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Anknüpfend an die zeitgenössisch durchaus gängige Vorstellung, dass es in erster Linie Aufgabe der Frau sei, Mutter zu werden, forderten die Protagonistinnen der Frauenbewegung, die mütterlichen Eigenschaften der Frau nicht nur in der [[Familie]], sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen nutzbar zu machen. Um ihr volles mütterliches Potenzial entfalten zu können, bedürften die Frauen allerdings einer besseren [[Bildung]] und Ausbildung. Diese Argumentationslinie bildete die Grundlage des Kampfes der Frauenbewegung um eine bessere Lehrerinnenausbildung. Eine Reihe sich gründender Frauen- und Lehrerinnenvereine, so etwa der Verein <I>Frauenbildung – Frauenstudium</I>, forderten stets von neuem, Lehrerinnen auch für die höheren Klassen der weiterführenden Mädchenschulen zuzulassen. Furore machte 1887 eine Petition und ihre Begleitschrift, die sogenannt Gelbe Broschüre, mit der sich Helene Lange, Minna Cauer, Henriette Schrader u.&nbsp;a. an den preußischen Unterrichtsminister wandten und eine bessere Lehrerinnenausbildung sowie die Verbesserung der Mädchenschulen verlangten. Angesichts des mangelnden Gehörs, das diese und ähnliche Petitionen bei den Gesetzgebern erlangten, wechselten die beiden großen frauenrechtlerischen Bildungsbewegungen (ADF und <I>Frauenbildung – Frauenstudium</I>) zu Beginn der 1890er Jahre ihre Strategie und verwandten ihre Energie vorerst darauf, Mädchen auf dem Privatschulwege auf das Abitur vorzubereiten. H.&nbsp;Lange institutionalisierte 1893 in Berlin Gymnasialkurse für Mädchen, die auf die Studienbefähigung in der Schweiz hinarbeiteten. Ebenfalls 1893 eröffnete der Verein <I>Frauenbildungsreform</I> ein privates Mädchengymnasium in Karlsruhe. Im Jahr 1899 petitionierte der Verein <I>Frauenbildung – Frauenstudium</I> in Baden erfolgreich für die Zulassung von Mädchen zu höheren Knabenschulen. Auch den Kampf „um das Durchgangstor zur Zitadelle der männlichen Vorrechte: um die Universität“ (Gnauck-Kühne 1891: 17) nahm die Frauenbewegung zu Beginn der 1890er Jahre vehement auf. Bittschriften des ADF und des Vereins <I>Reform</I> zur Zulassung von Frauen zum Studium wurden im März 1891 im Reichstag erörtert und zurückgewiesen. Doch auf Dauer konnten sich die Universitäten nicht verweigern. Die Vorreiterrolle übernahm Baden und öffnete seine Universitäten 1900 weiblichen Studierenden. In den folgenden Jahren zogen die anderen Länder des Deutschen Reiches nach. Das Ziel war 1908 mit der Erlaubnis des Frauenstudiums auch in Preußen erreicht.
 
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<h3>5. Der Kampf um das Frauenstimmrecht</h3>
 
