Planung
I. Geschichtliche Entwicklung
Abschnitt drucken1. Ursprünge der Planung im 19./20. Jh.
Die öffentliche P. – „ein zeitgeschichtlich schillernder Begriff“ (Laak 2010: 1) – zählt als rationale, systematische und operationale Antizipation zukünftiger Verhältnisse in gestaltender Absicht zu den markanten Signaturen der Hochmoderne: „Die Idee der Planung ist ein moderner Mythos geworden, ein Mythos des 20. Jahrhunderts“ (Gosewinkel 2008: 328). Die Ursprünge reichen teils bis ins 18./19. Jh. zurück – etwa mit dem Fortschrittsparadigma (Fortschritt) der europäischen Aufklärung, dem Wissenschaftsglauben des utopischen Frühsozialisten Henri de Saint-Simon, dem sozialistischen „Zukunftsstaat“ August Bebels oder der (real-)sozialistischen Planwirtschaft (Zentralverwaltungswirtschaft) sowjetrussischer Provenienz.
In Deutschland wurden die P.s-Utopien der 1920er Jahre überwiegend noch nicht operationalisiert. Während der Zwischenkriegszeit fand aber das transnationale Interesse für Social Engineering auch dort Resonanz. Die Organisation der nationalsozialistischen Rüstungs- und Kriegswirtschaft knüpfte an die praktischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs wie auch an die Planwirtschaftsdebatten zu Beginn und gegen Ende der Weimarer Republik an. Die europäischen Großraum-P.en des NS-Regimes standen ebenfalls in der raumplanerischen Tradition der 1920er Jahre. Und das dem „Generalplan Ost“ (1940–42) unterlegte Struktur- und Allokationsmodell der „Zentralen Orte“ von Walter Christaller (1933) hat sich bis in die Gegenwart hinein als ein Leitkonzept der deutschen Raum-P. (Raumordnung und Landesplanung) behauptet.
Der internationale Siegeszug des P.s-Gedankens nach dem Zweiten Weltkrieg hatte im Westen v. a. drei Ausgangspunkte: erstens den angelsächsischen Keynesianismus und dessen wirtschaftspolitische Anwendung im amerikanischen New Deal der 1930er Jahre; zweitens den seit 1945 eingeleiteten Ausbau des Wohlfahrtsstaates in Großbritannien; drittens das ab 1946 in Frankreich etablierte Wiederaufbau- und Modernisierungsprogramm der nationalen Planification.
2. Planungsgeschichte der BRD
Die P.s-Geschichte Westdeutschlands wurde v. a. daraufhin befragt, woher die international verspätete P.s-Konjunktur der „langen“ 1960er Jahre herrührte und warum die anfängliche Veränderungsdynamik innerhalb kurzer Zeit wieder erlahmte. Dabei sind sechs Phasen herausgearbeitet worden: weitgehende Tabuisierung (bis 1962), allmähliche Inkubation (1963–66), rasche Implementation (1966–69), kurzzeitige Euphorie (1969–71), allgemeine Regression (seit 1972), krisengetriebenes „Revival“ (1975/76–81) auf dem Feld der Struktur-P.
Bis um 1960 waren gesamtwirtschaftliche und gesellschaftspolitische P. in Westdeutschland verpönt. Erst im Laufe des Jahrzehnts bahnte sich auch hier eine Enttabuisierung jener Ordnungskategorie an, welche bisher dezidiert dem repressiven Instrumentarium totalitärer Einparteiendiktaturen (Totalitarismus) zugeordnet worden war. Anders als die liberalkonservativen und sozialliberalen Kritiker des einsetzenden Paradigmenwechsels (Helmut Schelsky, Ralf Dahrendorf) betrachteten die Befürworter öffentlicher Interventionen auf wirtschaftlichem Gebiet oder auf dem weiten Feld der öffentlichen „Daseinsvorsorge“ (Ernst Forsthoff), insb. im Bildungsbereich (Georg Picht), öffentliche P.s-Aktivitäten nicht mehr als Bedrohung der freiheitlichen Verfassungs- und Gesellschaftsordnung, sondern als unerlässliche Voraussetzung anhaltender Prosperität.
In diesen P.s-Diskussionen entlud sich ein aufgestauter Bedarf an diskursiver Überbrückung der unverkennbaren Kluft zwischen wettbewerbswirtschaftlicher Theorie und gemischtwirtschaftlicher Praxis. Ohne die diskursive Anbahnung des P.s-Gedankens und dessen sektorale Durchsetzung seit Anfang des Jahrzehnts hätte sich der westdeutsche P.s-Boom nach dem eigentlichen Durchbruch auf dem strategischen Feld der Wirtschaftspolitik 1966/67 längst nicht so zügig entfalten können. Die P. nach dem Vorbild der amerikanischen New Economics galt nun weithin als unverzichtbares Instrument einer technokratischen Verstetigung des „Traum[s] immerwährender Prosperität“ (Lutz 1989). Immer vernehmlicher wurde gefordert, den ordoliberalen Überredungsdirigismus durch ein rationales, wissenschaftsgestütztes System der indikativen P. abzulösen. Als prozessorientierte „Globalsteuerung“ in antizyklischer Absicht sollte das wirtschaftspolitische Instrumentarium zu einem System planvoller Interventionen öffentlicher Instanzen in die marktwirtschaftlichen Abläufe ausgebaut werden. Der von 1966/67 bis 1969/70 durch Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller öffentlichkeitswirksam inszenierte keynesianisch-korporatistische „Paradigmenwechsel“ begünstigte die flächenhafte Ausbreitung des P.s-Ansatzes auf andere Politikfelder. Zugleich bahnte er jenen bundespolitischen „Machtwechsel“ an, der Ende 1969 die westdeutsche P.s-Konjunktur zusätzlich stimulierte. Inzwischen umwehte den einstmaligen Tabubegriff ein „Flair des Fortschrittlichen“ (Ellwein 1968: 7).
