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Dies ist v.&nbsp;a. bei monopol- und monopsonartigen Marktkonstellationen der Fall ([[Marktformen]]). Bei Angebotsmonopolen wird A. durch den Monopolisten insofern betrieben, da er zum einen einzelne Produktionsfaktoren zu gering entlohnen und zum anderen von Konsumenten einen höheren Preis verlangen oder in geringerer Qualität liefern kann. Auf monopsonartigen Märkten ist A. an den im [[Wettbewerb]] stehenden Anbietern durch den einzigen großen Nachfrager möglich. Es ist die Aufgabe von Wettbewerbspolitik diesen Tendenzen entgegenzuwirken.
 
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<h3>3. Dependenztheorien</h3>
 
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Historisch stellt sich die Frage der A. auch in Bezug auf Staaten und im Besonderen auf Abhängigkeiten zwischen wirtschaftlich entwickelten Gesellschaften des „Nordens“ und unterentwickelten Staaten des „Südens“. Hierbei kann der historische [[Imperialismus]] westlicher Staaten als A. gedeutet werden. Moderne Dependenztheorien sehen Wertschöpfungsketten, Produktionsstrukturen, Handelsabkommen und supranationale politische Organisationen ([[Internationale Organisationen]]) für die wirtschaftliche Unterentwicklung bestimmter Weltregionen als verantwortlich. Laut der Dependenztheorie ist die Zuweisung von dauerhaft nachrangigen Positionen in der {{ #staatslexikon_articlemissing: Weltwirtschaft | Weltwirtschaft }} an Entwicklungsländer das Ziel westlicher Staaten, was als A. bezeichnet werden kann. So wird z.&nbsp;B. der Export von subventionierten europäischen Agrarprodukten auf afrikanische Märkte häufig als A. verstanden, da es zur Erosion der Produktionsstrukturen in den importierenden Staaten kommt. Grund dafür ist, dass die Produktionsmethoden vor Ort nicht mit den technischen Möglichkeiten europäischer Hersteller mithalten können.
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Historisch stellt sich die Frage der A. auch in Bezug auf Staaten und im Besonderen auf Abhängigkeiten zwischen wirtschaftlich entwickelten Gesellschaften des „Nordens“ und unterentwickelten Staaten des „Südens“. Hierbei kann der historische [[Imperialismus]] westlicher Staaten als A. gedeutet werden. Moderne Dependenztheorien sehen Wertschöpfungsketten, Produktionsstrukturen, Handelsabkommen und supranationale politische Organisationen ([[Internationale Organisationen]]) für die wirtschaftliche Unterentwicklung bestimmter Weltregionen als verantwortlich. Laut der Dependenztheorie ist die Zuweisung von dauerhaft nachrangigen Positionen in der [[Weltwirtschaft]] an Entwicklungsländer das Ziel westlicher Staaten, was als A. bezeichnet werden kann. So wird z.&nbsp;B. der Export von subventionierten europäischen Agrarprodukten auf afrikanische Märkte häufig als A. verstanden, da es zur Erosion der Produktionsstrukturen in den importierenden Staaten kommt. Grund dafür ist, dass die Produktionsmethoden vor Ort nicht mit den technischen Möglichkeiten europäischer Hersteller mithalten können.
 
