Arbeit
I. Die wirtschaftliche Bedeutung der Arbeit
Abschnitt drucken1. Arbeit als Gegenstand der Volkswirtschaftslehre
Die ökonomische Theorie beschäftigt sich mit der Frage, wie die Knappheit von Gütern und Dienstleistungen durch den Einsatz der verfügbaren Ressourcen (A., Kapital, Boden, technisches Wissen) bestmöglich überwunden werden kann. Als knapp bezeichnet man alle Güter, die nicht jedermann in beliebiger Menge kostenfrei zur Verfügung stehen, d. h. deren verfügbare Menge die Bedarfsdeckungsmenge (Sättigungsmenge) unterschreitet. Das ökonomische Problem besteht somit darin, die verfügbaren Produktionsfaktoren auf die gesellschaftlich produktivste Verwendung zu lenken (optimale Allokation knapper Ressourcen). Aus ökonomischer Sicht ist damit jede menschliche Tätigkeit als „A.“ zu verstehen, durch die gesellschaftlich knappe Güter und Dienstleistungen erzeugt werden. Insofern fallen unter den ökonomischen A.s-Begriff nicht nur jene Tätigkeiten, die über Märkte (Markt) gehandelt und monetär entlohnt werden (Erwerbs-A.). Auch unentgeltlich erbrachte Leistungen wie ehrenamtliche Tätigkeiten, Haus-A., die Kindererziehung in der Familie oder die Produktion von Gütern zum Eigenverbrauch stellen A.s-Leistungen im ökonomischen Sinn dar. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass unbezahlte A. und Haushaltsproduktion nicht nur in Entwicklungs- und in Schwellenländern, sondern auch in modernen Ökonomien einen erheblichen wirtschaftlichen Faktor darstellen. Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge wendeten private Haushalte in Deutschland im Jahr 2013 ca. 20 % mehr Zeit für unbezahlte A. auf als für Erwerbstätigkeit. Der Beitrag dieser Tätigkeiten zur Überwindung gesellschaftlicher Knappheit grenzt den A.s-Begriff ökonomisch von unproduktiven Tätigkeiten („Liebhaberei“) ab.
Gegenstand der ökonomischen Analyse sind das Angebot von A.s-Leistungen durch die privaten Haushalte und die Nachfrage nach diesen Leistungen durch die Unternehmen. Angebot und Nachfrage von A. werden sowohl aus einzelwirtschaftlicher (mikroökonomischer) wie aus gesamtwirtschaftlicher (makroökonomischer) Perspektive untersucht. Die mikroökonomische Theorie analysiert die optimalen A.s-Angebots- und -nachfragemengen bei gegebenen Löhnen (Lohn) und Preisen. Die makroökonomische Theorie untersucht hingegen die Preisbildung auf Faktor- und Gütermärkten bei gegebenem Kapitalstock und bei gegebener Menge an A.s-Kräften.
2. Die mikroökonomische Analyse der Arbeit
2.1 Das Arbeitsangebot des Haushalts
Die mikroökonomische A.s-Angebotstheorie analysiert die Allokation der verfügbaren Zeit aller Haushaltsmitglieder auf unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten. In Mehrpersonenhaushalten werden diese Entscheidungen i. d. R. nicht individuell, sondern im Haushaltskontext getroffen. Die theoretische Analyse der komplexen Entscheidungsprozesse zwischen den einzelnen Haushaltsmitgliedern ist Gegenstand der neueren, spieltheoretisch (Spieltheorie) fundierten Haushalts- bzw. Familienökonomik. Aus Vereinfachungsgründen werden diese komplexen innerfamilialen Entscheidungen in der traditionellen Haushaltstheorie jedoch vernachlässigt; der Haushalt wird somit wie ein Individuum behandelt. Die ökonomische Analyse unterstellt, dass der Haushalt die ihm zur Verfügung stehende Zeit zwischen den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten (Erwerbstätigkeit, Haushaltsproduktion, Freizeit) so aufteilt, dass sein Nutzen maximiert wird (optimale Zeitallokation). Da das zeitliche Budget des Haushalts begrenzt ist, ist jede ausgeübte Tätigkeit mit Kosten in Form von Opportunitätskosten verbunden. Als Opportunitätskosten bezeichnet man den entgangenen Nutzen der nächstbesten Zeitverwendungsmöglichkeit. Wenn man vereinfachend unterstellt, dass der Haushalt nur zwischen Erwerbs-A. und Freizeit wählen kann, so sind die Opportunitätskosten der Freizeit der durch den Freizeitkonsum entgangene A.s-Lohn. Die Opportunitätskosten der A.s-Zeit sind demgegenüber der während der A. entgangene Freizeitnutzen resp. das A.s-Leid. Des Weiteren wird i. d. R. unterstellt, dass die Erwerbs-A. keinen eigenständigen Nutzen aufweist; Erwerbs-A. wird ausschließlich mit dem Ziel angeboten, Erwerbseinkommen (Einkommen) für den Konsum von Gütern zu erzielen. Ein nutzenmaximierender Haushalt wird unter diesen Bedingungen seine A.s-Zeit ausweiten, solange der mit dem Güterpreis gewichtete Grenznutzen des Konsums höher ist als der mit dem Lohnsatz gewichtete Grenznutzen der Freizeit. Die optimale Zeitallokation ist erreicht, wenn das Austauschverhältnis zwischen A.s-Zeit und Freizeit gleich dem Reallohnsatz, also den Opportunitätskosten der Freizeit, ist.
2.2 Die Arbeitsnachfrage eines Unternehmens
Ein gewinnmaximierendes Unternehmen wird seine Beschäftigungsmenge so lange ausdehnen, bis der zusätzliche Erlös eines Arbeitnehmers den zusätzlichen Kosten dieses Beschäftigen entspricht. Unter wettbewerblichen Bedingungen auf den Güter- und A.s-Märkten ist der Lohnsatz gleich dem Wertgrenzprodukt des Faktors A. Im Gleichgewicht wird die Wertschöpfung des Unternehmens durch die Kompensation der am Produktionsprozess beteiligten Faktoren vollständig ausgeschöpft, so dass kein Gewinn im engeren Sinne anfällt (adding up-Theorem). Eine beschäftigungsneutrale Lohnerhöhung muss mit einem Anstieg der A.s-Produktivität einhergehen. Sofern der Lohnanstieg nicht auf eine Erhöhung der A.s-Produktivität zurückzuführen ist, muss sich die A.s-Produktivität an den gestiegenen Lohn anpassen. Aufgrund des abnehmenden Grenzertrags des Faktors A. geschieht dies, indem das Unternehmen die nachgefragte A.s-Menge einschränkt. In der kurzen Frist, also bei gegebenem Kapitalstock, erfolgt das durch eine Verringerung der Ausbringungsmenge des Unternehmens, also durch Produktionseinschränkungen. Langfristig kann dies – im Rahmen der technischen Möglichkeiten – auch durch eine Substitution von A. durch Kapital erfolgen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein Anstieg der Löhne, der nicht zuvor durch einen Anstieg der A.s-Produktivität gedeckt ist, eine Verringerung der A.s-Nachfrage zur Folge hat. Unter Wettbewerbsbedingungen (Wettbewerb) reagiert die A.s-Nachfrage also „normal“, d. h., dass die Nachfrage nach A.s-Kräften bei steigenden Löhnen sinkt.
3. Makroökonomische Analyse: Die ökonomische Bewertung der Arbeit
Die Bewertung des Faktors A. ist sowohl aus wirtschaftlicher wie aus ethischer Sicht von bes.r Bedeutung. Ökonomisch betrachtet stellen die Ausgaben für den Faktor A. Kosten für das Unternehmen dar. Damit ist die Lohnhöhe – in Verbindung mit der Produktivität des Arbeitnehmers – eine wichtige Determinante für die Nachfrage der Unternehmen nach A.s-Kräften. Gleichzeitig ist das A.s-Einkommen die überwiegende Einkommensquelle (Einkommen) der abhängig Beschäftigten. Die Löhne (Lohn) sind damit nicht nur eine wichtige Größe im volkswirtschaftlichen Kreislauf, sondern sie stellen auch die Existenzgrundlage für den überwiegenden Teil der Bevölkerung dar.
Nach Auffassung der klassischen Ökonomen (Adam Smith, David Ricardo, Karl Marx) bestimmt sich der Wert einer Ware nach der für die Produktion dieses Gutes aufgewendeten A.s-Zeit (sog.e „A.s-Wertlehre“). Deshalb stellt nach K. Marx jedes Faktorentgelt, das nicht A.s-Einkommen ist, eine Ausbeutung des Faktors A. dar. Weiterhin gingen die frühen Ökonomen davon aus, dass das A.s-Einkommen das Subsistenzniveau nicht längerfristig überschreiten kann. Denn sofern der Lohnsatz das Existenzminimum übersteigt, erhöht sich nach dem Malthus’schen Bevölkerungsgesetz (Malthusianismus) die Bevölkerungszahl und damit das Angebot an A.s-Kräften. Diese zusätzlichen A.s-Kräfte konkurrieren um die vorhandenen A.s-Plätze und drücken den Lohnsatz wieder auf das existenzminimale Niveau („ehernes Lohngesetz“ nach Ferdinand Lassalle). Hinzu kommt nach K. Marx ein arbeitssparender technischer Fortschritt, der anhaltende Arbeitslosigkeit generiert und eine „industrielle Reservearmee“ schafft. Pauperismus, überlange A.s-Zeiten und Kinder-A. sind nach dieser Auffassung eine notwendige Folge von A.s-Beziehungen, die nach den marktwirtschaftlichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage ausgestaltet sind.
Empirisch haben sich diese Annahmen jedoch als falsch erwiesen. Nach der Phase der Frühindustrialisierung, in welcher der durchschnittliche Lohnsatz tatsächlich kurzzeitig abgesunken war, nahmen die A.s-Einkommen im Zuge der Industrialisierung deutlich zu. Gleichzeitig verringerte sich trotz stark steigender A.s-Einkommen die durchschnittliche Kinderzahl je Frau in allen entwickelten Industriestaaten, so dass das Pro-Kopf-Einkommen und damit der Lebensstandard der Bevölkerung in diesen Ländern deutlich anstiegen.
Im Unterschied zur klassischen Theorie (Klassische Nationalökonomie) unterstellt das friktionsfreie neoklassische Modell, dass der wirtschaftliche Wert eines Produktionsfaktors unter kompetitiven Bedingungen seinem marginalen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung entspricht. Unter der Wertschöpfung ist dabei die aggregierte Zahlungsbereitschaft der Wirtschaftssubjekte für Güter und Dienstleistungen zu verstehen. Da unter Wettbewerbsbedingungen (Wettbewerb) zumindest die A.s-Nachfrage normal reagiert, so dass bei steigendem Lohnsatz die gesamtwirtschaftliche A.s-Nachfrage sinkt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Gleichgewichts-Reallohn existiert, bei dem sich die angebotene und die nachgefragte A.s-Menge gerade ausgleichen. Sollte der Lohnsatz das gleichgewichtige Niveau übersteigen, so verringert sich die A.s-Nachfrage der Unternehmen und es entsteht unfreiwillige A.s-Losigkeit. Die freigesetzten A.-Nehmer werden dann ihre A.s-Kraft zu geringeren Löhnen anbieten, so dass der Marktlohn auf das gleichgewichtige Niveau sinkt und die Beschäftigungsmenge wieder steigt. Fällt der Marktlohn hingegen unter das markträumende Niveau, so werden die Unternehmen versuchen, ihre A.s-Nachfrage auszuweiten; es entsteht somit ein A.s-Kräftemangel. In diesem Fall werden die Unternehmen die Löhne so lange erhöhen, bis das urspr.e markträumende Niveau erreicht ist.