Umso drängender stellte sich ausgangs der 1960er Jahre die doppelte Aufgabe, die Verpflichtungsfähigkeit öffentlicher P. zu erhöhen und gleichzeitig den wachsenden P.s-Elan zu kanalisieren. Dem sollte der ambitionierte Versuch dienen, durch eine mehrjährige Ressourcen-P. zumindest mittelbaren Einfluss auf die Aktivitäten der einzelnen Bundesministerien und der verschiedenen Gebietskörperschaften zu erlangen. Doch schon 1970 scheiterte das organisatorische Kernstück des sozialliberalen Reformprojekts, die ressort- und länderübergreifende Aufgaben- und Ausgaben-P. mit einem reorganisierten Bundeskanzleramt als faktischer Bundes-P.s-Zentrale. Hinzu kamen wachsende Hemmnisse „von unten“: Der konfliktträchtige Widerspruch von ausgreifenden P.s-Szenarien und bürgerlichen Partizipationsansprüchen (Partizipation) wurde zusehends nicht mehr innerhalb der konventionellen Institutionen demokratischer Repräsentation ausgetragen. Stattdessen konfrontierte eine dezentrale Protestbewegung informeller „Bürgerinitiativen“ Politik, Verwaltung und Wissenschaft mit einem Aspekt zivilgesellschaftlicher Demokratisierung (Zivilgesellschaft), den diese bisher noch kaum wahrgenommen hatten: die Widerständigkeiten unmittelbar Betroffener und ihrer aktivistischen Anwälte aus dem versprengten Potential der studentischen Protestbewegung. Offensichtlich kollidierten im Konfliktdreieck „Planung – Prosperität – Partizipation“ (Ruck 2003: 362) einander entfremdete Protagonisten kultureller Codes, deren konkrete Utopien ebenso im fundamentalen Gegensatz zueinander standen wie ihre Rationalitätsbegriffe. Paradigmatisch demonstrierte das Schicksal des „Orientierungsrahmens ’85“ der SPD (1975) das Scheitern der P.s-„Ontologen“. Ihnen folgte die sozialtechnologische Stückwerktechnik des „piecemeal engineering“ (Popper 1957: 64), welche unter der Ägide des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Helmut Schmidt als regierungsoffizielles P.s-Leitbild etabliert wurde und seither diverse Partial- und Spezial-P.en legitimiert.
Nachdem die allgemeine P.s-Euphorie bereits abgeklungen war, wurde seit Mitte der 1970er Jahre vor dem Hintergrund der Rezession über die Notwendigkeit, Voraussetzungen und Grenzen einer planvollen Struktur- und Technologiepolitik gestritten. Die sozialdemokratisch und gewerkschaftlich orientierten Befürworter modernisierender Eingriffe öffentlicher Instanzen in das Marktgeschehen bis hin zur „Investitionslenkung“ deklarierten eine „Strategie des aktiven Strukturwandels“ (Hauff/Scharpff 1977: 13 f.) zur Gegenwartsaufgabe politisch-pragmatischen Handelns. Im wirtschaftswissenschaftlichen und -publizistischen Diskurs dominierte hingegen eine angebotsorientierte Abkehr von interventionistischen P.s-Konzepten zugunsten marktwirtschaftlicher Selbststeuerung. Dieser ordnungspolitische Grundsatzkonflikt verebbte bald nach dem (wirtschafts-)politischen Macht- und Paradigmenwechsel 1982/83. Die regierungsamtliche Praxis wurde nun grundsätzlich (wieder) mit der herrschenden Lehre in Gleichklang gebracht. Mehr oder minder planvolle Strukturpolitik sektoraler und v. a. auch regionaler Ausrichtung findet seither ohne jenen umfassenden Anspruch planerischer Zukunftsgestaltung statt, der ihr vorübergehend beigemessen worden war.
