und freiheitsschonender Staatsgewalt in Rückbindung an den Willen der Zensiten. Andererseits stehen die F. und hier namentlich das Budgetrecht im Dienst demokratischer Steuerung durch gezielten Einsatz staatlicher Mittel. In beiden Dimensionen ist die F. auf einfachgesetzliche Konkretisierungen angewiesen; insoweit öffnet sie sich situativen und zeitnahen demokratischen Justierungen. Mit der Festlegung auf Steuertypen zeichnet die F. die Belastung Privater vor; im Verbund mit den Grundrechten schützt sie die Steuerpflichtigen zugleich durch begrenzenden Vorgaben, namentlich die Absage an ein freies Steuerfindungsrecht und das Verbot der Überbelastung (Art. 106 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GG). Damit sind Steuergesetzgebung und nach Art. 109 Abs. 3 und 115 Abs. 2 GG auch die Kreditaufnahme auf den Grundsatz synchroner Deckung des Finanzbedarfs durch Steuern im Sinne einer Generationengerechtigkeit ausgerichtet.

1.2 Vertikale Kompetenzordnung

Prägend für die F. des GG ist die grundsätzliche Selbständigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern (Art. 109 Abs.1 GG), die aber faktisch durch eine Entmachtung der Länder auf der Einnahmenseite und bei den Haushaltsgrundsätzen, ferner durch zahlreiche Verflechtungen von Bund und Ländern in den der Finanzplanung (gesamtstaatliche Stabilitätsgemeinschaft) und der Ausgabenverantwortung stark relativiert wird. Demgegenüber ist die kommunale Ebene partiell mediatisiert. Namentlich in der Haushalts- und Schuldenverfassung (Art. 104a, 104b, 109–115 GG) und im sekundären horizontalen (Länder-)Finanzausgleich (Art. 107 Abs. 2 GG) werden die Gemeinden und Gemeindeverbände als integraler Bestandteil der Länder angesehen. Verfassungsunmittelbare Rechtspositionen erlangen sie dagegen in der Steuerverfassung (Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG, Art. 106 Abs. 5–8 GG).

1.3 Einnahmen-Ausgaben-Verknüpfung

Die F. verlangt einen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben (Art. 115 Abs. 1 GG). Da die zentrale Rechtfertigung von Besteuerung und Kreditaufnahme in der Deckung des aktuellen Finanzbedarfs der öffentlichen Hand liegt, folgt die Besteuerung im Staat-Bürger-Verhältnis normativ einer Bedarfsorientierung, während faktisch die Steuerschätzungen das Ausgabeverhalten der öffentlichen Hand prägen. Demgegenüber ist der Finanzausgleich nicht einheitlich programmiert: Das Prinzip des örtlichen Aufkommens (Art. 107 Abs. 1 S. 1–3 GG) und die Verteilung nach Einwohnerzahlen, Steuer- oder Finanzkraft folgen einer kausalen Logik; der alte sekundäre Finanzausgleich einschließlich des alten Umsatzsteuervorausgleichs (Art. 107 Abs. 2 S. 4 GG idF bis 2019; Art. 143g GG), ebenso die neue primäre Umsatzsteuerverteilung und die Bundesergänzungszuweisungen zielen dagegen – final – auf Deckung des Finanzbedarfs der einzelnen Länder.

2. Einnahmenverfassung: Besteuerung und Verschuldung

Der freiheitliche Verfassungsstaat deckt seinen Finanzbedarf damit primär durch die in der F. vorgezeichneten, gesetzlich konkretisierten und grundsätzlich dem Ermessen der Finanzbehörden entzogenen gegenleistungsfreien Abgaben, die in die allgemeinen Haushalte (Staatshaushalt) der Gebietskörperschaften fließen und dort dem Gesamtdeckungsprinzip (Prinzip der Non-Affektation) unterliegen (Steuern, Steuerstaatsprinzip; Steuerstaat). Sekundär regelt die F. die Möglichkeiten und Grenzen einer Staatsfinanzierung durch Kredite. Dagegen ist das Recht der Vorzugslasten (Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben) nach deutscher Verfassungsdogmatik nicht Gegenstand der F., sondern der Zuweisung der Sachkompetenzen (Art. 70–91 GG).