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Dass sich die Frauenrechtlerinnen keinesfalls immer einig waren in ihren Zielen und den zu wählenden Strategien, lässt sich an den Kämpfen um das weibliche Wahlrecht beobachten. Für viele der frühen Protagonistinnen der Frauenbewegung wie L.&nbsp;Otto oder Hedwig Dohm hatte das Wahlrecht für Frauen eine unhinterfragbare Notwendigkeit dargestellt. Aber die in den 1890er Jahren an Zulauf gewinnende bürgerliche Frauenbewegung tat sich schwer mit der Forderung nach dem allg.en Wahlrecht für Frauen. Die Frauenrechtlerinnen waren sich uneins darin, ob ein allg.es Wahlrecht für Frauen überhaupt wünschenswert und nicht etwa ein rein kommunales oder ein Zensuswahlrecht vorzuziehen seien. Ein klares Statement für das weibliche Wahlrecht kam von anderer Seite: von der Sozialdemokratie. Seit dem Erfurter Programm (1891) forderte die Partei das allg.e gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen. So gilt auch die Sozialdemokratin Lily Braun als erste Frau, die in einer öffentliche Rede (1894) für das Frauenwahlrecht agitierte, ein Ruhm, um den sie allerdings mit H.&nbsp;Lange konkurrierte. Doch im Allgemeinen brauchten die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen länger, bis sie sich mit der Stimmrechtsforderung an die Öffentlichkeit trauten. Erst 1902 gründeten Anita Augsburg, M.&nbsp;Cauer und Lida Gustava Heymann, die dem <I>radikalen</I> Flügel der Frauenbewegung zugerechnet werden, den <I>Deutschen Verein für Frauenstimmrecht</I>. Doch die Frauenstimmrechtsbewegung blieb schwach und in sich uneins. Es war dann auch nicht die Frauenbewegung, sondern die Sozialdemokratie, die den Frauen erstmals zur Nationalversammlung 1919 das allg.e aktive und passive Wahlrecht verschaffte.
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Dass sich die Frauenrechtlerinnen keinesfalls immer einig waren in ihren Zielen und den zu wählenden Strategien, lässt sich an den Kämpfen um das weibliche Wahlrecht beobachten. Für viele der frühen Protagonistinnen der Frauenbewegung wie L.&nbsp;Otto oder Hedwig Dohm hatte das Wahlrecht für Frauen eine unhinterfragbare Notwendigkeit dargestellt. Aber die in den 1890er Jahren an Zulauf gewinnende bürgerliche Frauenbewegung tat sich schwer mit der Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht für Frauen. Die Frauenrechtlerinnen waren sich uneins darin, ob ein allgemeines Wahlrecht für Frauen überhaupt wünschenswert und nicht etwa ein rein kommunales oder ein Zensuswahlrecht vorzuziehen seien. Ein klares Statement für das weibliche Wahlrecht kam von anderer Seite: von der Sozialdemokratie. Seit dem Erfurter Programm (1891) forderte die Partei das allgemeine gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen. So gilt auch die Sozialdemokratin Lily Braun als erste Frau, die in einer öffentliche Rede (1894) für das Frauenwahlrecht agitierte, ein Ruhm, um den sie allerdings mit H.&nbsp;Lange konkurrierte. Doch im Allgemeinen brauchten die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen länger, bis sie sich mit der Stimmrechtsforderung an die Öffentlichkeit trauten. Erst 1902 gründeten Anita Augsburg, M.&nbsp;Cauer und Lida Gustava Heymann, die dem <I>radikalen</I> Flügel der Frauenbewegung zugerechnet werden, den <I>Deutschen Verein für Frauenstimmrecht</I>. Doch die Frauenstimmrechtsbewegung blieb schwach und in sich uneins. Es war dann auch nicht die Frauenbewegung, sondern die Sozialdemokratie, die den Frauen erstmals zur Nationalversammlung 1919 das allgemeine aktive und passive Wahlrecht verschaffte.
 