Literatur
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Empfohlene Zitierweise
M. Ruck: Planung, I. Geschichtliche Entwicklung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Planung (abgerufen: 24.11.2024)
II. Politische Formen und Bedeutung
Abschnitt drucken1. Planungsbedarf
Der Staat hat u. a. die Funktion, allgemein verbindliche Entscheidungen über die Produktion und Verteilung gesellschaftlich relevanter materieller sowie immaterieller politischer Güter zu treffen. Dazu zählen etwa Sicherheitsgewährleistung (Sicherheit), Daseinsvorsorge oder Infrastrukturerhalt, seit geraumer Zeit auch soziale Integration, Umweltschutz oder Generationengerechtigkeit. Im Mittelpunkt steht dabei meist die Formierung und Lenkung gesellschaftlicher Verhaltenskomplexe, die Konzeption richtungsweisender Zielvorstellungen und Handlungsprogramme sowie die Legitimation von Entscheidungen im Hinblick auf die jeweilige Klientel. Die gängigste Vorgehensweise zur Beschaffung sachangemessener und professioneller Lösungsvorgaben sowie von benötigtem politischem wie gesellschaftlichem Support ist der P.s-Prozess. Politische P. koordiniert und legitimiert also Entscheidungen über Rahmenbedingungen zur Bewältigung künftiger Entwicklungen. Im Fokus der Politikwissenschaft liegt der Teilbereich „politische Rahmenbedingungen“.
Nicht zuletzt hängen von ihnen auch Erfolg oder Misserfolg der P.s-Praxis des „Staates“ ab, politikwissenschaftlich präzisiert als multizentrisches Entscheidungs- und Handlungssystem zur Verfertigung und Durchsetzung bindender Regeln. Dieses „politisch-administrative System“ entstand als Reflex auf gesellschaftliche Modernisierungs- und Differenzierungsprozesse, die ihrerseits den Staat veranlasst haben, sich in umweltangemessene Entscheidungs- und Handlungseinheiten aufzufächern, um so den Wandel und die Vielschichtigkeit der Lebenswelt planerisch bewältigen zu können. Solche Ausdifferenzierung spiegelt sich in zusammengesetzten Organisationsbegriffen wie Innen-Ministerium, Finanz-Ministerium und Wirtschafts-Ministerium oder in Aktionsbegriffen wie Sicherheits-Politik, Haushalts-Politik und Konjunktur-Politik. Vor jeder Umorganisation und jedem Aktionsaufwand stellt sich allerdings die Frage nach der Angemessenheit damit verbundener Erträge und Lasten.
Antworten darauf müssen in erster Linie P.s-Prozesse liefern, die sowohl anlassbezogene Einzelbereichs- als auch bereichsübergreifende Gesamtsteuerungsvorhaben flankieren sollen. Deshalb folgt auch die politische P. der lebensweltlichen und damit der politisch-administrativen Ausdifferenzierung und verzweigt sich sogar weiter, denn die Aufgaben, die den politischen Instanzen von der Gesellschaft zur Lösung angesonnen werden, sprengen behördliche Organigramme und politische Typologien. Zudem hinkt die planerische der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung stets hinterher, weil die Komplexität der Lebenswelt i. d. R. rascher zunimmt als die Komplexität politischer und administrativer Systeme. Diese Entwicklung zeigt sich anschaulich in der Vielfalt der politischen P.s-Prozesse von Bund, Ländern und Kommunen.
2. Globalplanung
Unter diese Kategorie fallen P.s-Prozesse, die gesamtgesellschaftlich relevante Aufgaben, Anforderungen oder Problemkonstellationen in Angriff nehmen. Dazu gehören etwa der Ausbau der nationalen Infrastruktur, die Förderung von Innovativität (Innovation) oder der Umgang mit den Folgen gesellschaftlicher Überalterung. Hier geht es darum, Entwicklungen zu lenken, Ressourcen zu bewirtschaften oder Stabilität zu gewährleisten. Allerdings hat sich die Euphorie, mit der die Ziel- und Aufgaben-P. anfangs der 1970er Jahre angegangen wurde, inzwischen verflüchtigt, weil sich die gesellschaftliche Dynamik in der Praxis kaum verlässlich antizipieren oder gar effektiv regulieren ließ. Zumindest eine Variante von Global-P. gibt es allerdings weiterhin: längerfristige Finanz-P., die ihrerseits in die Haushalts-P. (Staatshaushalt) eingebettet ist. Deshalb ist der Haushalts-P.s-Prozess ein anschauliches Beispiel für die Komplexität von Global-P.
Es beginnt die P. des Bundeshaushalts mit den Voranschlägen der einzelnen Ressorts. Anschließend werden die Ressortwünsche „von unten nach oben“ auf den verschiedenen hierarchischen Ebenen taxiert und offene Streitpunkte auf der jeweils nächsthöheren Stufe weiterverhandelt. Verhandlungsgrundlage ist zum einen der fünf Jahre umfassende Finanzplan, der die voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen im Hinblick auf die mutmaßliche Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Leistungsvermögens fortschreibt. Flankiert wird dieser Plan durch den jährlichen Tragfähigkeitsbericht, der auf die demografische Entwicklung und damit die zu erwartenden Staatsausgaben für Alterssicherung, Gesundheit, Pflege, Arbeitslosigkeit, Bildung und Familie fokussiert ist. Zum anderen ist Verhandlungsgrundlage das Eckwerte-Verfahren, das – bspw. – auf der Basis des Finanzplans oder einer aktualisierten Bewertung der volkswirtschaftlichen Entwicklung, einer internen Steuerschätzung, eines Koalitionsvertrags oder Kabinettsbeschlusses oder sonst wie politisch definierter Zielvorgaben den vorhandenen haushaltspolitischen Handlungsspielraum absteckt. Dabei finden zwischen den Referaten der Haushaltsabteilung und den Ressorts intensive Konsultationen statt, um robuste Prognosen über zukünftige Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Einzelpläne zu erhalten.