Prägend für die Steuer-F. des GG sind kompetenziell die der F. zuzurechnende Trias von Regelungen zur Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz, materiell die in der F. und den Grundrechten enthaltenen gestaltenden und begrenzenden Vorgaben. Die drei Systeme von Kompetenzzuweisungen sind vielfältig miteinander verflochten. Sie begründen zugleich zahlreiche vertikale Kompetenzverschränkungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Von zentraler Bedeutung ist die Kopplung der Gesetzgebungs- an die Ertragskompetenzen. Steuertypen, für die Art. 106 GG keine Ertragszuweisung enthält, können weder Gegenstand der Bundes- noch der Landesgesetzgebung werden (Kopfsteuer, Kernbrennstoffsteuer). Ein Steuer(er)findungsrecht besteht vielmehr nur im Rahmen der in Art. 106 GG bereits vertypten Steuern.

Die Gesetzgebungskompetenz für Steuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise dem Bund zusteht (dazu Art. 106 Abs. 1, 3 und 6 GG), liegt bei diesem (Art. 105 Abs. 2 GG); Regelungen über Gemeinschaftssteuern bedürfen der Zustimmung des Bundesrates (Art. 105 Abs. 3 GG). Ungeklärt ist die Reichweite der (konkurrierenden) Bundeskompetenz bei reinen Ländersteuern wie der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer oder der Grundsteuer: Art. 105 Abs. 2 GG knüpft die Bundeskompetenz an die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG (Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung für die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse), die das BVerfG – mit teils brüchigen Begründungen – in der Vergangenheit stets bejaht hat (z. B. BVerfGE 138, 136, 107 ff.: Einschätzungsprärogative des Bundesgesetzgebers). Vollregelungen dürfen die Länder danach praktisch nur auf dem Gebiet der – ihnen ertragskompetenziell nicht zustehenden – Kirchensteuern treffen; die ihnen ebenfalls übertragene Rechtsetzung auf dem Gebiet der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern (Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG) haben sie dagegen in ihren Kapitalanlagegesellschaften regelmäßig auf die Gemeinden delegiert. Daneben erfordert oder gestattet das GG landesrechtliche Teilregelungen auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer (Höhe des Steuersatzes: Art. 105 Abs. 2a S. 2 GG) und – bislang einfachgesetzlich ungenutzt – auf dem Gebiet der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG).

Den Gemeinden garantiert die F. für eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle die Ertragskompetenz und ein Hebesatzrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG). Die Staatspraxis erfüllt diese Garantie traditionell im Recht der Gewerbesteuer (Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG); denkbar wären alternativ oder kumulativ gemeindliche Hebesatzrechte auf den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG) und – nach Verfassungsänderung – auf einen evtl. kommunalen Anteil an der Körperschaftsteuer. Daneben verfügen die Gemeinden über die Befugnis zur Festsetzung der beiden Grundsteuer-Hebesätze (Grundsteuer A: Betriebe der Land- und Forstwirtschaft; Grundsteuer B: bebaute oder bebaubare Grundstücke; Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG) und nach der oben genannten Delegation durch das Land über eine Kompetenz zur Rechtsetzung auf dem Gebiet der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern. Bei schwachen bundesrechtlichen Bindungen (immerhin aber ein vom BVerfG angenommenes Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung) hat diese Kompetenz auch in jüngerer Zeit zahlreiche Steuerarten hervorgebracht (Bettensteuer, Fischereisteuer, Getränkesteuer, Jagdsteuer, Hotel- und Übernachtungsteuer, Hunde- einschließlich Kampfhundesteuer, Pferdesteuer, Speiseeissteuer, Spielautomaten- und Vergnügungsteuer, Verpackungsteuer, Wettbürosteuer, Zweitwohnungsteuer u. a.).

