Subvention
I. Rechtliche Aspekte
Abschnitt drucken1. Begriff, Formen
Mit S.en mischt sich die öffentliche Hand fördernd und fordernd in die Privatwirtschaft ein. Die Praxis kennt unterschiedliche Formen und gebraucht zahlreiche Bezeichnungen: Beihilfe, Finanzhilfe, Förderung, Prämie, Vergünstigung, Zuschuss, Zulage, Zuwendung u. a. mehr. Entspr. vage ist der S.s-Begriff; verstehen lässt sich darunter
a) jede Leistung (bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung) in Form
– direkter (unmittelbarer) S.en durch Geldzahlungen (Zahlungs-S.en), Sach- oder Dienstleistungen (Real-S.en), Gewährung von Krediten (Darlehens-S.en), Übernahme von Bürgschaften und dgl. (Gewährleistungs-S.en) oder
– indirekter (mittelbarer) S.en durch Minderung der Steuerlast (Verschonungs- oder Steuer-S.en);
b) durch den Staat (Bund, Länder) oder einen anderen Träger öffentlicher Gewalt (EU, Gemeinden u. a.) (S.s-Geber) aus seinen Mitteln
c) an eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts, die ein (Wirtschafts-)Unternehmen im weiteren Sinne betreibt (S.s-Nehmer)
d) ohne marktmäßige Gegenleistung
e) zur Förderung eines bestimmten Gemeinwohlziels (S.s-Ziel; Gemeinwohl).
Engere Begriffe nehmen indirekte S.en aus oder beschränken sich gar auf Zahlungs-S.en. Ein sehr weites Begriffsverständnis fasst darunter hingegen sogar soziale Transferleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Ausbildungsbeihilfen u. a. mehr), Zahlungen innerhalb des öffentlichen Bereichs oder die Förderung von Unternehmen dadurch, dass der Staat private Dritte zur Abnahme von Produkten oder zur Zahlung bestimmter Preise verpflichtet. Einigkeit dürfte wenigstens darüber bestehen, dass die rechtmäßige Vergabe öffentlicher Aufträge keine Subventionierung darstellt.
2. Ziel und Zweck
Über das S.s-Ziel entscheidet der S.s-Geber; dabei hat er unions- und verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Ein abschließender Katalog von S.s-Zielen besteht nicht; in Betracht kommen etwa die Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen, der Schutz der Umwelt, die Entwicklung oder Einführung neuer Produkte, die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit (Wettbewerb) bestimmter Unternehmenszweige, die Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums oder die Förderung strukturschwacher Regionen.
Durch die Gewährung der S. wird das S.s-Ziel noch nicht unmittelbar erreicht; erforderlich ist ein Verhalten des S.s-Nehmers (Einstellung von Arbeitnehmern, Anschaffung umweltschonender Maschinen, Errichtung preisgünstiger Wohnungen usw.). Dieses Verhalten ist Mittel zur Erreichung des S.s-Ziels und wird als S.s-Zweck bezeichnet. Erfüllt der S.s-Nehmer den S.s-Zweck nicht, kann die S. zurückgefordert werden.
3. Direkte und indirekte Subventionen
Die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten S.en bildet die zentrale Weichenstellung für Konzeption und Kompetenz:
Direkte S.en müssen jährlich im Haushaltsplan als Ausgaben veranschlagt und durch das Parlament im Haushaltsgesetz bewilligt werden. Je nach Ausgestaltung hat der Einzelne einen Rechtsanspruch auf sie oder sie stehen im pflichtgemäßen Ermessen des S.s-Gebers. Ist ein spezifisches S.s-Gesetz erforderlich, entscheiden die Art. 70–74 GG über die Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern (Gesetzgebung). Die Verwaltungs- und Finanzierungskompetenzen richten sich nach den Art. 30, 83–91e und 104a–104c GG. Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, inwieweit der Bund über diese „geschriebenen Kompetenzen“ hinaus direkt subventionieren darf; überwiegend für zulässig gehalten werden insoweit Wirtschaftsförderungsmaßnahmen, die sich auf das Bundesgebiet als Ganzes beziehen, sowie die Förderung bundeswichtiger Auslandsbeziehungen und zentraler Einrichtungen und Veranstaltungen.