P.s-Grundlage sind in erster Linie die volkswirtschaftlichen Modell- und Tragfähigkeitsrechnungen externer Wissenschaftler. Dabei projiziert man die Entwicklung der öffentlichen Finanzen auf kommende Jahrzehnte, damit künftiger Handlungsbedarf frühzeitig antizipierbar wird. Zu Prognosezwecken werden „Hintergrundszenarien“ erstellt, denen man Entscheidungs- und Strategiefindungsfunktionen zuschreibt. Solche Szenario-Methodik gründet sich v. a. auf statistische Trendextrapolationen, wobei von gegenwärtigen Entwicklungstendenzen auf zukünftige Verlaufswahrscheinlichkeiten geschlossen wird.
Die Prämissen dieses Haushalts-P.s-Prozesses können als eine Art Schablone für die politische P.s-Praxis aller staatlichen Ebenen gesehen werden. Ansatzpunkt ist, dass sich politische Ziele zureichend konkretisieren und als konsistentes System von Entscheidungspräferenzen darstellen lassen. Weiter wird vorausgesetzt, dass explizit formulierte politische Probleme zur Entscheidung anstehen, wobei mögliche Entscheidungsalternativen als hinlänglich bekannt und gegeneinander abwägbar gelten. Schließlich werden Zugriffsmöglichkeiten auf die entscheidungsrelevanten Daten zugrunde gelegt, etwa auf Informationen über die Werte der einzelnen Entscheidungsalternativen. Wenngleich klar ist, dass die Informationsbeschaffungs- und Informationsverarbeitungskapazitäten rasch an Grenzen stoßen oder Zielfindungsprozesse von konfligierenden Interessengegensätzen sowie ungleichen Ressourcenverteilungen durchdrungen sind, bleibt P.s-Rationalität der Leitgedanke allen Planens, und zwar schon deshalb, weil Nachvollziehbarkeit und Transparenz unstrittige Anforderungen sind.
Die Anreicherung dieses Konzepts um weitere Bestandteile kennzeichnet bes. die Haushalts-P.en der Kommunen (Gemeinde). Hier hat das Staatsleitbild „Aktivierender Staat“ seine kommunale Variante in der „Bürgerkommune“ gefunden. Dabei geht es um ein verstärktes Engagement der Bürgerschaft, insb. um deren Beteiligung an der Haushalts-P. („Bürgerhaushalt“), etwa durch Anregungen via Internet, ebenso um einen Wechsel von der Input- zur Outputsteuerung (NSM): Politische P. begnügt sich hier nicht mehr mit der Bereitstellung beantragter Haushaltsmittel (Input), sondern antizipiert und gewichtet auch schon deren Verwendung im Hinblick auf die beabsichtigten politischen Effekte (Output). Voraussetzung ist ein strategisches Steuerungssystem, das zum einen eine Profilbildung mittels Setzung politischer Schwerpunkte und Ziele, zum anderen eine Priorisierung der geplanten Maßnahmen und der Zuweisung finanzieller Ressourcen verbürgt.
Haushalts-P. zur erfolgsorientierten Gestaltung kommunaler Politikfelder i. S. d. NSM konkretisiert sich schließlich als Strategisches Management. Dessen Rahmen setzen bundes- und landesrechtliche sowie finanzielle Vorbehalte. Weiter erschweren unterschiedliche Handlungslogiken den Managementprozess. So sind an der Haushalts-P. der Finanzbürgermeister bzw. Kämmerer beteiligt, der für Entwurf und Umsetzung zuständig ist und deshalb schon in der Entwurfsphase, etwa zur Wahrung von Haushaltsdisziplin, substanzielle Vorentscheidungen über Mittelzuflüsse und -verwendungen trifft. Formal nahezu gleichgeordnet wirkt der Finanzausschuss mit, der das politische Kräfteverhältnis im Gemeinderat spiegelt. Dort konkurrieren Fraktionen und die mit ihnen verflochtenen Parteien um den kommunalpolitischen Output. Sache des Bürgermeisters ist Feststellung und Zuleitung des Entwurfs an den Gemeinderat, wobei der zu Abänderungen berechtigt ist. Handlungsorientierungen eigener Art spiegeln sich in Anregungen und Einwänden von Bürgern oder Bürgerinitiativen, die während der öffentlichen Auslegung des Haushaltsplans erhoben werden können. Solche finanz-, kommunal-, partei- oder lokalpolitischen, durch unterschiedliche Interessen und Ressourcen charakterisierte Logiken durchsetzen in ähnlicher Form fast alle politischen P.s-Prozesse.