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Zur Verhinderung von A. werden sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene Maßnahmen getroffen, um sie einzudämmen oder vollständig abzuschaffen. Hier sind v.&nbsp;a. Deklarationen der [[Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO)|ILO]] (ILO-Konventionen 105, 138 und 182) und der {{ #staatslexikon_articlemissing: UNO | Vereinte Nationen (United Nations Organization, UNO) }} (UN-Kinderrechtskonvention sowie diverse Zusatzprotokolle) zu nennen. Auch Entwicklungszusammenarbeit ([[Entwicklungspolitik]]) und der Aufbau von Institutionen können als Maßnahmen zur Reduktion von A. verstanden werden. Auf nationaler Ebene kommen der Wettbewerbspolitik, dem [[Arbeitsrecht]] und den Tarifverhandlungen wichtige Rollen zu.
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Zur Verhinderung von A. werden sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene Maßnahmen getroffen, um sie einzudämmen oder vollständig abzuschaffen. Hier sind v.&nbsp;a. Deklarationen der [[Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO)|ILO]] (ILO-Konventionen 105, 138 und 182) und der [[Vereinte Nationen (UNO, United Nations Organization)|UNO]] (UN-Kinderrechtskonvention sowie diverse Zusatzprotokolle) zu nennen. Auch Entwicklungszusammenarbeit ([[Entwicklungspolitik]]) und der Aufbau von Institutionen können als Maßnahmen zur Reduktion von A. verstanden werden. Auf nationaler Ebene kommen der Wettbewerbspolitik, dem [[Arbeitsrecht]] und den Tarifverhandlungen wichtige Rollen zu.
 
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Die aktuell häufige Verwendung des Begriffs A. ist nicht immer glücklich. Seine Verwendung ist für seriöse sozialwissenschaftliche Forschung insofern nicht hilfreich, da er eher präjudiziert als zu einer umfassenden Diskussion über die behandelten Sachverhalte anregt. Nichtsdestotrotz existiert in heutigen Gesellschaften A. in verschiedenen Ausprägungen und ihre Beseitigung muss als eines der drängendsten und wichtigsten Ziele einer erfolgreichen {{ #staatslexikon_articlemissing: Wirtschafts- | Wirtschaftspolitik }} und {{ #staatslexikon_articlemissing: Sozialpolitik | Sozialpolitik }} angesehen werden.
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Die aktuell häufige Verwendung des Begriffs A. ist nicht immer glücklich. Seine Verwendung ist für seriöse sozialwissenschaftliche Forschung insofern nicht hilfreich, da er eher präjudiziert als zu einer umfassenden Diskussion über die behandelten Sachverhalte anregt. Nichtsdestotrotz existiert in heutigen Gesellschaften A. in verschiedenen Ausprägungen und ihre Beseitigung muss als eines der drängendsten und wichtigsten Ziele einer erfolgreichen [[Wirtschaftspolitik|Wirtschafts-]] und [[Sozialpolitik]] angesehen werden.
 
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R. Fritz, N. Goldschmidt: Ausbeutung, I. Ausbeutung in der Wirtschaftstheorie, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Ausbeutung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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In der [[Christliche Sozialethik|christlichen Sozialethik]] und in den Soziallehren der Kirchen dominiert die Befürwortung einer Marktwirtschaft mit Privateigentum ([[Eigentum]]) an Produktionsmitteln ({{ #staatslexikon_articlemissing: Wirtschaftsordnungen | Wirtschaftsordnungen }}); ein unmittelbarer Anschluss an die Mehrwerttheorie und an den A.s-Begriff von Karl Marx bleibt die Ausnahme. Es gibt aber insb. innerhalb der [[Katholische Soziallehre|katholischen Soziallehre]] eine kapitalismuskritische Tradition, die sich auch auf den A.s-Begriff bezogen hat.
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In der [[Christliche Sozialethik|christlichen Sozialethik]] und in den Soziallehren der Kirchen dominiert die Befürwortung einer Marktwirtschaft mit Privateigentum ([[Eigentum]]) an Produktionsmitteln ([[Wirtschaftsordnungen]]); ein unmittelbarer Anschluss an die Mehrwerttheorie und an den A.s-Begriff von Karl Marx bleibt die Ausnahme. Es gibt aber insb. innerhalb der [[Katholische Soziallehre|katholischen Soziallehre]] eine kapitalismuskritische Tradition, die sich auch auf den A.s-Begriff bezogen hat.
 