Damit ist für die Höhe der A.s-Einkommen letztlich die Knappheit einer bestimmten A.s-Leistung ausschlaggebend. Bei einer Bewertung der A.s-Kraft über freie Märkte (Markt) werden dementsprechend Tätigkeiten, die reichlich vorhanden sind, gering entlohnt, obwohl sie u. U. eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung genießen (z. B. soziale Dienstleistungen). Demgegenüber werden produktive Tätigkeiten, die sehr knapp sind, entsprechend hoch entlohnt (z. B. Managementtätigkeiten). Der Marktlohn ist insb. unabhängig von den wirtschaftlichen Bedarfen des Haushalts. Bei der Entlohnung einer A.s-Leistung durch den Markt spielen weder die Haushaltsgröße noch die Haushaltszusammensetzung oder das Gesamteinkommen des Haushalts eine Rolle. Deshalb ist es durchaus möglich, dass auch eine Vollzeitbeschäftigung nicht ausreicht, um das soziokulturelle Existenzminimum eines Haushalts abzudecken (sog.e „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“). In diesen Fällen ist die staatliche Sozialpolitik gefordert, die Differenz zwischen dem erzielten Markteinkommen eines Haushalts und dem in der Gesellschaft für erforderlich gehaltenen Mindestbedarf durch Transferleistungen abzudecken (sog.e „Aufstockung“). Ein sozialpolitisch motivierter Eingriff in den Lohnbildungsprozess – bspw. im Sinne eines „Familienlohns“ – hätte demgegenüber zur Folge, dass sich die Beschäftigungskosten dieses Personenkreises im Vergleich zu gleich qualifizierten Mitbewerbern erhöhen, so dass sich ihre Beschäftigungschancen verschlechtern. Eine nach sozialen Gesichtspunkten ausgestaltete Lohnpolitik birgt also immer die Gefahr, den Personenkreis, der eigentlich geschützt werden soll, auf dem Arbeitsmarkt schlechter zu stellen.
Auf wettbewerblichen Märkten lassen sich die Löhne allenfalls indirekt beeinflussen, indem die Knappheit der angebotenen A.s-Menge durch institutionelle Maßnahmen verändert wird. So verringert eine Verkürzung der täglichen, wöchentlichen und jährlichen A.s-Zeit sowie der Lebens-A.s-Zeit das effektive A.s-Angebot und führt damit ceteris paribus zu einer Erhöhung des Marktlohnsatzes. Umgekehrt wirkt sich eine Verlängerung dieser A.s-Zeiten tendenziell lohnsatzsenkend aus.
Auf unvollkommenen Märkten sind die Notwendigkeit und die Möglichkeiten staatlicher Interventionen in den Lohnbildungsprozess höher. Wenn die Unternehmen Monopolstellungen auf den Gütermärkten oder Nachfragemacht auf den A.s-Märkten haben, unterschreitet der Reallohn den kompetitiven Lohnsatz. Die Unternehmen erzielen in diesen Fällen marktformbedingte Gewinne. In diesen Fällen führen der Zusammenschluss der A.-Nehmer zu Gewerkschaften und das Recht auf kollektive Lohnverhandlung ebenso wie ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn zu einem Anstieg der Löhne. Sofern diese Lohnerhöhung jenen Lohnsatz nicht übersteigt, der sich bei wettbewerblicher Lohnbildung ergeben hätte, ist außerdem kein Rückgang der A.s-Nachfrage zu erwarten. Die Beschäftigungseffekte einer gewerkschaftlichen oder staatlichen Lohnpolitik sind somit abhängig von der jeweiligen Marktform (Marktformen) und von der Intensität der staatlichen Intervention in den Markt.
4. Arbeit in gesamtwirtschaftlicher Perspektive
Der Anteil des A.s-Einkommens (Einkommen) an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung wird über die sog.e „Lohnquote“ gemessen. Die Lohnquote ist das Verhältnis von gesamtwirtschaftlicher Lohnsumme und nominalem BSP. Bezeichnet man mit L die Anzahl der unselbständig Beschäftigten einer Volkswirtschaft, mit w den Durchschnittslohn, mit P das Preisniveau und mit Y das reale Sozialprodukt, so ergibt sich die Lohnquote (LQ) als Quotient aus Lohnsumme (w*L) und nominalem Sozialprodukt (P*Y), d. h.: LQ=(w*L)/(P*Y). Aus dieser Gleichung wird deutlich, dass sich die Lohnquote aus dem Produkt von durchschnittlichem Reallohn (w/p) und dem A.s-Koeffizienten, also dem Kehrwert der durchschnittlichen A.s-Produktivität (Y/L), ergibt. Daraus folgt, dass die Lohnquote konstant bleibt, sofern sich die gesamtwirtschaftlichen Reallöhne gemäß dem Wachstum der A.s-Produktivität entwickelt. Ein Anstieg der Reallöhne über den Produktivitätsfortschritt hinaus erhöht die Lohnquote; sie sinkt, sofern die gesamtwirtschaftlichen Lohnzuwächse hinter dem Produktivitätszuwachs zurückbleiben. Eine strikt produktivitätsorientierte Lohnpolitik führt also zu einer Stabilisierung der Lohnquote.
In den entwickelten Industriegesellschaften ist die Lohnquote in den 1950er und 1960er Jahren deutlich angestiegen. In den anschließenden Jahren, insb. jedoch seit der Jahrtausendwende fällt die Lohnquote hingegen in allen Industriestaaten spürbar ab. Mittlerweile befindet sich die Lohnquote in den meisten OECD-Staaten auf dem Niveau der frühen 1970er Jahre, teilweise sogar darunter. Für diesen Rückgang des Anteils der A.-Nehmereinkommen an der gesamtgesellschaftlichen Wertschöpfung werden mehrere Faktoren genannt. Die wichtigsten sind:
a) ein arbeitssparender technischer Fortschritt. Durch die Automatisierung und die Digitalisierung werden einfache Routinetätigkeiten und bestimmte Dienstleistungen durch automatisierte Prozesse und damit durch den Faktor Kapital substituiert;
b) die Globalisierung. Da Entwicklungs- und Schwellenländer aufgrund ihrer geringen A.s-Kosten komparative Vorteile bei der Erstellung arbeitsintensiver Güter haben, spezialisieren sich die Industriestaaten auf technologie- und kapitalintensive Güter;
c) eine verminderte Verhandlungsmacht der A.-Nehmervertretungen. Bedingt durch den verminderten Organisationsgrad der Arbeitnehmer und aufgrund der Möglichkeit von Unternehmen, ihren Produktionsstandort international frei zu wählen, sank die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften gegenüber den A.-Gebern in den vergangenen Jahren spürbar. Dadurch verringerten sich die Möglichkeiten, gewerkschaftliche Lohnforderungen in den Tarifverhandlungen durchzusetzen;
d) die demographische Entwicklung. Die Alterung der Gesellschaft macht es erforderlich, neben den umlagefinanzierten Systemen sozialer Sicherung (Sozialversicherung) eine private, kapitalgedeckte Vorsorge zu betreiben. Dadurch steigt der Kapitalstock in einer Volkswirtschaft und damit auch der Anteil des Kapitaleinkommens an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. In welchem Umfang diese Faktoren zum Rückgang der Lohnquote beitrugen, ist in der Literatur umstritten. Unstrittig ist jedoch der tendenzielle Rückgang der Lohnquote seit nunmehr 25 Jahren in den meisten Industriestaaten.
5. Arbeit und technischer Fortschritt
Ein immer wiederkehrendes und kontrovers diskutiertes Thema ist die Frage, wie sich der technologische Wandel auf die menschliche A. auswirkt. Dabei ist allg. akzeptiert, dass der technische Fortschritt den Menschen von mühevollen Arbeiten und wiederkehrenden Routinetätigkeiten entlastet und damit maßgeblich zur Humanisierung der A.s-Welt beigetragen hat. Kritisch diskutiert werden hingegen die Effekte des technischen Fortschritts auf die Beschäftigung. Hier stehen sich zwei konfligierende Auffassungen gegenüber.
Nach der Freisetzungshypothese erhöht der technische Fortschritt die gesamtwirtschaftliche A.s-Produktivität stärker als das Produktionswachstum. Dadurch werden in den innovativen Branchen mehr A.s-Kräfte freigesetzt, als an anderer Stelle Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Diese These spielte eine wesentliche Rolle in der „Maschinerie-Debatte“ zu Beginn des 19. Jh., der Rationalisierungsdiskussion in den 1930er Jahren und der Automatisierungsdebatte der 1960er Jahre. Auch die Diskussion um die Beschäftigungseffekte der Informationstechnologie und der Digitalisierung, die bereits in den 1980er Jahren begann und im Zuge der digitalen Vernetzung seit der Jahrtausendwende verstärkt geführt wird, thematisiert die Freisetzungseffekte digitaler Technologien und neuer Kommunikationsmedien.
Demgegenüber geht die Kompensationshypothese (auch Neutralitäts- oder Fortschrittshypothese) davon aus, dass der technische Fortschritt keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung aufweist. Dies wird damit begründet, dass der technische Fortschritt neue Produkte generiert, die Nachfrage und Beschäftigung in diesen neuen Bereichen schaffen. Darüber hinaus senkt der technische Fortschritt die Produktionskosten, wodurch sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit (Wettbewerb) der Unternehmen verbessert und neue Beschäftigung geschaffen wird. Und schließlich wird darauf hingewiesen, dass der Beschäftigungsrückgang in jenen Unternehmen und Branchen, welche sich dem technologischen Fortschritt entziehen, deutlich größer ist als in jenen Sektoren, in denen Innovationen (Innovation) stattfinden. Unabhängig von der Wirkungsrichtung des technischen Fortschritts lässt sich somit festhalten, dass der Verzicht auf Innovationen den Beschäftigungsgrad nicht erhöhen, sondern vielmehr vermindern würde.
Literatur
M. Browning/P. Chiappori/Y. Weiss: Economics of the Family, 2014 • OECD: OECD Employment Outlook, 2012 • Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2012/13, 2012 • W. Sesselmeier/L. Funk/B. Waas: Arbeitsmarkttheorien. Eine ökonomisch-juristische Einführung, 2010 • R. Jackman/R. Layard/S. Nickell: Unemployment. Macroeconomic Performance and the Labour Market, 1991 • W. Klauder: Technischer Fortschritt und Beschäftigung, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 19/1, 1986.
Empfohlene Zitierweise
J. Althammer: Arbeit, I. Die wirtschaftliche Bedeutung der Arbeit, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Arbeit (abgerufen: 22.11.2024)
II. Philosophische Aspekte
Abschnitt drucken1. Einführende Bestimmungen
Philosophisch sind im Blick auf A. drei Bestimmungsarten zu unterscheiden. Zum einen die phänomenologische Bestimmung (Phänomenologie) der lebensweltlichen Realität von A. in ihren gegenwärtig generellen Charakteristika, ihrer Bedeutung und Geltung. Zum zweiten die Bestimmungsart, welche Gesamtbestimmungen von A. unternimmt und in Hinblick auf grundlegende Signaturen der Conditio humana sichtet. Diese sind zum Dritten in Rückblick auf die Geschichte ihrer philosophischen Thematisierung zu betrachten, darin auf die Position, welche A. in philosophischen Theorien und Disziplinen (so in Anthropologie, in Konzeptionen von Welt, Natur, Rationalität) einnimmt. In erstem phänomenalen Umriss gefasst, bezeichnet der Begriff A. die bewusste Tätigkeit der Herstellung, Erhaltung und Optimierung von Sachen, Verhältnissen, Zuständen sowie deren Transport und Übermittlung. Mit den Zielen richtet sich A. nicht allein auf Materielles, sondern ebenso auf immaterielle Realitäten (so in Organisations- und Planungsleistungen). In Hinsicht auf ihre Gesamtbedeutung gilt z. B., A. sei „eine Grundbedingung menschlichen Lebens“, darin „Voraussetzung und Fundament aller menschlichen Kulturhervorbringungen“ (Riedel 1973: 136). Der notierte basale Stellenwert von A. verweist zurück auf Theoreme neuzeitlicher Philosophie, u. a. auf Immanuel Kants Forderung, „sich aus der […] beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten“ (Kant 1922: 170), dadurch volle Humanität zu gewinnen.