3. Querschnittsplanung
Diese Form von P. ist nicht auf eine ressortspezifische Aufgabe fokussiert, sondern auf einen ressortübergreifenden Aufgabenkomplex. P.s-Gegenstand ist die Integration unterschiedlicher P.s-Ebenen, fachbezogener Charakteristika und kollidierender Interessen: Die Belange mehrerer beteiligter Fachinstanzen sind gegeneinander abzuwägen, auszugleichen und zu koordinieren, um Einzelpläne zu bündeln und in einen gesamtnutzenstiftenden Querschnittsplan einzubinden. P.s-Grundlage sind hierbei zumeist normierte Zielbestimmungen sowie politische Zielverarbeitungs- und Zielkonkretisierungsvorgaben. Dabei kann man zwischen einer fachinduzierten, d. h. einer ausschließlich aus fachplanerischer Perspektive verknüpften, und einer interessenreduzierten Querschnittsfunktion unterscheiden, die diskrepante Fach-P.en aus einer Gesamtperspektive koordiniert und integriert. Querschnitts-P.en sollen bspw. urbane Räume ordnen, eine überlokale Wasserversorgung gewährleisten oder grenzüberschreitende Umweltbelastungen reduzieren.
Bspw. zielt Umwelt-P. auf den Erhalt der naturhaften Umwelt. Schutzgüter sind etwa Artenvielfalt, Klimaschutz oder Luftreinhaltung. Solche P. mobilisiert unterschiedliche Kompetenzen und Wissensbestände, die intersektoral integriert werden müssen. Das sollen P.s-Akteure wie öffentliche Gebietskörperschaften (EU, Bund, Länder, Kommunen) und Interessengruppen (Unternehmens-, Umweltverbände, Bürgerinitiativen) leisten, die zumeist in Netzwerke eingebunden sind und oft die Akzeptanz geplanter Maßnahmen von der Wahrung ihrer Mitgliederbelange abhängig machen. So wird deutlich, dass politische Mehrebenenkoordination häufig an kaum vereinbarten Organisationsstrukturen der Gebietskörperschaften, an Blockadedrohungen im Bundesrat oder an der privilegierten Stellung eines Interessenverbandes zu scheitern droht, der aussichtsreich die Besitzstandwahrung seiner Mitglieder einfordern kann. Dann schafft Kooperation Legitimität nur für diejenigen, welche den geplanten Maßnahmenkatalog deshalb akzeptieren, weil sich ihre eigenen Belange durchsetzen lassen. Deshalb sind hierarchische Interventionen im P.s-Prozess unerlässlich.
Allerdings bleibt Kooperation das vorrangige Beziehungsmuster, um Informationen auszutauschen, Lernprozesse in Gang zu setzen oder Akzeptanz zu schaffen. Ferner wird auf experimentelle P.s-Verfahren wie Simulation gesetzt. Etwa können politikwissenschaftliche Simulationen auf umweltpolitisch relevante Aktionsbeziehungen fokussiert sein. Dann modelliert man mithilfe vorausgesetzter Variablenbeziehungen, statistischer Daten oder algorithmischer Entscheidungsregeln ein umweltpolitisches Handlungsfeld, um ein so konstruiertes interdependentes Sozialgefüge experimentell manipulieren und daraus resultierende Handlungseffekte oder Risiken antizipieren zu können.
4. Fachplanung
Dieser P.s-Typ, auch Ressort-P. oder sektorale P. genannt, nimmt einen fachspezifisch abgegrenzten Gegenstandsbereich ins Visier, etwa Bildung, Abfall oder Verkehr. Dabei geht es um eine sachangemessene, professionelle und produktive Lösung einer vorgegebenen politischen Aufgabe. Folglich werden zur Aufgabenbewältigung ressorttypische Wissenbestände und Kompetenzen und somit fachspezifische Rationalitäten mobilisiert, die eine Anknüpfung an andere Fach-P.en komplizieren, wenn nicht gar blockieren können. Der Anspruch, effektive und effiziente Lösungen für sektorale Aufgaben auszuarbeiten, konkretisiert sich zumeist in einem abgestuften Prozess, der von einer abstrakten Konzept-P. bis zu einer substanziellen Maßnahmen-P. reicht. Handelt es sich um Abstufungen im Mehrebenensystem wie bspw. bei Verkehrs-P.en, dann engt der Plan der jeweils höheren den P.s-Spielraum der nachfolgenden Stufe ein.