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<h3>1. Kritik der Ausbeutung in katholischer Soziallehre und Sozialethik</h3>
 
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In der Sozialenzyklika „Rerum novarum“ (1891) ({{ #staatslexikon_articlemissing: Sozialenzykliken | Sozialenzykliken }}) wird die aus der liberalen politischen Philosophie übernommene naturrechtliche Eigentumsbegründung mit einer scharfen Kritik der A.s-Verhältnisse der Lohnarbeiterschaft kombiniert: Die kleine Minderheit der Besitzenden habe der Masse der lohnabhängig Beschäftigten ein unerträgliches Joch auferlegt, es regiere {{ #staatslexikon_articlemissing: Wucher | Wucher }}, Habsucht und Gier (Rerum novarum 1&nbsp;f.). Die Lösung des Problems liege in der sozialen Verpflichtung des [[Eigentum|Eigentums]]. Während also die Analyse der Situation an die marxistische Analyse erinnert, wird die „Entproletarisierung des Proletariats“ in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931) durch eine „Entgiftung des [[Kapitalismus]]“ angestrebt. Ein wichtiges Motiv wurde in diesem Zusammenhang der „gerechte [[Lohn]]“, der als „Familienlohn“ ein „standesgemäßes“ Leben ermöglichen und ausreichen sollte, um eine Familie zu ernähren (Quadragesimo anno 198–202). Die Konstitution GS (1965) des {{ #staatslexikon_articlemissing: Zweiten Vatikanischen Konzils | Zweites Vatikanisches Konzil }} beschreibt mit dem „Latifundienproblem“ erstmals eine Form der A., die dem Privateigentum die Legitimität entzieht (GS 71), und schließt die [[Enteignung]] der Großgrundbesitzer als angemessene Maßnahme nicht aus. Seit der Enzyklika „Populorum progressio“ (1967) wird A. zunehmend in globaler Perspektive kritisiert (Populorum progressio 21). Das Pontifikat Johannes Pauls&nbsp;II. bringt wichtige systematische Zuspitzungen eines sozialethischen A.s-Begriffs: Die Enzyklika „Laborem exercens“ (1981) nimmt die Formulierung vom „Vorrang der [[Arbeit]]“ (GS 67) als „unmittelbarer Ausfluss der Person“ auf; sie genieße deshalb „Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens“, insb. vor dem Kapital. Die Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ integriert wichtige Motive der Kapitalismuskritik der Befreiungstheologie ({{ #staatslexikon_articlemissing: Theologie der Befreiung | Theologie der Befreiung }}) in die Soziallehre der Kirche, einschließlich der Kritik globaler Strukturen der A. In der Enzyklika „Centesimus annus“ (1991) schließlich wendet sich Johannes Paul&nbsp;II. gegen die „Nebel der Ideologie“ des [[Marxismus]], kehrt aber zugleich zu einer äußerst scharfen Kritik an einer „wie zur Zeit von ‚Rerum novarum‘ […] unmenschlichen A.“ zurück, weil das „menschliche Defizit des Kapitalismus mit der daraus sich ergebenden Herrschaft der Dinge über die Menschen keineswegs überwunden“ sei (Centesimus annus 33). Papst Franziskus geht in dem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ (2013) über diesen A.-Begriff ausdrücklich hinaus: „Mit der Ausschließung ist die Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, in der man lebt, an ihrer Wurzel getroffen, denn durch sie befindet man sich nicht in der Unterschicht, am Rande oder gehört zu den Machtlosen, sondern man steht draußen. Die Ausgeschlossenen sind nicht ‚Ausgebeutete‘, sondern ‚Müll‘, ‚Abfall‘“ (Evangelii gaudium 53).