Die Ertragszuweisungen sind im bundesstaatlichen Verhältnis Gegenstand der Regelungen in Art. 106 GG und ergänzender Aufteilungsentscheidungen des einfachen Bundesrechts, namentlich des FAG und des Gemeindefinanzreformgesetzes (primärer vertikaler Finanzausgleich, sogenannte erste Stufe). Art. 106 Abs. 3 GG macht mit der Einkommensteuer (einschließlich ihrer besonderen Erhebungsformen, v. a. Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer), der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer die ertragsstärksten Steuerarten zu Gemeinschaftsteuern. In die ausschließliche Ertragskompetenz des Bundes fallen demgegenüber nach Art. 106 Abs. 1 GG wichtige Verbrauchsteuern wie namentlich die Energiesteuer, die Kfz-Steuer, die Versicherungsteuer (reine Bundessteuern) sowie die Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer (1991/92 und seit 1995: Solidaritätszuschlag in Höhe von derzeit 5,5 % der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer). Demgegenüber stehen die (seit 1996 nicht mehr erhobene) Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Grunderwerbsteuer und weitere Verkehrsteuern nach Art. 106 Abs. 2 GG ausschließlich den Ländern zu (reine Ländersteuern). Die Gemeinden sind zu einem geringen Anteil unmittelbar am Aufkommen der Einkommensteuer (nicht aber der Körperschaftsteuer) und der Umsatzsteuer beteiligt; daneben steht ihnen das Aufkommen aus den sogenannten Realsteuern (Grundsteuer, Gewerbesteuer) und den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern zu (Art. 106 Abs. 6 GG), während die Gemeindeverbände (namentlich die Landkreise) traditionell nicht über eigene Steuerquellen verfügen, sondern von den Gemeinden Umlagen (Kreisumlage, Verbandsgemeindeumlage, Amtsumlage, Verbandsumlage etc.) erheben, die diese über die Realsteuern nach eigenem politischen Ermessen auf die Steuerpflichtigen überwälzen. Alle kommunalen Ebenen sind darüber hinaus landesgesetzlich an dem Länderanteil der Gemeinschaftsteuern zu beteiligen; sie können fakultativ auch an weiteren Ländersteuern beteiligt werden (Art. 106 Abs.7 GG).

Die Aufkommensverteilung zwischen den Ländern (primärer horizontaler Finanzausgleich, sogenannte zweite Stufe) folgt grundsätzlich dem – kausal – Prinzip des örtlichen Aufkommens, für die Umsatzsteuer der Einwohnerzahl (Art. 107 Abs. 1 GG). Zunehmend sind in den letzten Jahren aber finale Kriterien einer Bedarfsgerechtigkeit hinzu getreten. Sie übernehmen nach Auslaufen des Solidarpakts II ab 2020 sogar vollständig die Funktion der zuvor als Länderfinanzausgleich im eigentlichen Sinne bezeichneten nachträglichen Umverteilung des Steueraufkommens. Ausgleichsmasse für diesen großvolumigen sogenannten Vorausgleich (ab 2020: Finanzkraftausgleich) ist das Umsatzsteueraufkommen (Art. 107 Abs. 2 GG), die Einzelregelungen enthält das FAG.

Es enthält zugl. – in Konkretisierung abstrakter, von konkreten quantitativen Zuweisungen bewusst abgekoppelter Aufteilungsprinzipien, die in einem vorgeschalteten Maßstäbegesetz niedergelegt sind – Regelungen über die nachträgliche Umverteilung des Aufkommens. Während der klassische Länderfinanzausgleich (sekundärer horizontaler Finanzausgleich, sogenannte dritte Stufe) mit seiner Unterscheidung zwischen (wenigen) Geber- und (vielen) Nehmerländern Ende 2019 durch den in die zweite Stufe verlagerten Finanzkraftausgleichs ersetzt wird, bleibt es auf Dauer bei einer Finanzierung von Länderaufgaben durch Bundesergänzungszuweisungen (sekundärer vertikaler Finanzausgleich, sogenannte vierte Stufe), aber auch die verfassungsunmittelbare Zulassung von Mischfinanzierungen.