Auf diese Weise werden P.s-Verfahren zu hierarchisch geordneten und zentral organisierten Entscheidungsprozessen, auch wenn kooperative und dezentrale Beziehungsgeflechte aus EU-, Bundes-, Länder- und Kommunal-Instanzen eingebunden sind. Bspw. liegt im Fall von Bundesautobahnen die Planautorisierung beim Bund, die P.s-Initiative aber bei den Ländern, die über weite Handlungsspielräume verfügen. Dadurch können landespolitische oder korporatistische Präferenzen in die P. einfließen. Für solchen Verwaltungsföderalismus (Föderalismus) ist wiederum kennzeichnend, dass das Bundesministerium für Verkehr die landespolitischen P.s-Prozesse zwar steuern könnte, davon allerdings kaum Gebrauch macht. Deshalb bestimmen die Bundesländer im Wesentlichen den P.s-Prozess und können zahlreiche weitere Akteure mit widersprüchlichen Interessen wie IHKs, Bürgerinitiativen, Beratungsgesellschaften oder nicht zuletzt regionale und kommunale Gremien einbeziehen. Seit 2021 bündelt die Autobahn GmbH, eine Gesellschaft privaten Rechts, die P.s-Aktivitäten. Da seitdem die Rechts- und Fachaufsicht beim Fernstraßen-Bundesamt liegt, sind die Kontrollrechte der Parlamente obsolet, und ob damit das P.s-Verfahren effektiver wird, lässt sich bezweifeln: „Es handelt sich um eine P.s-Aufgabe mit signifikant örtlichem Bezug, die von einer zentralen Bundesbehörde nur schwer wahrgenommen werden kann“ und allenfalls zu einer parallelen P.s-Verwaltung auf Bundes- und Länderebene führt (Hermes/Weiß 2016: 37).
Auch wenn zudem komplexe Anforderungen wie Umweltverträglichkeit, Kosteneffizienz oder Nutzenabwägung ein Nebeneinander von einzelnen Fach-P.en mit sich bringen, wird nach wie vor ein rückgekoppelter P.s-Prozess mit Stufen wie Problemanalyse, Maßnahmencheck, Alternativenwahl, Planfeststellung, Planvollzug und Evaluation postuliert. Die Rückkoppelungsschleife modifiziert allerdings die rationale zur inkrementellen P., d. h. zur schrittweisen Anpassung an situative Veränderungen, was nicht nur eine Modifikation der Problemwahrnehmung, sondern auch der Zielvorgabe in Gang setzen kann.
5. Planungsdiskurs
So zentral P. in der politischen Praxis ist, so randständig ist sie bislang in der politikwissenschaftlichen Theorie. Seit erkannt wurde, dass rationale P.en an (z. B. intra- bzw. supranationaler) Verflechtung, an (etwa administrativer oder informationeller) Komplexität sowie an (z. B. risikobelasteter bzw. unkalkulierbarer) Kontingenz scheitern müssen, also an der begrenzten Problemverarbeitungskapazität des politisch-administrativen Systems, verdrängten Erklärungsmuster wie „Steuerungstheorie“ (Steuerung) oder „Governance“ die P.s-Theorie. Andererseits wird nach wie vor die Frage „Planning Theory: Reconstruction or Requiem?“ (Archibugi 2008: 1) so beantwortet, dass es um „the political ‚feasibility‘ of the plans“ (Archibugi 2008: 13) und deshalb um Theoriewiederbelebung gehen müsse.
Neuere P.s-Theorien nehmen weniger die regelorientierte P.s-Praxis als vielmehr eine zielorientierte, projekthaft operationalisierte, informelle und kooperative P.s-Praxis ins Visier. Dazu nutzt man Begriffe wie communicative planning (gemeint ist die Einbeziehung von durch P.s-Prozesse Betroffenen oder an der P. Interessierten), collaborative planning (i. S. eines demokratischen Zielfindungs- und Konfliktmanagements) oder evolutionary planning (das zur Bewältigung von Umweltkomplexität auf Pfadabhängigkeiten Bezug nimmt). Derlei Ansätze gehen also davon aus, dass effektive P., abgesehen von einem zweckgemäß organisierten P.s-System, die Partizipation der Stakeholder, ein Management der Alternativenwahl oder eine nachvollziehbare Einschätzung der Entscheidungskorridore voraussetzt. P. versteht sich folglich weniger als rationale, sondern v. a. als pragmatische Zukunftsgestaltung durch „deliberative practitioners“ (Peters 2004: 10; Herv. i. O.). Bei solchen Beschreibungen sozio-politischer P.s-Strukturen und machbarer P.s-Prozesse handelt es sich allerdings weniger um Theorien als vielmehr um Modelle.
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A. Görlitz: Planung, II. Politische Formen und Bedeutung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Planung (abgerufen: 24.11.2024)
III. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung
Abschnitt drucken1. Begriffe und Kategorien
Jede staatliche Tätigkeit schließt auch vorausschauende planerische Aspekte ein. Bereits Josefs Deutung der Träume des Pharaos und seine Forderung, die bevorstehenden sieben reichen Jahre in Ägypten zur Vorsorge für die folgenden sieben Jahre des Hungers zu nutzen (Gen 41), verdeutlichen die Notwendigkeit einer nachhaltigen zukunftsgerichteten P. So erfordert bspw. die Gewährleistung eines staatlich verantworteten Schulsystems zwingend auch die vorausschauende personalplanerische Ausbildung des künftigen Lehrpersonals. Umfang und Stellenwert planender Staatstätigkeit unterlagen indes immer wieder gewissen Konjunkturen. Während nach einer euphorischen P.s-Tätigkeit der 60er und 70er Jahre zu Beginn der 80er Jahre zunächst eine Phase der Ernüchterung eingetreten war, ist seit über einem Jahrzehnt wiederum – vielfach ausgelöst durch Impulse der EU, aber auch im Zuge der deutschen Energiewende – ein neues Vertrauen in die Planbarkeit politischer Prozesse und in die Steuerungskraft der P. (Steuerung) vorherrschend.