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In der Sozialenzyklika „Rerum novarum“ (1891) ([[Sozialenzykliken]]) wird die aus der liberalen politischen Philosophie übernommene naturrechtliche Eigentumsbegründung mit einer scharfen Kritik der A.s-Verhältnisse der Lohnarbeiterschaft kombiniert: Die kleine Minderheit der Besitzenden habe der Masse der lohnabhängig Beschäftigten ein unerträgliches Joch auferlegt, es regiere [[Wucher]], Habsucht und Gier (Rerum novarum 1&nbsp;f.). Die Lösung des Problems liege in der sozialen Verpflichtung des [[Eigentum|Eigentums]]. Während also die Analyse der Situation an die marxistische Analyse erinnert, wird die „Entproletarisierung des Proletariats“ in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931) durch eine „Entgiftung des [[Kapitalismus]]“ angestrebt. Ein wichtiges Motiv wurde in diesem Zusammenhang der „gerechte [[Lohn]]“, der als „Familienlohn“ ein „standesgemäßes“ Leben ermöglichen und ausreichen sollte, um eine Familie zu ernähren (Quadragesimo anno 198–202). Die Konstitution GS (1965) des [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzils]] beschreibt mit dem „Latifundienproblem“ erstmals eine Form der A., die dem Privateigentum die Legitimität entzieht (GS 71), und schließt die [[Enteignung]] der Großgrundbesitzer als angemessene Maßnahme nicht aus. Seit der Enzyklika „Populorum progressio“ (1967) wird A. zunehmend in globaler Perspektive kritisiert (Populorum progressio 21). Das Pontifikat Johannes Pauls&nbsp;II. bringt wichtige systematische Zuspitzungen eines sozialethischen A.s-Begriffs: Die Enzyklika „Laborem exercens“ (1981) nimmt die Formulierung vom „Vorrang der [[Arbeit]]“ (GS 67) als „unmittelbarer Ausfluss der Person“ auf; sie genieße deshalb „Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens“, insb. vor dem Kapital. Die Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ integriert wichtige Motive der Kapitalismuskritik der Befreiungstheologie ([[Theologie der Befreiung]]) in die Soziallehre der Kirche, einschließlich der Kritik globaler Strukturen der A. In der Enzyklika „Centesimus annus“ (1991) schließlich wendet sich Johannes Paul&nbsp;II. gegen die „Nebel der Ideologie“ des [[Marxismus]], kehrt aber zugleich zu einer äußerst scharfen Kritik an einer „wie zur Zeit von ‚Rerum novarum‘ […] unmenschlichen A.“ zurück, weil das „menschliche Defizit des Kapitalismus mit der daraus sich ergebenden Herrschaft der Dinge über die Menschen keineswegs überwunden“ sei (Centesimus annus 33). Papst Franziskus geht in dem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ (2013) über diesen A.-Begriff ausdrücklich hinaus: „Mit der Ausschließung ist die Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, in der man lebt, an ihrer Wurzel getroffen, denn durch sie befindet man sich nicht in der Unterschicht, am Rande oder gehört zu den Machtlosen, sondern man steht draußen. Die Ausgeschlossenen sind nicht ‚Ausgebeutete‘, sondern ‚Müll‘, ‚Abfall‘“ (Evangelii gaudium 53).
 