Die – vom Gesamtvolumen her bedeutsameren – indirekten S.en sind in Steuergesetzen (Steuer) integriert; sie gelten überjährig fort, bis das betreffende Gesetz geändert wird. Auf indirekte S.en besteht ein Rechtsanspruch; sie wirken beim S.s-Nehmer als Steuererleichterungen und führen beim Steuergläubiger (Bund und/oder Länder) zu Einnahmeminderungen. Da für sie im Haushaltsplan keine Ausgaben veranschlagt werden, sind sie „unmerklich“. Zuständig für die Normierung ist fast ausschließlich der Bund (Art. 105 Abs. 2 GG), federführend das Bundesministerium der Finanzen; den Ländern verbleibt insoweit nur die Mitwirkung über den Bundesrat (Art. 76, 105 Abs. 3 GG).
4. Vorbehalt des Gesetzes
Indirekte S.en beruhen stets auf einer steuergesetzlichen Grundlage. Inwieweit hingegen direkte S.en im demokratischen Rechtsstaat (Art. 20, 28 Abs. 1 GG) einer Regelung durch Gesetz, d. h. durch das Parlament bedürfen, ist umstritten. Da sie den S.s-Nehmer begünstigen, greifen sie nicht in dessen Grundrechte ein, weshalb der „klassische“ Vorbehalt des Gesetzes keine Anwendung findet. Die h. M. lässt deshalb eine Veranschlagung der entspr.en S.s-Ausgaben im Haushaltsplan genügen, der seinerseits durch Haushaltsgesetz festgestellt wird (BVerwGE 104,220 [222 f.]). Die Ausgestaltung der S. darf der Exekutive (dem Fachministerium) überlassen bleiben, die dafür i. d. R. „S.s-Richtlinien“ erlässt. Diese binden als Verwaltungsvorschriften weder den S.s-Nehmer noch die Gerichte. Ein bereichsspezifisches Parlamentsgesetz ist jedoch dann erforderlich, wenn die S. Dritte – insb. Wettbewerber des S.s-Nehmers – in deren Grundrechten (Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, Wettbewerbsgleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG) beeinträchtigt, d. h. empfindlich benachteiligen oder unzumutbar schädigen kann.
5. Subventionsvergabe, Rückabwicklung
Zuständig für die Gewährung indirekter S.en ist die Finanzverwaltung (i. d. R. die Finanzämter im Besteuerungsverfahren). Direkte S.en werden hingegen von der jeweiligen Fachverwaltung vergeben. Abhängig von der Art der S. kann das S.s-Verhältnis zum S.s-Nehmer öffentlich-rechtlich, privatrechtlich oder kombiniert ausgestaltet sein, d. h. einstufig durch Verwaltungsakt (Zuwendungsbescheid) oder durch öffentlich- oder privatrechtlichen Vertrag (Letzteres insb. bei Darlehens-S.en im sog.en Bankenverfahren) oder zweistufig durch Verwaltungsakt mit anschließendem öffentlich- oder privatrechtlichen Vertrag. Dabei wird die Erfüllung des S.s-Zwecks durch einen Verwendungsnachweis und behördliche Nachprüfungen kontrolliert (§ 44 BHO/LHO).
Setzt der S.s-Nehmer die S. nicht gemäß dem S.s-Zweck ein (Zweckverfehlung), kann das S.s-Verhältnis rückabgewickelt werden. Dazu wird zunächst die Rechtsgrundlage der S. beseitigt (Rücknahme oder Widerruf des Zuwendungsbescheids bzw. Vertragskündigung oder -rücktritt). Anschließend wird die S. zurückgefordert, entweder durch Verwaltungsakt (§ 49a VwVfG) oder durch Leistungsklage auf Erstattung. Schuldhafte Täuschungen des S.s-Nehmers sind nach Maßgabe von § 264 StGB i. V. m. dem SubvG strafbar.