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Eine Bilanz der Ergebnisse der F. in Deutschland zeigt Erreichtes und Defizite, die zumindest zum Teil die aktuellen politischen Debatten bestimmen. Erkennbar ist der Einfluss der F. auf die gesellschaftlichen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Dass dem weiblichen Geschlecht grundsätzlich die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Handlungsspielräume zustehen sollen wie dem männlichen, ist heute gesellschaftlicher Konsens und im Zweifelsfall vor Gericht einklagbar. Auf der politischen Bühne sind Frauen heute sehr viel präsenter als in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. 2005 wurde mit Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin gewählt. 36&nbsp;% der Bundestagsabgeordneten waren 2015 weiblich. Manche Parteien haben sich dazu verpflichtet, dem weiblichen Geschlecht zumindest ihrem Mitgliedsanteil entspr.e Listensitze, wenn nicht gar 50&nbsp;% einzuräumen. Damit ist der Einfluss von Frauen in der [[Politik]] sichtlich gestiegen. Auf soziostruktureller Ebene hat sich der prinzipiell gleiche Zugang zu [[Bildung]] und [[Arbeit]] durchgesetzt. Der Prozentsatz von berufstätigen Frauen hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erhöht. Viele junge Familien befürworten ein Lebenskonzept, das die Berufstätigkeit beider Partner erlaubt. Aber noch immer verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt 22&nbsp;% (2013) weniger als ihre männlichen Arbeitskollegen. Zwar legen heute mehr junge Frauen als Männer das Abitur ab, und sie schließen ihr Studium häufiger und nicht selten mit besseren Noten ab als die männlichen Kommilitonen, doch ihre beruflichen Aufstiegschancen sind im Vergleich sehr viel geringer. Die Politik versucht auf die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung einzuwirken. Aktuell verstärkt sich der staatliche Druck auf große Unternehmen, den Anteil an Frauen in den Führungsetagen zu erhöhen.
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Eine Bilanz der Ergebnisse der F. in Deutschland zeigt Erreichtes und Defizite, die zumindest zum Teil die aktuellen politischen Debatten bestimmen. Erkennbar ist der Einfluss der F. auf die gesellschaftlichen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Dass dem weiblichen Geschlecht grundsätzlich die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Handlungsspielräume zustehen sollen wie dem männlichen, ist heute gesellschaftlicher Konsens und im Zweifelsfall vor Gericht einklagbar. Auf der politischen Bühne sind Frauen heute sehr viel präsenter als in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. 2005 wurde mit Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin gewählt. 36&nbsp;% der Bundestagsabgeordneten waren 2015 weiblich. Manche Parteien haben sich dazu verpflichtet, dem weiblichen Geschlecht zumindest ihrem Mitgliedsanteil entsprechende Listensitze, wenn nicht gar 50&nbsp;% einzuräumen. Damit ist der Einfluss von Frauen in der [[Politik]] sichtlich gestiegen. Auf soziostruktureller Ebene hat sich der prinzipiell gleiche Zugang zu [[Bildung]] und [[Arbeit]] durchgesetzt. Der Prozentsatz von berufstätigen Frauen hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erhöht. Viele junge Familien befürworten ein Lebenskonzept, das die Berufstätigkeit beider Partner erlaubt. Aber noch immer verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt 22&nbsp;% (2013) weniger als ihre männlichen Arbeitskollegen. Zwar legen heute mehr junge Frauen als Männer das Abitur ab, und sie schließen ihr Studium häufiger und nicht selten mit besseren Noten ab als die männlichen Kommilitonen, doch ihre beruflichen Aufstiegschancen sind im Vergleich sehr viel geringer. Die Politik versucht auf die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung einzuwirken. Aktuell verstärkt sich der staatliche Druck auf große Unternehmen, den Anteil an Frauen in den Führungsetagen zu erhöhen.
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:08 Uhr

  1. I. Historisch
  2. II. Politisch

I. Historisch

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1. Die Anfänge der Frauenbewegungen