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<h3>2. Ausdehnung des Ausbeutungsbegriffs auf Umwelt und Natur</h3>
 
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In anderem Zusammenhang und mit allenfalls assoziativem Bezug zu K.&nbsp;Marx’ Mehrwerttheorie wird der Ausdruck A. spätestens seit den frühen 1970er Jahren sowohl in der sozialethischen Theoriebildung als auch in der kirchlichen Sozialverkündigung (Enzyklika „Octogesima adveniens“ 21) häufiger verwendet. In einem theologisch-ethischen Rekurs auf die biblischen Schöpfungsmythen sei ein Widerspruch gegen die „Ausbeutung der Natur“ abzuleiten, die ein bes.s Phänomen der [[Neuzeit]] sei (Honecker 1995: 249). Diese Form der A. stelle eine „ökologische Theologie“ die Forderung nach „Solidarität im Konflikt zwischen Mensch und Natur“ gegenüber (Honecker 1995: 250). Auch in den einschlägigen Dokumenten der evangelischen und katholischen Kirche wird das Motiv der A. der [[Natur]] und der A. der Rohstoffe seit vielen Jahren verwendet. Mit „Laudato si’“ (2015) liegt erstmals eine Enzyklika vor, die sich umfassend mit Umweltfragen beschäftigt und ein Übermaß an Treibhausgasemission, übersteigertes Konsumverhalten und mangelnden {{ #staatslexikon_articlemissing: Umweltschutz | Umweltschutz }} als A. am Planeten Erde beklagt.
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In anderem Zusammenhang und mit allenfalls assoziativem Bezug zu K.&nbsp;Marx’ Mehrwerttheorie wird der Ausdruck A. spätestens seit den frühen 1970er Jahren sowohl in der sozialethischen Theoriebildung als auch in der kirchlichen Sozialverkündigung (Enzyklika „Octogesima adveniens“ 21) häufiger verwendet. In einem theologisch-ethischen Rekurs auf die biblischen Schöpfungsmythen sei ein Widerspruch gegen die „Ausbeutung der Natur“ abzuleiten, die ein bes.s Phänomen der [[Neuzeit]] sei (Honecker 1995: 249). Diese Form der A. stelle eine „ökologische Theologie“ die Forderung nach „Solidarität im Konflikt zwischen Mensch und Natur“ gegenüber (Honecker 1995: 250). Auch in den einschlägigen Dokumenten der evangelischen und katholischen Kirche wird das Motiv der A. der [[Natur]] und der A. der Rohstoffe seit vielen Jahren verwendet. Mit „Laudato si’“ (2015) liegt erstmals eine Enzyklika vor, die sich umfassend mit Umweltfragen beschäftigt und ein Übermaß an Treibhausgasemission, übersteigertes Konsumverhalten und mangelnden [[Umweltschutz]] als A. am Planeten Erde beklagt.
 
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C. Spieß: Ausbeutung, II. Sozialethik, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Ausbeutung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 8. Juni 2022, 08:12 Uhr

  1. I. Ausbeutung in der Wirtschaftstheorie
  2. II. Sozialethik

I. Ausbeutung in der Wirtschaftstheorie

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In der Wirtschaftswissenschaft bezeichnet A. urspr. eine Situation, in der einem wirtschaftlichen Akteur ein Teil der Entlohnung (Lohn), die ihm für eine erbrachte Arbeitsleistung zustehen würde, vorenthalten wird. Die Ursache dafür ist i. d. R. die Machtdifferenz zwischen den Akteuren, d. h. zwischen Ausbeutendem und Ausgebeutetem.

1. Die Marx’sche Theorie der Ausbeutung

Die erste systematische Beschäftigung mit A. geht auf Karl Marx zurück. A. resultiert aus der ungleichen Verteilung von Produktionsmitteln und der Preisbildung. Die Besitzer der gesellschaftlichen Produktionsmittel unterscheiden sich von den „Proletariern“ (Proletariat) dadurch, dass letzteren zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausschließlich der Verkauf ihrer eigenen Arbeitskraft zur Verfügung steht, während die Besitzer (Kapitalisten) zur Lebenshaltung auch auf Produktionsmittel zurückgreifen können. K. Marx unterscheidet hierbei zwischen konstantem Kapital (Produktionsmittel) und variablem Kapital (Arbeit, die in einen Produktionsprozess einfließt).

Der Mehrwert, der bei der Produktion und dem anschließenden Verkauf eines Gutes entsteht, ergibt sich für K. Marx aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis und den Ausgaben für Kapital. Der Mehrwert wird vollständig von den Kapitalisten angeeignet; die Arbeiter werden für einen Teil der von ihnen geleisteten Arbeit nicht entlohnt, was für K. Marx den Tatbestand der A. darstellt. Die Maßzahl m/v (das Verhältnis von erzieltem Mehrwert zu der zum Einsatz gebrachten Arbeitskraft) gilt als Grad an A. in einer Gesellschaft. Allg. sah K. Marx für kapitalistische Gesellschaften (Kapitalismus) auf Grund des Gesetzes vom tendenziellen Fall der Profitrate einen Anstieg von A.; dadurch komme es zu zunehmender Kapitalkonzentration, ökonomischer Ungleichheit und einer Verarmung der arbeitenden Massen.