Die größten Umwälzungen der Einnahmenverfassung liegen auf dem Feld der Kreditaufnahme. Diese klassische Quelle staatlicher Einnahmen sollte nach Art. 115 GG a. F. in den Dienst der Globalsteuerung genommen werden; faktisch diente sie aber zwischen 1970 und 2010 der allgemeinen, i. d. R. nicht spezifisch durch konjunkturstimulierende Maßnahmen unterlegten Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der öffentlichen Hand. Gedämpft, aber nicht untersagt wird die Neuverschuldung durch Art. 126 AEUV, der durch das Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit vom 7.2.1992 und den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt vom 17.6.1997 konkretisiert wird. Diese Gesamtverschuldungsgrenzen sind allerdings sehr abstrakt gehalten, bleiben auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite von politischen Entscheidungen abhängig und haben sich insgesamt als wenig wirkungsvoll erwiesen. Bedeutsam war daher die Unterlegung dieser unionsrechtlichen Vorgaben durch Einführung der sogenannten Schuldenbremse in die Art. 109 Abs. 3, 115 Abs. 2 GG durch die Föderalismusreform 2009. Mit ihr setzt Deutschland – begünstigt durch ein historisch niedriges Zinsniveau, das einen massiven Rückgang des Schuldendienstes ermöglicht hat – der Neuverschuldung von Bund, Ländern und Kommunen harte normative Grenzen in der bundesstaatlichen F.; Parallelregelungen finden sich inzwischen in mehreren Landesverfassungen (u. a. Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein). Nach Art. 109 Abs. 3 GG sind die Haushalte von Bund und Ländern (denen nach umstrittener Ansicht auch die Gemeinden und Gemeindeverbände und wegen Art. 143d Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 GG auch die Sondervermögen zuzurechnen sind) grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Allerdings dürfen beide Ebenen auch weiterhin eine keynesianische Politik (Keynesianismus) verfolgen. Die im Abschwung neu aufgenommenen Kredite müssen dann aber in der nächsten Hausse symmetrisch zurückgeführt werden. Zulässig sind daneben Ausnahmeregelungen für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Während die Länder damit – jedenfalls zyklusübergreifend – auf eine „Neuverschuldung null“ festgelegt werden, gestatten Art. 109 Abs. 3, 115 Abs. 2 GG dem Bund immerhin eine reguläre, auch interperiodisch nicht auszugleichende Neuverschuldung bis maximal 0,35 % des nominalen BIP p. a. Zugleich wurde 2009 mit dem Stabilitätsrat ein gemischtes Bund-Länder-Organ eingerichtet, das in der Nachfolge des alten Finanzplanungsrates die nachhaltige Beachtung dieser Neuverschuldungsgrenzen überwacht (Art.109a GG) und sich dabei an den Methodologien und materiellen Vorgaben zur Beachtung der Maastrichter Stabilitätskriterien der EWWU orientiert.

Auf Landesebene bestehen daneben Verschuldungsverbote für die Gemeinden und Gemeindeverbände. Sie sind i. d. R. in den Gemeinde- und Landkreisordnungen (Kommunalverfassungen), teils aber auch in den Landeshaushaltsordnungen oder sogar in den Landesverfassungen (so z. B. Bremen) niedergelegt und unterscheiden regelmäßig zwischen Krediten, kreditähnlichen Zahlungsverpflichtungen und Kassenkrediten. Kredite sind allenfalls subsidiär zur Einnahmenbeschaffung, d. h. nur dann zulässig, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig ist, wenn die Kreditaufnahme nicht zu einem dauerhaften Wegfall der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune führt und wenn die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde die Kreditaufnahme allgemein oder im Einzelfall genehmigt. Kreditsicherheiten dürfen regelmäßig nicht bestellt werden. Für kreditähnliche Rechtsgeschäfte ist zusätzlich zu prüfen, ob die kommunale Aufgabenerfüllung weiterhin gesichert ist: Die Gemeinde muss – insb. bei Leasinggeschäften (Leasing) – durch entsprechende vertragliche Regelungen jederzeit in allen für die gemeindliche Aufgabenerfüllung und Benutzung wichtigen Fragen maßgeblichen Einfluss besitzen. In Reaktion auf die Finanzkrise von 2008/09 werden kreditähnliche Geschäfte der kommunalaufsichtlichen Genehmigung z. T. generell entzogen, wenn sie nicht auf eine Investition, sondern allein darauf abzielen, dass sie der Kommune oder einem Dritten inländische steuerliche Vorteile verschaffen (so z. B. Bayern). Allein Kassenkredite sind wegen ihrer kurzen Laufzeit i. d. R. nicht genehmigungsbedürftig; sie dürfen aber in der Praxis nicht zu (versteckter) dauerhafter Haushaltsdeckung missbraucht werden.