Der Beginn der F. in Deutschland ist eng mit dem Lebensweg Louise Ottos verbunden. Die überzeugte Demokratin und 1848erin hatte seit den 1840er Jahren in Artikeln und Romanen auf die schwierigen sozialen Lebensumstände der Arbeiterinnen aufmerksam gemacht. Vehement forderte sie bessere Bildungschancen für Frauen und ihre politische Gleichberechtigung (Gender). Der Restauration 1849 begegnete sie mit der Gründung der „Frauen-Zeitung“ unter dem Motto: „Dem Reich der Freiheit werb’ ich Bürgerinnen“. Einige Jahre später musste sie diese, staatlich verordnet, wieder einstellen. In der politischen Tauwetterphase der 1860er Jahre wurde L. Otto indes abermals politisch aktiv. Zusammen mit der Lehrerin Auguste Schmidt gründete sie 1865 den Leipziger Frauenbildungsverein und den ADF. Die organisatorischen Ursprünge der bürgerlichen Frauenbewegung werden gerne mit der Gründung dieses ADF gleichgesetzt. Die konstituierende Versammlung, von der in der Presse als „Leipziger Frauenschlacht“ berichtet wurde, bestand auf Selbstvertretung als Leitidee. Das Vereinsstatut gestand lediglich Frauen die Vollmitgliedschaft im Verein zu, damals ein unerhörtes Vorgehen. Der ADF setzte sich die „erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen“ zum Ziel (Otto 1866: 8). Jährliche Tagungen an unterschiedlichen Orten Deutschlands sollten die Bewegung bekannt machen und zur Gründung von Zweigorganisationen anregen. Kurzzeitig stieß der ADF auf breite Aufmerksamkeit. Doch der deutsch-deutsche Krieg 1866, der Krieg gegen Frankreich und die Reichsgründung 1870/71 ließen Fraueninteressen in den gesellschaftlichen Hintergrund treten. Erst in den 1880er Jahren meldeten sich die Frauenrechtlerinnen, dann umso lauter, zurück. Zahlreiche weitere Frauenvereine begannen sich nun in den Großstädten des Reiches zu organisieren. Die Gründung eines Dachverbandes, des BDF, im Jahr 1894 markiert den Zeitpunkt, ab dem sich die bürgerlichen Frauenbewegung zu einer ernstgenommenen Kraft entwickelt hatte, die in allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen im Deutschen Reich mitzureden beanspruchten. Petitionen, zuerst veranlasst vom ADF, später häufig vom BDF, so bspw. für die Zulassung von Frauen zum Bahn-, Post und Telegraphendienst (1869), für die Änderung des Zivilrechts mit Rücksicht auf die minderberechtigte Stellung der Frau im Familienrecht (1876) oder für die Zulassung von Frauen zum Studium (1876), blieben allerdings in der Regel erfolglos. Mehr und mehr setzte die Frauenbewegung daher auf Selbsthilfe. Eine Reihe von privaten, von frauenbewegten Vereinen oder Mäzeninnen getragenen Einrichtungen widmeten sich der Verbesserung der Mädchenbildung oder der qualifizierten Ausbildung in Berufen, die dem weiblichen Wesen zu entsprechen schienen. Es entstanden Schulen für Krankenschwestern und Fürsorgerinnen, Büroberufe und Lehrerinnen, ohne dass ihnen freilich vorderhand eine staatliche Anerkennung zu Teil wurde.

2. Die Frauenbewegung als Bildungsbewegung

Anknüpfend an die zeitgenössisch durchaus gängige Vorstellung, dass es in erster Linie Aufgabe der Frau sei, Mutter zu werden, forderten die Protagonistinnen der Frauenbewegung, die mütterlichen Eigenschaften der Frau nicht nur in der Familie, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen nutzbar zu machen. Um ihr volles mütterliches Potenzial entfalten zu können, bedürften die Frauen allerdings einer besseren Bildung und Ausbildung. Diese Argumentationslinie bildete die Grundlage des Kampfes der Frauenbewegung um eine bessere Lehrerinnenausbildung. Eine Reihe sich gründender Frauen- und Lehrerinnenvereine, so etwa der Verein Frauenbildung – Frauenstudium, forderten stets von neuem, Lehrerinnen auch für die höheren Klassen der weiterführenden Mädchenschulen zuzulassen. Furore machte 1887 eine Petition und ihre Begleitschrift, die sogenannt Gelbe Broschüre, mit der sich Helene Lange, Minna Cauer, Henriette Schrader u. a. an den preußischen Unterrichtsminister wandten und eine bessere Lehrerinnenausbildung sowie die Verbesserung der Mädchenschulen verlangten. Angesichts des mangelnden Gehörs, das diese und ähnliche Petitionen bei den Gesetzgebern erlangten, wechselten die beiden großen frauenrechtlerischen Bildungsbewegungen (ADF und Frauenbildung – Frauenstudium) zu Beginn der 1890er Jahre ihre Strategie und verwandten ihre Energie vorerst darauf, Mädchen auf dem Privatschulwege auf das Abitur vorzubereiten. H. Lange institutionalisierte 1893 in Berlin Gymnasialkurse für Mädchen, die auf die Studienbefähigung in der Schweiz hinarbeiteten. Ebenfalls 1893 eröffnete der Verein Frauenbildungsreform ein privates Mädchengymnasium in Karlsruhe. Im Jahr 1899 petitionierte der Verein Frauenbildung – Frauenstudium in Baden erfolgreich für die Zulassung von Mädchen zu höheren Knabenschulen. Auch den Kampf „um das Durchgangstor zur Zitadelle der männlichen Vorrechte: um die Universität“ (Gnauck-Kühne 1891: 17) nahm die Frauenbewegung zu Beginn der 1890er Jahre vehement auf. Bittschriften des ADF und des Vereins Reform zur Zulassung von Frauen zum Studium wurden im März 1891 im Reichstag erörtert und zurückgewiesen. Doch auf Dauer konnten sich die Universitäten nicht verweigern. Die Vorreiterrolle übernahm Baden und öffnete seine Universitäten 1900 weiblichen Studierenden. In den folgenden Jahren zogen die anderen Länder des Deutschen Reiches nach. Das Ziel war 1908 mit der Erlaubnis des Frauenstudiums auch in Preußen erreicht.