2. Ausbeutung in der zeitgenössischen Wirtschaftswissenschaft

In der zeitgenössischen Wirtschaftswissenschaft, insb. in der neoklassischen Preistheorie, wird dem Konzept der A. kein allzu großer Platz eingeräumt. Idealzustand ist die vollständige Konkurrenz, bei der es zu keiner A. kommt, da jedem Produktionsfaktor jene Entlohnung zuteil wird, die dieser dem Endprodukt hinzufügt. A. ist somit nur dort möglich, wo die reale Ausgestaltung von Märkten (Markt) vom Ideal der vollkommenen Konkurrenz abweicht.

Dies ist v. a. bei monopol- und monopsonartigen Marktkonstellationen der Fall (Marktformen). Bei Angebotsmonopolen wird A. durch den Monopolisten insofern betrieben, da er zum einen einzelne Produktionsfaktoren zu gering entlohnen und zum anderen von Konsumenten einen höheren Preis verlangen oder in geringerer Qualität liefern kann. Auf monopsonartigen Märkten ist A. an den im Wettbewerb stehenden Anbietern durch den einzigen großen Nachfrager möglich. Es ist die Aufgabe von Wettbewerbspolitik diesen Tendenzen entgegenzuwirken.

Beide beschriebenen Effekte treten – in abgeschwächter Form – auch auf oligopolen und oligopsonen Märkten auf. Auf Arbeitsmärkten (Arbeitsmarkt) wird das Potential zur A. durch bilaterale Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern (Arbeitgeberverbände) begrenzt.

3. Dependenztheorien

Historisch stellt sich die Frage der A. auch in Bezug auf Staaten und im Besonderen auf Abhängigkeiten zwischen wirtschaftlich entwickelten Gesellschaften des „Nordens“ und unterentwickelten Staaten des „Südens“. Hierbei kann der historische Imperialismus westlicher Staaten als A. gedeutet werden. Moderne Dependenztheorien sehen Wertschöpfungsketten, Produktionsstrukturen, Handelsabkommen und supranationale politische Organisationen (Internationale Organisationen) für die wirtschaftliche Unterentwicklung bestimmter Weltregionen als verantwortlich. Laut der Dependenztheorie ist die Zuweisung von dauerhaft nachrangigen Positionen in der Weltwirtschaft an Entwicklungsländer das Ziel westlicher Staaten, was als A. bezeichnet werden kann. So wird z. B. der Export von subventionierten europäischen Agrarprodukten auf afrikanische Märkte häufig als A. verstanden, da es zur Erosion der Produktionsstrukturen in den importierenden Staaten kommt. Grund dafür ist, dass die Produktionsmethoden vor Ort nicht mit den technischen Möglichkeiten europäischer Hersteller mithalten können.

Auch die Auslagerung von Produktionsprozessen in einkommensschwache Staaten um Lohnkosten zu sparen und geringere Aufwendungen für Maßnahmen des Arbeitsschutzes leisten zu müssen, kann als A. dargestellt werden.

4. Weitere Ausbeutungsverhältnisse

4.1 Ausbeutung von natürlichen Ressourcen

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte lässt sich, zumindest in westlichen Gesellschaften, eine generelle gesellschaftliche Sensibilisierung für Umweltfragen beobachten. Vielfach wird der natürlichen Umgebung ein eigener Wert zugerechnet, dessen Zerstörung als A. gedeutet wird. Zugleich wird mittlerweile der Begriff A. auch auf den Verbrauch und die Zerstörung natürlicher Ressourcen zulasten zukünftiger Generationen angewendet.