6. Beihilferegime der EU
Grenzen für die Gewährung von S.en setzt v. a. das Wettbewerbsrecht der EU: Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind Beihilfen grundsätzlich verboten. Darunter fallen staatliche oder vom Staat veranlasste und finanzierte Maßnahmen in Form von direkten oder indirekten S.en, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt werden (Selektivität). Die zudem geforderte grenzüberschreitende Wettbewerbsverfälschung liegt bereits vor, wenn die Beihilfe die wirtschaftliche Stellung des S.s-Nehmers gegenüber Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten stärken kann. Zu alledem hat der EuGH eine umfangreiche Rechtsprechung entfaltet (vgl. Urteil vom 24.7.2003, C-280/00 – Altmark Trans). Ausnahmen vom Beihilfenverbot enthält Art. 107 AEUV in Abs. 2 (Legalbeihilfen) und Abs. 3 (Ermessensbeihilfen).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beihilfe ist in jedem Fall, dass der Mitgliedstaat die Europäische Kommission über seine S.s-Absicht unterrichtet (Notifizierungspflicht, Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV). Daran schließen sich ein Vorprüfungs- und ggf. ein Genehmigungsverfahren an (Art. 108 Abs. 1, 2 AEUV; VO [EU] Nr. 2015/1589 vom 13.7.2015). Ohne Notifizierung sind Beihilfen unionsrechtswidrig und müssen rückabgewickelt werden. Keine Anwendung finden dabei die Vertrauensschutzbestimmungen des deutschen Rechts (insb. § 48 Abs. 2–4 VwVfG).
Literatur
J. Kühling: Subventionsrecht, in: D. Ehlers u. a. (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1, 42019, § 30 • H.-M. Müller/B.&gvr;Richter/J.&gvr;Ziekow: Hdb. Zuwendungsrecht, 2017 • A. Reus/P. Mühlhausen/A. Stöhr: Haushalts- und Beihilferecht der EU, 2017 • D. Ehlers: Rechtsfragen des Subventionsrechts, in: DVBl 129/1 (2014), 1–14 • M. Bungenberg/M. Motzkus: Die Praxis des Subventions- und Beihilfenrechts in Deutschland, in: WiVerw 59/2 (2013), 76–148 • C. Gröpl: Subventionen, in: H. Kube u. a. (Hg.): Leitgedanken des Rechts, Bd. 2, 2013, § 141 • B. Spilker: Verfassungsrechtliche Überlegungen zum Thema Subventionsvergabe und Subventionsabbau, in: DVBl 126/8 (2011), 458–466.
Empfohlene Zitierweise
C. Gröpl: Subvention, I. Rechtliche Aspekte, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Subvention (abgerufen: 22.11.2024)
II. Wirtschaftliche Aspekte
Abschnitt drucken1. Begriff und Abgrenzung
Je nach Interessenlage und Dokumentationspflicht werden im nationalen und internationalen Kontext verschiedene Deutungen und Abgrenzungen des Sachverhaltes der S. vorgenommen. Aus wirtschafts- und finanzwissenschaftlicher Perspektive ist das grundlegende Merkmal von S.en, dass die entspr.en Zahlungen aus öffentlichen Mitteln von staatlichen Institutionen gewährt werden und finanzielle Vorteile für den Empfänger darstellen, die dieser ohne marktmäßige Gegenleistung erhält. Hierbei kann es sich entweder um Finanzhilfen als direkte monetäre Zuwendungen (z. B. Investitionszuschüsse, Ausfuhrerstattungen) oder um Vergünstigungen durch zinsgünstige Darlehen, Bürgschaften, Steuerstundungen sowie -vergünstigungen, Devisenbelassung zu günstigeren Wechselkursen oder andere geldwerte Leistungen handeln, deren Wirkung der einer Kostenersparnis entspricht. Bes. häufig sind Bevorteilungen für Unternehmen im steuerlichen Gebiet anzutreffen, wie etwa der Erlass von Steuern und Sozialabgaben, Freistellungen, Freibeträge bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage von Steuern oder der Erlass sowie die Rückerstattung von Zöllen. Von solchen unmittelbaren Begünstigungen lassen sich mittelbare S.en abgrenzen, bei denen der Staat Abnehmern von Gütern des zu begünstigenden Produktes Zuwendungen zur Deckung der dadurch entstandenen höheren Kosten leistet (z. B. im Fall der Hilfen für den Wohnungsbau). Werden S.en an Privathaushalte geleistet, so spricht man i. d. R. von Sozial-S.en (Kindergeld, Wohnungs- und Sozialhilfe etc.), die nicht im engeren Sinne zu S.en gezählt werden.