3. Sexualethik und Frauenbewegung

Zu den Themen, mit denen sich die Angehörigen der bürgerlichen Frauenbewegung intensiv befassten, gehörten auch Ehe, Ehekritik, Prostitution und Sexualreform. Die Frage der zeitgenössischen Prostitutionsregelungen, die die Prostituierten kriminalisierten, ihre Freier aber straffrei ausgehen ließen, zählte zu einer der zeitgenössisch meistdiskutierten gesellschaftlichen Probleme. Ende des 19. Jh. befassten sich Sozialpolitiker und Mediziner v. a. mit der Frage, wie die medizinisch nur schwer im Zaum zu haltenden Geschlechtskrankheiten einzudämmen seien, ging es den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen in erster Linie um die Durchsetzung einer neuen Moral und Sittlichkeit. Die radikaleren Frauenrechtlerinnen kämpften gegen die herrschende Doppelmoral und forderten gleiche sexualethische Standards für Mann und Frau und die Abschaffung der staatlichen Prostitutionsüberwachung. Zu den Führungsfiguren der Radikalen gehörte Anna Pappritz. Es gelang ihr 1902, den zögerlichen BDF auf das abolitionistische Programm zu verpflichten. A. Pappritz zufolge musste der herrschenden Doppelmoral auf zwei Wegen begegnet werden. Zum einen sei die soziale Lage des weiblichen Geschlechts zu verbessern, denn allzu häufig sei wirtschaftliche Not die Ursache der Prostitution. Zum anderen aber müsse die sexualethische Erziehung (Sexualerziehung, Sexualethik) des männlichen Geschlechts überdacht werden. Das weit gesteckte Programm führte im Wilhelminischen Kaiserreich zu keinen rechtlich verankerten Ergebnissen, doch die abolitionistische Bewegung lieferte die Argumente, die in der Weimarer Republik zur Änderung des Strafrechts führen sollten.

4. Arbeiterbewegung und Frauenbewegung

Seit den 1890er Jahren machte auch die proletarische Frauenbewegung von sich Reden. Wesentlich auf das Engagement von Clara Zetkin, der zeitgenössisch bekanntesten Sozialdemokratin, ist es zurückzuführen, dass die Partei die Forderung nach Lohngleichheit und das politische Wahlrecht für Frauen in ihr Programm aufnahm. Bis zum Fall des Sozialistengesetzes im Exil in Paris lebend, engagierte sich C. Zetkin zunehmend für den Aufbau einer sozialdemokratischen Frauenbewegung, v. a. aber dafür, dass sich die Sozialdemokratie (SPD) auf internationaler Ebene der sozialen und politischen Frauenfrage annahm. C. Zetkins Programm sah die konsequente Anbindung der Sozialistinnen an die Partei vor. Im Gegenzug erzwang sie die klare Verpflichtung der Partei, auf die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts in Politik und Arbeitswelt hinzuwirken, freilich um den Preis der reinlichen Scheidung der proletarischen Frauenbewegung von der bürgerlichen. Für die sozialdemokratische Frauenorganisation unter Führung C. Zetkins stand fest, das Hauptziel der Bewegung hatte der gemeinsame Kampf für den Sozialismus zu sein. Diesem Kampf nachgeordnet waren alle Forderungen für die Verbesserung der Lage der Frauen.