4.2 Kinderarbeit

Das Phänomen der Kinderarbeit und der damit verbundenen A. ist v. a. in wirtschaftlich schwachen Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas zu beobachten. Hierbei ist nicht jegliche Tätigkeit, die von Kindern und Jugendlichen ausgeführt wird per se zu kritisieren, sondern insb. solche Tätigkeiten, die Kinder körperlich oder psychisch gefährden sowie deren schulische Ausbildung einschränken bzw. unmöglich machen. Schätzungen zu Folge sind weltweit ca. 170 Mio. Kinder davon betroffen. Ein bes.s Problem ist, dass Kinderarbeit nicht nur Folge von Armut ist, sondern diese – auf Grund des verringerten Aufbaus von Humankapital – auch bedingt. Bes. schwerwiegende Formen der A. von Kindern und Jugendlichen sind Zwangsprostitution (Prostitution)und sexueller Missbrauch sowie die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten.

4.3 Diskriminierung von Frauen

In modernen westlichen Gesellschaften findet A. von Frauen insb. auf Arbeitsmärkten (Arbeitsmarkt) statt. Hierbei sind v. a. geschlechterspezifische Unterschiede in der Entlohnung von Relevanz. Der durchschnittliche Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern bemisst sich in Deutschland auf ca. 20 %, wobei Teile davon mit divergierenden Ausbildungspräferenzen sowie unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen erklärt werden können.

Eine erhebliche Diskriminierung und A. von Frauen, die weit über eine Ungleichbehandlung auf Arbeitsmärkten hinausgeht, findet sich häufig in wirtschaftlich schwachen und politisch ideologisierten Staaten. Dazu zählen Arbeitsverbote, fehlende politische Teilhaberechte, öffentliche Diskriminierung und sexuelle A. (Geschlechtergerechtigkeit)

5. Maßnahmen gegen Ausbeutung

Zur Verhinderung von A. werden sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene Maßnahmen getroffen, um sie einzudämmen oder vollständig abzuschaffen. Hier sind v. a. Deklarationen der ILO (ILO-Konventionen 105, 138 und 182) und der UNO (UN-Kinderrechtskonvention sowie diverse Zusatzprotokolle) zu nennen. Auch Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungspolitik) und der Aufbau von Institutionen können als Maßnahmen zur Reduktion von A. verstanden werden. Auf nationaler Ebene kommen der Wettbewerbspolitik, dem Arbeitsrecht und den Tarifverhandlungen wichtige Rollen zu.

6. Ausblick

Die aktuell häufige Verwendung des Begriffs A. ist nicht immer glücklich. Seine Verwendung ist für seriöse sozialwissenschaftliche Forschung insofern nicht hilfreich, da er eher präjudiziert als zu einer umfassenden Diskussion über die behandelten Sachverhalte anregt. Nichtsdestotrotz existiert in heutigen Gesellschaften A. in verschiedenen Ausprägungen und ihre Beseitigung muss als eines der drängendsten und wichtigsten Ziele einer erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialpolitik angesehen werden.

II. Sozialethik

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In der christlichen Sozialethik und in den Soziallehren der Kirchen dominiert die Befürwortung einer Marktwirtschaft mit Privateigentum (Eigentum) an Produktionsmitteln (Wirtschaftsordnungen); ein unmittelbarer Anschluss an die Mehrwerttheorie und an den A.s-Begriff von Karl Marx bleibt die Ausnahme. Es gibt aber insb. innerhalb der katholischen Soziallehre eine kapitalismuskritische Tradition, die sich auch auf den A.s-Begriff bezogen hat.