3. Haushaltsverfassung

Das Budgetrecht des Parlaments macht das Haushaltsgesetz zur zentralen demokratischen und rechtsstaatlichen Handlungsform des Haushaltsrechts. Es enthält den Haushaltsplan, ermächtigt den Haushaltsträger materiell zu Kreditaufnahmen, bewilligt Ausgaben, ersetzt aber nicht die Steuergesetzgebung im Staat-Bürger-Verhältnis. Verfahrensrechtlich gelten Besonderheiten, namentlich die Monopolisierung des Initiativrechts bei der Bundesregierung und die simultane Zuleitung an Bundesrat und Bundestag (Art. 110 Abs. 3 GG).

Inhaltlich enthält Art. 110 Abs. 4 GG ein Bepackungsverbot und ein Gebot strenger Periodizität. Der zeitliche Anwendungsbereich des einzelnen Haushalts(-gesetzes) ist demokratisch begrenzt. Üblich sind Jahreshaushalte oder sogenannte Doppelhaushalte; in jedem Fall ist aber jahresscharf abzugrenzen (Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG). Jeder Haushalt unterliegt dem Vollständigkeitsgebot; sogenannte haushaltsflüchtige Einnahmen, Aufgaben und Ausgaben bedürfen verfassungsrechtlich besonderer Rechtfertigung (Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG). Der Haushaltsplan ist nach Einnahmen und Ausgaben auszugleichen (Art. 110 Abs. 1 S. 2 GG). Dieser formale Haushaltsausgleich schließt Einnahmen aus Krediten nicht aus, sondern erfordert sie u. U., solange er nicht – wie in Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG seit 2009 – mit einem grundsätzlichen Verbot des sogenannten deficit spending verbunden wird.

Kommt bis zum Beginn des Haushaltsjahres kein wirksames Haushaltsgesetz zustande, darf die Bundesregierung im Rahmen eines sogenannten Nothaushalts alle Ausgaben leisten, die erforderlich sind, um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten, gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen, die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen, Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder um Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren (Art. 111 Abs. 1 GG). Einnahmenseitig sind ihr in begrenztem Umfang Einnahmen aus neuen Krediten gestattet (Art. 111 Abs. 2 GG).

Über- und außerplanmäßige Ausgaben macht die Haushaltsverfassung von der Zustimmung des zuständigen Finanzministers abhängig, der sie nur bewilligen darf, wenn dafür ein unvorhergesehenes und unabweisbares Bedürfnis besteht (Art. 112 GG). Ein strukturell ähnliches Regelwerk enthält das GG für den Fall neuer, noch im laufenden Haushaltsjahr ausgabeerhöhender oder einnahmensenkender Sachgesetze. Nach Art. 113 GG bedürfen diese Gesetze der Zustimmung der Bundesregierung, die verlangen kann, dass der Bundestag die Beschlussfassung über diese Gesetze aussetzt und erneut Beschluss fasst.

Weitere Regelungsgehalte der Haushaltsverfassung sind in der F. nur grundgelegt und werden einfachgesetzlich (nach richtiger Auffassung mit Bindungswirkung für den Haushaltsgesetzgeber) durch HGrG und BHO konkretisiert. Hierzu gehören Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften, aber auch materiellrechtliche Vorgaben wie Rechnungslegungsstandards (Kameralistik, Doppik; Gliederungskategorien), Regelungen über die sogenannte Deckungsfähigkeit, über die interperiodische Übertragbarkeit von Mitteln, Kredit- und Ausgabeermächtigungen sowie das Gebot der Sparsamkeit von Haushaltswirtschaft und -vollzug (§ 6 HGrG).