2. Arbeit und moderne Lebenswelt: Phänomenologische Bestimmungen
Die Realität gegenwärtiger A. zeigt sich an Größen, welche deren Aktivität generell kennzeichnen, in der Moderne aber in spezifischer Beschaffenheit gegeben sind: An A. als Prozess, ihrem Material, dem angezielten Produkt, im Blick auf Instrumentierung, Organisation und Kontexte. Deren modernitätsspezifische Beschaffenheit verweist – exemplarisch im Feld industrieller Produktion – auf den Zusammenhang von A., Technik, von A.s- und Technikgeschichte. Er tritt vorab an der Eigenart der Materialien entgegen. Die entwickelte Technik ermöglicht die Produktion von Stoffen mit vordefinierten, transnaturalen Eigenschaften, erzeugt schon in diesen eine Realität sui generis. In ihrer Instrumentalität demonstriert die industrielle Produktion den Übergang vom untergeordneten Werkzeug zu umfassend maschinalen Systemen der Zurichtung, Formung und Synthese materialer Elemente zum Ganzen eines Produkts. Die Systeme bestimmen den Prozess der A. in seinen Einzelschritten, deren Gestalt und Abfolge. Informationssysteme steuern den Leistungsverbund bis hin zu selbstgeregelt automatisierter Produktion. Die Organisation dieses Leistungsverbunds bekundet in Form und Verknüpfung der Prozessphasen ein Musterbild von Rationalität. Ihre Ordnung von A. erlangt einen Geltungsanspruch, der über den Bereich dieser Produktion hinaus reicht. Dies gilt zuvor für deren Kontexte. Ihr Umfang überschreitet traditionelle Formen – so der handwerklichen Werkstätte, der Manufaktur, in sich abgeschlossener Fabrikanlagen. Die Ausweitung zeigt sich beispielhaft in der Erstellung von Großgeräten (so in der Flugzeugindustrie): In Teilproduktionen platziert an räumlich distanten Orten, basiert deren Herstellung in raumdurchgreifend rationaler Verflechtung der Produktionsorte. Entsprechend fordert dislozierte Produktion die Erstellung angemessener Transport- und Verkehrssysteme, in ihr komplexe A.en der Strukturierung von Räumen (Raum). In den gleichermaßen erforderlichen Systemen der Kommunikation und Information tritt zudem eine neue Form immateriell erzeugender A. auf den Plan. Neu, als Informationen und Daten unter dem Leitmaß von Zuverlässigkeit und Rationalität gewonnen, strukturiert und kombiniert, dazu verzerrungsfrei übermittelt werden sollen. Insgesamt betrachtet, bekunden Instrumentierung, Organisation der Produktions- und Steuerungssysteme, Organisation der entsprechenden Kontexte ein Ziel in maßstäblicher Form: Die Effizienz solcher A., verbunden mit weiteren Qualitätsstandards der Erzeugnisse (optimale und zuverlässige Funktionsfähigkeit etc.). Das Ziel der Effizienz unterliegt der Forderung fortgehender Optimierung. Effizienz- und Optimierungsforderungen wirken weiter. Zunächst auf den ökonomischen Kontext, die in ihm entworfenen, produktionsleitenden Zielvorgaben, die entsprechenden Planungs-, Bewertungs- und Entscheidungsleistungen. Schließlich greifen Effizienz- und Optimierungsforderungen durch in den umgreifendsten Kontext von A., die soziale Lebenswelt. In ihr begegnet der Durchgriff u. a. in der Ausbreitung von Computertätigkeiten bis in private Bereiche. Deren Einbezug in umfassende A.s-Zusammenhänge antwortet den Möglichkeiten der entwickelten Informationstechnologie. Sie durchmisst in Kommunikation, Regelung, Steuerung die soziale Lebenswelt. Mit der Präsenz der Informationstechnologie, den vorhin angeführten Leistungsarten und den erbrachten Produkten bestimmt A. die soziale Lebenswelt in unterschiedlich offener Allgegenwärtigkeit. Die Stellung von A. bekundet sich beispielhaft in ihrem Umgang mit Zeit. Der Umgang richtet sich auf die Veränderung des zeitlichen Aspekts von Verläufen und Zuständen. Die Veränderung erfolgt als Beschleunigung von A.s-Verläufen in der Produktion, welche deren zeitlichen Umfang reduziert, in Informations-A. als Reduktion der Verarbeitungs- und Übertragungszeiten, in Verkehr und Transport als Minimierung des zeitlichen Aufwands bei Bewältigung räumlicher Distanzen. Tiefer greift der Umgang in Prozeduren, welche, ausgerichtet auf anhaltende Stabilität, zeitlich bestimmten Wandel retardieren, die urspr. zeitliche Verlaufsart von Gegebenheiten in einen höheren Grad von Ständigkeit umzuwandeln suchen – derart auf Dinge in ihrer zeitlichen Verlaufsweise einwirken. Von prägender Bedeutung für die Lebenswelt ist das Verhältnis von Zeit und A. in den Zeitspannen, welche die humanen Lebenszeiten mit A. füllen, den Verlauf humanen Daseins gliedern. Der Stellung der A. entspricht die lebensweltliche Verwendung ihres Begriffs. Er gilt auch für Tätigkeiten, die traditionell von A. abgehoben waren. Erziehungs-A., Forschungs-A., Pflege-A. sind Beispiele für die Ausweitung des Begriffs, darin Dokumente der Geltung von A. Der Sprachgebrauch verweist auf die Tendenz, Tätigkeiten die Bedeutsamkeit von A. zuzuweisen. Zugl. zeigt sich darin die Tendenz, solche Tätigkeiten den Leistungsnormen von A. zu unterstellen, auch von diesen Rationalität und Effizienz zu fordern. In den Verhältnissen gilt A. als Aktivität, worin Einzelne die Identität ihres Selbstseins gewinnen und ihre soziale Respektabilität ausweisen. Die Geltung betrifft die Gender-Problematik (Gender). Sie fordert unabhängig von tradierten Rollenzuschreibungen für beide Geschlechter gleichberechtigten Zugang zu A. in allen ihren Arten, zielt ebenso auf den Abbau geschlechtsspezifischer Differenzen in deren Bewertungen. Verstörend wirkt die Geltung im Blick auf die Folgen zunehmend automatisierter A. Sie verursacht eine essentielle Problemlage moderner Sozialitäten. Sie bedingt den Entzug von A.s-Plätzen – „Arbeit, die Arbeit abbaut“ (Gorz 2000: 65 ff.). Die entsprechende Prekarisierung beinhaltet nicht allein gravierende Beschränkungen materieller Lebensgestaltung. Im Orientierungshorizont von A. bedingt der Entzug von A. den „Verlust des Gefühls […] der Rechtlichkeit und der Ehre, durch eigene Thätigkeit und Arbeit zu bestehen“, so bereits Georg Wilhelm Friedrich Hegel in der „Rechtsphilosophie“ (Hegel 1928: 318), darin fallweise tiefgreifende Irritationen humanen Selbstseins. Die Vorgänge stellen die heutige Bedeutung von A. als Selbstgestaltung und als Selbstverwirklichung in Frage.
3. Arbeit im Verhältnis von Conditio humana und „Welt“: Philosophische Gesamtbestimmungen
„Selbsterhaltung“, „Selbstgestaltung“, „Selbstverwirklichung“ bieten Gesamtbestimmungen von A., welche deren basal anthropologischen Rang artikulieren, mit ihm über den Wandel ihrer Bedeutung informieren. Für A. als „Selbsterhaltung“ gilt: Deren Aufgabe und Notwendigkeit basieren in der Einsicht, zwischen Mensch und Welt walte eine grundlegende Differenz. Sie resultiert zum einen aus der Conditio humana, zu ihrem Bestand unaufhebbar auf transhuman mundane Gegebenheiten verwiesen zu sein – Gegebenheiten, deren originäre Beschaffenheit zum anderen zumeist nicht den humanen Erfordernissen adäquat ist. A. überbrückt diese Differenz in umformender Aneignung. John Lockes „Second Treatise“ fasst die Leistung als Begründung von Eigentum. Bezeichnender noch für Bestimmung von A. als Selbsterhaltung sind J. Lockes Erörterungen im „Essay concerning Human Understandig“. A. geschieht bereits im Inneren des „Verstandes“. Sie gilt einem Material besonderer Art: Den Sinneseindrücken, welche durch die Sinnesorgane in den Verstand gelangen, ihn derart auffüllen, dass er in ihnen unterzugehen droht. Seinen Bestand zu erhalten, fordert Bewältigung dieser diffusen Fülle, „labour of thought“ (Locke 1975: 156): A. welche die Mannigfaltigkeit dieser Materialien bedeutungshaft in eigens konzipierten Begriffen gruppiert, zu rationaler Übersichtlichkeit befördert. J. Locke begreift A. als A. der Rationalität, in ihr als basal formierende Ordnungsleistung. Gründet sie vorab in der Notwendigkeit, die Folgen sinnlich einwirkender Realität zu bewältigen, gilt dazu: Die Vernahme sinnlicher Einwirkung stellt den einzigen Zugang zur Welt dar. Die klassisch gedachte ontologische Ordnung von Welt sei dem Verstand in seinen Möglichkeiten nicht erreichbar. Zudem ist der Gedanke dieser Ordnung durch den kopernikanischen Wandel des Weltbilds außer Geltung geraten. Angesichts der kosmischen Dezentralisierung des Menschen besteht die Möglichkeit, in anderen Gegenden des „riesigen Weltbaus“ (Locke 1981: 129) existierten andere Formen von Sinnlichkeit und Verstand. So darf der Mensch nicht länger als singulär erkenntnismäßiger Repräsentant einer universalen Ordnung gedacht werden. In der Unzugänglichkeit ontologischer Ordnung, wie der Unumgänglichkeit, den mundanen Aufenthalt schon erkenntnismäßig zu garantieren, muss die Ordnung erkenntnismäßiger Aneignung von Welt human geleistet werden – durch A. Ihr steht die Welt in Form der Sinneseindrücke allein als ordnungsbedürftiges Material gegenüber. J. Lockes paradigmatische Fassung von A. lässt Bedingungen ihrer neuzeitlicher Bedeutungskarriere (Neuzeit) kenntlich werden. Sie verabschiedet die aristotelische Tradition der Einstufung von A. als Tätigkeit, angesiedelt am untersten Ende der Hierarchie humaner Aktionsweisen. Die Bestimmung von A. als Selbstgestaltung vertieft deren humane Bedeutung. Sie richtet sich auf den Menschen, verbunden mit einer spezifischen Auffassung humanen Selbstseins. Eine exemplarische Formulierung von Selbstgestaltung durch A. bietet I. Kant in der Aufgabe, das „Unvermögen“ zu überwinden, „sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen“ (Kant 1922: 169). A. beinhaltet, Fähigkeiten zu ihrer vollen Möglichkeit zu befördern, so die Vermögen, welche die Humanität des Menschen in seiner selbstbestimmten Freiheit wesentlich charakterisieren: „Vernunft“ und „Verstand“ (Vernunft – Verstand). Es geschieht durch „eigene Bearbeitung“ des „Geistes“, beinhaltet, sich „aus der Unmündigkeit herauszuentwickeln“, damit „einen sicheren Gang zu tun“ (Kant 1922: 170). Die geforderte Leistung ist nicht Bildung, sondern A. Die Zuordnung zu A. notiert die Mühen solcher Leistung, deutet auf die Widerständigkeit ihres besonderen „Gegenstandes“, verweist auf dessen Ausständigkeit: Humanität ist dem Menschen anfänglich nur als Potenzial zu eigen, zu dessen voller Realität bedarf es entwickelnder A. Mit dem Ziel der Ausfaltung humaner Potenziale findet sich „Selbstgestaltung“ in gleitendem Übergang zu „Selbstverwirklichung“. Der frühe Karl Marx präsentiert eine Konzeption, welche auch Nachtseiten dieser Fassung von A. kenntlich werden lässt. Leitend ist u. a.: „Ein ungegenständliches Wesen ist ein Unwesen“ (Marx 1968: 117). Die These enthält eine distinkte Deutung der Wirklichkeit des Menschen. Seine volle Wirklichkeit besteht darin, „sinnliche Gegenstände außer sich zu haben“ (Marx 1968: 118), in diesen humane Fähigkeiten zu gegenständlich sichtbarer Präsenz zu befördern, am Ende das Ganze humanen Wirklichseinkönnens zu realisieren. Dem entspricht A. in umformender Aneignung von Natur („Humanisierung“). Die Vergegenwärtigung humaner „Wesenskräfte“ findet sich exemplarisch in A.s-Maschinerien und deren Organisation: Die „Geschichte der Industrie und das gewordene gegenständliche Dasein der Industrie“ bildet „das aufgeschlagene Buch der menschlichen Wesenskräfte“ (Marx 1968: 82). Gegenläufig diagnostiziert K. Marx historische Phasen des Fehllaufs von A. durch kapitalistisch organisierte Besitzverhältnisse (Kapitalismus). Sie verwandeln das in A. Erbrachte in Ware, enteignen, was urspr. Verwirklichung der Arbeitenden war, entwirklichen diese selbst. Die Vorgänge demonstrieren ex negativo den anthropologischen Stellenwert von A. Deren Konzeption als Selbstverwirklichung konfrontiert mit gravierenden Problemen. Abgesehen von der Fragwürdigkeit, die Realität des Menschen in Gegenständlichkeit zu zentrieren, ist auf Folgen solcher Realisation zu weisen. Ihr gilt Natur allein als Material humaner Realisation, ihr eignet keinerlei selbsteigene Bedeutung, die jenseits humaner Ziele zu berücksichtigen und zu belassen wäre.