1. Kritik der Ausbeutung in katholischer Soziallehre und Sozialethik

In der Sozialenzyklika „Rerum novarum“ (1891) (Sozialenzykliken) wird die aus der liberalen politischen Philosophie übernommene naturrechtliche Eigentumsbegründung mit einer scharfen Kritik der A.s-Verhältnisse der Lohnarbeiterschaft kombiniert: Die kleine Minderheit der Besitzenden habe der Masse der lohnabhängig Beschäftigten ein unerträgliches Joch auferlegt, es regiere Wucher, Habsucht und Gier (Rerum novarum 1 f.). Die Lösung des Problems liege in der sozialen Verpflichtung des Eigentums. Während also die Analyse der Situation an die marxistische Analyse erinnert, wird die „Entproletarisierung des Proletariats“ in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931) durch eine „Entgiftung des Kapitalismus“ angestrebt. Ein wichtiges Motiv wurde in diesem Zusammenhang der „gerechte Lohn“, der als „Familienlohn“ ein „standesgemäßes“ Leben ermöglichen und ausreichen sollte, um eine Familie zu ernähren (Quadragesimo anno 198–202). Die Konstitution GS (1965) des Zweiten Vatikanischen Konzils beschreibt mit dem „Latifundienproblem“ erstmals eine Form der A., die dem Privateigentum die Legitimität entzieht (GS 71), und schließt die Enteignung der Großgrundbesitzer als angemessene Maßnahme nicht aus. Seit der Enzyklika „Populorum progressio“ (1967) wird A. zunehmend in globaler Perspektive kritisiert (Populorum progressio 21). Das Pontifikat Johannes Pauls II. bringt wichtige systematische Zuspitzungen eines sozialethischen A.s-Begriffs: Die Enzyklika „Laborem exercens“ (1981) nimmt die Formulierung vom „Vorrang der Arbeit“ (GS 67) als „unmittelbarer Ausfluss der Person“ auf; sie genieße deshalb „Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens“, insb. vor dem Kapital. Die Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ integriert wichtige Motive der Kapitalismuskritik der Befreiungstheologie (Theologie der Befreiung) in die Soziallehre der Kirche, einschließlich der Kritik globaler Strukturen der A. In der Enzyklika „Centesimus annus“ (1991) schließlich wendet sich Johannes Paul II. gegen die „Nebel der Ideologie“ des Marxismus, kehrt aber zugleich zu einer äußerst scharfen Kritik an einer „wie zur Zeit von ‚Rerum novarum‘ […] unmenschlichen A.“ zurück, weil das „menschliche Defizit des Kapitalismus mit der daraus sich ergebenden Herrschaft der Dinge über die Menschen keineswegs überwunden“ sei (Centesimus annus 33). Papst Franziskus geht in dem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ (2013) über diesen A.-Begriff ausdrücklich hinaus: „Mit der Ausschließung ist die Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, in der man lebt, an ihrer Wurzel getroffen, denn durch sie befindet man sich nicht in der Unterschicht, am Rande oder gehört zu den Machtlosen, sondern man steht draußen. Die Ausgeschlossenen sind nicht ‚Ausgebeutete‘, sondern ‚Müll‘, ‚Abfall‘“ (Evangelii gaudium 53).

2. Ausdehnung des Ausbeutungsbegriffs auf Umwelt und Natur

In anderem Zusammenhang und mit allenfalls assoziativem Bezug zu K. Marx’ Mehrwerttheorie wird der Ausdruck A. spätestens seit den frühen 1970er Jahren sowohl in der sozialethischen Theoriebildung als auch in der kirchlichen Sozialverkündigung (Enzyklika „Octogesima adveniens“ 21) häufiger verwendet. In einem theologisch-ethischen Rekurs auf die biblischen Schöpfungsmythen sei ein Widerspruch gegen die „Ausbeutung der Natur“ abzuleiten, die ein bes.s Phänomen der Neuzeit sei (Honecker 1995: 249). Diese Form der A. stelle eine „ökologische Theologie“ die Forderung nach „Solidarität im Konflikt zwischen Mensch und Natur“ gegenüber (Honecker 1995: 250). Auch in den einschlägigen Dokumenten der evangelischen und katholischen Kirche wird das Motiv der A. der Natur und der A. der Rohstoffe seit vielen Jahren verwendet. Mit „Laudato si’“ (2015) liegt erstmals eine Enzyklika vor, die sich umfassend mit Umweltfragen beschäftigt und ein Übermaß an Treibhausgasemission, übersteigertes Konsumverhalten und mangelnden Umweltschutz als A. am Planeten Erde beklagt.