In einem weiteren Sinne sind auch die Normen über die Finanzkontrolle Gegenstand der F.en von Bund und Ländern. Sie verpflichten einerseits die Finanzminister zur Rechnungslegung (Art. 114 Abs. 1 GG) und enthalten andererseits institutionelle Regelungen über die Rechnungshöfe, fundieren deren Aufgaben und Befugnisse, garantieren den Mitgliedern der Rechnungshöfe richterliche Unabhängigkeit und erlegen ihnen Berichtspflichten auf (Art. 114 Abs. 2 GG).

4. Ausgabenverfassung

Die bundesstaatliche F. des GG ist von einer Aufgaben-Ausgaben-Konnexität geprägt. Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, grundsätzlich jeweils selbst und gesondert. Das gilt insb. für die bei ihren jeweiligen Behörden entstehenden Verwaltungskosten. Davon abweichend trägt der Bund nach Art. 104a Abs. 2 GG die Kosten der sogenannten Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG). Von den Verwaltungskosten zu trennen sind bundesgesetzlich geregelte Geldleistungen, die Private erhalten sollen, für die Verwaltung (Länder) also nur durchlaufende Posten bilden. Für sie kann der Bundesgesetzgeber eine Kostenübernahme durch den Bund anordnen, muss es aber nicht (Art. 104a Abs. 3 S. 1 GG). Für den Fall einer mindestens hälftigen Übernahme der Kosten der Geldleistungen wechselt die Materie aus der sogenannten landeseigenen in die sogenannte Auftragsverwaltung, so dass der Bund zusätzlich die bei den Ländern anfallenden Verwaltungskosten zu tragen hat. Im Übrigen haben die Länder die Geldleistungen (aber u. U. auch geldwerte Sachleistungen oder vergleichbare Dienstleistungen gegenüber Dritten) zu erbringen. Insoweit werden ihre Belange nur durch das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates (Art. 104a Abs. 4 GG) gewahrt.

Nach Art 104b Abs. 1 S. 1 GG kann der Bund auf Gebieten, für die er die Gesetzkompetenz hat, den Ländern befristete und über die Zeit abzuschmelzende Finanzhilfen für bes. bedeutsame Investitionen gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann er sogar ohne entsprechende Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren (Art. 104b Abs. 1 S. 2 GG). Diese Regelungen werden durch Informationspflichten der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Landkreisen) gegenüber Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat flankiert (Art. 104b Abs. 3 GG).

5. Länder und Kommunen

Jede bundesstaatliche F. spiegelt sich in den F.en der Gliedstaaten. Neben Redundanzen zur Bundesverfassung (z. B. bei den Haushaltsgrundsätzen, aber auch bei – deklaratorischen – Neuverschuldungsgrenzen auf Ebene der Länderhaushalte) und homogenen Parallelregelungen (z. B. zum Verfahren der Haushaltsgesetzgebung, zum Nothaushaltsrecht oder zur Haushaltskontrolle durch Landesrechnungshöfe) enthalten einzelne gliedstaatliche F.en Finanzvorbehalte bei Volksentscheiden, aber auch eine Reihe inhaltlich-gestaltender Vorgaben für die Gesetzgebung über Steuern, die gegenwärtig bundesrechtlich geregelt sind. Zu diesen historisch überkommenen Regelungen, die unter der bundesstaatlichen Kompetenzordnung des GG weitgehend leer laufen, zählen allgemeine Verpflichtungen auf das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (z. B. Art. 123 Abs. 1 BayVerf, Art. 47 HessVerf), Aussagen zum Verhältnis der Verbrauch- und Besitzsteuern zueinander (Art. 123 Abs. 2 BayVerf), zum Erfordernis progressiver Einkommen- und Vermögensteuern (Art. 47 HessVerf), in Bayern zudem die Verpflichtung zur Erhebung einer Erbschaftsteuer zur Verhinderung der „Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner“ (Art. 123 Abs. 3 BayVerf).