Abschließend ist festzuhalten: Die erörterten Gesamtbestimmungen verständigen in grundsätzlichem Sinne darüber, was A. im humanen Selbst- und Weltverhältnis darstellen kann. Sie situieren deren Leistung in philosophischen Theorien von Welt, Rationalität, der Wirklichkeit des Menschen, darin in zentralen Themen philosophischer Reflexion seit deren antikem Beginn. Der neuzeitliche Bedeutungswandel von A. manifestiert sich in der maßgebenden Position, welche A. in den Theorien zugewiesen wird: Sie erhält bei J. Locke den Rang des fundamentalen Weltverhältnisses, bei I. Kant die Bedeutung der Selbstleistung vernünftiger Humanität. Zugl. wird in den Theorien deutlich, in welchem Grade die Konzeption von A. der Bestimmung von Welt, Rationalität, humanem Wirklichsein korreliert: So bei J. Locke in Rationalität als Rationalität der A., in Welt als bloß sinnliches Material, bei I. Kant als ausständig bearbeitungsbedürftige Humanität, bei K. Marx als Material, das ausschließlich zur Verfügung für und durch den Menschen stehen soll. Die Bestimmungen zeigen Grenzen jener Konzeptionen, gerade darin, als ihnen selbst keine Grenzen eingezeichnet scheinen: Nicht im unbeschränkten Ausgriff der Selbsterhaltung und deren Verbrauch nichthumaner Realitäten, nicht im Ausmaß humaner Selbstverwirklichung und deren Vernutzung von Natur. Die Defizite verlangen, über die Eigenart des mobilisierenden Selbst, sein Selbst- und Weltverhältnis wie seine Auffassung von Welt weiter zu reflektieren, nicht zuletzt in Hinsicht auf die philosophische Orientierung moderner A.
Literatur
S. Müller: Formierte und gegebene Zeit. Arbeit im Zueinander von Perfektion und Verlust, in: S. Müller: Transformationen, 2017, 68–91 • S. Müller: Informierte Welt. Zum Zusammenhang von Arbeit und Ordnung in John Lockes Essay, in: S. Müller: Transformationen, 2017, 92–118 • S. Klar: Mensch und Arbeit, 2006 • A. Gortz: Arbeit zwischen Misere und Utopie, 2006 • S. Müller: Phänomenologie und philosophische Theorie der Arbeit, Bd. 1, 1992, Bd. 2, 1994 • A. Baruzzi: Recht auf Arbeit und Beruf?, 1983 • J. Locke: An Essay concerning Human understanding, 1975 • J. Locke: Versuch über den menschlichen Verstand, Bd. 2, 1981 • E. Fink: Grundphänomene des menschlichen Daseins, 1979 • H. Marcuse: Über die philosophischen Grundlagen des wirtschaftswissenschaftlichen Arbeitsbegriffs (1933), in: H. Marcuse: Schriften 1, 1978, 556–593 • M. Riedel: Arbeit, in: HPhG, Bd. 1, 1973, 125–141 • W. Conze u. a.: Arbeit, in: HWPh, Bd. 1, 1971, 480–489 • K. Marx: Texte zur Methode und Praxis II, 1968 • G. W. F. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Sämtliche Werke, Bd. 7, 1928 • I. Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, in: E. Cassirer (Hg.): Immanuel Kants Werke, Bd. 4, 1922, 167–176.
Empfohlene Zitierweise
S. Müller: Arbeit, II. Philosophische Aspekte, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Arbeit (abgerufen: 22.11.2024)
III. Soziologie der Arbeit
Abschnitt druckenA. als geplante, zweckmäßige und zielgerichtete Tätigkeit dient der Existenzsicherung und Daseinsvorsorge des Menschen in Auseinandersetzung mit der eigenen physischen und sozialen Umwelt. Als spezifischer Aktivitätsmodus dient A. zugleich immer auch der Entfaltung menschlicher Potenziale und der Selbstverwirklichung als Gattungswesen. In arbeitsteilig organisierten Gesellschaften ist A. zugleich ein konstitutiver Faktor für Sozialität.
Untersuchungsgegenstand der Soziologie sind die Erscheinungsformen von A. als genuin subjektbezogener Kategorie in ihrer institutionellen Verfasstheit, betrieblichen und beruflichen Organisationsformen und soziokulturellen Prägung in Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Strukturen (Gesellschaft). Analysiert werden sowohl die A.s-Prozesse selbst, in denen A.s-Gegenstände unter Einsatz von A.s-Mitteln zur Erzeugung von materiellen und immateriellen Gütern bearbeitet werden, als auch organisationale und institutionelle Rahmenbedingungen der A.
Im Vordergrund der Betrachtungen steht Erwerbs-A. als dominantes Prinzip gesellschaftlicher A.s-Organisation in industrialisierten Gesellschaften (Industriegesellschaft). Auch in diesen sind aber keineswegs alle gesellschaftlich notwendigen A.en erwerbsförmig organisiert, sondern werden auch unentgeltlich im Rahmen des privaten Haushalts (Reproduktions-A.) oder im öffentlichen Rahmen (ehrenamtliche A.; Freiwilligenarbeit) erbracht und stehen in Wechselwirkung mit Erwerbs-A. Materielle Ressourcen und Sozialprestige werden aber weitgehend über Erwerbs-A. vermittelt.
1. Gesellschaftliche Arbeitsteilung
Allg.es Strukturierungsprinzip von A. in entwickelten Gesellschaften sind Formen der A.s-Teilung und Kooperation. Gesellschaftliche A.s-Teilung umfasst die Aufteilung der gesellschaftlich notwendigen A.s-Aufgaben in Tätigkeitsbereiche und Teil-A.en, die Zuordnung der Teil-A.en auf dafür qualifizierte Personengruppen, die Verknüpfung der Teil-A.en zu Produktionsprozessen (A.s-Organisation) sowie die Verteilung der entstehenden Produkte auf die Mitglieder. Die konkreten Ausprägungen variieren nach historischen Epochen und zwischen Gesellschaften. Sie korrespondieren mit der Gesellschaftsstruktur (Produktionsverhältnisse). In Verbindung mit dem Stand des gesellschaftlichen Wissens und der technischen Entwicklung (Produktivkraftentwicklung) ergibt sich daraus eine bestimmte Produktionsweise der Gesellschaft. Aus der gesellschaftlichen A.s-Teilung resultieren die Vermittlung der Individuen in Interaktionszusammenhänge und soziale Austauschbeziehungen, die soziale Positionierung der Individuen (Individuum) und die Prägung ihrer sozialen Identität.
Charakteristisch für industrialisierte Gesellschaften (Industriegesellschaft) ist die Organisation erwerbsförmiger, gegen Entgelt verrichteter A. auf der Grundlage elaborierter funktionaler A.s-Teilung in Betrieben als vom privaten Haushalt räumlich separierten Produktionseinheiten für Güter oder Dienstleistungen, in denen kollektive A.s-Prozesse organisiert werden. Dementsprechend kommt der Meso-Ebene der betrieblichen A.s-Organisation sowie den sie rahmenden institutionellen und kollektivvertraglichen Regulierungen des Einsatzes und Verkaufs von menschlicher A.s-Kraft auf der Grundlage vertraglicher Regelungen zentrale Bedeutung zu.
Die in industrialisierten Gesellschaften dominante arbeitsteilig-erwerbsförmige Produktionsweise impliziert über das Medium Geld vermittelten Warentausch. Daher bildet Erwerbs-A. i. d. R. zugleich die Funktionsvoraussetzung für nicht erwerbsförmige, gesellschaftlich notwendige Reproduktions-A., die im Rahmen der – von Art und Grad der Beteiligung der Haushaltsmitglieder im Erwerbssektor abhängigen – familialen A.s-Teilung im privaten Haushalt erbracht wird.
2. Organisation von Arbeit im Industriekapitalismus
Mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft ergeben sich fundamentale Strukturveränderungen der gesellschaftlichen Organisation von A. Die industrielle Produktionsweise beruht auf der räumlichen Konzentration aller Produktionsfunktionen in einer Produktions- und A.s-Stätte (Betrieb), der Technisierung der Produktion und teils hochgradiger A.s-Teilung und A.s-Zerlegung, der Standardisierung von Produkten, dem Einsatz von (beruflich spezialisierten wie angelernten) A.s-Kräften auf der Grundlage abhängiger Beschäftigung sowie genauen A.s-Anweisungen und der Überwachung ihrer Ausführung. Die betriebliche A.s-Teilung basiert auf klar definierten, hierarchisch angeordneten Positionen mit funktional aufeinander abgestimmten Aufgaben und Befugnissen, der Gliederung der Positionen in Abteilungen und der Vergabe der Positionen an beruflich dafür qualifizierte (austauschbare) Positionsträger. Dieser im Sinne Max Webers „bürokratischen“ Organisationsform sind nicht nur Produktions-, sondern auch Verwaltungs-, Wissens- und Dienstleistungstätigkeiten unterworfen. Gleichwohl stand der Typus industrieller Produktions-A. lange Zeit im Mittelpunkt der A.s-Soziologie.