Bereits im GG finden sich Vorgaben bspw. für die Haushalts-, Finanz- und Verteidigungs-P. (Art. 110 ff., Art. 106 Abs. 3, Art. 53a Abs. 2 GG). Dennoch und trotz zahlreicher Definitionsversuche ist der Begriff der P. stets ein Stück weit unscharf geblieben. Er wird v. a. durch die Elemente der Zukunftsbezogenheit, der Zielorientiertheit, der Prognostik (Prognose) und des Bestehens eines konkreten Zeithorizonts charakterisiert. In einem engeren Sinn umfasst das Recht der P. die Summe jener Normen, die die hoheitlich autorisierte, förmlich-systematische Nutzung des Raums regeln. Kennzeichnend für diese eigentliche Raum-P. (Raumordnung und Landesplanung) sind die Notwendigkeit einer Berücksichtigung vielfältiger räumlicher Nutzungsansprüche sowie das Ziel der Schaffung eines räumlichen Ordnungsrahmens.
Die vielgestaltige räumliche P.s-Tätigkeit wird in Deutschland zumeist in die beiden Grundkategorien der Gesamt- und der Fach-P.en eingeteilt. Die Gesamt-P. untergliedert sich in die auf einer überörtlichen Ebene betriebene staatliche Raumordnung und die auf der örtlichen Ebene stattfindende kommunale Bauleit-P. (Baurecht). Demgegenüber schließt die unscharfe Kategorie der Fach-P.en eine Reihe unterschiedlicher raumbeanspruchender P.en mit den Untergruppen der Planfeststellungen, der Nutzungsregelungen und der sonstigen Fach-P.en ein. Kennzeichnend für die Fach-P. ist die fachliche Beschränkung auf bestimmte sektorale Einzelmaterien und Projekte – es geht bspw. um die Festsetzung von Naturschutzgebieten oder die Zulassung von Eisenbahnen und Wasserstraßen –, während die Gesamt-P. – also die Raumordnung und die Bauleit-P. – den Raum aus einer überfachlichen Perspektive gestaltet.
2. Grundstrukturen der Planung
Die verschiedenen P.s-Arten sind aus historischen und funktionalen Gründen teilweise sehr unterschiedlich ausgestaltet und weisen erhebliche verfahrens- und materiell-rechtliche Unterschiede auf. Als Querschnittsaufgabe bestehen für die P. zudem auch keine einheitlichen Gesetzgebungs- oder Vollzugskompetenzen. Diese sind vielmehr auf Bund und Länder verteilt. Gesamt- und Fachplanungsgesetze verfolgen ferner unterschiedliche Zwecke und stellen unterschiedliche P.s-Aufgaben: Den überfachlichen Gestaltungs- und Koordinationsaufträgen der Raumordnung und der Bauleit-P. steht die fachlich begrenzte Ziel- und Zweckrichtung der einzelnen Fach-P.en gegenüber. Dabei ergeben sich bisweilen auch Zielkonflikte, da eine Fläche nicht zugleich Straße, Tagebau oder Naturschutzgebiet sein kann. Das P.s-Recht stellt sich damit als komplexes Zusammenspiel ganz unterschiedlicher P.s-Träger mit divergierenden Interessen und Präferenzen, Handlungsformen und Rechtsgrundlagen dar, deren P.en jedoch auf dieselben Flächen bezogen sind.
Dennoch lassen sich einige einheitliche Grundstrukturen des gesamten P.s-Rechts nachweisen. Speziell für die Raum-P.en ist das offensichtlichste gemeinsame Kennzeichen ihr Raumbezug: Alle hoheitlichen P.en sind als Teile einer vielgestaltigen öffentlichen P.s-Tätigkeit geprägt durch eine Gestaltungsfreiheit, die dem Ansatz nach die richterliche Kontrolle begrenzt, sowie im weitesten Sinne durch die Verfolgung von Gemeinwohlbelangen (Gemeinwohl). Daneben sind auch die rechtlichen Anforderungen an die Raum-P. – dies v. a. aufgrund ihrer Erschließung durch die höchstrichterliche Judikatur – teilweise identisch: Kennzeichnend ist zunächst das Erfordernis der Planrechtfertigung, die der planerischen Ausgestaltung vorgelagerte Prüfung, ob und unter welchen Umständen eine P. und ihre Auswirkungen zur Verwirklichung der Ziele des jeweiligen P.s-Gesetzes überhaupt geboten erscheinen. Hinzu tritt als – weniger charakteristisches, gleichwohl aber nicht zu vernachlässigendes – Kennzeichen die Bindung jeder Raum-P. an zwingendes Recht. Ein bes. hervorstechendes, geradezu begriffsprägendes gemeinsames Erfordernis aller Raum-P.en ist schließlich das sogleich näher vorzustellende planerische Abwägungsgebot.