V. a. aber stellen die Landesverfassungen Regelungen über den kommunalen Finanzausgleich bereit, die ihrerseits durch die Kommunalverfassungen (Gemeindeordnungen, Landkreisordnungen) und Finanzausgleichsgesetze der Länder konkretisiert werden. Dieser gestufte Regelungsverbund zielt auf eine bedarfsgerechte, aber zugleich an den Zielen von Verwaltungseffizienz (Sparsamkeit) und Investitionsfreundlichkeit ausgerichtete Ausgestaltung der Haushalte des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände (v. a. der Landkreise). Für die Finanzströme kommt neben den bundesrechtlich vorgezeichneten Ertragskompetenzen den sogenannten Schlüsselzuweisungen einerseits und kommunalen Umlagen (v. a. den Kreisumlagen) andererseits zentrale Bedeutung zu. Hinzu treten einfachgesetzliche Verschuldungsverbote für die kommunale Ebene und Konnexitätsregeln, die den Kommunen für den Fall der Übertragung zusätzlicher Aufgaben durch das Land begleitende Finanzierungsansprüche einräumen.

6. Europäische Union

Die vorgenannten Regelwerke wandeln sich unter dem Einfluss des Unionsrechts. Über die materiell-begrenzenden Vorgaben der Maastrichter Stabilitätskriterien hinaus zeigt sich dieser Einfluss v. a. an der Aufnahme eines Sanktionsfolgenregimes in die bundesstaatliche F. des GG. Nach Art. 104a Abs. 6 GG tragen Bund und Länder die Lasten einer Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen Deutschlands einschließlich der intergouvernemental begründeten Pflichten (auch: im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts) so, wie es der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung entspricht. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der EU tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15:85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 % der Gesamtlasten entspr. einem allgemeinen Schlüssel; 50 % der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entspr. der Höhe der erhaltenen Mittel.

Von diesen mitgliedstaatlichen Normen streng zu trennen sind die unionsrechtlichen Regelungen, die funktional den mitgliedstaatlichen F.en entsprechen und den Rechtsrahmen für das Finanzgebaren der EU selbst setzen. Für die EU legen Art. 311–325 AEUV die primärrechtlichen Grundlagen. Einnahmenseitig ist das sogenannte Eigenmittelsystem prägend. Der maßgebliche Art. 311 AEUV wird durch Sekundärrecht – namentlich den einstimmig zu verabschiedenden und von den Mitgliedstaaten zu approbierenden Eigenmittelbeschluss –, in ihm vorgesehenes Tertiärrecht (Durchführungsverordnungen des Rates nach Art. 311 Abs. 4 AEUV) und eine Reihe interinstitutioneller Vereinbarungen konkretisiert. Einnahmen und Ausgaben werden gemeinsam durch den mehrjährigen Finanzrahmen koordiniert (Art. 312, 320–324 AEUV; Finanzplanung), der i. d. R. einen Siebenjahreszeitraum umfasst und u. a. die jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen je Ausgabenkategorie und die jährliche Obergrenze der Mittel für Zahlungen enthält. Aus dem mehrjährigen Finanzrahmen wird der Jahreshaushaltsplan der Union (Art. 313–316, 320–324 AEUV) abgeleitet, der seinerseits durch Kommission und Mitgliedstaaten nach methodischer Maßgabe einer Haushaltsordnung (Art. 317, 322 AEUV) vollzogen wird. Diese Haushaltsordnung begründet Kontroll- und Wirtschaftsprüfungspflichten der Mitgliedstaaten. Das Finanzgebaren der EU unterliegt der Kontrolle durch Union (Europäische Kommission, namentlich das in der TAXUD ressortierende, aber mit institutioneller Unabhängigkeit ausgestattete OLAF) und Mitgliedstaaten (Art. 325 AEUV).

7. Internationale Organisationen

Demgegenüber stehen den auf völkervertraglicher Grundlage errichteten Internationalen Organisationen i. d. R. keine Eigenmittel, sondern nur Beiträge ihrer Mitglieder (Mitgliedstaaten) zur Verfügung. Ausnahmen bilden die Einkommensbesteuerung der eigenen Bediensteten sowie die Zahlungen für den Abbau von Bodenschätzen auf dem Meeresgrund und -untergrund der Hohen See, die nach Art. 82 ICLOS der Internationalen Meeresbodenbehörde zustehen, von dieser aber an Entwicklungsländer auszukehren sind.