Dominante institutionalisierte Form von A. in entwickelten Industriegesellschaften und Funktionsbedingung industrieller A.s-Organisation ist die abhängige Beschäftigung („Lohn-A.“), in der die Arbeitenden (anders als bei selbständiger A.) ihre A.s-Kraft vermittelt über den privatrechtlichen A.s-Vertrag verkaufen („Warenförmigkeit“ von A.), da sie nicht über effektive eigene Produktionsmittel verfügen, um selbständig marktfähige Güter für den Warentausch zu produzieren. Mit dem A.s-Vertrag erwirbt der Käufer das Direktionsrecht über die A.s-Kraft des Arbeiters, der Weisungen des A.-Gebers während der vertraglich festgelegten A.s-Zeit Folge zu leisten hat. Auf dieser Grundlage kann der A.-Geber das Potenzial des Arbeiters, A. leisten zu können, in manifeste nützliche A.s-Leistung transformieren, indem er den A.s-Prozess organisiert und die A.s-Ausführung steuert und überwacht.
3. Rationalisierung
Leitprinzip industriekapitalistischer Wirtschaft ist die fortlaufende Rationalisierung und Innovation von A.s- und Produktionsprozessen, um komparative Vorteile bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen zu erzielen und dadurch konkurrenzfähig auf dem Markt zu sein. Rationalisierung vollzieht sich über Prozesse der Organisierung und Technisierung von A.s-Prozessen.
Für die Organisierung von industrieller Massenproduktion paradigmatisch sind die von Frederick Winslow Taylor Anfang des 20. Jh. formulierten Prinzipien der A.s-Gestaltung unter der Leitlinie der „Trennung von Hand- und Kopf-A.“: Das Wissen um den A.s-Prozess wird auf der Grundlage umfassender Studien beim Management konzentriert, das den in Einzelschritte aufgeteilten A.s-Prozess gestaltet und kontrolliert. Die Arbeitenden, deren Subjektivität als Störfaktor für die A.s-Organisation angesehen wird, erhalten detaillierte Vorgaben über die zu erbringende A.s-Leistung und werden über Lohnanreize zur Verausgabung von A.s-Kraft motiviert.
In der industriellen Praxis resultieren daraus fortschreitende A.s-Zerlegung mit korrespondierender Vereinseitigung von Tätigkeiten, Vertaktung der Einzel-A.en und Leistungsverdichtung. Ohne obsolet zu werden, stoßen tayloristische Rationalisierungsstrategien der industriellen Produktion in den letzten Jahrzehnten an Grenzen. Tendenzen zu ganzheitlicheren Aufgabenzuschnitten und zur „Reprofessionalisierung“ industrieller Fach-A. werden erkennbar. Grundlagen sind neben einer neuen betrieblichen Wertschätzung lebendiger A. volatilere Produktmärkte und eine individualisierte Konsumnachfrage, die korrespondierend mit neuen Produktionstechnologien eine „flexible Spezialisierung“ (Piore/Sabel 1985: 26) der industriellen Produktion bewirken, in der qualifizierte A.s-Kraft ein wichtiges Flexibilitätspotential darstellt.
Technisierung vollzieht sich als fortschreitende Mechanisierung und Informatisierung von A.s-Prozessen zur Ersetzung menschlicher A.s-Funktionen mit dem Ziel der Steigerung der A.s-Produktivität. Technik entkoppelt Produktionsprozesse von Beschränkungen der menschlichen Physis und setzt menschliche A.s-Kraft für andere Aufgaben frei. Menschliches A.s-Vermögen bleibt aber als Komplement zur Technik weiterhin erforderlich. Die Qualität industrieller A. wandelt sich von unmittelbarer Herstellungs- zur „Gewährleistungs-A.“, bei der die Überwachung, Regulierung, Steuerung und Instandhaltung technischer Systeme den zentralen A.s-Gegenstand darstellt. Daraus resultieren Aufwertungen des Qualifikationsniveaus.
Auch Wissens- und Dienstleistungstätigkeiten unterliegen der Bürokratisierung und organisationalen Rationalisierungsprozessen. Im Vergleich zu industrieller Produktions-A. lässt sich Dienstleistungs- und Wissens-A. nur begrenzt technisieren und unterliegt aufgrund ihrer spezifischen Personengebundenheit anderen Bedingungen betrieblicher Rationalisierung. Insb. ist ein unmittelbar steuernder betrieblicher Zugriff auf menschliche A.s-Kraft nur begrenzt möglich.
Je nach beruflicher Stellung, Qualifikation und A.s-Situation variieren die A.s-Orientierungen der Beschäftigten zwischen Identifikation mit der Tätigkeit und instrumentellen A.s-Haltungen. Gesellschaftliche Prozesse des Wertewandels befördern eine Zunahme inhaltlicher Ansprüche gut qualifizierter Beschäftigter an die Qualität von A. Dem begegnen A.-Geber – vor dem Hintergrund einer veränderten Wahrnehmung menschlicher Subjektivität als Ressource – durch Steuerungsformen von A., die den Beschäftigten Handlungsspielräume gewähren, zugleich aber die A.s-Leistung am erbrachten Ergebnis und nicht am erbrachten Aufwand bemessen. In Konjunktion mit einer zunehmenden Flexibilisierung der A.s-Zeiten und -Orte resultieren daraus von den Beschäftigten selbst induzierter Zeit- und Leistungsdruck und zunehmende Entgrenzungen von Erwerbs-A. und Privatleben.
4. Tertiarisierung
Um 1970 ist etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen im produzierenden Sektor tätig. Seitdem sinkt der Anteil des sekundären Sektors stetig. Komplementär wächst der Dienstleistungssektor unvermindert an und umfasst aktuell etwa drei Viertel aller Erwerbstätigen. Mit diesem fortschreitenden Prozess der Tertiarisierung ist ein grundlegender Wandel der Art und Qualität von A. verbunden. Der Übergang zu einer („nachindustriellen“, Bell 1975) Service Economy ist sowohl im Anstieg personenbezogener als auch in der Expansion wissensintensiver Dienstleistungstätigkeiten (Dienstleistungen) und neuer wissenschaftsbasierter Industrien begründet. Zugleich nimmt die analytische Trennschärfe sektoraler Abgrenzungen ab. So steigt der Anteil von Dienstleistungstätigkeiten in der Industrie (interne Tertiarisierung). „Wissens-A.“, deren zentraler Inhalt die Be- und Verarbeitung von Symbolen ist, gewinnt in allen Wirtschaftssektoren gegenüber manueller und erfahrungsbasierter A. an Bedeutung. Der Anteil professionalisierter, tendenziell akademisch und technisch qualifizierter A. nimmt zu und der Stellenwert von Meta-Kompetenzen sowohl zur Anwendung des eigenen Wissens als auch zu dessen fortlaufender Weiterentwicklung steigt.
In der industriellen wie landwirtschaftlichen Produktion dominieren bis Mitte des 20. Jh. un- und angelernte Beschäftigte. Seitdem wird, einhergehend mit der Technisierung der industriellen Produktions-A., die zu einem generellen Beschäftigungsabbau im Bereich an- und ungelernter A. führt, und der Beschäftigungsexpansion des tertiären Sektors, das Erlernen eines Berufs zu einem üblichen, bildungspolitisch institutionalisierten Leitbild für Erwerbsbiographien.
5. Institutionelle Rahmungen abhängiger Beschäftigung
Die Berufsförmigkeit von A. ist ein zentrales Strukturierungsprinzip des Arbeitsmarkts, der als zentrale Institution zur wechselseitigen Allokation von A.s-Kraft auf das Produktionssystem sowie von Entgelt auf die A.s-Kräfte dient. Der A.s-Markt ist institutionell gerahmt durch (im Verlauf der industriekapitalistischen Entwicklung politisch durchgesetzte) rechtliche Regulierungen und kollektivvertragliche Festschreibungen in Tarifverträgen. Um das Machtgefälle zu vermindern, das der Einzelne aufgrund des Erfordernisses zum kontinuierlichen Verkauf seiner A.s-Kraft gegenüber A.-Gebern aufweist, und um ihre Verhandlungsmacht zu stärken, schließen sich A.er schon früh im Prozess der Industrialisierung (Industrialisierung, Industrielle Revolution) zu Gewerkschaften zusammen, um einheitliche Verkaufs- und Einsatzbedingungen der Ware A.s-Kraft festzulegen.
Ist die Entwicklung der Industriegesellschaft lange Zeit von einer Ausweitung tariflicher Regelungen sowie sozialstaatlicher Leistungen zum Schutz abhängig Beschäftigter geprägt, so sind in den letzten Jahrzehnten auch Erosionstendenzen zu konstatieren. Der Anteil der tarifgebundenen A.-Geber sinkt; im Zuge der Tertiarisierung entstehen vermehrt Tätigkeiten in weniger regulierten Branchen. Neben dem Modell des abhängigen, unbefristeten, sozialversicherungspflichtigen und den Lebensunterhalt sichernden, in einem Betrieb ausgeübten Vollzeit-„Normal-A.s-Verhältnisses“ entstehen zunehmend „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeit, Arbeitnehmerüberlassung, befristete und geringfügige Beschäftigung) mit geringerer Schutz- und Sicherungswirkung. Z. T. ersetzen formal selbständige Vertragsformen wie Solo- und Scheinselbständigkeit regulierte Formen abhängiger Beschäftigung.
Eine umfassende Prekarisierung von Erwerbschancen ergibt sich zudem durch die strukturell wie konjunkturell bedingte Massenarbeitslosigkeit seit den 1970er Jahren. Unter der Bedingung eines zu geringen Gesamtangebots an Erwerbs-A. resultieren aus nicht mehr vermarktbaren Qualifikationen und einem zu geringen Angebot an unqualifizierter A. Dauerarbeitslosigkeit sowie durch Phasen der Arbeitslosigkeit perforierte Erwerbsverläufe. Das Leitbild des einmal erlernten und kontinuierlich ausgeübten „Lebensberufs“ erodiert im Kontext eines schnelleren Veraltens beruflicher Qualifikationen zunehmend. Fortlaufende individuelle Weiterqualifikationen werden zunehmend erforderlich.
6. Reproduktionsarbeit und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
Für Industriegesellschaften konstitutiv ist die A.s-Teilung auf der Ebene des Haushalts in Erwerbs-A. und nicht erwerbsförmige Reproduktions-A. Diese umfasst die gesamte nicht marktbestimmte Produktionstätigkeit der Haushalte (Haushaltsführung, Pflege und Betreuung, Freiwilligenarbeit [ Freiwilligenarbeit ], informelle Hilfen für andere Haushalte). Es handelt sich um für den Funktionsbestand des Haushalts selbst und der Gesellschaft notwendige A.en, die prinzipiell auch erwerbsförmig durch Dritte erbracht werden können.