3. Das Zusammentreffen vielfältiger Belange und das Abwägungsgebot
Kennzeichnend für die Raum-P. ist regelmäßig die Notwendigkeit, eine räumliche Verwaltungsentscheidung zu treffen, die aufgrund der Vielzahl der betroffenen Interessen so komplex ist, dass der Gesetzgeber den Ausgleich der betroffenen Belange durch die Schaffung eines konditionalen Zulassungstatbestandes kaum mehr vollständig herzustellen vermag, weil sich – wie dies das BVerfG formuliert – eine „sachgerechte Bewältigung dieser Konflikte einer detaillierten Regelung durch das Gesetz“ entzieht (BVerfG, Beschl. vom 6.6.1989 – 1 BvR 921/85 –, BVerfGE 80,137,163). Die Vielfalt der betroffenen Belange und die Unmöglichkeit, den Vorgang und das Ergebnis der Raumgestaltung gesetzgeberisch eindeutig zu determinieren, gelten als begriffsprägende Merkmale jeder P.s-Entscheidung. Diese bes. Situation einer Vielzahl „zueinander komplexer Interessen, die überdies meist in eigentümlicher Weise miteinander verschränkt sind“, sodass deren Ausgleich nach Regeln zu erfolgen hat, „die dem Wesen der Planung angemessen sind“, bildete die Grundlage für die Entwicklung eines allgemein geltenden rechtstaatlichen Gebots der gerechten Abwägung aller von der P. berührten öffentlichen und privaten Belange durch die Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 30.4.1969 – IV C 6.68 –, NJW 1969: 1868). Das planerische Abwägungsgebot bildet in der Sache eine „Konfliktschlichtungsformel“, die auf der Ebene der konkreten P.s-Entscheidung einen umfassenden Ausgleich der betroffenen Belange ermöglicht.
Dieses heute für sämtliche Raum-P.en kennzeichnende Gebot der gerechten Abwägung aller betroffenen Belange ergibt sich unabhängig von seinen gesetzlichen Positivierungen etwa in § 1 Abs. 7 BauGB sowie in den meisten Fach-P.s-Gesetzen bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip (Rechtsstaat) und den betroffenen Grundrechten. Meist werden räumliche P.en nämlich durch multipolare Konflikte verfassungsrechtlich geschützter Belange – etwa dem Konflikt zwischen der Berufsfreiheit und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen – geprägt, so dass die planerische Entscheidung der Zulassungsbehörde zugleich zwingend eine verfassungsrechtlich relevante Abwägung beinhaltet. Da Raum-P.en unmittelbar oder mittelbar stets die Nutzung der erfassten oder benachbarten Grundstücke betreffen, zählt v. a. das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum, dem für die verfassungsrechtliche Herleitung des Abwägungsgebots eine bes. historische Bedeutung zukommt, zu den abwägungserheblichen privaten Belangen. Dasselbe gilt für die gemeindliche P.s-Hoheit, soweit diese durch eine überörtliche P. beschränkt wird; insofern gebietet Art. 28 GG nach ganz herrschender Lehre die Berücksichtigung der gemeindlichen Entwicklungsinteressen und die vorgelagerte Anhörung der Gemeinden. Bei umweltrelevanten P.en werden sich planungsrechtlich relevante Belange auch aus anderen Grundrechtspositionen ergeben, insb. aus Art. 2 Abs. 2 GG im Hinblick auf den Gesundheitsschutz. Den Naturschutzbelangen verleiht im Rahmen der planerischen Abwägung die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG besonderes Gewicht. Im Fall eines privaten planerischen Vorhabens sind schließlich auch die Grundrechte des Antragstellers aus Art. 12 und 14 GG zu beachten.
Inhaltlich verlangt das Abwägungsgebot, die von einem Plan berührten schutzwürdigen Belange vollständig zu ermitteln, objektiv zu gewichten, gegeneinander und untereinander abzuwägen und die ausgelösten Konflikte in einer Weise zu bewältigen, dass es nicht zu einer unverhältnismäßigen Hintanstellung einzelner Belange kommt. Für die gerichtliche Überprüfung der Abwägungsentscheidung gelten die Maßstäbe der sogenannten Abwägungsfehlerlehre. Die hohe Kontrolldichte der Gerichte bei der Überprüfung dieses anspruchsvollen Konfliktbewältigungsprogramms hat indes z. T. dazu geführt, durch Normierung eines allgemeinen „Grundsatzes der Planerhaltung“ die Konsequenzen der Abwägungsfehlerlehre wieder einzuschränken.
Literatur
H.-J. Koch/R. Hendler: Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 62015 • J. Ziekow (Hg.): Hdb. des Fachplanungsrechts, 22014 • R. Steinberg/M. Wickel/H. Müller: Fachplanung, 42012 • K. Gärditz: Europäisches Planungsrecht, 2009 • W. Durner: Konflikte räumlicher Planungen, 2005 • W. Blümel: Beiträge zum Planungsrecht 1959–2000, 2004 • W. Hoppe: Grundfragen des Planungsrechts, 1998 • M. Ronellenfitsch: Einführung in das Planungsrecht, 1986 • R. Breuer: Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968.
Empfohlene Zitierweise
W. Durner: Planung, III. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Planung (abgerufen: 24.11.2024)