5. Der Kampf um das Frauenstimmrecht

Dass sich die Frauenrechtlerinnen keinesfalls immer einig waren in ihren Zielen und den zu wählenden Strategien, lässt sich an den Kämpfen um das weibliche Wahlrecht beobachten. Für viele der frühen Protagonistinnen der Frauenbewegung wie L. Otto oder Hedwig Dohm hatte das Wahlrecht für Frauen eine unhinterfragbare Notwendigkeit dargestellt. Aber die in den 1890er Jahren an Zulauf gewinnende bürgerliche Frauenbewegung tat sich schwer mit der Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht für Frauen. Die Frauenrechtlerinnen waren sich uneins darin, ob ein allgemeines Wahlrecht für Frauen überhaupt wünschenswert und nicht etwa ein rein kommunales oder ein Zensuswahlrecht vorzuziehen seien. Ein klares Statement für das weibliche Wahlrecht kam von anderer Seite: von der Sozialdemokratie. Seit dem Erfurter Programm (1891) forderte die Partei das allgemeine gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen. So gilt auch die Sozialdemokratin Lily Braun als erste Frau, die in einer öffentliche Rede (1894) für das Frauenwahlrecht agitierte, ein Ruhm, um den sie allerdings mit H. Lange konkurrierte. Doch im Allgemeinen brauchten die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen länger, bis sie sich mit der Stimmrechtsforderung an die Öffentlichkeit trauten. Erst 1902 gründeten Anita Augsburg, M. Cauer und Lida Gustava Heymann, die dem radikalen Flügel der Frauenbewegung zugerechnet werden, den Deutschen Verein für Frauenstimmrecht. Doch die Frauenstimmrechtsbewegung blieb schwach und in sich uneins. Es war dann auch nicht die Frauenbewegung, sondern die Sozialdemokratie, die den Frauen erstmals zur Nationalversammlung 1919 das allgemeine aktive und passive Wahlrecht verschaffte.

6. Die Entwicklung der Frauenbewegungen nach 1919

In der Weimarer Republik wurde es stiller um die F. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass wesentliche Ziele mit der Öffnung von Gymnasium und Universität und dem Frauenstimmrecht erreicht schienen. Die Protagonistinnen der F. ordneten sich nun in die deutsche politische Parteienlandschaft ein; eine Entwicklung, die zur Schwächung übergeordneter Frauennetzwerke beitrug. Zum anderen führten die großen politischen und sozialen Krisen der Zwischenkriegszeit zur Marginalisierung öffentlicher Aufmerksamkeit für Frauenbelange. Der drohenden Gleichschaltung im Nationalsozialismus entging der BDF durch Selbstauflösung. Manche vormalige Gallionsfigur der bürgerlichen Frauenbewegung suchte auch die scheinbar unpolitische Anbindung an das NS-Regime. So durfte die ehemalige Vorstandsvorsitzende des BDF, Gertrud Bäumer, noch bis 1944 die vormalige Zeitschrift des BDF „Die Frau“ selbständig herausgeben.

Nach 1945 sammelten sich die noch lebenden Frauenrechtlerinnen der Weimarer Jahre im Deutschen Frauenring. Es ist auf den Widerstand der Sozialdemokratin und Juristin Elisabeth Selbert im Parlamentarischen Rat und ihre Mobilisierung öffentlichen Protestes zurückzuführen, dass im GG die uneingeschränkte Gleichberechtigung von Männern und Frauen verankert wurde. Doch der Anschluss der in Weimar sozialisierten Frauenrechtlerinnen an jüngere politisch engagierte Frauen misslang in der Nachkriegszeit weitgehend. Es blieb dem BVerfG in den 1950er Jahren vorbehalten, die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch im Familienrecht vom Bundestag zu erzwingen.