Die im Zuge der Verallgemeinerung des bürgerlichen Familienideals (Familie) gesellschaftlich dominante soziokulturelle Zuschreibung von Erwerbs-A. als (primär) „männliche“ und häuslicher A. als (primär) „weibliche“ Sphäre mündet in Industrieländern mit kapitalistischem Wirtschaftssystem (Kapitalismus) ab Mitte des 20. Jh. in eine weitgehend dichotome Aufgabenteilung als dominantem Grundmuster partnerschaftlicher bzw. familialer A.s-Teilung. Das „Versorgermodell“ mit Vollzeit erwerbstätigem Mann und nicht erwerbstätiger („Haus-“)Frau erodiert auf der Grundlage sich verändernder Ansprüche von Frauen an gesellschaftliche Teilhabe als dominantes Leitbild. Es wird abgelöst vom „modernisierten Versorgermodell“ mit Vollzeit erwerbstätigem Mann und teilzeiterwerbstätiger Frau sowie, in geringerem Maße und v. a. bei Hochqualifizierten, vom egalitären „Doppelversorgermodell“, in dem beide Partner gleichermaßen erwerbstätig sind. Durch zunehmende Erwerbs-A. der Frau steigende Haushaltseinkommen bewirken Auslagerungen der Haus-A. auf professionelle Dienstleister. Insofern wirkt steigende Frauenerwerbstätigkeit auch als Triebkraft für den sektoralen Strukturwandel, indem die Nachfrage nach konsumorientierten Dienstleistungen, die primär ein Beschäftigungsfeld für Frauen sind, gesteigert und haushaltsbezogene A.en vom informellen in den formellen Bereich von A. verlagert werden.
Dies verweist – bei kontinuierlichem Anstieg des Bildungs- und Ausbildungsniveaus und der Erwerbsbeteiligung von Frauen als wichtigster Ursache für den Anstieg der Gesamterwerbstätigenquote – auf eine fortbestehende (horizontale wie vertikale) geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarkts mit insgesamt schlechteren A.s-Marktchancen für Frauen.
Literatur
H. Hirsch-Kreinsen/H. Minssen (Hg.): Lexikon der Arbeits- und Industriesoziologie, 2013 • F. Böhle/G. G. Voß/G. Wachtler (Hg.): Handbuch Arbeitssoziologie, 2010 • H. Minssen: Arbeits- und Industriesoziologie, 2006 • L. Boltanski/È. Chiapello: Der neue Geist des Kapitalismus, 2003 • R. Sennett: Der flexible Mensch, 1998 • M. J. Piore/C. F. Sabel: Das Ende der Massenproduktion, 1985 • H. Kern/M. Schumann: Das Ende der Arbeitsteilung?, 1984 • C. Offe: „Arbeitsgesellschaft“. Strukturprobleme und Zukunftsperspektiven, 1984 • U. Beck/M. Brater/H. Daheim: Soziologie der Arbeit und der Berufe, 1980 • H. Braverman: Die Arbeit im modernen Produktionsprozess, 1977 • D. Bell: Die nachindustrielle Gesellschaft, 1975 • J. H. Goldthorpe u. a.: Der „wohlhabende“ Arbeiter in England, Bd. 1–3, 1970/71 • H. Kern/M. Schumann: Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein, 1970 • H. Popitz u. a.: Technik und Industriearbeit, 1957 • F. J. Roethlisberger/W. J. Dickson: Management and the worker, 1939 • M. Jahoda/P. F. Lazarsfeld/H. Zeisel: Die Arbeitslosen von Marienthal, 1933 • F. W. Taylor: Die Betriebsleitung insbesondere der Werkstätten, 1909 • E. Durkheim: De la division du travail social, 1893 • K. Marx: Das Kapital, Bd. 1, 1867.
Empfohlene Zitierweise
F. Kleemann: Arbeit, III. Soziologie der Arbeit, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Arbeit (abgerufen: 22.11.2024)
IV. Sozialethik
Abschnitt drucken1. Zum Begriff „Arbeit“ in der Arbeitsgesellschaft
In A.s-Gesellschaften spielt die Erwerbs-A. nicht nur für die Sicherung der materiellen Existenzgrundlage der meisten Gesellschaftsmitglieder eine entscheidende Rolle; vielmehr ist sie für Erwerbsfähige auch ein zentrales Instrument ihrer Integration in soziale Beziehungsnetze, weithin eine Voraussetzung ihrer gesellschaftlichen Anerkennung als gleichrangig, eine wichtige Determinante ihres sozialen Status, ein bedeutsamer Anker ihrer Identitäts- und Sinnkonstruktionen sowie ein Betätigungsfeld, das für die Entwicklung bes.r Fähigkeiten und für die persönliche Entfaltung einen hohen Stellenwert hat. Dass Erwerbs-A. derart normativ aufgeladen ist, steht in einer eigenartigen Spannung zu ihrer existenziellen Notwendigkeit (Zwang zum Verkauf der A.s-Kraft) und zu der Unterordnung unter organisationale Herrschaft, die mit ihr fast immer verbunden ist (Arbeitnehmer unterstellen sich dem Direktionsrecht des A.-Gebers). Die Anerkennung einer Tätigkeit als A., von der man leben kann, begründet in demokratischen Gesellschaften (Gesellschaft) eine grundlegende Gleichheit. Als gleich anerkannt werden aber nur diejenigen, die in diesem Sinne A. haben und deshalb für ihren Lebensunterhalt von der Unterstützung der Gesellschaft oder vom Wohlwollen anderer unabhängig sind. A. (und nicht mehr das Privateigentum [ Eigentum ]) ist faktisch die entscheidende Grundlage einer gesellschaftlichen und politischen Partizipation als gleicher unter gleichen.
Wenn in A.s-Gesellschaften von „A.“ die Rede ist, klingen diese normativen Gehalte von Erwerbs-A. mit. Sie geben vielen anthropologischen – auch: biblisch-theologischen – Reflexionen auf A. einen arbeitsgesellschaftlichen „bias“. Wird in einer A.s-Gesellschaft eine Tätigkeit als A. bezeichnet, dann geht es häufig darum, dass sie als eine Leistung wertgeschätzt wird (oder werden sollte), die ein Entgelt, von dem der Arbeitende leben kann, verdient und die insofern eine Beteiligung an der Gesellschaft „als vollwertiges Gesellschaftsmitglied“ (Honneth 2011: 463) begründet (begründen sollte). V. a. dieser Aspekt der Wertschätzung und der gleichwertigen Beteiligung ist für die Vorschläge erweiterter A.s-Begriffe bedeutsam. Mit dem engen A.s-Begriff, der A. mit Erwerbs-A. gleichsetzt, wird der Unterschied zwischen Erwerbs-A. unter anderen menschlichen Tätigkeiten hervorgehoben. Wer ihn verwendet, will den Ist-Zustand, den zentralen Stellenwert der Erwerbs-A. in der Gesellschaft, beschreiben, ggf. um diesen zu kritisieren. Die erweiterten A.s-Begriffe sind im Unterschied dazu auch normative Begriffe. Mit ihrer Verwendung ist die Zielsetzung verbunden, bestimmte Tätigkeiten außerhalb der Erwerbs-A. zu A. aufzuwerten. Dabei steht zumeist die unbezahlte Sorge-A. im Vordergrund, die im eigenen Privathaushalt für hilfebedürftige Familienangehörige geleistet wird. Ein erweiterter A.s-Begriff, der auf die Gleichwertigkeit genau dieser Tätigkeiten mit Erwerbs-A. zielt, ist der „institutionelle A.s-Begriff“ von Friedrich Kambartel und Angelika Krebs. A. ist demnach jede Tätigkeit, mit welcher der Akteur zum gesellschaftlichen Leistungsaustausch beiträgt. Als solche Beiträge werden Tätigkeiten begriffen, die bezahlt werden oder die gesellschaftlich (z. B. durch Rollenstereotypen) einer bestimmten Gruppe zugewiesen werden und für die, wenn sie nicht mehr unentgeltlich übernommen würden, die Gesellschaft einen bezahlten Ersatz finden müsste. Andere erweiterte A.s-Begriffe – u. a. die Gleichsetzung von A. mit gesellschaftlich notwendiger oder nützlicher Tätigkeit – schließen z. B. auch gemeinnützige Tätigkeiten mit ein, die aktuell (noch) „ehrenamtlich“ übernommen werden (Freiwilligenarbeit).
2. Erwerbsarbeit und Sorgearbeit
Sorge-A. steht für Tätigkeiten, die „auf die Leiblichkeit des Menschen bezogen“ (Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik 2015: 10) sind und nach wie vor zumeist in den privaten Haushalten unentgeltlich erbracht werden. Erwerbs-A. ist dagegen eine bezahlte Tätigkeit für die kaufkräftige Nachfrage nach A. (häufig in Unternehmen, die Güter für die Nachfrage auf Märkten (Markt) bereitstellen). Da nur Erwerbs-A. Teil der Geldwirtschaft ist, wird nur sie als wertschöpfend wahrgenommen; nur sie erfährt in A.s-Gesellschaften die skizzierte normative Aufladung, begründet v. a. die gesellschaftliche Anerkennung des Arbeitenden als vollwertiger Kooperationspartner im gesellschaftlichen Leistungsaustausch. Tatsächlich wäre aber die in monetären Größen erfasste Wertschöpfung der Erwerbs-A. auf die Dauer gar nicht möglich ohne die zumeist repetitiven Sorgetätigkeiten, welche die mit der leiblichen Präsenz des Menschen verbundenen Grundlagen des Alltagslebens (und damit auch der monetären Wertschöpfung) erhalten. Dabei ist Erwerbs-A. männlich konnotiert und gilt als produktiv, effizient und anspruchsvoll, während die Sorge-A. weiblich konnotiert ist, als lästig und unwirtschaftlich wahrgenommen wird und scheinbar keine bes.n Qualifikationen erfordert. Die gesellschaftliche Geringschätzung der Sorge-A. zeigt sich auch am geringen Einkommen und den schlechten A.s-Bedingungen der A.-Nehmerinnen (Arbeitnehmer), die Sorge-A. gegen Bezahlung erbringen.
Laut der jüngsten Zeitverwendungsstudie leisten Frauen in Deutschland etwa 60 % der unbezahlten Sorge-A., während Männer etwa 60 % der Erwerbs-A. übernehmen. Obwohl in den letzten Jahrzehnten die Erwerbspartizipation von Frauen verstärkt wurde und die Sorgepartizipation der Männer etwas gestiegen ist, gibt es in den sozialen Strukturen und verinnerlichten Gender-Identitäten (Gender) nach wie vor eine Erstzuständigkeit der Frauen für die Sorge-A. Diese bedingt einen schlechteren Zugang der Frauen zur Erwerbs-A., die man als Hauptursache für deren dortige Benachteiligung (u. a. verbreitete prekäre A., schlechter bezahlte „Frauenberufe“, Gender Pay Gap, gläserne Decke) identifizieren kann.