2. Begründung und Intention
S.en als wirtschaftspolitische Eingriffe (Wirtschaftspolitik) in das Marktgeschehen sind in Marktwirtschaften grundsätzlich begründungspflichtig. Dem Einsatz liegt die Prämisse einer positiven Wirkung von S.en zugrunde. Generelles Ziel ist die Förderung der wirtschaftlichen Aktivität. Hierbei ist zu unterscheiden, ob S.en die Faktorallokation oder die Einkommensverteilung beeinflussen sollen. Bei der allokativen Zielrichtung werden S.en gewährt, um angebliches oder tatsächliches Marktversagen zu korrigieren. Ein wesentlicher Marktversagensgrund sind externe Effekte. Z. B. können damit Begünstigungen gerechtfertigt werden, die im Rahmen des Auftretens positiver Externalitäten im ÖPNV oder im Bereich von Forschung und Entwicklung geleistet werden. Mit Anschubfinanzierungen sollen neue Technologien und Geschäftsfelder erschlossen und somit nachhaltig Arbeitsplätze geschaffen werden (Förderungs-S.en). Die distributive Zielsetzung stellt auf die personelle, intersektorale, interregionale Verteilung von Einkommen ab. Darüber hinaus werden weitere Begründungen für S.en angeführt, wie etwa die der Anpassungsunterstützung, um Härten des Strukturwandels abzufedern und so den sozialen Frieden zu wahren oder die der Erhaltungsförderung für aus kulturellen oder sozialen Gründen schützenswerte Strukturen (z. B. im Fall des Bergbaus). Auch die Förderung wirtschaftsschwacher Gebietskörperschaften durch den Abbau der regionalen sozioökonomischen Disparitäten stellt einen Rechtfertigungsversuch von S.en dar. Im Zusammenhang mit der Standortpolitik werden häufig ebenfalls internationale politisch-induzierte Wettbewerbsnachteile als Argumentation herangezogen: S.en sollen dabei helfen, diese Benachteiligung auszugleichen und die Wettbewerbsfähigkeit (Wettbewerb) heimischer Unternehmen zu verbessern. Durch solche kompensatorischen Maßnahmen können sich allerdings S.s-Wettläufe entwickeln.
3. Umfang und Entwicklung
Eine trennscharfe Abgrenzung von S.en und anderen Staatsausgaben ist mitunter schwierig zu treffen. Strittig bei der Zuordnung sind insb. die Bereiche der Forschungsförderung, des Schienenverkehrs und der Sozialleistungen. Während die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen im Zuge der Ermittlung des NNE am engsten abgrenzen und lediglich die vom Staat an Unternehmen geleisteten Geldtransfers zu den S.en zählen, bezieht der Bund für seine Berichterstattung auch gewisse Steuervergünstigungen mit ein. Gemäß dem StabG ist die Bundesregierung verpflichtet regelmäßig einen S.s-Bericht zu erstellen, der die Finanzhilfen und Steuervergünstigungen der Bundesebene dokumentiert. Nach dem 26. S.s-Bericht aus dem Jahr 2017 erhöhte sich das jährliche S.s-Volumen von 20,9 Mrd. Euro im Jahr 2015 auf 25,2 Mrd. Euro im Jahr 2018. Die S.s-Quote, die die S.en in das Verhältnis zum BIP setzt, erreichte in Deutschland im Jahr 2017 mit 0,7 % den niedrigsten Wert seit Mitte der 1990er Jahre. Ursächlich hierfür ist jedoch das überproportional angestiegene BIP, die absoluten S.s-Zahlungen sind tendenziell gestiegen. Knapp drei Viertel der Zuwendungen erfolgten in Form von Steuervergünstigungen, während der Rest als Finanzhilfen gewährt wurde. Dieses Verhältnis könnte sich jedoch zukünftig verändern, da neue S.en hauptsächlich als direkte Finanztransfers gewährt werden sollen. Hauptsubventionsempfänger ist die gewerbliche Wirtschaft, auf die ca. 50 % aller S.en entfallen. Die andere Hälfte wird überwiegend in den Bereichen des Wohnungswesens, der Sparförderung, der Vermögensbildung, des Verkehrs, der Ernährung, der Landwirtschaft und des Verbraucherschutzes geleistet. Werden zu den S.s-Zahlungen ferner die Vergünstigungen aller staatlichen Organe, also auch zusätzlich die der Landesebene, der Gemeinden und der EU