7. Die neuen Frauenbewegung

Erst in der gesellschaftlichen Umbruchphase Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre entwickelte sich als Abspaltung der Studentenbewegung eine neue Frauenbewegung. Die Feministinnen (Feminismus) sahen sich als Teil einer traditionslosen, grundlegend neuen Bewegung und entwarfen ihr Programm für weibliche Autonomie, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in Abgrenzung und Weiterentwicklung der zeitgenössischen studentischen Reformforderungen. Der Kampf gegen die Kriminalisierung der Abtreibung (Schwangerschaftsabbruch) führte 1976 zur Reform des § 218 StGB. Die Einführung von autonomen, später häufig kommunal finanzierten Frauenhäusern als Antwort auf häusliche Gewalt und die Institutionalisierung von kommunalen Frauenbeauftragten in den 1980er Jahren sind durch die neue Frauenbewegung initiiert und durchgesetzt worden. Aber auch die öffentliche Debatte um Sexismus, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, das Bemühen um gendersensiblen Sprachgebrauch wie die Suche nach den historischen Wurzeln der Frauenbewegung gehen auf Initiativen der Feministinnen zurück. Als ihre letzten Erfolge sind die internationale Vernetzung der F., die Verankerung ihrer Forderungen in UNO-Programmen und in Deutschland das Eindringen von Frauen in die politische Parteienlandschaft zu nennen. Mit der Erweiterung (1994) des Art. 3 Abs. 2 GG nach der Wiedervereinigung um den Satz „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“, gelang es der Frauenbewegung schließlich, die öffentliche Hand für die Durchsetzung der Gleichberechtigung in die Pflicht zu nehmen. Seit den 1990er Jahren ist es um die neue Frauenbewegung als außerparlamentarische Bewegung still geworden. Eine Weiterentwicklung der Gleichberechtigung wird derzeit Parlamenten und Gerichten überlassen.

II. Politisch

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Eine Bilanz der Ergebnisse der F. in Deutschland zeigt Erreichtes und Defizite, die zumindest zum Teil die aktuellen politischen Debatten bestimmen. Erkennbar ist der Einfluss der F. auf die gesellschaftlichen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Dass dem weiblichen Geschlecht grundsätzlich die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Handlungsspielräume zustehen sollen wie dem männlichen, ist heute gesellschaftlicher Konsens und im Zweifelsfall vor Gericht einklagbar. Auf der politischen Bühne sind Frauen heute sehr viel präsenter als in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. 2005 wurde mit Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin gewählt. 36 % der Bundestagsabgeordneten waren 2015 weiblich. Manche Parteien haben sich dazu verpflichtet, dem weiblichen Geschlecht zumindest ihrem Mitgliedsanteil entsprechende Listensitze, wenn nicht gar 50 % einzuräumen. Damit ist der Einfluss von Frauen in der Politik sichtlich gestiegen. Auf soziostruktureller Ebene hat sich der prinzipiell gleiche Zugang zu Bildung und Arbeit durchgesetzt. Der Prozentsatz von berufstätigen Frauen hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erhöht. Viele junge Familien befürworten ein Lebenskonzept, das die Berufstätigkeit beider Partner erlaubt. Aber noch immer verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt 22 % (2013) weniger als ihre männlichen Arbeitskollegen. Zwar legen heute mehr junge Frauen als Männer das Abitur ab, und sie schließen ihr Studium häufiger und nicht selten mit besseren Noten ab als die männlichen Kommilitonen, doch ihre beruflichen Aufstiegschancen sind im Vergleich sehr viel geringer. Die Politik versucht auf die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung einzuwirken. Aktuell verstärkt sich der staatliche Druck auf große Unternehmen, den Anteil an Frauen in den Führungsetagen zu erhöhen.

Als eine der Ursachen für die geschlechtsspezifische Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt wird das deutsche Familienkonzept angesehen, das nach wie vor zumindest die Betreuung der Kinder im Vorschul- bzw. Vorkindergartenalter den Müttern im privaten Kontext zuweist. Über die Frage, ob staatlicherseits eher die öffentliche Betreuung der Kleinkinder weiter ausgebaut oder Anreize für Frauen öffentlich subventioniert werden sollen, um zumindest interimsweise aus dem Beruf auszuscheiden, herrscht kein gesellschaftlicher Konsens. Es lässt sich aber feststellen, dass die Differenzierung zwischen männlichen und weiblichen Einkommens- und Berufskarrieren mit der Geburt des ersten Kindes beginnt und ein zeitweises Ausscheiden aus der Berufswelt langfristige Einkommens- und Karrierefolgen zeitigt.