3. Arbeit in der Römischen Sozialverkündigung
In einzelnen Passagen der Römischen Sozialverkündigung (also der einschlägigen Dokumente der Päpste und der universalkirchlichen Versammlungen der Bischöfe) wird ein erweiterter A.s-Begriff verwendet (z. B. „Laborem exercens“ 1981, Präambel). In den Ausführungen zum Thema „A.“ geht es aber fast ausschließlich um die vorwiegend von Männern geleistete industrielle Erwerbs-A. In ihren naturrechtlichen (Naturrecht) Anfängen ist die Römische Sozialverkündigung v. a. eine Ethik der Erwerbs-A. und des Privateigentums (Eigentum). Vor dem Hintergrund des – damals schon nicht mehr aktuellen – frühkapitalistischen Massenelends begriff Leo XIII. in „Rerum novarum“ (1891) den sozialen Konflikt zwischen Kapitalbesitzern und Arbeitern und die damit verbundene Erosion der gesellschaftlichen Moral als „Arbeiterfrage“. Deren Beantwortung erfordere kirchliche Caritas (Caritas, Diakonie) und Sittenlehre, wechselseitige Unterstützung und Interessenausgleich in gesellschaftlichen Vereinigungen, aber eben auch ein Eingreifen des Staates. Der Lohn-A.s-Vertrag wurde nicht als prinzipiell illegitim verworfen. Trotz eines freien Vertragsschlusses (Vertrag) beider Parteien könne er jedoch ungerecht sein, weil der Arbeiter – angewiesen auf das A.s-Einkommen – möglicherweise „allzu harte Bedingungen“ („Rerum novarum“ 34) akzeptiere. In einer Art doppelter Frontstellung bezog die Römische Sozialverkündigung also von Anfang an eine mittlere arbeitsethische Position: Lohn-A. sei weder aufgrund des freien Vertragsschlusses immer legitim (gegen wirtschaftsliberale Positionen), noch in jedem Falle schlecht (gegen marxistische Positionen); vielmehr hänge die ethische Bewertung der Stellen abhängiger Beschäftigung jeweils von der Qualität der A. ab. Pius XI. begriff in „Quadragesimo anno“ (1931) den Konflikt zwischen Kapital und A. v. a. als Machtasymmetrie: Die Produktionsmittelbesitzer organisierten die Wertschöpfung, bedienten sich dafür der Lohn-A. der Arbeiter und bestimmten ggf. das Wirtschaftsgeschehen insgesamt ausschließlich im eigenen Interesse und im Widerspruch zu ethischen Grundsätzen. Zum Abbau des Machtgefälles und zur Entschärfung des Klassengegensatzes (Klassenkampf) sei das Marktgeschehen in eine – v. a. von berufsständischen Organisationen (Berufsständische Ordnung) geprägte – gesellschaftliche Ordnung einzubetten. Die „Daseinsunsicherheit“ („Quadragesimo anno“ 61) der Arbeiter, also ihre Abhängigkeit davon, eine Anstellung zu finden, müsse durch eine breite Vermögensbildung in Arbeiterhand sowie ihre Position der Schwäche durch gewerkschaftliche Interessenvertretung („Quadragesimo anno“ 34 f.) reduziert werden.
Seit Johannes XXIII. und dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird in den Dokumenten der Römischen Sozialverkündigung die subjektive Dimension der A. stärker betont: Der Arbeitende müsse bei der A. „Gelegenheit haben zur Entwicklung seiner Anlagen und Entfaltung seiner Personwerte“ (GS 67). Im Unternehmen dürfe er nicht zum „stummen Befehlsempfänger“ („Mater et magistra“ 1961: 92) degradiert, vielmehr müsse ihm Mitbestimmung ermöglicht werden. Dass der Arbeitende sich mit seiner A. persönlich in die Wertschöpfung einbringt, mache die Würde der A. aus und bedinge ihren Vorrang vor dem Kapital, der auch in einer entspr.en sozialen Ordnung zum Ausdruck kommen müsse. In dieser müsse der „Fehler des ursprünglichen Kapitalismus“ („Laborem exercens“ 7.3), dass der arbeitende Mensch bloß als Werkzeug behandelt werde, u. a. durch Ausweitung der mit der A. verbundenen Menschenrechte sukzessive überwunden werden. Im Unterschied zu diesen Reformhoffnungen Johannes Pauls II. beklagte knapp 30 Jahre später Benedikt XVI. in „Caritas in veritate“ (2009) den Abbau der A.-Nehmerrechte durch Deregulierung, Schwächung der Gewerkschaften und einen kurzsichtigen Standortwettbewerb der Staaten. Mit diesen Veränderungen geraten (auch mit Blick auf die Industrieländer) wieder verstärkt materielle Aspekte der Erwerbs-A. in den Fokus der Römischen Sozialverkündigung: neben der Armut, die v. a. auf mangelnden oder schlechten Zugang zur Erwerbs-A., also auf Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Niedriglohn, zurückgeführt wird, insb. die Unsicherheit der A.s-Plätze.
4. Qualität der Arbeit
Aufgrund unterschiedlichen Wohlstands und divergierender normativer Vorstellungen unterscheiden sich Gesellschaften z. T. erheblich darin, welche A.s-(Vertrags)bedingungen in ihnen als fair gelten. Anderseits gibt es Formen der Erwerbs-A., die kulturübergreifend in wohlüberlegten Urteilen als moralisch inakzeptabel abgelehnt werden. Erstere kann man als gesellschaftsspezifische Standards gerechter A. begreifen, letztere als Verstöße gegen basale Standards menschenwürdiger A. mit universalem Geltungsanspruch. Menschenwürdig ist A. nur, wenn sie keine Zwangs-A. ist und die Erwerbstätigen weder diskriminiert (Diskriminierung) noch an der gemeinsamen Vertretung ihrer Interessen (Interesse) gehindert werden. Im Sinne menschenwürdiger A. schulden weltweit A.-Geber, soweit sie dazu in der Lage sind, ihren Arbeitnehmern einen Lohn (für eine Vollzeitstelle) oberhalb des physischen Existenzminimums und A.s-Bedingungen, die nicht gesundheitsgefährdend sind (einschließlich ausreichender arbeitsfreier Zeiten, in denen der A.-Nehmer ihnen in keiner Weise zur Verfügung steht). Andernfalls werden die Arbeitenden von ihren A.- oder Auftraggebern offenbar „bloß als Mittel“ (Kant 1978: 429) für Wertschöpfung (oder in privaten Haushalten: für andere Zwecke) behandelt und nicht zugl. auch als Träger eigener Rechte bei der A. und als Menschen respektiert, denen es moralisch zusteht, „über wesentliche Bereiche des eigenen Lebens“ (Schaber 2013: 52) selbst zu verfügen.
Gerecht ist Erwerbs-A. zu nennen, wenn sie nicht nur menschenwürdig ist, sondern darüber hinaus auch den Gerechtigkeitsvorstellungen (Gerechtigkeit) jener Gesellschaft entspr., in der gearbeitet wird. Ein Weg, diese zu konkretisieren, ist der Rekurs auf das A.s- und Sozialrecht des jeweiligen Nationalstaates. Bei Rechtsstaatlichkeit (Rechtsstaat) kommt in den entspr.en Regelungen zum Ausdruck, was in dieser Gesellschaft als gerechte Ordnung der A.s-Welt gilt. Ein anderer Weg besteht im Rückgriff auf die Aufgaben, die der Erwerbs-A. in dieser Gesellschaft zugewiesen werden. Gerecht kann nur eine A. sein, die diese Aufgaben zufriedenstellend erfüllt. In A.s-Gesellschaften sind dies neben der Sicherung der materiellen Existenzgrundlage jene Aufgaben, die oben als normative Aufladung der Erwerbs-A. vorgestellt wurden. Gerecht ist A. demnach nur dann, wenn sie als Vollzeitstelle (sofern es Kinder gibt: ggf. ergänzt durch nicht stigmatisierende familienpolitische Leistungen) mindestens das aktuelle soziokulturelle Existenzminimum abdeckt und (ggf. gemeinsam mit universalen Sicherungssystemen) den Erwerbstätigen und ihren Familien (Familie) eine soziale Absicherung ermöglicht; wenn mit ihr die Anerkennung der Arbeitenden als gleichrangige Kooperationspartner im ökonomischen Leistungsaustausch verbunden ist, was neben der Sicherung des Lebensunterhalts auch umfasst, nicht durch eine atypische Form der A. dauerhaft zu Erwerbstätigen zweiter Klasse degradiert zu werden; wenn die A.s-Bedingungen den Erwerbstätigen es nicht strukturell unmöglich machen, ihre Persönlichkeit zu entfalten, z. B. durch eine langfristige Verpflichtung auf identische monotone A.s-Schritte oder durch einen Zeitdruck, der bei der A. ständig zum Verstoß gegen die verinnerlichten Qualitätsstandards der eigenen Profession verstößt (z. B. bei der sog.en Minutenpflege in der Altenpflege).
In den Industrieländern gibt es v. a. durch die Ausbreitung prekärer A.s-Verhältnisse eine Zunahme ungerechter A. In Deutschland geht es dabei um den gezielten Ausbau des Niedriglohnsektors und die politisch geförderte Ausbreitung atypischer Formen von Erwerbstätigkeit (geringfügige Beschäftigung, Befristung, Leih-A., Teilzeit, aber auch Soloselbständigkeit und Werkverträge), von denen v. a. Frauen betroffen sind. Seit knapp drei Jahrzehnten gibt es zudem eine Tendenz zur Subjektivierung der A.: In den Unternehmen werden vermehrt neue Organisationskonzepte umgesetzt, die neben flacheren Hierarchien (Hierarchie) u. a. auf projektförmige, outputorientierte A.s-Prozesse sowie auf eigenverantwortliche A.s-(Zeit)gestaltung und Projektplanung der Beschäftigten setzen und damit einerseits den gestiegenen Selbstverwirklichungs- und Autonomieansprüche (Autonomie) von Erwerbstätigen und ihrem Wunsch nach flexiblen A.s-Zeiten entgegenkommen, andererseits die A.s-Produktivität deutlich erhöhen (zu den Prozessen der Prekarisierung und der Subjektivierung: Arbeitnehmer).
Die Qualität der A. hängt stark von der Verhandlungsposition der Vertragspartner ab. Aufgrund der Notwendigkeit, durch A. den eigenen Lebensunterhalt (und ggf. den anderer Familienangehöriger) zu verdienen, sind A.-Nehmer (und ggf. Selbständige, die lediglich Standarddienstleistungen anbieten) strukturell in einer schwachen Position. Umso bedeutsamer für die Sicherung menschenwürdiger und gerechter A. sind die Schutzvorschriften des A.s-Rechts, die kollektive Interessenvertretung durchGewerkschaften und die Relativierung des Zwangs, die eigene A.s-Kraft zu verkaufen, durch sozialstaatliche Sicherungen (Sozialstaat).
Bei informeller Beschäftigung sucht mindestens einer der beiden Vertragspartner sich arbeits- und sozialrechtlicher Regulierung zu entziehen. Entspr. schwer fällt es dem Staat und den Tarifvertragsparteien, hier eine Mindestqualität der A. sicher zu stellen. In den Ländern des globalen Südens ist diese Form der A. weit verbreitet – ebenso wie die bezüglich der Qualität der A. nicht weniger problematischen Formen der subsistenzwirtschaftlichen A. und der prekären Soloselbständigkeit. Da in der südlichen Hemisphäre informelle A.-Geber nicht selten selbst ums Überleben kämpfen, sind hier auch deren Pflichten, für menschenwürdige und gerechte A. zu sorgen, zu relativieren. Anders ist dies in den Gesellschaften des globalen Nordens, in denen seit den 1990er Jahren wieder vermehrt informelle A.s-Plätze in Privathaushalten entstehen. Fortschritte im Sinne einer Formalisierung und einer Verbesserung der Qualität der A. dürfte es allerdings auch hier nur dann geben, wenn der Staat seine Bemühungen um arbeitsrechtliche Standardisierung durch die gezielte Förderung regulärer A.s-Verhältnisse ergänzt und auf diese Weise für die A.-Geber die Kosten, die mit regulärer und gerechter A. verbunden sind, senkt.