mit einbezogen, dann weist der S.s-Bericht Beihilfen in Höhe von rund 53 Mrd. Euro im Jahr 2016 aus. Ein vollständiges Bild der S.s-Zahlungen ergibt sich jedoch erst, wenn ein breiter S.s-Begriff zu Grunde gelegt wird und insb. auch Vergünstigungen von Empfängern berücksichtigt werden, die nicht Unternehmen sind, jedoch private Waren und Dienstleistungen erzeugen. Nach Untersuchungen unabhängiger Forschungsinstitute ergibt sich auf diese Weise für das Jahr 2017 eine S.s-Summe von 118,3 Mrd. Euro (63 Mrd. Euro in Form von Steuervergünstigungen und 55,3 Mrd. Euro als Finanzhilfen). S.en werden nicht nur von einzelnen Nationalstaaten gewährt, sondern insb. auch von der EU, die diese an gebietsansässige Produzenten und Institutionen leistet und laut AEUV S.en umfassend als staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art versteht. Während von Mitgliedsstaaten geleistete Beihilfen als mit dem Europäischen Binnenmarkt unvereinbar angesehen werden (von großzügigen Ausnahmebereichen und -gründen abgesehen), ist die EU selbst nicht an die entspr.en Artikel gebunden und darf S.en gewähren. Diese europäischen Beihilfen umfassen neben Fördermaßnahmen im Bereich der Forschung und Bildung, v. a. auch Zahlungen im Rahmen der GAP sowie der Regional- und Strukturpolitik. Ausgaben der Agrar- und der Kohäsionspolitik machen ca. 70 % des EU-Haushaltes aus. Auch deshalb werden S.en im Kontext supra- und internationaler Rechtsregime (EU-Beihilferecht und WTO-Handelsrecht) diskutiert.
4. Wirkung
Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung, in der S.en oftmals als ein einfaches und schnell wirkendes wirtschaftspolitisches Instrumentarium betrachtet werden, fällt die ökonomische Analyse wesentlich differenzierter aus. Dabei ist die präzise Beurteilung der S.s-Wirkung und ihres Nutzens durch die hohe Zahl an interdependenten Einflussgrößen schwer. Die Wirkungen von S.en können sowohl im Bereich ihrer direkten Anwendung in den jeweiligen Wirtschaftssektoren als auch im gesamtgesellschaftlichen Umfeld analysiert werden. Auf einzelwirtschaftlicher Ebene können zahlreiche negative Effekte auftreten. S.en bewirken insb. Wettbewerbsverfälschungen, da sie Empfängern Wettbewerbsvorteile gewähren und die komparative Kostensituation eines Gutes verschieben. Durch die Selektivität bei der Gewährung werden Akteure, die keine Beihilfen erhalten, hingegen systematisch benachteiligt. Im äußersten Fall findet eine Verdrängung nicht-subventionierter Unternehmen statt. Dabei werden Vergünstigungen tatsächlich lediglich zugunsten ausgewählter Produktionszweige und einzelnen Unternehmungen gewährt (Ökonomische Theorie der Politik, Public Choice, Verfassungsökonomik). Studien des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel zeigen, dass nur ein enger Kreis an Begünstigten staatliche Hilfen erhält (rund 80 % der sektorspezifischen Beihilfen entfallen auf die Bereiche Landwirtschaft, Bergbau, Verkehr und Wohnungsvermietung). Darüber hinaus können Beihilfen die Informations-, Lenkungs- und Anreizfunktion der relativen Preise beeinträchtigen, da sie nicht die tatsächliche Knappheit von Gütern abbilden. Dadurch kann es zu Fehllenkungen von Ressourcen und somit zu gesamtwirtlichen Wohlfahrtsverlusten kommen. Zudem sieht sich die Vergabe von Beihilfen einem Informations- und Kontrollproblem gegenüber. Denn damit im Fall des Marktversagens Mittel im richtigen Umfang und in der sinnvollen Dauer eingesetzt werden, bedarf es eines umfassenden und konkreten Wissens, über das die Vergabeinstitution nur begrenzt verfügen kann (Information, Österreichische Schule der Nationalökonomie). Ebenso schwierig dürfte eine adäquate Kontrolle der Mittelverwendung sein, sodass neben dem ineffizienten Einsatz auch ein Entstehen von Mitnahmeeffekten zu erwarten