Auf den Rückgang der von der Frauenbewegung initiierten öffentlichen Debatten um geschlechtsspezifische Ungleichheit ist wohl zurückzuführen, dass die gesellschaftliche Sensibilität gegenüber geschlechtsspezifischen Diskriminierungen derzeit eher abnimmt. So sind vielerorts den Frauenbeauftragten Gleichstellungsbeauftrage (Gleichstellungspolitik) gefolgt, womit zumindest implizit der Annahme Vorschub geleistet wird, dass Männer und Frauen gleichermaßen von geschlechtsspezifischer Diskriminierung betroffen sind.

Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland in der Frage der Gleichberechtigung eine Mittelstellung ein. Untersuchungen auf EU-Ebene aus dem Jahr 2009 belegen, dass 71 % der Frauen und 59 % der Männer in Deutschland davon ausgehen, dass die beiden Geschlechter ungleich behandelt werden (EU: 68 % und 57 %). Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und die Schließung der Lohnlücke gelten als besonders wichtige Handlungsfelder. In der EU nimmt Deutschland mit seinem Anteil von 36 % weiblichen Bundestagsabgeordneten den siebten Rang (2011) ein. Aber der Frauenanteil in nominierten politischen Gremien ist deutlich geringer. So beläuft sich der Frauenanteil im Bundesrat auf 26 %. In Beiräten, Kommissionen und Ausschüssen zur Politikberatung auf Bundesebene sind 20 % der Mitglieder weiblich. Nach wie vor gibt es durchaus Enquête-Kommissionen des Bundestages, in denen keine oder nur eine Frau vertreten ist. Hier wird deutlich, dass ohne entsprechende Soll-Bestimmungen die Teilhabe von Politikerinnen und weiblichen Sachverständigen an zentralen politischen Entscheidungsfindungsprozessen kaum gesichert erscheint. Die weibliche Erwerbstätigenquote ist mit 73 % (2014) in Deutschland im Vergleich zur EU überdurchschnittlich hoch, nur übertroffen von Nordeuropa. In Deutschland ist jedoch mit 46,3 % (2014) auch der Anteil der weiblichen Teilzeitbeschäftigten besonders auffällig. Hier rangiert Deutschland auf Platz 2 im EU-Vergleich. Die hohe Teilzeitbeschäftigungsquote lässt sich v. a. auf weibliche Familienpflichten zurückführen. Doch Teilzeitarbeitsverhältnisse behindern i. d. R. auch berufliche Aufstiegsmöglichkeiten. Sie sind für geringere Löhne und unterdurchschnittliche Bezüge im Rentenalter (Rente) verantwortlich. In der Frage der geschlechtsspezifischen Lohnungleichheit rangiert Deutschland nach Estland, der Tschechischen Republik und Österreich auf Platz 4 der EU-Vergleichsskala. Das BMFSFJ bearbeitet aktuell eine Reihe von Gesetzesvorhaben, die dazu beitragen sollen, die herrschende Lohnungleichheit zu verringern. Eine konsequente Gleichstellungspolitik sollte jedoch v. a. darauf ausgerichtet sein, bestehende inkonsistente Anreizwirkungen zu beseitigen. So ermutigen derzeit die gesetzlichen Regelungen zu Elterngeld und Elternzeit zu rascher Rückkehr in die Arbeitswelt. Fehlende ganztägige, an der Arbeitswelt orientierte Betreuungsangebote für Kinder im Vorschul- und Schulalter sorgen aber für längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit. Einschnitte bei der gesetzlichen Alterssicherung (Rentenversicherung) legen eine kontinuierliche Berufstätigkeit nahe, aber Ehegattensplitting und die kostenlose Möglichkeit zur Mitversicherung beim Ehepartner fördern den Ausstieg aus der Arbeitswelt. „Geschlechterrelevante Politik ist mitnichten an einem klaren gleichstellungspolitischen Leitbild ausgerichtet. Dabei handelt es sich nicht einfach um schlechtes Politik-Management; vielmehr verbergen sich hinter der Inkonsistenz erhebliche Wert- und Interessenkonflikte darüber, wie die Geschlechterverhältnisse ausgestaltet werden sollen“ (Fuchs/Bothfeld 2011: 17).