Auch gesamtwirtschaftlich ist zu bedenken, dass mit einer höheren Qualität der A. auch höhere A.s-Kosten für die A.-Geber verbunden sind. Änderungen des A.s- und Sozialrechts, durch welche die A.s-Kosten in kurzer Zeit massiv ansteigen würden, sind daher zu meiden. Zugl. ist allerdings auch zu bedenken, dass der in der neoklassischen Ökonomie postulierte Zusammenhang von hohen A.s-Kosten und niedriger Beschäftigung längst nicht in jeder gesamtwirtschaftlichen Konstellation gilt. Gerade unter den Bedingungen internationalisierten Wettbewerbs (Wettbewerb) ist ein anspruchsvolles A.s- und Sozialrecht (gemeinsam mit einem funktionierenden Flächentarifvertragssystem) eine Sperre gegen das Abrutschen einer Volkswirtschaft in Deflation und Krise.
5. Gerechter Zugang zur Arbeit
Bei ethischen Reflexionen arbeitspolitischer Herausforderungen ist damit zu rechnen, dass die arbeitsgesellschaftlichen Strukturen und Plausibilitäten im globalen Norden auf absehbare Zeit erhalten bleiben. Unter diesen Bedingungen beinhaltet der Anspruch, sich gleichwertig (nicht nur als Bürger zweiter Klasse) an den wichtigsten Prozessen der Gesellschaft beteiligen zu können, das ethische Recht aller Erwerbsfähigen auf einen gerechten A.s-Platz. „Auch in Zukunft wird die Gesellschaft dadurch geprägt sein, daß die Erwerbsarbeit für die meisten Menschen den bei weitem wichtigsten Zugang zu eigener Lebensvorsorge und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schafft. In einer solchen Gesellschaft wird der Anspruch der Menschen auf Lebens-, Entfaltungs- und Beteiligungschancen zu einem Menschenrecht auf Arbeit. Wenngleich dieses ethisch begründete Anrecht auf Erwerbsarbeit nicht zu einem individuell einklagbaren Anspruch werden kann, verpflichtet es die Träger der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Tarif- und Sozialpolitik, größtmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um die Beteiligung an der Erwerbsarbeit zu gewährleisten“ (Rat der EKD/Deutsche Bischofskonferenz 1997: 151). Der Versuch, die Massen-A.s-Losigkeit durch Reduktion der A.s-Kosten zu verringern, war in vielen Industrieländern eine der wichtigsten arbeitsmarktpolitischen Strategien der letzten Jahrzehnte. Insofern sich dadurch prekäre, ungerechte Formen der A. stark ausbreiteten, war damit allerdings das Problem verbunden, dass ein Defizit gleichwertiger Beteiligung (Arbeitslosigkeit) durch ein anderes (prekäre Erwerbs-A.) ersetzt wurde.
Zum Fortbestand arbeitsgesellschaftlicher Strukturen und Plausibilitäten gehört, dass Erwerbs-A. wohl auch in Zukunft deutlich höher wertgeschätzt wird als Sorge-A. Unter diesen Bedingungen fordert die Geschlechtergerechtigkeit, Frauen einen Zugang zur Erwerbs-A. zu eröffnen, der nicht schlechter ist als der der Männer. Ein Schritt in diese Richtung ist der Ausbau personenbezogener Dienstleistungen, so dass ein Teil der Sorge-A. gegen Entgelt (in gerechten A.s-Verhältnissen) erbracht wird. Zugl. sollte aber auch das Ziel einer Gleichwertigkeit von Sorge- und Erwerbs-A. verfolgt werden. Der Strategie, Sorgetätigkeiten möglichst vollständig an A.-Nehmerinnen (Arbeitnehmer) zu delegieren, widerspricht die Bedeutung der Sorge-A., die ein wichtiger Ausdruck der leiblichen und sozialen Existenz der Menschen ist. Stattdessen sollten in einem gewissen Maße alle Männer und Frauen an der Sorge-A. beteiligt sein, gesamtgesellschaftlich beide Geschlechter etwa in gleichem Umfang. Weil in Lebensphasen, in denen kleine Kinder versorgt oder Angehörige gepflegt werden, bes. viel Sorge-A. anfällt, bedarf es zumindest für diese Phasen einer deutlichen A.s-Zeitreduktion mit weitgehendem Lohnausgleich, damit trotz der Sorgeverpflichtungen beiden Partnern Vollzeitstellen zugänglich sind.
6. Gerechte Relativierung und Begrenzung der Arbeit
Trotz der Annahme, dass in den Ländern des globalen Nordens das arbeitsgesellschaftliche Profil und mit ihm das Recht auf A. erhalten bleiben, ist aus sozialethischer Sicht eine Relativierung der Erwerbs-A. in den Strukturen der Gesellschaft und im Leben der Einzelnen geboten. Dies ist v. a. notwendig, damit sich dauerhafte und phasenweise Arbeitslosigkeit oder Teilzeitbeschäftigung weniger nachteilig auf die Entfaltungs- und Beteiligungschancen der Betroffen auswirken. Aus diesem Grund stellen auch der Rat der EKD und die Deutsche Bischofskonferenz (1997: 152) in ihrem „Sozialwort“ die „Verengung des Arbeitsbegriffs auf Erwerbsarbeit“ in Frage: Die Gesellschaft könne „dadurch humaner und zukunftsfähiger werden, daß auch unabhängig von der Erwerbsarbeit die Chancen für einen gesicherten Lebensunterhalt, für soziale Kontakte und persönliche Entfaltung erhöht werden. Insbesondere muß das System der sozialen Sicherheit darauf eingestellt werden, daß der Anteil kontinuierlicher Erwerbsbiographien abnimmt und daß mit der Pluralisierung der Lebensstile immer mehr Menschen zwischen Phasen der ganztägigen Erwerbsarbeit, des Teilzeiterwerbs und der Haus- und Familienarbeit wechseln.“ Zur Relativierung der A. bedarf es nicht gleich der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Stattdessen sollten in Deutschland u. a. die vor gut zehn Jahren eingeführten Grundsicherungselemente ausgebaut (z. B. Einschränkung des Rückgriffs auf das Einkommen von Angehörigen) und – insb. im Fall der Alterssicherung – besser mit den gesetzlichen Sozialversicherungen (Sozialversicherung) verzahnt werden.
In der Bundesrepublik gibt es über Jahrzehnte einen deutlichen Trend zu sinkenden A.s-Zeiten pro Erwerbstätigem, dem eine Zunahme der Beschäftigtenzahlen gegenübersteht. Lange Zeit ging die sinkende A.s-Zeit v. a. auf Verkürzungen der regulären Wochen-A.s-Zeit in Vollzeitstellen zurück, seit den 1990er Jahren jedoch auf die Zunahme weiblicher Teilzeit-A. Für die weitere Entwicklung der (Lebens-)A.s-Zeit sind mehrere gegenläufige Trends relevant. Die demographische Entwicklung spricht für eine Verlängerung, während die Grenzen des Wachstums und der – durch die Digitalisierung vermutlich erheblich beschleunigte – Anstieg der A.s-Produktivität weitere Reduktionen erwarten lassen. Aus sozialethischer Sicht sind (zumindest in bestimmten Lebensphasen) Verkürzungen der bei Vollzeitstellen üblichen Wochen-A.s-Zeit ein wichtiger Teilaspekt der notwendigen Relativierung der Erwerbs-A.
Mit der Subjektivierung der A. ist eine Entgrenzung der A.s-Zeit einhergegangen, die vielfach als Störung der „work-life-balance“ thematisiert wird. Hinzu kommt, dass sich Arbeitnehmer mit hoher formaler Qualifikation zunehmend als A.s-Kraftunternehmer begreifen, die für die Erneuerung und Weiterentwicklung ihres A.s-Vermögens selbst sorgen müssen und alle Bereiche ihres Lebens verstärkt an Karrierezielen und -erfordernissen ausrichten. Gegenläufige Prozesse sind hier nur schwer in Gang zu setzen bzw. zu fördern. Eine Möglichkeit dürfte aber darin bestehen, dass der Staat den Beschäftigten attraktive Angebote unterbreitet, z. B. in Phasen bes. hoher Sorgeverpflichtungen eine Verkürzung der A.s-Zeit bei weitgehendem Lohnausgleich. Gute Erfahrungen mit einer geringeren Gewichtung der Erwerbs-A. könnten dann andere zur Nachahmung anregen.
Eine extreme und daher menschenunwürdige Entgrenzung der A.s-Zeit findet sich v. a. bei A.s-Verhältnissen in den Ländern der südlichen Hemisphäre. Ähnlich zeitextensiv ist im globalen Norden aber z. B. die A. jener Migrantinnen (Migration), die in den Privathaushalten ihrer A.-Geber leben und dort einen Pflegebedürftigen rund um die Uhr versorgen.
7. Gerechte Internationalisierung der Arbeit
Die internationale A.s-Teilung wird durch die Zunahme des grenzüberschreitenden Handels vorangetrieben, seit drei Jahrzehnten erheblich beschleunigt durch die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten (durch susländische Direktinvestitionen und den Ausbau transnationaler Lieferbeziehungen). In den Industrieländern wird dieses Offshoring v. a. als Verlust von A.s-Plätzen wahrgenommen. Da Unternehmen durch diese Aktivitäten z. T. ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen oder ihre Präsenz in auswärtigen Märkten verbessern können, ist der Gesamteffekt auf die Beschäftigung im Stammsitzland der Unternehmen jedoch unsicher. In Deutschland dürfte er insgesamt eher positiv sein (allerdings mit Verlusten für A.-Nehmergruppen mit geringer formaler Qualifikation). Für eine sozialethische Bewertung des Offshoring ist entscheidend, dass neben den Effekten im Herkunftsland auch die Wirkungen im Zielland einbezogen werden. Die Praxis des Offshoring bietet nämlich weniger entwickelten Ländern die Chance, nicht nur A.s-Plätze ins Land zu holen, sondern auch Qualifizierungsprozesse der heimischen Arbeitnehmer zu fördern. Solche positiven Wirkungen werden aber nur dann überwiegen, wenn die Unternehmen aus den entwickelteren Volkswirtschaften darauf verzichten, den Regierungen und Geschäftspartnern in den Zielländern Dumping-Konditionen abzuverlangen, in der jeweils ausgewählten Volkswirtschaft langfristig engagiert bleiben, bestehende ökologische und soziale Standards einhalten, Steuern zahlen und ihren A.-Nehmern vor Ort überdurchschnittlich gute A.s-(Vertrags)bedingungen bieten. Die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten hat dazu geführt, dass sich Regierungen einem harten Standortwettbewerb um die Investitionen (Investition) großer Konzerne (Konzern) ausgesetzt sehen, den sie vielfach glauben, nur bestehen zu können, wenn sie den Konzernen möglichst kostengünstige Produktionsbedingungen bieten. Die daraus folgenden Wellen arbeits- und sozialpolitischer Deregulierung, die Versuche, die gewerkschaftliche Interessenvertretung (Gewerkschaften) im eigenen Land zu schwächen, und die Angebote an die Konzerne, sie (z. B. in Sonderwirtschaftszonen) gezielt von sozialen oder ökologischen Vorschriften auszunehmen, haben verheerende Konsequenzen u. a. für die Qualität der A. in diesen Ländern. Ein weiteres Phänomen der Internationalisierung der A. ist die starke Zunahme der A.s-Migration, bei der die Migranten – und in den privaten Haushalten: die Migrantinnen – oft allerdings nur schlecht bezahlte Stellen mit gefährlicher, Schwer- oder Drecks-A. (Michael Walzers „hard work“) besetzen können.
Literatur
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Empfohlene Zitierweise
B. Emunds: Arbeit, IV. Sozialethik, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Arbeit (abgerufen: 22.11.2024)