ist. Auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Wirkungen sind nachteilige Effekte festzustellen. Da S.en durch den öffentlichen Haushalt aufgebracht werden, sind sie mittelfristig mit erhöhter Steuerbelastung verbunden. Dass dennoch S.en geleistet werden lässt sich politökonomisch (Neue Politische Ökonomie) erklären, da dem durch Beihilfen begünstigten Personenkreis oder Sektor durch die Zuwendungen ein messbarer Nutzen entsteht, auf die große Anzahl an Steuerzahlern allerdings lediglich ein jeweils individuell kleiner Beitrag entfällt. Diese Asymmetrie führt dazu, dass es für die kleinere Gruppe – die sich zudem besser organisieren kann – rational ist, zu ihren Gunsten Einfluss auf den Staat zu nehmen, während für die größere Gruppe der Nutzen einer Intervention geringer als die erwartbaren Kosten ist. Dieses Streben nach politischen Renten (rent seeking), also des Erhaltens von Einkommen ohne Gegenleistung, führt zur Fehlallokation von Ressourcen, die nun nicht mehr für produktive Zwecke eingesetzt werden können und lähmt so die gesamte Volkswirtschaft. Damit einher geht ferner auch die Gefahr der Bildung einer „S.s-Mentalität“, die die Leistungsbereitschaft der Begünstigten reduziert. In diesem Fall werden notwendige strukturelle Veränderungen unterlassen, da Akteure auf Unterstützung durch den Staat hoffen. In Kombination mit einem abnehmenden Wettbewerbsdruck durch die nicht geförderten Mitkonkurrenten kann die Dynamik von Forschungs- sowie Entwicklungsprozessen und Produktverbesserungen leiden. Somit können insgesamt gerade S.en dazu führen, dass die (internationale) Wettbewerbsfähigkeit abnimmt, das Wirtschaftswachstum sinkt und die Arbeitslosigkeit steigt. Neben dem Gewöhnungseffekt – und eng mit ihm im Zusammenhang stehend – ist auch die Beharrungstendenz von S.en problematisch. Wenn S.en bedingt durch entspr.e regulatorische Festschreibungen über einen längeren Zeitraum gewährt werden, dann fallen nicht nur Anpassungen an die Dynamik der Märkte schwer, sondern es verfestigt sich auch die Macht der Befürworter einer solchen Förderung. Diese nicht erschöpfende ökonomische und finanzpolitische Diskussion der Wirkung von S.en zeigt die Ambivalenz dieser Markteingriffe. Zwar können S.en durchaus durch tatsächliches Marktversagen oder außerökonomische Gründe gerechtfertigt werden, jedoch ist angesichts der zahlreichen negativen Effekte zu fragen, inwiefern sie das wirksamste und effizienteste Instrument im Hinblick auf angestrebte Ziele sind. Die tendenziell negative Bewertung von S.en sind zunehmend Gegenstand politischer Kontroversen und Auslöser für Reformbestrebungen. So hat 2015 der Bund subventionspolitische Leitlinien verabschiedet, um bei neuen S.en mehr Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten (Steuerung) zu erreichen. Trotz aller Versuche ist es bislang jedoch nicht gelungen, das S.s-Volumen merklich zu reduzieren.
Literatur
The World Bank: Subsidies and Other Transfers (2020), URL: https://data.worldbank.org/indicator/GC.XPN.TRFT.ZS (abger.: 17.9.2020) • C.-F. Laaser/A. Rosenschon: Kieler Subventionsbericht und die Kieler Subventionsampel. Finanzhilfen des Bundes und Steuervergünstigungen bis 2017 – eine Aktualisierung, 2018 • Bundesministerium der Finanzen: 26. Subventionsbericht, 2017 • J. Dörr: Die europäische Kohäsionspolitik. Eine ordnungsökonomische Perspektive, 2017 • P. Bultmann: Beihilferecht und Vergaberecht, 2004 • W. Kortmann: Subventionen. Die verkannten Nebenwirkungen, in: WD 84/7 (2004), 462–472 • M. Grüne: Subventionen in der Demokratie. Analytische Grundlagen einer Subventionsordnung, 1997.
Empfohlene Zitierweise
J. Dörr, M. Sehr: Subvention, II. Wirtschaftliche Aspekte, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Subvention (abgerufen: 22.11.2024)